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Grun<strong>de</strong>inteilung : Positivistische und naturrechtliche Rechtsphilosophien 213Eine gewisse Schwierigkeit gegen die kontradiktorisch gelten<strong>de</strong>Unterscheidung zwischen naturgegebenem und positivem Recht ergibtsich allerdings aus <strong>de</strong>m thomistischen Begriff <strong>de</strong>s «jus gentium », <strong>de</strong>r beiThomas oft <strong>de</strong>n Eindruck erweckt, als handle es sich um ein «Zwischenrecht», das we<strong>de</strong>r naturgegeben noch positiv ist. Vitoria hat - lei<strong>de</strong>r -<strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>s jus gentium zum positiven Recht hinübergezogen unddamit das Völkerrecht auf eine etwas verhängnisvolle Bahn geführt,wenngleich er <strong>de</strong>shalb als Begrün<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s mo<strong>de</strong>rnen Völkerrechts angesprochenwer<strong>de</strong>n kann. Ein eingehen<strong>de</strong>s Studium <strong>de</strong>r Thomastexte dringtaber zur Erkenntnis durch, daß das jus gentium beim Aquinaten einechtes Naturrecht ist trotz <strong>de</strong>r äußeren Züge eines Gewohnheitsrechts 3 .Mit dieser säuberlichen Scheidung <strong>de</strong>s naturgegebenen vom gesatztenRecht ist durchaus nicht geleugnet, daß <strong>de</strong> facto etwas zugleichnaturgegebenes und positives Recht sein könne, dann nämlich, wenn dieNatur <strong>de</strong>r Sache durch die staatliche Gewalt sanktioniert wird. Von <strong>de</strong>rRechtsbegründung her aber bleibt die Unterscheidung bestehen, es gibtnur entwe<strong>de</strong>r naturgegebenes o<strong>de</strong>r gesatztes Recht.Nun muß man sich allerdings <strong>de</strong>r Grundlage bewußt sein, auf welcherdie Unterscheidung, wie wir sie soeben im Anschluß an Thomas vonAquin vorgenommen haben, aufruht. Thomas setzt hierbei voraus, daßdie Natur nicht einfach das ist, was dieser o<strong>de</strong>r jener positiven Gesetzgebung«vorliegt», son<strong>de</strong>rn dasjenige, was <strong>de</strong>m Wesen <strong>de</strong>r Sache entspricht.Unter Wesen wird hierbei nicht etwa die Situation verstan<strong>de</strong>n,son<strong>de</strong>rn in erster Linie <strong>de</strong>r universale, prinzipienhafte Inhalt und erstvon hier aus die Situation. Der Natur <strong>de</strong>r Sache entspricht darum nurjene Situation, welche eine folgerichtige Konkretisierung von Prinzipienist. Wir brauchen uns hier über die Eigenart dieser Prinzipien nichtweiter auszusprechen. Sie sind aber ein wesentliches Angebin<strong>de</strong> <strong>de</strong>rmenschlichen Erkenntnis. Wir lösen keinen Gewissenscasus, ohne Prinzipienanzuwen<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r Abwägung von Werten wen<strong>de</strong>n wir z. B. instinktiv<strong>de</strong>n Grundsatz an, daß geistige Güter <strong>de</strong>n materiellen vorgehen.Wenn man die Natur <strong>de</strong>r Sache nicht mehr im Sinne <strong>de</strong>r realistischenUniversalienlehre versteht, dann schleichen sich in <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>r Natur<strong>de</strong>r Sache Elemente ein, die wir nur noch aus ihrer Faktizität erklärenkönnen, d. h. daraus, daß sie von uns Menschen zu Rechtsfaktoren gemachtwor<strong>de</strong>n sind (bei Thomas von Aquin: Vereinbarung). Gemäß einem3Vgl. meinen Kommentar in Bd. 18 <strong>de</strong>r Deutschen Thomasausgabe, Hei<strong>de</strong>lberg1953, 448 ff.

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