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204 Schuld und Strafeohne Schuld, und zwar ohne sittliche Schuld. Ein Überzeugungstäter,<strong>de</strong>r mit seinem ehrlichen, wenn auch irrtümlichen Gewissen gehan<strong>de</strong>lthat, kann nicht bestraft wer<strong>de</strong>n.Das Eindringen in das Schuldbewußtsein <strong>de</strong>s Täters kann also insehr vielen Fällen einen Schuldausschluß o<strong>de</strong>r doch wenigstens eineSchuldmin<strong>de</strong>rung zur Folge haben. Dies betrifft namentlich auch jeneFälle, wo mehrere Unrechtstaten vorliegen, die <strong>de</strong>n Täter als Gewohnheitsverbrechererscheinen lassen. Gera<strong>de</strong> bei Gewohnheitsverbrechernkann Schuldmin<strong>de</strong>rung vorliegen, die darum die Strafe herabsetzt,an<strong>de</strong>rseits natürlich die Vorsichtsmaßnahmen verschärft.Das Eindringen in das subjektive Schuldbewußtsein kann aber auchzu einer verschärften Schuldbeurteilung führen. Auf diesen Sachverhaltwur<strong>de</strong> bereits früher hingewiesen. Nehmen wir zur Erklärung folgen<strong>de</strong>sinstruktives Beispiel: Der verheiratete A, <strong>de</strong>r schon Jahre lang von seinerFrau getrennt lebt, verkehrt geschlechtlich mit seiner Freundin und erklärtvor Gericht, er habe in keiner Weise daran gedacht, daß hier einEhebruch vorhegen könnte. Die sogenannte « Vorsatztheorie » (Mezger,Schänke u. a.), welche das Bewußtsein <strong>de</strong>r Rechtswidrigkeit zum Vorsatzrechnet, kommt hier zum Urteil, daß kein Ehebruch vorliegt, weil keinEhebruchsvorsatz vorhan<strong>de</strong>n war. Das fehlen<strong>de</strong> Bewußtsein <strong>de</strong>r Rechtswidrigkeitschließt somit <strong>de</strong>n Vorsatz <strong>de</strong>s Ehebruchs aus. Es kann alsokeine Bestrafung wegen vorsätzlicher Begehung <strong>de</strong>r Tat stattfin<strong>de</strong>n.Die « Schuldtheorie », gemäß welcher die Schuld nur Vorwerfbarkeitbe<strong>de</strong>utet (Graf zu Dohna, Welzel, v. Weber, Busch u. a.), erklärt dagegen,daß das fehlen<strong>de</strong> Bewußtsein <strong>de</strong>r Rechtswidrigkeit <strong>de</strong>n Vorsatz nicht ausschließe.Der Vorsatz erstrecke sich nur auf die Tatbestandsmerkmale<strong>de</strong>r betreffen<strong>de</strong>n Straftat, umfasse also nicht das Bewußtsein <strong>de</strong>r Rechtswidrigkeit.Es han<strong>de</strong>lt sich somit nach dieser Theorie bei A um einen Ehebruchsvorsatz.Die Schuldtheorie wür<strong>de</strong> hier nun weiter fragen, ob nach<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Gesellschaft gelten<strong>de</strong>n Moralregeln A auch nach langer Trennungvon seiner Ehefrau die sittlich-rechtliche Verpflichtung <strong>de</strong>r Ehetreuehätte erkennen können und müssen. Dabei geht es um die Untersuchung,inwieweit bei fehlen<strong>de</strong>m Unrechtsbewußtsein ein (unter Umstän<strong>de</strong>ngeringer) Schuldvorwurf o<strong>de</strong>r kein Schuldvorwurf gemachtwer<strong>de</strong>n könne und müsse. Der Jurist, <strong>de</strong>r die Schuldtheorie vertritt,ist daher in <strong>de</strong>r Lage, unter Umstän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Schuldvorwurf eines echtenEhebruchsvorsatzes auszusprechen.Gehen wir <strong>de</strong>r Sache aber tiefer auf <strong>de</strong>n Grund, dann wer<strong>de</strong>n wirfeststellen, daß <strong>de</strong>r außereheliche Geschlechtsverkehr in sich als unsitt-

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