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Schuld und Strafe in philosophischer Sicht 207ebenso ontisch behoben ist wie <strong>de</strong>r wi<strong>de</strong>rnatürliche Zustand <strong>de</strong>r Sittennormwidrigkeitselbst, ist die Bemessung <strong>de</strong>r Sühneleistung eine Abwägung<strong>de</strong>s persönlichen Werturteils, d. h. eine moralische Bemessung.Nun könnte man allerdings sagen, daß die sittennormwidrige Handlungnicht nur einen wi<strong>de</strong>rnatürlichen Zustand hervorruft, son<strong>de</strong>rn zugleichauch eine Beleidigung <strong>de</strong>s ersten Gesetzgebers be<strong>de</strong>utet, daß darumdie Genugtuung in <strong>de</strong>r Sühneleistung eigentlich niemals das Aequivalenzprinziperfüllt. Dies scheint aber nach <strong>de</strong>m naturhaften Stand <strong>de</strong>r Dingeauch nicht notwendig zu sein. Denn wenn die Umkehr real ist, d. h.wenn die Rückwendung zum letzten Ziel wirklich ontische Tatsache ist,dann kann auch <strong>de</strong>r Zustand <strong>de</strong>r Beleidigung nicht mehr bestehen.Je<strong>de</strong>nfalls ist das Aequivalenzprinzip : «Die Strafe muß <strong>de</strong>r Schuld entsprechen» nur relativ zu fassen, d. h. daß verschie<strong>de</strong>ne Schuld auchverschie<strong>de</strong>n bestraft wer<strong>de</strong>. Dieser Grundsatz steht aber weniger imZusammenhang von Schuld und Strafe als vielmehr mit <strong>de</strong>r austeilen<strong>de</strong>nGerechtigkeit (justitia distributiva), die wir unter uns Menschen verwirklichenmüssen. Der Richter hat um jener Gerechtigkeit willen, welcheGüter und Lasten verteilt - im Strafrecht han<strong>de</strong>lt es sich um Lasten zurSühneleistung -, die Strafe so zu bemessen, daß alle Täter analog gleichbehan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n, daß also schwerere Schuld schwerer, leichtere Schuldleichter bestraft wird.Beson<strong>de</strong>re Aufmerksamkeit müßten wir eigentlich <strong>de</strong>m Problemschenken, ob ein menschlicher Richter einen Täter zum To<strong>de</strong> verurteilendürfe. Es seien hier zu diesem abgrundtiefen Problem nur einige Bemerkungengemacht. Wir sind durch die Geschichte <strong>de</strong>r Menschheit,in welcher die To<strong>de</strong>sstrafe eine so vielseitige Anerkennung gefun<strong>de</strong>n hat,im Urteil zugunsten <strong>de</strong>r To<strong>de</strong>sstrafe etwas vorbelastet. Das Argument<strong>de</strong>s Thomas von Aquin, daß, wie ein faules Glied am Körper abgetrenntwird, so auch ein Verbrecher, <strong>de</strong>r durch seine Tat das Zusammenlebenmit <strong>de</strong>n Mitmenschen total negiert, aus <strong>de</strong>r Gesellschaft ausgestoßenund mit <strong>de</strong>m Tod bestraft wer<strong>de</strong>n müßte, steht nicht im Zeichen <strong>de</strong>rSühne für das Verbrechen, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Bewahrung <strong>de</strong>r Gesellschaft vorweiteren drohen<strong>de</strong>n Gefahren : «Je<strong>de</strong>r Teil ist hingeordnet auf dasGanze, wie das Unvollkommene auf das Vollkommene. Deshalb beobachtenwir, daß, wenn das Herausschnei<strong>de</strong>n eines Glie<strong>de</strong>s, das vielleichtfaul und daher eine Gefahr für die an<strong>de</strong>ren ist, für die Gesundheit <strong>de</strong>sganzen Körpers sich als heilsam erweist, es vernünftig und heilsam ist,das Glied zu entfernen. Je<strong>de</strong> Einzelperson aber steht zur ganzen Gemeinschaftim Verhältnis <strong>de</strong>s Teiles zum Ganzen. Wenn daher ein Mensch

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