SAMMLUNG POLITEIA - stiftung-utz.de
SAMMLUNG POLITEIA - stiftung-utz.de SAMMLUNG POLITEIA - stiftung-utz.de
Der Staat als Rechtsgebilde 177Welcher Gesellschaft wir nun diesen Namen der societas perfectaoder des Staates vorbehalten, ist eine Frage, die sich nicht abstrakt lösenläßt. Auf jeden Fall muß diese Gesellschaft, von der Rechtsphilosophieher, ein so umfassendes Normensystem haben, daß darin die gesamtenmenschlichen Werte, soweit sie überhaupt sozial realisierbar sind, begriffensind. Darum der Name «societas perfecta». Ob sich diese Idee dersocietas perfecta nur in jener Vereinigung von Menschen erfüllen läßt,welche auf einem begrenzten Territorium zusammenleben, ist eine soziologischeFrage, die uns hier nicht angeht. Das Problem ist allerdingsnicht so einfach. Die katholische Theologie nimmt z.B. für die katholischeKirche den Begriff der societas perfecta in Anspruch gerade imHinblick auf die umfassenden und sogar allerletzten menschlichen Werte,welche die Kirche gesellschaftlich realisiert, ohne daß damit unmittelbarder Anspruch auf ein Territorium erhoben würde. Da wir uns nicht mitOffenbarungsinhalten, d. h. mit einem über die menschliche Natur hinausgehendensozialen Wertsystem zu befassen haben, endet für uns dasDenken über gesellschaftliche Normen bei jener societas perfecta, in welcherdie letzten natürlichen Werte des Menschen durch Kooperation ihreErfüllung zu finden imstande sind. Hier wird der Sinn des Gemeinwohlserst endgültig abgerundet, damit aber auch erst jener des Rechts. Ausdiesem Grunde liegt auch die universalste Autorität beim Staat, dieallerdings, wie gesagt, durch das natürüche Gemeinwohl begrenzt ist.Der einzelne existierende Staat kann für sich niemals in Anspruchnehmen, das Anliegen der Sozialnatur des Menschen zu erfüllen. Seinedas gesamte Recht abgrenzende Autonomie ist daher niemals im eigentlichenSinne endgültig. Die Souveränität als höchste rechtliche Kompetenznach innen und außen wird darum auch nie verwirklicht. Dies bedeutet: die Glieder des Staates, seien es Personen oder Gemeinschaften,können nie entsprechend der Wertkapazität ihrer Sozialanlage integriertwerden. Die soziale Natur weist immer noch über den einzelnen Staathinaus in die überstaatliche Ordnung hinein. Einerseits legt diese Tatsachedem einzelnen Staat die Verpflichtung auf, sich nicht als diesocietas perfecta zu betrachten und somit von der eigenen Souveränitätsoviel an eine höhere Gemeinschaft, in unserem Fall an eine Staatenorganisation,abzugeben, als diese die Aufgabe der societas perfecta zu erfüllenimstande ist. Anderseits aber gewinnt von dieser Sicht aus die einzelnePerson und gewinnen die kleineren Gemeinschaften, die in einemStaate leben, eine direkte Rechtsverbindung mit der überstaatlichenOrganisation. Solange diese nicht als geschlossenes Rechtssystem im Sinne
178 Das Rechtssubjekteines einheitlichen Zwangsnonnensystems aufzutreten vermag, bleibtallerdings als rechtliche Vertretung der Person und der kleineren Gemeinschaftennach außen der einzelne Staat. Diese Zusammenhängewerden z. B. in den heute bedrückenden Fragen des Asylrechts wirksam.Einerseits hat der einzelne Mensch ein Anrecht, im Menschheitsverbandseinen Platz zu erhalten. Man kann ihn also nicht einfach aussperren.Es besteht somit ein subjektives Recht auf seiten des poütischen Flüchtlings,in «irgendeinem» Staate Aufnahme zu finden. Anderseits gibt esjenes universale Rechtsgebilde nicht, welches den Flüchtling aufzunehmenrechtlich verpflichtet wäre. Man kann keinen konkreten Staat alleinfür die Erfüllung dieser Menschenpflicht rechtlich heranziehen. Daherkommt es, daß das Asylrecht kein subjektives Recht des Flüchtlings,sondern des asylgewährenden Staates ist, nämlich das Recht, den Flüchtlingaufzunehmen. Der schutzgewährende Staat schafft das Statut desFlüchtlings erst durch positive Gesetzgebung, wobei er höchstens durchfreien, streng rechtlich nicht urgierbaren Vertrag mit anderen Staatenmoralisch gebunden sein mag. Der Flüchtling selbst wird im Grundestets nur als Empfänger einer Gnade betrachtet, obwohl ihm, vomMenschheitsverband aus gesehen, von Natur aus bestimmte Rechte zuständen.Je mehr die poütischen Flüchtlinge in Form von Völkerwanderungenüber diese Erde ziehen, um so mehr wird wohl der Staatengemeinschaftder Gedanke aufgehen, daß die Staaten unter sich jene Lastenzu verteilen naturrechtüch verpflichtet sind, welche durch die Flüchtüngsmassenentstehen. Im übrigen besitzt das Naturrecht hier eine gewisseeigene Sanktionsgewalt, da solche Fluten von Flüchtüngen nichtmehr als quantite" negügeable betrachtet werden können, weil sie sichsonst von selbst mit Gewalt durchsetzen würden.
