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ZWEITERARTIKELDIE REALDEFINITION DES RECHTSWie findet man die Realdefinition des Rechts ?Bei der Erstellung der Realdefinition des Rechts obliegt uns dieAufgabe, die einzelnen Begriffe, die in der Nominaldefinition vorkommen,mit einem wirklichen Inhalt zu belegen. Da wir vorläufig noch nichtwissen, ob das Soll, das sich im Recht ausspricht, eine ethische Funktionoder ethische Bewandtnis besitzt, also eigentlich von einem Apriori ausbetrachtet werden müßte, bleibt uns nichts anderes übrig, als nach Artjeder Experimentalwissenschaft vorzugehen, d. h. wir fragen nicht nachdem richtigen Recht, wir suchen nicht danach, wie eigentlich Rechtsein sollte, sondern belegen jeden einzelnen Begriff der Nominaldefinitionmit einem erfahrungsmäßigen Inhalt. Methodisch befinden wir uns alsonoch ganz und gar auf dem Boden der Rechtstheorie. Wir suchen zwarein Soll, aber ein Soll, welches sich durch Gültigkeit und Wirksamkeitexperimentell manifestiert.Daß die Menschen tatsächlich in gegenseitigem Wirk Verhältnisstehen (erstes Element der Nominaldefinition), ist eine eindeutige Tatsache,die nicht bestritten werden kann. Ebenso undiskutierbar ist dieErfahrung, daß dieses gegenseitige Verhältnis irgendwie in der konkretenSituation geordnet, abgestimmt werden muß, um als Friedensverhältniszu gelten (zweites Element der Nominaldefinition). Die übrigen Elementeder Nominaldefinition bilden aber den Knäuel der Problematik : gibtes ein Soll, welches über zwei oder mehreren Individuen steht und diesegewissermaßen in eins zusammenfaßt (drittes und viertes Element), ein
34 Die Definition des RechtsSoll, das auf der einen Seite Ansprüche schafft und auf der anderen SeitePflichten auferlegt (fünftes Element) und das zugleich eine Garantieder Wirksamkeit in sich enthält (sechstes Element) ?Es sei ausdrücklich wiederholt, daß wir diese Frage nicht in derWertordnung stellen, sondern in der Ordnung der Erfahrung. Man maguns da vorhalten, wir machten uns die Methode der Positivisten zu eigen.Man könne doch nicht reales Recht finden, wo das wertmäßige Soll nichterfüllt wird. Es gelte immer noch, was bereits Aristoteles und mit ihmThomas v. Aquin gesagt hatte, daß eine lex injusta keine lex sei. Manerklärt uns, dem Rechte ginge es nicht anders als dem Begriff des Guten.Gut kann man nicht dort finden, wo etwas gut genannt wird, sondernwo etwas dem Soll entspricht. Nehme man nun aber Recht als eine wertmäßigeQualifikation, dann könne man Recht nur nach dem absolutenSoll bestimmen. Darum gelte z. B., daß die Russen kein Recht besäßen,sondern nur Unrecht. Man könne darum das Rechtssystem der Russennicht als Rechts-, sondern nur als Zwangssystem bezeichnen. In diesemSinne unterscheidet z. B. C. Aug. Emge schon in der Definition das Rechtvon der Anmaßung. Er verwirft darum den Begriff des «richtigen»Rechts, da Recht immer wesentlich richtig sei, während alles andere,das sich Recht nennt, diesen Namen raube.Wir möchten aber diesen Weg des ethischen Apriori nicht gehen.Methodisch sicherer ist es, mit der Nominaldefinition des Rechts dieerfahrungsmäßig feststellbare gesellschaftliche und allgemein menschlicheWelt ins Auge zu fassen, um dort an den verschiedenen Realitätendie Definition zu verifizieren. Dabei ist es vorläufig «noch » belanglos,daß man den sozialen Zwang, wenn man ihn in letzter (metaphysischer)Analyse betrachtet, vom Recht ausschalten muß. Del Vecchio hat etwasRichtiges gesehen, wenn er sagte, man müsse sich einen Rechtsbegriffbilden, der auf alles paßt, was sich als Recht manifestiert. Auf diese Weisekönnen wir uns auf jeden Fall vom Vorwurf der weltanschaulichen Vorbelastungfreihalten. Man wird z.B. dem Befehl jener Übeltäter, welcheim letzten Weltkrieg für nationalistische Ziele Millionen von Soldatenin den Kampf und in den Tod getrieben haben, die Bewandtnis des Befehlesnicht abstreiten wollen, wenngleich er höchst ungerecht gewesenist. Daß es sich aber um einen Befehl, und zwar sozialen Befehl und damitum einen Rechtsbefehl gehandelt hat, das beweisen die Folgeerscheinungen,die sich daraus ergaben. Bleiben wir also vorläufig bei der unbeschwertenAussage, jedes sozial wirksame Soll sei «Recht», ohne zuuntersuchen, was richtiges und was unrichtiges Recht ist.
