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12.07.2015 Aufrufe

Praeliminaria zum Thema der Rechtsbegründung 61man auf der Suche nach der absolut wirksamen Norm zu einer Norm vorstößt,die mit der absoluten Wirksamkeit zugleich die absolute Werthaftigkeitverbindet. Wir befinden uns somit endgültig vor der gleichenNorm, welche die wertorientierte Rechtsphilosophie (und mit ihr dasgroße Heer der «idealistisch» eingestellten Naturrechtsdenker) entdecktzu haben glaubt. Man wird aber nicht vergessen dürfen, daß dieabsolute Norm nicht nur wegen ihrer Werthaftigkeit absolut ist, sondernebenso wegen ihrer endgültigen, endzeitlichen Wirkkraft. Nur so verstehtman die ewige Norm im rechten Sinne, nämlich als wirksame Norm undnicht nur als Richtschnur, welche ihre Gültigkeit einzig und allein ausunserem Wertempfinden schöpft. Vom Standpunkt der vierten Rechtsdefinitionaus deckt sich also die Frage nach der Rechtsquelle mit dernach der Rechtsnorm im endgültigen Sinne. Der Rechtspositivismus, vondem noch eigens die Rede sein soll, trennt in vollständiger gegenseitigerUnabhängigkeit Rechtsquelle und Rechtsnorm. Die metaphysisch-realistischeRechtsdefinition identifiziert die beiden Begriffe in letzter Sicht.Dazwischen liegen die verschiedenen Rechtstheorien, die man je nachdem Verhältnis unterscheidet, in welches Rechtsnorm und Rechtsquellegesetzt werden.Wer als Objekt der Rechtsbegründung nicht die durch äußere Erfahrungfeststellbaren, sondern entsprechend der vierten Rechtsdefinitiondie absolut wirksamen Rechtsnormen annimmt, hat zwar den Vorteilder Logik für sich, da er, wie wir noch sehen werden, von der erstenüberhaupt erkennbaren und damit absolut wirksamen Norm ausgehtund so eine lückenlose Kette bis zum konkreten Recht, das nur ein « richtiges» Recht sein kann, zu entdecken vermag. Anderseits obliegt ihmaber die schwierige Aufgabe, das Dilemma der realen Wirklichkeit zulösen : Was ist nun Recht, das « richtige » Recht, das nach der absolutenOrdnung gilt, oder das in unserer äußeren Erfahrung geltende, vom Staatsanktionierte Recht ? Obendrein ist dieses Problem noch vielschichtig,es enthält nämlich die Beurteilung der äußerlich erfahrbaren Rechtsquellen(positivrechtlich wirksame Autorität, positives Gesetz, Rechtsgewohnheitender Gesellschaft) und der Anwendung dieser Rechtsquellenin der Rechtsprechung (die Frage nach den absoluten sittlichen Normenin der Rechtsprechung).Bevor wir die Rechtsbegründung weiter verfolgen, sei in Form einerZusammenfassung der begriffliche Unterschied von Rechtsnorm undRechtsquelle nochmals dargestellt.

62 Die RechtsbegründungDer Unterschied von Rechtsnorm und RechtsquelleUm die Begriffe « Rechtsnorm » und « Rechtsquelle » zu verstehen,muß man sich vor Augen halten, daß die Jurisprudenz bei allen Überlegungen,auch den philosophischen, vom bestehenden Recht ausgeht.Die erste Frage, die sich der Jurist stellt, ist darum die, woher das gültigeRecht im konkreten Fall zu nehmen ist. Denn der Jurist schafft nichtselbst das Recht (wenngleich er ebenfalls rechtserzeugende Kraft besitzt),sondern er spricht nur Recht. Er hat darum zunächst die Rechtsquellenaufzusuchen. Diese sind die kausalen Faktoren des Rechts. DaRecht immer ein wirksames soziales Soll ist, ist es nur wirklich, insofernes im Gemeinschaftswillen als dem sich aufdrängenden Befehl enthaltenist. Dieser Gemeinschaftswille kommt auf zwei Weisen zum Ausdruck :1. durch den mit wirksamer Autorität ausgestatteten Machtinhaber und2. durch die soziale Gewohnheit. Beide Rechtsursachen teilen sich wiederumin zwei Gruppen. Die mit Autorität ausgestattete Macht spricht sichaus : a) im Gesetz, b) in der Verordnung der Exekutive. Und die sozialeGewohnheit manifestiert sich: a) in den bereits vorliegenden Rechtssprüchen(common law) und b) in dem dauernden sozialen Verhaltender Gesellschaftsglieder. Sofern man dem Richter rechtserzeugende Kraftzubilligt, wird man ihn als Rechtsquelle der ersten Gruppe zurechnenmüssen (1 b). Er hat dann in gewissem Sinne eine ähnliche (!) Funktionwie die Exekutive.Der Begriff der Rechtsquellen bringt also das zum Ausdruck, wasim Recht die Wirksamkeit ausmacht.Da es bei der Suche nach den Rechtsquellen um die Ermittlungdes wirksamen und somit praktikablen Rechts geht, ist man von selbstauf die weiteren Ursachen verwiesen, welche vor den augenblicklichenGesetzen und Gewohnheiten liegen, d. h. auf die Geschichte des Rechts.So kommt es, daß die Erforschung der Rechtsquellen die Geschichte desRechts einschließt. William Seagle hat diesen Doppelbegriff der Rechtsquellenmit der Unterscheidung zwischen formal und material dargestellt: «Im 'formalen' Sinn des Wortes sind unter Quellen des Rechtsdie Formen zu verstehen, in denen das geltende Recht eines bestimmtenRechtssystems zum Ausdruck kommt - also z. B. Verfassungen, Gesetze,Gerichtsentscheidungen und die diesen entsprechenden Instrumente wieVerfassungsur künden, Gesetzbücher, Entscheidungssammlungen. Im'materiellen' Sinn des Wortes jedoch bedeuten die Quellen des Rechts

