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Schuld und Strafe in philosophischer Sicht 203Die Anwendung <strong>de</strong>r sozialethischen Auffassung von Schuld und Strafeauf das positiv-rechtliche GebietObgleich auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>s Naturrechts Recht und Moral zusammengehören,fragt es sich, wieweit das positive Recht sittliches Tun sanktionierenkann. Das Ziel <strong>de</strong>s positiven Rechts muß sein, jene verbindlichenRegeln für das zwischenmenschliche Verhalten aufzustellen, die <strong>de</strong>mEndziel <strong>de</strong>s Menschen entsprechen. Das positive Recht kann, da esdie zwischenmenschlichen Handlungen regeln soll, nicht mehr erfassen,als durch die Gesellschaft kontrollierbar ist. Es können daher grundsätzlichnur äußere Handlungen sanktioniert wer<strong>de</strong>n, und zwar solche äußereHandlungen, die ihrer Natur nach irgendwie gesellschaftlich feststellbareWirkungen hervorrufen. Es ist also nicht absolut notwendig, daß dieHandlung selbst zwischenmenschlichen Charakter habe. So bestraft daspositive Gesetz mit vollem Recht die geheim vollführte Bestialität. Undzwar wird diese wi<strong>de</strong>rnatürliche Unzucht nicht etwa nur dann bestraft,wenn sie mit exhibitionistischen Nebenabsichten verbun<strong>de</strong>n ist, son<strong>de</strong>rnin sich, da sie <strong>de</strong>n Charakter <strong>de</strong>s Menschen <strong>de</strong>rart <strong>de</strong>formiert, daß seinVerhalten mit <strong>de</strong>r Umwelt naturnotwendig infiziert ist. Die Juristen,welche heute für die Abschaffung <strong>de</strong>r rechtlichen Sanktion <strong>de</strong>r von Erwachsenenfreiwillig vollführten Homosexualität eintreten, sollten sichüber die sozialen Folgen Rechenschaft geben.Die Unrechtstat muß aber stets mit <strong>de</strong>m sittlichen Schuldbewußtsein<strong>de</strong>s Täters verbun<strong>de</strong>n sein. Man kann also die juristische Schuldnicht einfach im Sinne <strong>de</strong>r rein normativen Schuldauffassung <strong>de</strong>r richterlichbeurteilten Vorwerfbarkeit gleichsetzen. An<strong>de</strong>rseits bedarf es objektiverMaßstäbe, um festzustellen, wann und wieweit eine sittliche Schuldvorliegt. Hier hilft die von <strong>de</strong>r Schuldtheorie aufgestellte Regel: Hätte<strong>de</strong>r Angeklagte entsprechend <strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Gesellschaft als geltend erkanntenVerhaltensregeln das Verbot erkennen können und müssen ? Unter<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Gesellschaft gelten<strong>de</strong>n Verhaltensregeln wird man nicht nurdas Durchschnitts wissen, son<strong>de</strong>rn auch das Durchschnittsgewissen verstehenmüssen, d. h. das Wert- und Schul<strong>de</strong>mpfin<strong>de</strong>n, wie es <strong>de</strong>m Rechtsgefühl<strong>de</strong>r Gesellschaft o<strong>de</strong>r eines bestimmten Stan<strong>de</strong>s, welchem <strong>de</strong>rTäter angehört, entspricht. Es bleibt weiterhin <strong>de</strong>m Richter nicht erspart,sich mit psychologischem Geschick in <strong>de</strong>n Gewissenszustand <strong>de</strong>sAngeklagten hineinzu<strong>de</strong>nken, um zur Sicherheit zu kommen, daß dienach objektiven Regeln festgestellte Vorwerfbarkeit in Form eines echtenSchuldbewußtseins existiert: nulluni crimen sine culpa, kein Verbrechen

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