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34 Die Definition <strong>de</strong>s RechtsSoll, das auf <strong>de</strong>r einen Seite Ansprüche schafft und auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren SeitePflichten auferlegt (fünftes Element) und das zugleich eine Garantie<strong>de</strong>r Wirksamkeit in sich enthält (sechstes Element) ?Es sei ausdrücklich wie<strong>de</strong>rholt, daß wir diese Frage nicht in <strong>de</strong>rWertordnung stellen, son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Ordnung <strong>de</strong>r Erfahrung. Man maguns da vorhalten, wir machten uns die Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Positivisten zu eigen.Man könne doch nicht reales Recht fin<strong>de</strong>n, wo das wertmäßige Soll nichterfüllt wird. Es gelte immer noch, was bereits Aristoteles und mit ihmThomas v. Aquin gesagt hatte, daß eine lex injusta keine lex sei. Manerklärt uns, <strong>de</strong>m Rechte ginge es nicht an<strong>de</strong>rs als <strong>de</strong>m Begriff <strong>de</strong>s Guten.Gut kann man nicht dort fin<strong>de</strong>n, wo etwas gut genannt wird, son<strong>de</strong>rnwo etwas <strong>de</strong>m Soll entspricht. Nehme man nun aber Recht als eine wertmäßigeQualifikation, dann könne man Recht nur nach <strong>de</strong>m absolutenSoll bestimmen. Darum gelte z. B., daß die Russen kein Recht besäßen,son<strong>de</strong>rn nur Unrecht. Man könne darum das Rechtssystem <strong>de</strong>r Russennicht als Rechts-, son<strong>de</strong>rn nur als Zwangssystem bezeichnen. In diesemSinne unterschei<strong>de</strong>t z. B. C. Aug. Emge schon in <strong>de</strong>r Definition das Rechtvon <strong>de</strong>r Anmaßung. Er verwirft darum <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>s «richtigen»Rechts, da Recht immer wesentlich richtig sei, während alles an<strong>de</strong>re,das sich Recht nennt, diesen Namen raube.Wir möchten aber diesen Weg <strong>de</strong>s ethischen Apriori nicht gehen.Methodisch sicherer ist es, mit <strong>de</strong>r Nominal<strong>de</strong>finition <strong>de</strong>s Rechts dieerfahrungsmäßig feststellbare gesellschaftliche und allgemein menschlicheWelt ins Auge zu fassen, um dort an <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Realitätendie Definition zu verifizieren. Dabei ist es vorläufig «noch » belanglos,daß man <strong>de</strong>n sozialen Zwang, wenn man ihn in letzter (metaphysischer)Analyse betrachtet, vom Recht ausschalten muß. Del Vecchio hat etwasRichtiges gesehen, wenn er sagte, man müsse sich einen Rechtsbegriffbil<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r auf alles paßt, was sich als Recht manifestiert. Auf diese Weisekönnen wir uns auf je<strong>de</strong>n Fall vom Vorwurf <strong>de</strong>r weltanschaulichen Vorbelastungfreihalten. Man wird z.B. <strong>de</strong>m Befehl jener Übeltäter, welcheim letzten Weltkrieg für nationalistische Ziele Millionen von Soldatenin <strong>de</strong>n Kampf und in <strong>de</strong>n Tod getrieben haben, die Bewandtnis <strong>de</strong>s Befehlesnicht abstreiten wollen, wenngleich er höchst ungerecht gewesenist. Daß es sich aber um einen Befehl, und zwar sozialen Befehl und damitum einen Rechtsbefehl gehan<strong>de</strong>lt hat, das beweisen die Folgeerscheinungen,die sich daraus ergaben. Bleiben wir also vorläufig bei <strong>de</strong>r unbeschwertenAussage, je<strong>de</strong>s sozial wirksame Soll sei «Recht», ohne zuuntersuchen, was richtiges und was unrichtiges Recht ist.