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72 Die Rechtsbegründungalso nicht für eventuelle Passanten eine Warnungstafel aufzustellen.Das Ewige Gesetz wird darum als <strong>de</strong>r Akt <strong>de</strong>r göttlichen Vernunft aufgefaßt,<strong>de</strong>r sinn- und normgebend <strong>de</strong>n Schöpfungsakt begleitet.Gera<strong>de</strong> die Tatsache, daß Thomas von Aquin im Traktat über dasEwige Gesetz noch nicht von jenem Adressaten spricht, <strong>de</strong>r diesemGesetz in Freiheit gerecht zu wer<strong>de</strong>n hat, macht <strong>de</strong>n Eindruck, als ob er,etwa in anthropomorpher Weise, die Welt als ein beseeltes Wesen auffaßte,an welches ein Befehl Gottes ergangen ist. Doch wäre eine phantasiereichereMiß<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s thomistischen Gedankens kaum möglich. In<strong>de</strong>r augustinischen Definition ist ein solches Mißverständnis von vornhereinausgeschlossen : « Die göttliche Vernunft o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r göttliche Wille,<strong>de</strong>r die Naturordnung zu bewahren vorschreibt und zu stören verbietet»(Ratio divina vel voluntas Dei ordinem naturalem conservari iubens,perturbari vetans) 5 . Da man in dieser Formulierung die göttliche Vernunftauch im Sinne von « göttlicher Wille » (ratio divina vel voluntasDei) verstehen darf, ergibt sich allerdings das Mißverständnis, als ob dasEwige Gesetz die Wirkkraft göttlichen Willensbeschlusses wäre und sodie intellektuelle Seite vernachlässigt wür<strong>de</strong>. Das hätte zur Folge, daßdie absolute Gerechtigkeit nicht mehr die erkannte Wesenheit Gotteszum Objekt hätte, son<strong>de</strong>rn schlechthin mit <strong>de</strong>r Liebe Gottes zu i<strong>de</strong>ntifizierenwäre, ein Gedanke, <strong>de</strong>r für die typisch theologische, d. h. heilsgeschichtlicheBetrachtung <strong>de</strong>s Naturrechts eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Wendungbe<strong>de</strong>utete. Doch läßt Augustinus keinen Zweifel über die intellektuelleStruktur <strong>de</strong>s Ewigen Gesetzes, wenngleich die voluntaristische Note in<strong>de</strong>r augustinischen Definition nicht abgestritten wer<strong>de</strong>n soll.Wer die Rationalität <strong>de</strong>r Gotteserkenntnis annimmt, kann in diesenÜberlegungen über die in <strong>de</strong>r göttlichen Vernunft bestehen<strong>de</strong> Grundnormnichts Befrem<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s fin<strong>de</strong>n. Im übrigen drängt die unverfälschte Bewußtseinsanalyseirgen<strong>de</strong>ine Lösung im metaphysischen Sinne auf. UnserBewußtsein <strong>de</strong>r Norm verlangt 1. nach einer absoluten Rechtsnorm und2. nach einer Grundnorm, die eine Übereinstimmung mit <strong>de</strong>m Sein beweist.Diese bei<strong>de</strong>n Postulate sind wi<strong>de</strong>rspruchsfrei nur in <strong>de</strong>r Vorstellungeiner ewigen Schöpf er Vernunft erfüllt.Das Ewige Gesetz in <strong>de</strong>r augustinisch-thomistischen Tradition istalso nichts an<strong>de</strong>res als die Grundnorm, die in sich absolute Gerechtigkeitund absolute Wirksamkeit vereint. Nicht die Erschaffung einer bestimmtenFinalität selbst macht bereits das Ewige Gesetz aus, <strong>de</strong>nn das wäre6C. FAUST. Man. 22, 27.

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