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Das subjektive Recht im. allgemeinen 155existierende Rechte, und dann ist das Recht als Ordnung die zweitePhase des Rechts, wie ähnlich in der Hobbes'schen Kontrakttheorie, oderaber das subjektive Recht ist nur ein Aspekt des Rechts als Ordnungsnorm,damit aber hat man bereits das Individuum als Ausgangspunktverlassen und sich für die Ganzheitssicht entschieden 1 . Die vom Individuumausgehenden Theorien sind sich aber dieser Alternative nichtbewußt und versuchen daher eine Kombination der beiden Elemente.D. h. sie gehen einerseits vom Individuum aus und betrachten dieses imgewissen Sinne als vorgesellschaftlichen und vorstaatlichen Rechtsträger,betonen aber anderseits, daß das Recht im vollendeten Sinne erst in derOrdnung erstehe.Unterstellt man als erste Rechtseinheit nicht die gesamte ontologischeGestalt der menschlichen Person mit allen ihren seinsgebundenenZwecken, sondern einfach ihre Freiheit, dann kommt man zum Ordnungsdenken,indem man die Freiheit aller in friedvolle Beziehung setzt,in welcher die Freiheit des einen durch die Freiheit des andern nichtgestört wird. Die personale Freiheit wird hierbei als ontologisches Faktumvorausgesetzt, so formal sie auch aufgefaßt sein mag. Diese Freiheitdes einen, sofern sie in Einklang mit derselben Freiheit der andern gebrachtworden ist, ist das angeborene Recht, das subjektive Recht. Indieser Weise hat Kant das Problem gesehen: « Das angeborne Rechtist nur ein einziges. Freiheit (Unabhängigkeit von eines anderen nötigenderWillkür), sofern sie mit jedes anderen Freiheit nach einem allgemeinenGesetz zusammen bestehen kann, ist dieses einzige, ursprüngliche,jedem Menschen kraft seiner Menschheit zustehende Recht» 2 . Kanthat scharf genug gesehen, um nicht die Freiheit des einzelnen unmittelbarund unvermittelt als Recht zu bezeichnen. Das Recht ist sozialeBedingung, daß Freiheit aller möglich ist. Anderseits müßte der Freiheitdes einzelnen eigentliche rechtliche Relevanz zugeschrieben werden,wenn das Recht, so wie Kant will, nur Recht sein kann, sofern es dieBedingung der ausgeglichenen Freiheiten ist.Ein gefüllteres subjektives Recht ergibt sich auf der Basis desBentkam'schen Utilitarismus. Das Recht soll den Ausgleich von Ansprüchenauf Erfüllung persönlichen Glücksstrebens bewirken. Eine besondereArt dieses individualistischen Utilitarismus ist die Interessenjurisprudenz.12Vgl. unten Nr. 2.Immanuel Kants Werke, hrsg. v. Ernst CASSIRER, Bd. VII, Berlin 1922, 39.

156 Das RechtssubjektEindeutig gehen vom subjektiven Recht jene Rechtstheorien aus,welche, im Sinne der Wertphilosophie, an den Anfang des Rechtsdenkensdie Personen werte stellen (so M. Scheler, N. Hartmann, H. Coing).Die Person wird dabei zunächst als die auf sich selbst gestellte Einzelpersonaufgefaßt, die erst unter zweitem Betracht Subjekt von sozialenAkten und Empfindungen ist.In ähnlicher Weise tritt auch in der den Existentialismus in dieOntologie weiterführenden Rechtstheorie von W. Maihofer als Rechtsträgerzunächst das autonome Selbstsein des Menschen auf, das erstdurch die ihm durch die Wirklichkeit vorgezeichnete soziale Funktion(Sein « als » Mann, « als » Frau, « als » Bürger, « als » Mieter usw.) in dasGanze eingeordnet wird.Ganz von den subjektiven Rechten als vorgesellschaftlichen undvorstaatlichen Rechten ist die Rechtskonzeption einer großen Anzahlvon katholischen Rechtsphilosophen bestimmt. Der Einzelmensch wirdals Ursache der Gesellschaft verstanden, er ist darum vorgängig undvorrangig, er ist rechtlicher Begründer der Gesellschaft. Aus diesemGrunde setzt er der Gesellschaft die Ziele, jedoch nicht beliebig, sondernentsprechend seinen eigenen persönlichen Normen. Die Gesellschaft wirddarum im Dienste der subjektiven Rechte der sie begründenden Personengesehen. Vor dem Individualismus ist diese Sicht der subjektivenRechte nur bewahrt durch die Auffassung, daß der Einzelmensch vonNatur aus auch soziale Pflichten habe, sodaß die subjektiven Rechtenaturhaft sozial gebunden sind. Die Idee des Solidarismus von H. Peschund des modernen Personalismus katholischer Prägung tragen die Signaturder vorstaatlichen subjektiven Rechte 3 .Eine rechtsphilosophisch tiefer durchdachte und durch die Auseinandersetzungmit zahlreichen Rechtstheorien kritisch überprüfte Auffassungder subjektiven Rechte finden wir bei Joh. Messner. Ausgangspunktist auch hier, wie bei allen vom Einzelmenschen ausgehendenRechtstheorien, die Definition des Rechts als « Ordnung der Zuständigkeitenzum Handeln in Selbstbestimmung» 4 . Unter die «Zuständigkeiten»,denen offenbar rechtliche Bewandtnis zukommt, ehe ihre Ordnung im« Recht » (= Rechtsordnung) hergestellt wird, fallen aber nicht nur dieFreiheiten der Gesellschaftssubjekte, sondern ihre gesamten, individuellenwie sozialen, « existentiellen Zwecke ». Darüber hinaus läßt sich3Vgl. hierzu Sozialethik, Bd. I, 315-319.* Das Naturrecht, 194.