- Seite 139 und 140: 126 Das positive Gesetzbarung gegr
- Seite 141 und 142: 128 Das positive Gesetzals ein Zeic
- Seite 143 und 144: ZWEITER ARTIKELDER PFLICHTCHARAKTER
- Seite 145 und 146: 132 Das positive Gesetznichtung ein
- Seite 147 und 148: 134 Das positive Gesetzständen nat
- Seite 150 und 151: Die Entwicklung der Rechtsnormen er
- Seite 152 und 153: Die vielfältige Aufgabe des Richte
- Seite 154 und 155: Die vielfältige Aufgabe des Richte
- Seite 156 und 157: Die Funktion des Richters im Sinne
- Seite 158 und 159: Die Funktion des Richters im Sinne
- Seite 160 und 161: Die Auslegungsmethoden der Juristen
- Seite 162 und 163: Die Auslegungsmethoden der Juristen
- Seite 164: SECHSTES KAPITELDAS RECHTS SUBJEKT
- Seite 167 und 168: 154 Das Rechtssubjektdenen im angeg
- Seite 169 und 170: 156 Das RechtssubjektEindeutig gehe
- Seite 171 und 172: 158 Das RechtssubjektUnrechtstatbes
- Seite 173 und 174: 160 Das RechtssubjektIn allen diese
- Seite 175 und 176: ZWEITER ARTIKELDIE MENSCHENRECHTEDa
- Seite 177 und 178: 164 Das Rechtssubjektrechtslehre be
- Seite 179 und 180: 166 Das Rechtssubjektanwendung, in
- Seite 181 und 182: 168 Das RechtssubjektDie sozialen G
- Seite 183 und 184: 170 Das Rechtssubjektgungen, in wel
- Seite 185 und 186: 172 Das Rechtssubjektsofern man Sei
- Seite 187 und 188: 174 Das Rechtssubjektnatürlichen Q
- Seite 189: VIERTER ARTIKELDER STAAT ALS RECHTS
- Seite 194 und 195: Übersicht über die ProblematikDie
- Seite 196 und 197: ERSTERARTIKELDIE ANALYSE DER STRAFF
- Seite 198 und 199: Die Analyse der straffälligen Hand
- Seite 200 und 201: Die Analyse der straffälligen Hand
- Seite 202 und 203: Die Analyse der straffälligen Hand
- Seite 204 und 205: Die Analyse der straffälligen Hand
- Seite 206 und 207: Schuld und Strafe in philosophische
- Seite 208 und 209: Schuld und Strafe in philosophische
- Seite 210 und 211: Schuld und Strafe in philosophische
- Seite 212 und 213: Schuld und Strafe in philosophische
- Seite 214 und 215: Schuld und Strafe in philosophische
- Seite 216 und 217: Schuld und Strafe in philosophische
- Seite 218 und 219: Schuld und Strafe in philosophische
- Seite 220 und 221: Schuld und Strafe in philosophische
- Seite 222: ACHTES KAPITELDIE SYSTEMATIK DERREC
- Seite 225 und 226: 212 Die Systematik der Rechtsdoktri
- Seite 227 und 228: 214 Die Systematik der Rechtsdoktri
- Seite 229 und 230: 216 Die Systematik der Rechtsdoktri
- Seite 231 und 232: 218 Die Systematik der Rechtsdoktri
- Seite 233 und 234: 220 Die Systematik der Rechtsdoktri
- Seite 235 und 236: 222 Die Systematik der Rechtsdoktri
- Seite 237 und 238: 224 Die Systematik der Rechtsdoktri
- Seite 239 und 240: 226 Die Systematik der Rechtsdoktri
