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Die natürliche Rechtsnorm : Das Naturgesetz 79sen Anspruch erheben könne, <strong>de</strong>r ist bald enttäuscht, wenn er in <strong>de</strong>rEisenbahn neben jeman<strong>de</strong>m sitzt, <strong>de</strong>ssen Leutseligkeit in <strong>de</strong>r Unterhaltungkein En<strong>de</strong> mehr fin<strong>de</strong>t. Man macht also die Erfahrung, daß Leutseligkeitauch lästig sein kann, wenn sie das Maß <strong>de</strong>s Erträglichen übersteigt.Um dieses Maß <strong>de</strong>s Erträglichen festzustellen, braucht es eineausge<strong>de</strong>hnte Erfahrung, weil sozusagen je<strong>de</strong>r Mensch verschie<strong>de</strong>n aufleutselige Mitmenschen reagiert. Je<strong>de</strong>m das Seine zu geben, mag eineFor<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Leihvertrages sein, an<strong>de</strong>rseits haben aber die Alten schongewußt, daß man eine entliehene Waffe, die vom Eigentümer mißbrauchtwür<strong>de</strong>, nicht zurückgeben darf. Der Arzt weiß, daß je<strong>de</strong>r Kranke einenAnspruch auf Diskretion erheben kann, und <strong>de</strong>nnoch macht er darausnoch nicht ein absolutes Prinzip, da er in Fällen, in <strong>de</strong>nen das allgemeineWohl auf <strong>de</strong>m Spiele steht, sich von <strong>de</strong>r Diskretionspflicht entbun<strong>de</strong>nglaubt. Diese Beispiele zeigen, wie verwickelt die Frage ist, ob es überhauptmöglich ist, natürliche Rechtsprinzipien nach Art von Rechtssätzenzu formulieren.Werterfahrung und SeinserfahrungUnter Erfahrung ist allerdings nicht einfach das Erleben <strong>de</strong>s Ausganges,Erfolges o<strong>de</strong>r Mißerfolges, einer Handlung zu verstehen. Daswäre reine Seinserfahrung, wie sie je<strong>de</strong>r Handwerker machen kann undmuß. Wenngleich auch die Seinserfahrung eine Rolle im Werterlebenspielt, so macht doch die Aktuierung <strong>de</strong>s natürlichen Wertungsvermögensdas Wesen <strong>de</strong>r Erfahrung auf ethischem und in <strong>de</strong>r Folge auch aufrechtlichem Gebiete aus. Die Wertphilosophie hat richtig erkannt, daßes eines Wertfühlens bedarf, um Werte zu erfassen, daß also die Werterkenntnisnicht einfach Seinsbewußtsein sein kann. M. Scheler sah in<strong>de</strong>r Werterkenntnis ein unreduzierbares Grundphänomen <strong>de</strong>r fühlen<strong>de</strong>nAnschauung 9 . Der Gedanke ist nicht so leicht von <strong>de</strong>r Hand zu weisen.Denn das Werterkennen ist nicht einfach eine Schlußfolgerung <strong>de</strong>sSeinserkennens. Es ist in ihm ein wirklich Unreduzierbares gegeben.Aber dieses Unreduzierbare <strong>de</strong>r Werterkenntnis ist einzig die naturhafteBefehlsfunktion unserer praktischen Vernunft, während <strong>de</strong>r Inhalt selbstaus <strong>de</strong>m Sein stammt. Es ist also Scheler, <strong>de</strong>n übrigens H. Coing rechtsphilosophischauswertet, nicht mehr zu folgen, wenn er annimmt, das9Der Formalismus in <strong>de</strong>r Ethik und die materiale Wertethik, Halle 2 1921,272 ; Bern 4 1954, 278.

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