Das subjektive Recht im. allgemeinen 155existieren<strong>de</strong> Rechte, und dann ist das Recht als Ordnung die zweitePhase <strong>de</strong>s Rechts, wie ähnlich in <strong>de</strong>r Hobbes'schen Kontrakttheorie, o<strong>de</strong>raber das subjektive Recht ist nur ein Aspekt <strong>de</strong>s Rechts als Ordnungsnorm,damit aber hat man bereits das Individuum als Ausgangspunktverlassen und sich für die Ganzheitssicht entschie<strong>de</strong>n 1 . Die vom Individuumausgehen<strong>de</strong>n Theorien sind sich aber dieser Alternative nichtbewußt und versuchen daher eine Kombination <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Elemente.D. h. sie gehen einerseits vom Individuum aus und betrachten dieses imgewissen Sinne als vorgesellschaftlichen und vorstaatlichen Rechtsträger,betonen aber an<strong>de</strong>rseits, daß das Recht im vollen<strong>de</strong>ten Sinne erst in <strong>de</strong>rOrdnung erstehe.Unterstellt man als erste Rechtseinheit nicht die gesamte ontologischeGestalt <strong>de</strong>r menschlichen Person mit allen ihren seinsgebun<strong>de</strong>nenZwecken, son<strong>de</strong>rn einfach ihre Freiheit, dann kommt man zum Ordnungs<strong>de</strong>nken,in<strong>de</strong>m man die Freiheit aller in friedvolle Beziehung setzt,in welcher die Freiheit <strong>de</strong>s einen durch die Freiheit <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>rn nichtgestört wird. Die personale Freiheit wird hierbei als ontologisches Faktumvorausgesetzt, so formal sie auch aufgefaßt sein mag. Diese Freiheit<strong>de</strong>s einen, sofern sie in Einklang mit <strong>de</strong>rselben Freiheit <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rn gebrachtwor<strong>de</strong>n ist, ist das angeborene Recht, das subjektive Recht. Indieser Weise hat Kant das Problem gesehen: « Das angeborne Rechtist nur ein einziges. Freiheit (Unabhängigkeit von eines an<strong>de</strong>ren nötigen<strong>de</strong>rWillkür), sofern sie mit je<strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren Freiheit nach einem allgemeinenGesetz zusammen bestehen kann, ist dieses einzige, ursprüngliche,je<strong>de</strong>m Menschen kraft seiner Menschheit zustehen<strong>de</strong> Recht» 2 . Kanthat scharf genug gesehen, um nicht die Freiheit <strong>de</strong>s einzelnen unmittelbarund unvermittelt als Recht zu bezeichnen. Das Recht ist sozialeBedingung, daß Freiheit aller möglich ist. An<strong>de</strong>rseits müßte <strong>de</strong>r Freiheit<strong>de</strong>s einzelnen eigentliche rechtliche Relevanz zugeschrieben wer<strong>de</strong>n,wenn das Recht, so wie Kant will, nur Recht sein kann, sofern es dieBedingung <strong>de</strong>r ausgeglichenen Freiheiten ist.Ein gefüllteres subjektives Recht ergibt sich auf <strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>sBentkam'schen Utilitarismus. Das Recht soll <strong>de</strong>n Ausgleich von Ansprüchenauf Erfüllung persönlichen Glücksstrebens bewirken. Eine beson<strong>de</strong>reArt dieses individualistischen Utilitarismus ist die Interessenjurispru<strong>de</strong>nz.12Vgl. unten Nr. 2.Immanuel Kants Werke, hrsg. v. Ernst CASSIRER, Bd. VII, Berlin 1922, 39.

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