Der Staat als Rechtsgebil<strong>de</strong> 177Welcher Gesellschaft wir nun diesen Namen <strong>de</strong>r societas perfectao<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Staates vorbehalten, ist eine Frage, die sich nicht abstrakt lösenläßt. Auf je<strong>de</strong>n Fall muß diese Gesellschaft, von <strong>de</strong>r Rechtsphilosophieher, ein so umfassen<strong>de</strong>s Normensystem haben, daß darin die gesamtenmenschlichen Werte, soweit sie überhaupt sozial realisierbar sind, begriffensind. Darum <strong>de</strong>r Name «societas perfecta». Ob sich diese I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>rsocietas perfecta nur in jener Vereinigung von Menschen erfüllen läßt,welche auf einem begrenzten Territorium zusammenleben, ist eine soziologischeFrage, die uns hier nicht angeht. Das Problem ist allerdingsnicht so einfach. Die katholische Theologie nimmt z.B. für die katholischeKirche <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>r societas perfecta in Anspruch gera<strong>de</strong> imHinblick auf die umfassen<strong>de</strong>n und sogar allerletzten menschlichen Werte,welche die Kirche gesellschaftlich realisiert, ohne daß damit unmittelbar<strong>de</strong>r Anspruch auf ein Territorium erhoben wür<strong>de</strong>. Da wir uns nicht mitOffenbarungsinhalten, d. h. mit einem über die menschliche Natur hinausgehen<strong>de</strong>nsozialen Wertsystem zu befassen haben, en<strong>de</strong>t für uns dasDenken über gesellschaftliche Normen bei jener societas perfecta, in welcherdie letzten natürlichen Werte <strong>de</strong>s Menschen durch Kooperation ihreErfüllung zu fin<strong>de</strong>n imstan<strong>de</strong> sind. Hier wird <strong>de</strong>r Sinn <strong>de</strong>s Gemeinwohlserst endgültig abgerun<strong>de</strong>t, damit aber auch erst jener <strong>de</strong>s Rechts. Ausdiesem Grun<strong>de</strong> liegt auch die universalste Autorität beim Staat, dieallerdings, wie gesagt, durch das natürüche Gemeinwohl begrenzt ist.Der einzelne existieren<strong>de</strong> Staat kann für sich niemals in Anspruchnehmen, das Anliegen <strong>de</strong>r Sozialnatur <strong>de</strong>s Menschen zu erfüllen. Seinedas gesamte Recht abgrenzen<strong>de</strong> Autonomie ist daher niemals im eigentlichenSinne endgültig. Die Souveränität als höchste rechtliche Kompetenznach innen und außen wird darum auch nie verwirklicht. Dies be<strong>de</strong>utet: die Glie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Staates, seien es Personen o<strong>de</strong>r Gemeinschaften,können nie entsprechend <strong>de</strong>r Wertkapazität ihrer Sozialanlage integriertwer<strong>de</strong>n. Die soziale Natur weist immer noch über <strong>de</strong>n einzelnen Staathinaus in die überstaatliche Ordnung hinein. Einerseits legt diese Tatsache<strong>de</strong>m einzelnen Staat die Verpflichtung auf, sich nicht als diesocietas perfecta zu betrachten und somit von <strong>de</strong>r eigenen Souveränitätsoviel an eine höhere Gemeinschaft, in unserem Fall an eine Staatenorganisation,abzugeben, als diese die Aufgabe <strong>de</strong>r societas perfecta zu erfüllenimstan<strong>de</strong> ist. An<strong>de</strong>rseits aber gewinnt von dieser Sicht aus die einzelnePerson und gewinnen die kleineren Gemeinschaften, die in einemStaate leben, eine direkte Rechtsverbindung mit <strong>de</strong>r überstaatlichenOrganisation. Solange diese nicht als geschlossenes Rechtssystem im Sinne