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12.07.2015 Aufrufe

Es mag vielleicht auffallen, daß wir in der Überschrift von derRechtsphilosophie als der Soll-Wissenschaft vom Rechtlichen sprechen.Dies hat seinen guten Grund : indem man nämlich « Recht » sagt, sprichtman bereits ein Soll aus, insofern man das « Unrecht » davon ausschließt.Würde man also die Rechtsphilosophie als Soll-Wissenschaft vom Rechtbezeichnen, dann würde man das gleiche sagen wie : die Rechtsphilosophiesei die Soll-Wissenschaft vom Soll des Rechts. Dagegen hat dieRechtsphilosophie das Soll aufzuweisen, das auf dem breiten Gebiet desRechtlichen, wozu auch das Unrecht gehört, zu gelten hat. Ohne unsweiter in eine lange Diskussion einzulassen, möchten wir in allgemeinsterForm das Rechtliche bestimmen als die zwischenmenschlichen Beziehungen,sofern sie einer verbindlichen Regelung unterstehen.I. Das Rechtliche als Gegenstand von SeinswissenschaftenAls Seinswissenschaften sind alle jene Wissenschaften zu begreifen,die sich mit einer Wirklichkeit befassen, sofern diese Gegenstand reinerBetrachtung und der Erfahrung sein kann. Seinswissenschaften sind z. B.sämtliche Fächer der Naturwissenschaften, ebenso die philosophischenBetrachtungen, die sich mit der Ergründung des Seins abgeben. Hierhergehört auch die sogenannte Weltanschauung, sofern sie sich nicht aufGlauben gründet. Zu den Seinswissenschaften gehören also auch die meistenWissenschaften, die Aristoteles zu den sogenannten praktischenWissenschaften rechnete. Aristoteles sah z. B. in der Medizin eine praktischeWissenschaft. Jeder sieht aber ein, daß der Arzt in seiner Praxisnichts anderes tut als die vorgegebene Natur unterstützen. Er erfülltalso nichts anderes als die seinsmäßige Teleologie der menschlichen Natur.Zu den Seinswissenschaften gehört, vielleicht überraschenderweise, auchdie Nationalökonomie, denn auch sie gibt nur notwendig (!) nachzuvollziehendeGesetze an, um die Knappheit der Güter zu überwinden, so

4 Die Rechtsphilosophie als Soll-Wissenschaft vom Rechtlichensehr sie diese Gesetze aus dem Wirkungsfeld der freien Entschließungender Wirtschaftssubjekte ablesen mag. Zu den Seinswissenschaften zähltselbstverständlich aus demselben Grunde auch die Soziologie, und erstrecht die Geschichte.Faßt man in dieser Weise den Begriff der Seinswissenschaft, so istohne weiteres klar, daß folgende Rechtswissenschaften als echte Seinswissenschaftenzu bezeichnen sind : Rechtsgeschichte, Rechtsdogmatik,Rechtssoziologie, Rechtstheorie.Um den uns zur Verfügung stehenden Raum nicht zu überschreiten,können wir uns hier nur einige kurze Bemerkungen zu einzelnen dieserWissenszweige erlauben.Den Rechtsdogmatiker mag es überraschen, daß man ihn unter dieSeinswissenschaftler einreiht. Jedoch befindet die Rechtsdogmatik in ihrerpräzisen Umschreibung nicht über das Soll des Rechtlichen. Für sie istder Wille des Gesetzgebers, sogar dessen «Anmaßung», nichts anderesals ein soziologisches Faktum, das als Hypothese eines echten Solls steht.Ob die Gesetzesnormen ein wirkliches, echtes Soll darstellen, ergibt sichnicht auf rechtsdogmatischem Wege, sondern aus einer Besinnung philosophischerNatur. Gerade auch die nach der transzendentalen MethodeKants vorgehende Rechtsphilosophie hat die hypothetische Natur derpositiven Rechtsnormen hervorgehoben. Der philosophische Streit gehtallerdings darum, wie eine faktische Richtschnur des Handelns, wie siedas Gesetz ist, zu echtem Sollen wird. D. h., es dreht sich darum, ob derInhalt der faktischen Regel an einer höheren, inhaltlich geladenen Normgemessen werden muß oder ob es nur darauf ankommt, die Bedingungenfestzustellen, auf Grund deren « reines » Soll möglich wird.Die Rechtssoziologie untersucht die Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichemLeben und den Rechtsnormen. Dabei geht es ihr sowohlum den Einfluß des gesellschaftlichen Lebens auf das sich bildende Rechtwie auch umgekehrt um den Einfluß der Rechtsordnung auf das gesellschaftlicheLeben. Die Rechtssoziologie bezieht selbstverständlich in ihreBetrachtungsweise auch die biologischen und wirtschaftlichen Grundlagender Gesellschaftsformen ein. Es geht sie im Grunde all das an, wassich irgendwie gesellschaftlich als einprägsam erweist. Wenn die Rechtssoziologiesich des Wesens der Soziologie bewußt bleibt, wird sie sichnicht dahin versteigen, Gesetze machen zu wollen. Sie verbleibt im Raumder Seinsfeststellung. Das einzige, was die Rechtssoziologie wirklich«wollen» kann, ist, dem Gesetzgeber zu dienen und ihm die Indienstnahmeder Erfahrungsergebnisse zu überlassen.

