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194 Schuld und Strafedie Norm erlassen wur<strong>de</strong>, auslegen wollen, dann müssen wir tiefer eindringen.Wir müssen erklären, warum aus <strong>de</strong>r sitten- o<strong>de</strong>r rechtswidrigenTat eine Schuld, die in <strong>de</strong>m Einstehenmüssen o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r fortdauern<strong>de</strong>nVorwerfbarkeit besteht, folgt. Wir müssen also <strong>de</strong>n Begriff Schuld nichtnur als Schuldigsein für eine Tat auffassen, son<strong>de</strong>rn haben die Tat selbstals Ursache <strong>de</strong>s Schuldigseins zu erkennen. Damit kommen wir zueiner neuen logischen Supposition von Schuld.Dritte logische Supposition <strong>de</strong>s Begriffes « Schuld», Schuld als sittennormwidrigeHandlung. - Schuld im Sinne <strong>de</strong>r vorsätzlich sittennormwidrigenHandlung ist nicht nur die fortdauern<strong>de</strong> Vorwerfbarkeit, son<strong>de</strong>rndie in <strong>de</strong>r Tat selbst liegen<strong>de</strong> vorsätzliche Normwidrigkeit. Wennwir von diesem Wortsinn aus die Frage stellen : muß auf Schuld =sittennormwidrige Handlung Strafe folgen ?, dann klingt sie nicht mehrso selbstverständlich. Genau gestellt, lautet die Frage : Zieht Schuld =sittennormwidrige Handlung ein permanentes Schuldigsein nach sich,das auch dann noch besteht, wenn <strong>de</strong>r Mensch sich längst in die Normenweltwie<strong>de</strong>r eingeglie<strong>de</strong>rt hat ? Macht je<strong>de</strong> sitten- o<strong>de</strong>r rechtswidrigeTat <strong>de</strong>n Täter zum Schuldner, daß es mehr braucht, um zum Nicht­Schuldner zu wer<strong>de</strong>n, als nur die Erkenntnis und das Eingeständnis <strong>de</strong>rin <strong>de</strong>r Tat gesetzten Normwidrigkeit ? Man braucht in diesem Zusammenhangdurchaus keine theologischen Konzeptionen heranzuziehen.Aus <strong>de</strong>r Befangenheit und Angst vor <strong>de</strong>r Theologie kommt man leichtheraus, wenn man das lateinische Wort «culpa » benützt (im Unterschiedvon <strong>de</strong>bitum). Die Scholastik hat culpa stets im Sinne <strong>de</strong>r Normwidrigkeit<strong>de</strong>s peccatum (Sün<strong>de</strong>) verstan<strong>de</strong>n. Um eine Verwechslungmit <strong>de</strong>m <strong>de</strong>bitum, eine Strafe zu übernehmen, zu vermei<strong>de</strong>n, hat sieeinen doppelten reatus unterschie<strong>de</strong>n : <strong>de</strong>n reatus culpae und <strong>de</strong>n reatuspoenae. Der erste ist die Sün<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r zweite dagegen die aus <strong>de</strong>r Sün<strong>de</strong>folgen<strong>de</strong> Schuldigkeit, die Strafe zu übernehmen. Nulla poena sine culpaheißt also: nulla poena sine reatu culpae, nicht aber : nulla poena sinereatu poenae. In <strong>de</strong>r zweiten Formulierung sticht die Tautologie spürbarins Gehör.Wenn also das Prinzip « auf Schuld muß Strafe folgen » schon reinlogisch einen Sinn haben soll, dann muß man die Normwidrigkeit in <strong>de</strong>rHandlung selbst fin<strong>de</strong>n. Sie muß ein Wesenselement <strong>de</strong>s Vorsatzes selbstsein. Wer also einen rein normativen Schuldbegriff zugrun<strong>de</strong> legen wür<strong>de</strong>,könnte das Prinzip logisch nicht mehr begrün<strong>de</strong>n. Denn die Strafe wärekeine Wesensfolge <strong>de</strong>s Aktes. Nun ist aber je<strong>de</strong> Normwidrigkeit, welche<strong>de</strong>n Akt in seinem inneren Sein afhziert, eine sittliche Normwidrigkeit,

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