12.07.2015 Aufrufe

SAMMLUNG POLITEIA - stiftung-utz.de

SAMMLUNG POLITEIA - stiftung-utz.de

SAMMLUNG POLITEIA - stiftung-utz.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Schuld und Strafe in philosophischer Sicht 197Man beachte, daß, wie das Gewissen als aus sich wirksame Norm etwasGeistiges darstellt, ebenso auch die Strafe, die sich aus dieser Normergibt, zunächst etwas Geistiges ist: <strong>de</strong>r Zwiespalt im sittlichen Bewußtsein.Alle an<strong>de</strong>ren, sich vielleicht im psychischen und körperlichen Bereichauswirken<strong>de</strong>n Sanktionen, wie Nie<strong>de</strong>rgeschlagenheit o<strong>de</strong>r Kräfteverfall(letzteres z. B. bei Verfehlungen gegen die Mäßigkeit), sind sekundärerNatur. Sie tragen nicht Strafcharakter, son<strong>de</strong>rn sind Begleiterscheinungen<strong>de</strong>r eigentlichen, geistigen Strafe innerhalb <strong>de</strong>r Gesamtpersönlichkeit.Halten wir aus <strong>de</strong>m bisher Gesagten fest, daß das Gewissen eineaus sich wirksame Norm ist, die mit ebenso naturhaftem Impuls Strafe«verhängt», wie sie das Gute diktiert. So verstehen wir die natürlicheÜberzeugung <strong>de</strong>s rechtschaffenen Menschen, daß sittenwidriges Han<strong>de</strong>lnnicht unbestraft bleiben könne. Die sittenwidrige Handlung schafft inuns einen Zustand <strong>de</strong>r Normwidrigkeit, <strong>de</strong>r, weil er ein ontologischer Zustandist, zugleich Strafe be<strong>de</strong>utet. Damit erst sind wir permanent«schuldig ». Dieser seinsmäßige Zustand <strong>de</strong>r Normwidrigkeit erhält imBewußtsein <strong>de</strong>s Menschen die Gestalt <strong>de</strong>r Anklage <strong>de</strong>s Gewissens gegendie sittenwidrige Existenz, d. h. gegen <strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>r sittenwidrigen Handlungentstan<strong>de</strong>nen Zustand. Die Strafe im sittlichen Sinne ist <strong>de</strong>r imSchuldbewußtsein verwirklichte Verlust <strong>de</strong>s geistigen Glückes.Man könnte die Erkenntnis <strong>de</strong>s Zusammenhanges von sittenwidrigerHandlung und Strafe noch vertiefen, in<strong>de</strong>m man sich die Natur <strong>de</strong>rsittenwidrigen Handlung vor Augen führt. Diese ist nämlich keine reineNegation <strong>de</strong>s Guten, son<strong>de</strong>rn ein echter menschlicher Akt, <strong>de</strong>r seinerNatur nach in Beziehung zur Norm, <strong>de</strong>m Gewissen, steht. Die Sittenwidrigkeitbe<strong>de</strong>utet darum nicht nur Abwesenheit eines gebühren<strong>de</strong>nAktes, son<strong>de</strong>rn Mißbildung eines Aktes, wie ähnlich <strong>de</strong>r hinken<strong>de</strong> Menschnicht <strong>de</strong>m Menschen gleichzustellen ist, <strong>de</strong>r sich überhaupt nicht bewegt.Der Wi<strong>de</strong>rspruch zwischen Sittennorm und sittenwidrigem Han<strong>de</strong>ln istnicht nur eine Imputationsfrage, son<strong>de</strong>rn etwas Reales, und zwar <strong>de</strong>swegen,weil die Sittennorm im Sein, nämlich im Gewissen, verwirklicht ist.Die Strafe als Sühne für sittennormwidrigesHan<strong>de</strong>lnDie Beseitigung <strong>de</strong>s sittennormwidrigen Zustan<strong>de</strong>s vollzieht sich in<strong>de</strong>r Rückwendung <strong>de</strong>s Willens zur Ordnung <strong>de</strong>s Gewissens. Damit istdas Schuldbewußtsein behoben. Ist aber hiermit auch die Strafe amEn<strong>de</strong> ? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns <strong>de</strong>r geistigenReichweite <strong>de</strong>r sittennormwidrigen Handlung bewußt wer<strong>de</strong>n.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!