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12.07.2015 Aufrufe

Die Realdefinition des Rechts 39wir in der Vorstellung des objektiven Volksgeistes bei K. Larenz:« Das Recht gilt, weil es der objektive Geist des Volkes ist, dem derEinzelne durch sein Wesen verbunden ist. Es verpflichtet, weil und insofernes seinem Begriffe gemäß ist, Einheit des allgemeinen und desbesonderen Willens zu sein. » 2 5 Mit der Theorie des objektiven Geistes(Hegel) oder des objektiven Volksgeistes (Larenz) brauchen wir uns hiernicht auseinanderzusetzen. Die Definitionen wurden nur gewählt undhier angeführt, um auf die Wirklichkeit von sozialen Normen hinzuweisen,die im Gesamtbewußtsein der Gesellschaft wirksam sind.VierteRealdefinitionDas Recht ist ein im Gewissen des Menschen naturhaft sich aussprechendesSoll, das unabhängig von der soziologischen Anerkennung sozialeWerte fordert. Die bindende Kraft kommt also hier nicht aus dem Gesellschaftsbewußtseinals solchem, sondern rührt von etwas her, das vordiesem Bewußtsein der Gesellschaft liegt, das also ein naturhaftes Angebindeder menschlichen praktischen Vernunft sein muß. Die sozialeWirksamkeit dieses naturhaften Solls ist allerdings nur naturwissenschaftlicherfahrbar, wenn es sich im tatsächlichen Verhalten der Gesellschaftsgliederäußert, d.h. also wenn es soziologische Struktur annimmt.Denn beim Recht handelt es sich um ein soziales, nicht rein moralischesSoll. Die bindende Kraft muß also im sozialen Bereich aufweisbar sein.Man könnte nun sagen, daß wir auf diese Weise auf dem Boden der drittenDefinition landen. Das ist tatsächlich wahr, insofern wir im äußerlicherfahrbaren Bereich bleiben. Aus diesem Grunde wird, wie wir noch eigenssehen werden, die Naturrechtslehre sehr oft im Sinne einer soziologischenEthik aufgefaßt. Wenn wir uns aber einmal auf den Standpunkt stellen,daß nicht nur das äußerlich Erfahrbare das Reale ist, sondern daß esauch Wirklichkeiten gibt, die in der Tiefe der erfahrbaren Welt liegen unddiese sogar erst möglich machen, dann werden wir imstande sein, indieser, an vierter Stelle angeführten Definition des Rechts einen eigenenWirklichkeitswert zu finden, der nicht identisch ist mit dem der drittenDefinition. Folgende Suppositionen müssen anerkannt werden : 1. das Gewissendrückt nicht nur ein moralisches, sondern auch ein soziales Sollaus, 2. das Gewissen steht in Funktion zu einem überweltlichen Wesen,das imstande ist, Durchbrechungen des sozialen Solls zu sanktionieren.MA. a. O., 114.

40 Die Definition des RechtsNur unter diesen Voraussetzungen ist die an vierter Stelle gebotene Definitioneine Realdefinition des Rechts. Wir kommen darauf später nochmalszu sprechen.Das Gemeinsame in den verschiedenen RealdefinitionenSehen wir einmal von der philosophischen Erklärung, wie wir siein der vierten Realdefinition gegeben haben, ab, dann können wir alsGemeinsames aller Realdefinitionen aufstellen : Das Recht ist das durchdie Gewalt des Autoritätsträgers oder der ganzen Gesellschaft ausgesprocheneSoll eines bestimmten zwischenmenschlichen Verhaltens derGesellschaftsglieder. Es ist also eine zwangsmäßig durchführbare Ordnungzwischenmenschlichen Verhaltens. Da es sich beim Recht immer umein wirksam bindendes Soll handelt, hat man sich immer irgendeine übergeordneteGewalt vorzustellen; ob diese nun in einem einzelnen, in einerkleinen Gruppe oder in der ganzen Gesellschaft ruht, spielt dabei keineRolle. Die Schande, die einer in sich empfindet, wenn er eine von der Allgemeinheitgehaltene Regel (Brauch) nicht einhält, beweist doch deutlich,daß er sich einer Gewalt gegenüber fühlt, der er zwar nicht in einemeinzelnen Menschen begegnet, die ihn aber doch als Druck vom Ganzenher bedrängt. Das Gemeinsame in allen Realdefinitionen ist die Erfahrbarkeitdes bindenden Solls, und zwar jene Erfahrbarkeit, die nicht nurder einzelne für sich allein in sich spürt, die man vielmehr im ganzensozialen Raum in Form des geordneten Zusammenlebens feststellenkann. Allerdings muß hier eine gewisse Restriktion angebracht werden.Eigentlich erfahrbar ist nicht das Soll, sondern vielmehr die Wirkung desSolls. Wir haben aber bereits in der Nominaldefinition gesehen, daß dieWirksamkeit allein noch nicht die Rechtsnorm ausmacht, weil sie sichso vom Zwangsakt, d. h. von der reinen Kausalität nicht unterscheidenwürde. Um also auch die Bewandtnis der Norm in der Erfahrung festzustellen,müßten wir, um es einmal grotesk auszudrücken, alle Gesellschaftsgliederfragen, ob sie sich in freier Wahl der bindenden Normunterworfen haben und noch unterwerfen. Auf diese Weise hätten wirkontrolliert, ob es sich - in den Ausdrücken Kelsen's - um eine echteobjektive Norm handelt. Was aber tun wir, wenn auch nur einige Gesellschaftsgliedererklären, die bestehende Rechtsnorm sei keine Rechtsnorm,sondern ein Gewaltakt ? Hier stehen wir vor einem Problem, dasman aus der reinen Erfahrung, so wie sie allgemein im modernen Wissenschaftsbegriffaufgefaßt wird, niemals lösen kann. Die letzte Analyse

