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148 Die Rechtsschöpfung in <strong>de</strong>r Rechtsprechungquellen, beson<strong>de</strong>rs nach <strong>de</strong>m Rechtsbewußtsein <strong>de</strong>r Gesellschaft untersuchen.Als klassisches Beispiel sei nochmals auf die <strong>de</strong>utsche Auseinan<strong>de</strong>rsetzungüber die Gleichberechtigung von Mann und Frau in <strong>de</strong>r Ehehingewiesen, wo die Naturrechtler sich für eine Orientierung am Wesen<strong>de</strong>r Ehe und damit für die Autorität <strong>de</strong>s Mannes in <strong>de</strong>r Ehe einsetzten,während die soziologisch orientierten Juristen <strong>de</strong>r Überzeugung waren,daß gemäß unserem heutigen Rechtsempfin<strong>de</strong>n die Frau <strong>de</strong>m Mann nichtnur in <strong>de</strong>r Politik, son<strong>de</strong>rn auch in <strong>de</strong>r Ehe gleichgestellt wer<strong>de</strong>n müsse.Die dritte Auslegung, die ebenfalls in Diskussion war, welche auf <strong>de</strong>mnackten Wortsinn <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Grundgesetzes fußte, gehört in diegrammatikalische Interpretation.Dem Juristen mag die Frage nach <strong>de</strong>r je und je erfor<strong>de</strong>rlichen Anwendungeiner dieser Metho<strong>de</strong>n sich ausnehmen wie ein rein wissenschaftlichesBemühen, in die rechtliche Relevanz eines Tatbestan<strong>de</strong>s einzudrängen.Und doch ist diese kognitive Anstrengung nur zu leisten durcheine praktische Vernunft, die geführt wird vom appetitus rectus, d. h.von einem Gewissen, das getragen ist von <strong>de</strong>m sittlichen Willen, eingerechtes Urteil zu fällen. Allerdings i<strong>de</strong>ntifiziert sich <strong>de</strong>r Richter mit<strong>de</strong>n Grundsätzen <strong>de</strong>s geschriebenen Gesetzes, um von da aus im Urteilgerecht zu sein. Nun steht aber je<strong>de</strong> Gesetzgebung in Funktion zu unseremallgemeinen Gerechtigkeitsstreben. Der Richter wird sich also, wenn erwirklich <strong>de</strong>n tieferen Sinngrund <strong>de</strong>s Gesetzes erfassen will, vom ethischenBemühen leiten lassen müssen, gerecht im Vollsinn <strong>de</strong>s Wortes, d. h.im Sinne <strong>de</strong>r menschlichen Vollverantwortung gegenüber <strong>de</strong>r Gesellschaftzu sein. Der Gesetzgeber muß vom Richter diese sittliche Haltung erwarten,sonst dürfte er in keiner Weise <strong>de</strong>r Billigkeit Raum geben,die freie Beweisführung zulassen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Richter bzw. <strong>de</strong>r Verwaltungin einzelnen Fällen das freie Ermessensurteil anheimstellen, vielmehrmüßte er einen unmenschlichen und sogar hoffnungslosen Perfektionismusin <strong>de</strong>r Formulierung <strong>de</strong>r Gesetze anstreben.Der Richter wen<strong>de</strong>t also die verschie<strong>de</strong>nen Auslegungsmetho<strong>de</strong>ngera<strong>de</strong> um <strong>de</strong>r Gesetzesgerechtigkeit willen aus <strong>de</strong>m Habitus <strong>de</strong>r Gerechtigkeit,aus <strong>de</strong>m durch persönliche sittliche Haltung vervollkommnetennatürlichen Gewissen an. Die Entscheidung, welche Metho<strong>de</strong> imEinzelfall die treffen<strong>de</strong> ist, wird zunächst vom positiven Gesetz her bestimmt,ist also nicht <strong>de</strong>r freien Rechtsbildung überlassen. Wie weit nundie Intention <strong>de</strong>s historischen Gesetzgebers o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r objektive Sinn imVor<strong>de</strong>rgrund steht, entschei<strong>de</strong>t das am Rechtsbewußtsein <strong>de</strong>r Gesellschaftorientierte Gewissen <strong>de</strong>s Richters. Eine grundsätzliche Alter-

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