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190 Schuld und StrafeRechtssicherheit so weit treiben darf, daß für die Gerechtigkeit, zuwelcher das subjektive Rechtsbewußtsein wesentlich gehört, kein Platzmehr bleibt.Wer die Schuld in <strong>de</strong>n Vorsatz hinein verlegt, kann nicht mehr nurvon «Vorwerfbarkeit» re<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn muß von Vorwurf, und zwar Gewissensvorwurfsprechen. Im kanonischen Recht ist dieser Gedanke sostark unterstrichen, daß <strong>de</strong>rjenige, welcher in seinem persönlichenSchuldbewußtsein sich nicht schwer anzuklagen hat, keine Exkommunikationlatae sententiae inkurrieren kann. Natürlich braucht das Schuldbewußtseinnicht in einem Wertfühlen o<strong>de</strong>r Wertempfin<strong>de</strong>n zu bestehen.Es genügt das Bewußtsein, daß <strong>de</strong>r Vorsatz als solcher schlecht ist. DieVorsatztheorie erhält, wenn sie naturrechtlich aufgefaßt wird (wie z. B.von Arthur Kaufmann), eine bemerkenswerte Note, die unter Umstän<strong>de</strong>nzu einem ganz an<strong>de</strong>ren Urteil kommt als die normative Schuldtheorie.Wer nämlich mit <strong>de</strong>r Naturrechtslehre <strong>de</strong>r Auffassung ist, daß <strong>de</strong>r Tatbestandbestimmter Delikte, so sicher <strong>de</strong>r eigentlichen Kriminal<strong>de</strong>likte(im Unterschied zu <strong>de</strong>n Ordnungswidrigkeiten), aus sich Unrechtstatbestandist (wenngleich zur strafrechtlichen Verfolgung die gesetzlicheBestimmung <strong>de</strong>s Tatbestan<strong>de</strong>s vorausgesetzt wer<strong>de</strong>n muß), <strong>de</strong>r wird<strong>de</strong>n psychologischen Vorsatz nicht losgelöst von <strong>de</strong>r Schuld betrachtenkönnen und umgekehrt. Er wird darum die Frage : « Hätte <strong>de</strong>r Täterbei gehöriger Anstrengung seines Gewissens wissen müssen, daß seinVerhalten rechtswidrig war ? » an<strong>de</strong>rs beantworten als <strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>rgemäß <strong>de</strong>r Vorstellung <strong>de</strong>r normativen Schuldtheorie <strong>de</strong>n Vorsatz von<strong>de</strong>r Schuldfrage ablöst.Untersuchen wir zur Ver<strong>de</strong>utlichung eine Handlung, die gemäßihrem inneren Gehalt eine sittliche Bewandtnis besitzt, etwa die Abtreibung.Kann man in <strong>de</strong>r aus ethischer Indikation vorgenommenenAbtreibung (Abtreibung im Falle <strong>de</strong>r Notzucht) <strong>de</strong>n Vorsatz von <strong>de</strong>rSchuldfrage trennen ? Die Schuldtheorie nimmt es gemäß ihrer Auffassungvon <strong>de</strong>m normativen Charakter <strong>de</strong>r Schuld an. Sie stellt fest, daß<strong>de</strong>r Arzt die Entfernung <strong>de</strong>r Leibesfrucht mit freiem Willen vorgenommenhat, und fragt anschließend, wie weit er hätte wissen o<strong>de</strong>r ahnenkönnen und müssen, daß seine Handlungsweise rechtswidrig war. Wer<strong>de</strong>r Auffassung ist, daß es überhaupt keine vom Wesen <strong>de</strong>r Handlung herbestimmte Schuld gibt, kann sich hier nur die Frage stellen, inwieweit<strong>de</strong>r Arzt gemäß <strong>de</strong>n unter Ärzten allgemein üblichen Rechtskenntnissenhätte wissen müssen, daß sich die gesetzlich erlaubte medizinische Indikationnicht ohne weiteres per analogiam auf die ethische Indikation

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