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488 Schuld und Strafestandsmäßige Seinsbeschaffenheit richtig kannte o<strong>de</strong>r erkennen konnte,son<strong>de</strong>rn nur dann, wenn er auch ihre Rechtswidrigkeit kannte o<strong>de</strong>r erkennenmußte. Diese Auffassung heißt, weil sie die Schuldfrage vom Vorsatztrennt, « Schuldtheorie ».Im Gegensatz zu dieser steht die sog. Vorsatztheorie. Diese nimmtVorsatz und Schuld zusammen. Sie erklärt, daß <strong>de</strong>r Vorsatz ein Bestandteil<strong>de</strong>r Schuld ist. Das Bewußtsein <strong>de</strong>r Rechtswidrigkeit gehört hier zumTatvorsatz. Fehlt es <strong>de</strong>m Täter, so ist sein Vorsatz ausgeschlossen, selbstwenn er mit voller Kenntnis <strong>de</strong>s Tatbestands han<strong>de</strong>lt. Der Irrtum überdie Rechtswidrigkeit schließt also <strong>de</strong>n Vorsatz aus. Wir wer<strong>de</strong>n sehen,daß die Vorsatztheorie, unter <strong>de</strong>r Bedingung, daß man sie nicht nur alsjuristische, son<strong>de</strong>rn zugleich als natürlich-sittliche Lehre von <strong>de</strong>r Normwidrigkeitversteht, ihre großen, nicht zu leugnen<strong>de</strong>n Vorzüge gegenüber<strong>de</strong>r Schuldtheorie hat. Der einfache Menschenverstand sagt sichz. B., daß ein Mann, <strong>de</strong>r einen frem<strong>de</strong>n ungezogenen Jungen zwei Stun<strong>de</strong>nin seinen Kohlenkeller einsperrt, weil er glaubt, ein Züchtigungsrechtgegenüber frem<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn zu haben, <strong>de</strong>n rechtswidrigen Tatbestand<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rzüchtigung gar nicht erfüllt. Wenn er gewußt hätte,daß diese Handlung verboten gewesen wäre, hätte er das Kind überhauptnicht gezüchtigt. Welzel antwortet darauf, daß das Bewußtsein <strong>de</strong>rRechtswidrigkeit nicht etwas sei, was <strong>de</strong>m Täter vorgeworfen wer<strong>de</strong>,son<strong>de</strong>rn weshalb <strong>de</strong>m Täter <strong>de</strong>r rechtswidrige Vorsatz vorgeworfenwer<strong>de</strong>. Es ginge in <strong>de</strong>r Schuldfrage also darum, ob <strong>de</strong>r Täter die Rechtswidrigkeitseines Handlungsentschlusses hätte wissen müssen o<strong>de</strong>r nicht.Auch das ist richtig. Die Dinge liegen aber tiefer. Wenn wir nämlich <strong>de</strong>rAnsicht sind, daß es Handlungen gibt, die in sich, d. h. aufgrund ihrerinneren Wesenheit, also ihrem sittlichen Gehalt nach so normwidrig sind,daß Wertblindheit nicht in Frage kommen kann, dann fällt die Frage :hätte <strong>de</strong>r Täter die i?ecÄfcwidrigkeit kennen müssen ? mit <strong>de</strong>r Frage :hat er echten Vorsatz gehabt ? zusammen. In diesem Falle sind alsoVorsatz und « Vorwerfbarkeit » eins.Das Bemühen Welzel's, die Schuldfrage vom Vorsatz zu trennen,kommt <strong>de</strong>m allgemeinen Anliegen <strong>de</strong>r Juristen entgegen, die Schuldfragesäuberlich vom Schuldbewußtsein und Schul<strong>de</strong>mpfin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Täters zulösen. Denn für <strong>de</strong>n Richter kommt es schließlich darauf an, einenmöglichst objektiven Maßstab zu fin<strong>de</strong>n, gemäß welchem er einenrechtswidrigen Vorsatz <strong>de</strong>m Täter vorwerfen kann. Er strebt ein sozialkontrollierbares Urteil über die Schuldfrage an. Wenn man dieses Anliegen,einen vom psychologischen Schul<strong>de</strong>mpfin<strong>de</strong>n und Schuldbewußt-

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