Praeliminaria zum Thema <strong>de</strong>r Rechtsbegründung 61man auf <strong>de</strong>r Suche nach <strong>de</strong>r absolut wirksamen Norm zu einer Norm vorstößt,die mit <strong>de</strong>r absoluten Wirksamkeit zugleich die absolute Werthaftigkeitverbin<strong>de</strong>t. Wir befin<strong>de</strong>n uns somit endgültig vor <strong>de</strong>r gleichenNorm, welche die wertorientierte Rechtsphilosophie (und mit ihr dasgroße Heer <strong>de</strong>r «i<strong>de</strong>alistisch» eingestellten Naturrechts<strong>de</strong>nker) ent<strong>de</strong>cktzu haben glaubt. Man wird aber nicht vergessen dürfen, daß dieabsolute Norm nicht nur wegen ihrer Werthaftigkeit absolut ist, son<strong>de</strong>rnebenso wegen ihrer endgültigen, endzeitlichen Wirkkraft. Nur so verstehtman die ewige Norm im rechten Sinne, nämlich als wirksame Norm undnicht nur als Richtschnur, welche ihre Gültigkeit einzig und allein ausunserem Wertempfin<strong>de</strong>n schöpft. Vom Standpunkt <strong>de</strong>r vierten Rechts<strong>de</strong>finitionaus <strong>de</strong>ckt sich also die Frage nach <strong>de</strong>r Rechtsquelle mit <strong>de</strong>rnach <strong>de</strong>r Rechtsnorm im endgültigen Sinne. Der Rechtspositivismus, von<strong>de</strong>m noch eigens die Re<strong>de</strong> sein soll, trennt in vollständiger gegenseitigerUnabhängigkeit Rechtsquelle und Rechtsnorm. Die metaphysisch-realistischeRechts<strong>de</strong>finition i<strong>de</strong>ntifiziert die bei<strong>de</strong>n Begriffe in letzter Sicht.Dazwischen liegen die verschie<strong>de</strong>nen Rechtstheorien, die man je nach<strong>de</strong>m Verhältnis unterschei<strong>de</strong>t, in welches Rechtsnorm und Rechtsquellegesetzt wer<strong>de</strong>n.Wer als Objekt <strong>de</strong>r Rechtsbegründung nicht die durch äußere Erfahrungfeststellbaren, son<strong>de</strong>rn entsprechend <strong>de</strong>r vierten Rechts<strong>de</strong>finitiondie absolut wirksamen Rechtsnormen annimmt, hat zwar <strong>de</strong>n Vorteil<strong>de</strong>r Logik für sich, da er, wie wir noch sehen wer<strong>de</strong>n, von <strong>de</strong>r erstenüberhaupt erkennbaren und damit absolut wirksamen Norm ausgehtund so eine lückenlose Kette bis zum konkreten Recht, das nur ein « richtiges» Recht sein kann, zu ent<strong>de</strong>cken vermag. An<strong>de</strong>rseits obliegt ihmaber die schwierige Aufgabe, das Dilemma <strong>de</strong>r realen Wirklichkeit zulösen : Was ist nun Recht, das « richtige » Recht, das nach <strong>de</strong>r absolutenOrdnung gilt, o<strong>de</strong>r das in unserer äußeren Erfahrung gelten<strong>de</strong>, vom Staatsanktionierte Recht ? Obendrein ist dieses Problem noch vielschichtig,es enthält nämlich die Beurteilung <strong>de</strong>r äußerlich erfahrbaren Rechtsquellen(positivrechtlich wirksame Autorität, positives Gesetz, Rechtsgewohnheiten<strong>de</strong>r Gesellschaft) und <strong>de</strong>r Anwendung dieser Rechtsquellenin <strong>de</strong>r Rechtsprechung (die Frage nach <strong>de</strong>n absoluten sittlichen Normenin <strong>de</strong>r Rechtsprechung).Bevor wir die Rechtsbegründung weiter verfolgen, sei in Form einerZusammenfassung <strong>de</strong>r begriffliche Unterschied von Rechtsnorm undRechtsquelle nochmals dargestellt.

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