40 Die Definition <strong>de</strong>s RechtsNur unter diesen Voraussetzungen ist die an vierter Stelle gebotene Definitioneine Real<strong>de</strong>finition <strong>de</strong>s Rechts. Wir kommen darauf später nochmalszu sprechen.Das Gemeinsame in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Real<strong>de</strong>finitionenSehen wir einmal von <strong>de</strong>r philosophischen Erklärung, wie wir siein <strong>de</strong>r vierten Real<strong>de</strong>finition gegeben haben, ab, dann können wir alsGemeinsames aller Real<strong>de</strong>finitionen aufstellen : Das Recht ist das durchdie Gewalt <strong>de</strong>s Autoritätsträgers o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r ganzen Gesellschaft ausgesprocheneSoll eines bestimmten zwischenmenschlichen Verhaltens <strong>de</strong>rGesellschaftsglie<strong>de</strong>r. Es ist also eine zwangsmäßig durchführbare Ordnungzwischenmenschlichen Verhaltens. Da es sich beim Recht immer umein wirksam bin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s Soll han<strong>de</strong>lt, hat man sich immer irgen<strong>de</strong>ine übergeordneteGewalt vorzustellen; ob diese nun in einem einzelnen, in einerkleinen Gruppe o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r ganzen Gesellschaft ruht, spielt dabei keineRolle. Die Schan<strong>de</strong>, die einer in sich empfin<strong>de</strong>t, wenn er eine von <strong>de</strong>r Allgemeinheitgehaltene Regel (Brauch) nicht einhält, beweist doch <strong>de</strong>utlich,daß er sich einer Gewalt gegenüber fühlt, <strong>de</strong>r er zwar nicht in einemeinzelnen Menschen begegnet, die ihn aber doch als Druck vom Ganzenher bedrängt. Das Gemeinsame in allen Real<strong>de</strong>finitionen ist die Erfahrbarkeit<strong>de</strong>s bin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Solls, und zwar jene Erfahrbarkeit, die nicht nur<strong>de</strong>r einzelne für sich allein in sich spürt, die man vielmehr im ganzensozialen Raum in Form <strong>de</strong>s geordneten Zusammenlebens feststellenkann. Allerdings muß hier eine gewisse Restriktion angebracht wer<strong>de</strong>n.Eigentlich erfahrbar ist nicht das Soll, son<strong>de</strong>rn vielmehr die Wirkung <strong>de</strong>sSolls. Wir haben aber bereits in <strong>de</strong>r Nominal<strong>de</strong>finition gesehen, daß dieWirksamkeit allein noch nicht die Rechtsnorm ausmacht, weil sie sichso vom Zwangsakt, d. h. von <strong>de</strong>r reinen Kausalität nicht unterschei<strong>de</strong>nwür<strong>de</strong>. Um also auch die Bewandtnis <strong>de</strong>r Norm in <strong>de</strong>r Erfahrung festzustellen,müßten wir, um es einmal grotesk auszudrücken, alle Gesellschaftsglie<strong>de</strong>rfragen, ob sie sich in freier Wahl <strong>de</strong>r bin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Normunterworfen haben und noch unterwerfen. Auf diese Weise hätten wirkontrolliert, ob es sich - in <strong>de</strong>n Ausdrücken Kelsen's - um eine echteobjektive Norm han<strong>de</strong>lt. Was aber tun wir, wenn auch nur einige Gesellschaftsglie<strong>de</strong>rerklären, die bestehen<strong>de</strong> Rechtsnorm sei keine Rechtsnorm,son<strong>de</strong>rn ein Gewaltakt ? Hier stehen wir vor einem Problem, dasman aus <strong>de</strong>r reinen Erfahrung, so wie sie allgemein im mo<strong>de</strong>rnen Wissenschaftsbegriffaufgefaßt wird, niemals lösen kann. Die letzte Analyse

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