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Die Analyse <strong>de</strong>r straffälligen Handlung in <strong>de</strong>r Praxis <strong>de</strong>s Strafrichters 189sein gelösten, abstrakten Maßstab <strong>de</strong>r Schuld zu fin<strong>de</strong>n, richtig und biszu En<strong>de</strong> durch<strong>de</strong>nkt, dann gelangt man zum sog.«normativen » Schuldbegriff,normativ im Sinne <strong>de</strong>r Reinen Rechtslehre Kelsen's. In ihm sindRechtsschuld und sittliche Schuld klar voneinan<strong>de</strong>r geschie<strong>de</strong>n. DieSchuld ist nicht mehr <strong>de</strong>r Vorwurf, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Mensch in sich selbst empfin<strong>de</strong>t,auch nicht und erst recht nicht <strong>de</strong>r Vorwurf, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Richter insich nachvollziehend erlebt, wenn er sich in das Verbrechen <strong>de</strong>s Angeklagtenhineinversenkt. Die Schuld ist vielmehr die Vorwerfbarkeit einerHandlung gemäß einer allgemeinen sozialen Regel: « Das Recht ... mußsich, auch wenn dadurch das individuelle Leben gewisse Einschränkungenerlei<strong>de</strong>t, an das halten, was unter bestimmten 'typischen' Umstän<strong>de</strong>n'möglich' ist. Schuldig im Sinne <strong>de</strong>s Strafrechts ist <strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r diesenan ihn gerichteten Anfor<strong>de</strong>rungen nicht entspricht. Daraus ergibt sichdie Folgerung: Schuld im strafrechtlichen Sinne gibt es und gibt esinsoweit, als nach <strong>de</strong>n gesamten äußeren und inneren Umstän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>sFalles mit <strong>de</strong>m Urteil über die rechtswidrige Tat <strong>de</strong>r Vorwurf verbun<strong>de</strong>nwer<strong>de</strong>n kann, 'man' hätte unter diesen Umstän<strong>de</strong>n 'an<strong>de</strong>rs han<strong>de</strong>lnkönnen'» 3 .Allerdings ist diese normative Schuldbemessung gar nicht so reinnormativ, wie es auf <strong>de</strong>n ersten Bück aussieht. Denn woher wird schließlichdiese Regel gewonnen ? In jener unbekannten Person, die unterdiesen Umstän<strong>de</strong>n hätte an<strong>de</strong>rs han<strong>de</strong>ln können, wird doch auch ein subjektivesBewußtsein o<strong>de</strong>r Empfin<strong>de</strong>n vorausgesetzt. Wie sollte sonst <strong>de</strong>rRichter erklären, daß sie an<strong>de</strong>rs hätte han<strong>de</strong>ln können ? Dasjenige, wasman erwarten kann, wird schüeßlich, wie betont wird, nach <strong>de</strong>m bestimmt,« was man von einem charaktervollen Menschen billigerweiseunter <strong>de</strong>n gegebenen Umstän<strong>de</strong>n erwarten konnte und <strong>de</strong>shalb erwartete»*.Damit sind wir mitten in einer philosophischen Frage, nämlich bei<strong>de</strong>m Problem, ob sich die juristische Schuld überhaupt von <strong>de</strong>r sittlichenloslösen lasse. Wir wer<strong>de</strong>n diesem Gedanken später eigens nachgehen.Auf was es aber hier ankommt, ist das Verständnis für die praktischeNotwendigkeit, eine solche Schuldtheorie « auszubauen », welche dasAnliegen <strong>de</strong>r Rechtssicherheit weitmöglichst erfüllt. Nun ist es allerdingswie<strong>de</strong>rum eine schwerwiegen<strong>de</strong> rechtsphilosophische Frage, ob man die3E. MEZGER, Strafrecht, Ein Studienbuch, Allgemeiner Teil, München-BerlinM960, 137 f. ; vgl. A. KAUFMANN, Das Schuldprinzip, 226.4E. MEZGER, Schuld und Persönlichkeit, Marburg 1952, 15 ; vgl. A. KAUF­MANN, Das Schuldprinzip, 226.

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