4 Die Rechtsphilosophie als Soll-Wissenschaft vom Rechtlichensehr sie diese Gesetze aus <strong>de</strong>m Wirkungsfeld <strong>de</strong>r freien Entschließungen<strong>de</strong>r Wirtschaftssubjekte ablesen mag. Zu <strong>de</strong>n Seinswissenschaften zähltselbstverständlich aus <strong>de</strong>mselben Grun<strong>de</strong> auch die Soziologie, und erstrecht die Geschichte.Faßt man in dieser Weise <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>r Seinswissenschaft, so istohne weiteres klar, daß folgen<strong>de</strong> Rechtswissenschaften als echte Seinswissenschaftenzu bezeichnen sind : Rechtsgeschichte, Rechtsdogmatik,Rechtssoziologie, Rechtstheorie.Um <strong>de</strong>n uns zur Verfügung stehen<strong>de</strong>n Raum nicht zu überschreiten,können wir uns hier nur einige kurze Bemerkungen zu einzelnen dieserWissenszweige erlauben.Den Rechtsdogmatiker mag es überraschen, daß man ihn unter dieSeinswissenschaftler einreiht. Jedoch befin<strong>de</strong>t die Rechtsdogmatik in ihrerpräzisen Umschreibung nicht über das Soll <strong>de</strong>s Rechtlichen. Für sie ist<strong>de</strong>r Wille <strong>de</strong>s Gesetzgebers, sogar <strong>de</strong>ssen «Anmaßung», nichts an<strong>de</strong>resals ein soziologisches Faktum, das als Hypothese eines echten Solls steht.Ob die Gesetzesnormen ein wirkliches, echtes Soll darstellen, ergibt sichnicht auf rechtsdogmatischem Wege, son<strong>de</strong>rn aus einer Besinnung philosophischerNatur. Gera<strong>de</strong> auch die nach <strong>de</strong>r transzen<strong>de</strong>ntalen Metho<strong>de</strong>Kants vorgehen<strong>de</strong> Rechtsphilosophie hat die hypothetische Natur <strong>de</strong>rpositiven Rechtsnormen hervorgehoben. Der philosophische Streit gehtallerdings darum, wie eine faktische Richtschnur <strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lns, wie siedas Gesetz ist, zu echtem Sollen wird. D. h., es dreht sich darum, ob <strong>de</strong>rInhalt <strong>de</strong>r faktischen Regel an einer höheren, inhaltlich gela<strong>de</strong>nen Normgemessen wer<strong>de</strong>n muß o<strong>de</strong>r ob es nur darauf ankommt, die Bedingungenfestzustellen, auf Grund <strong>de</strong>ren « reines » Soll möglich wird.Die Rechtssoziologie untersucht die Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichemLeben und <strong>de</strong>n Rechtsnormen. Dabei geht es ihr sowohlum <strong>de</strong>n Einfluß <strong>de</strong>s gesellschaftlichen Lebens auf das sich bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Rechtwie auch umgekehrt um <strong>de</strong>n Einfluß <strong>de</strong>r Rechtsordnung auf das gesellschaftlicheLeben. Die Rechtssoziologie bezieht selbstverständlich in ihreBetrachtungsweise auch die biologischen und wirtschaftlichen Grundlagen<strong>de</strong>r Gesellschaftsformen ein. Es geht sie im Grun<strong>de</strong> all das an, wassich irgendwie gesellschaftlich als einprägsam erweist. Wenn die Rechtssoziologiesich <strong>de</strong>s Wesens <strong>de</strong>r Soziologie bewußt bleibt, wird sie sichnicht dahin versteigen, Gesetze machen zu wollen. Sie verbleibt im Raum<strong>de</strong>r Seinsfeststellung. Das einzige, was die Rechtssoziologie wirklich«wollen» kann, ist, <strong>de</strong>m Gesetzgeber zu dienen und ihm die Indienstnahme<strong>de</strong>r Erfahrungsergebnisse zu überlassen.

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