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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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89ihr all ihre Schmucksachen bis auf das seidene Hemd weg <strong>und</strong>g<strong>in</strong>g fort. Bald aber bereute ich, daß ich ihr nicht auch dasHemd geraubt hatte. Und ich kehrte um <strong>und</strong> wollte es tun.Doch da richtete sich die Tote jäh auf <strong>und</strong> fuhr mich mit hartenWorten an: »Unglücklicher, war es dir nicht genug, daß du allme<strong>in</strong>e Schmucksachen ungeh<strong>in</strong>dert rauben konntest? Willst dumich auch noch entblößen, da ich doch noch nie e<strong>in</strong>em Menschenerlaubt habe, an mir e<strong>in</strong>e Blöße zu sehen?« Damit streckte sieungestüm zwei F<strong>in</strong>ger aus <strong>und</strong> riß mir beide Augen aus. Und<strong>in</strong> höchster Bestürzung suchte ich geblendet das Weite, ohne daßich etwas mitgenommen hätte." Der Bl<strong>in</strong>de schwieg; der Bischofaber hatte alles gehört.77.Wie der Teufel e<strong>in</strong>en Maler aus dem Stock rettete.E<strong>in</strong> Mönch hatte zur Gewohnheit,den Teufel immer so häßlichzu malen, wie er nur konnte. Dieser aber bat ihn wiederholt,er solle das bleiben lassen. Doch der Mönch ließ es nicht. Dagab der Teufel e<strong>in</strong>er ehrbaren <strong>und</strong> schönen Frau den Gedankene<strong>in</strong>, sie solle sich e<strong>in</strong> Buch schreiben lassen. Und als sie jemandenzur Ausmalung <strong>des</strong> Buches brauchte, wandte sie sich an jenenMönch. Wie diese beiden mite<strong>in</strong>ander verhandelten, kam derTeufel <strong>und</strong> reizte sie beide zu sündhafter Liebe. Und sie verabredetene<strong>in</strong> Stelldiche<strong>in</strong>, wo sie sich auch trafen. Doch derTeufel ist auch da <strong>und</strong> verprügelt den Mönch, während das Weibvon Bekannten heimgeholt wird. Der Mönch aber wird, nachdemer se<strong>in</strong>e Prügel erhalten hat, <strong>in</strong> den Stock gelegt, wo er die Nachtzubr<strong>in</strong>gt. Da verspricht er dem Teufel, wenn er ihm helfe, wolleer ihn nie wieder häßlich malen. Und dieser kommt, befreit ihnaus dem Stocke <strong>und</strong> setzt sich selbst <strong>in</strong> der Gestalt <strong>des</strong> Mönchesan <strong>des</strong>sen Stelle. Am Morgen wird er abgeurteilt <strong>und</strong> auf dieRichtstätte geschleppt. Doch da verschw<strong>in</strong>det er. Man machtdem Abte Vorwürfe wegen se<strong>in</strong>es Mönches, doch der sagt, erwisse um nichts, se<strong>in</strong>e Mönche seien alle am Morgen <strong>in</strong> derKirche zur Stelle gewesen.

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