12.07.2015 Aufrufe

SAMMLUNG POLITEIA - stiftung-utz.de

SAMMLUNG POLITEIA - stiftung-utz.de

SAMMLUNG POLITEIA - stiftung-utz.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

142 Die Rechtsschöpfung in <strong>de</strong>r Rechtsprechungsich also, daß die richterliche Tätigkeit sich nicht in <strong>de</strong>r streng gefaßtenAuslegung von Gesetzen erschöpft. Ein beson<strong>de</strong>rer Fall eigener rechtsschöpferischerTätigkeit, die nicht mit <strong>de</strong>m freien Ermessen zu verwechselnist, ist die Auffüllung von Gesetzeslücken, d. h. die Lösung vonEinzelfällen, die im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen waren. DieseFunktion hält sich aber doch immer noch innerhalb <strong>de</strong>r Grenzen <strong>de</strong>r Gesetzesauslegung,da hier <strong>de</strong>r Analogieschluß eine be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Rolle spielt.Das Problem einer Auslegung stellt sich also dort, wo <strong>de</strong>r Richteran das geschriebene Gesetz gebun<strong>de</strong>n ist mit <strong>de</strong>r Aufgabe, <strong>de</strong>m Gesetzentsprechend das Konkrete zu fin<strong>de</strong>n, wo er also einerseits interpretieren,an<strong>de</strong>rseits aber doch das konkrete Soll neu fin<strong>de</strong>n muß, weil das Konkretenie gleich <strong>de</strong>m Universalen ist, so sehr es in diesem enthalten seinmuß und nur so Recht sein kann.Welches ist die richterliche Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Gesetzesauslegung ? DieJuristen haben mit diesem Problem seit Jahrhun<strong>de</strong>rten gerungen. DieGeschichte <strong>de</strong>s römischen Rechts legt hierfür eindrucksvolles Zeugnis ab.Eine Patentlösung wird wohl nie gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n können, weil 1. dieeinzelnen Gesetzesvorschriften hinsichtlich <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>r Explikation vielzu mannigfaltig sind, weil 2. vielleicht gleichgradig explizierte Gesetzeganz verschie<strong>de</strong>ne Anfor<strong>de</strong>rungen an die praktische Vernunft <strong>de</strong>s Richtersstellen, nämlich das eine Mal <strong>de</strong>n Fall nach rein <strong>de</strong>skriptiven Maßstäbenzu beurteilen (z. B. die Erklärung, wo <strong>de</strong>r Begriff «Tod», «frei»usw. noch anwendbar ist), das an<strong>de</strong>re Mal normativ vorzugehen (z. B.in <strong>de</strong>r Feststellung, was «unzüchtig»ist), und weil 3. die einzelnen Gesetzeganz verschie<strong>de</strong>nen Zwecken dienen. So ist das Prozeßrecht typischdurch <strong>de</strong>n Zweck <strong>de</strong>r Rechtssicherheit gekennzeichnet. Es kann alsohier nicht in erster Linie auf die materiale Gerechtigkeit ankommen,weil sonst keine Ordnung möglich wäre. Wenn einer z. B. gegen einenihm zugestellten Zahlungsbefehl <strong>de</strong>shalb keinen Wi<strong>de</strong>rspruch erhebt,weil er überhaupt keine Schul<strong>de</strong>n hat und <strong>de</strong>r angebliche Gläubigerihm völlig unbekannt ist, ist er trotz<strong>de</strong>m zur Leistung gezwungen, fallser nicht zahlt. Die Rechtssicherheit verlangt diese Regelung, <strong>de</strong>nn sonstkönnte überhaupt kein echter Gläubiger zu seinem Recht kommen,wenn es ihm verboten wäre, zu vollstrecken, einzig weil <strong>de</strong>r Schuldnerkeinen Wi<strong>de</strong>rspruch gegen <strong>de</strong>n Zahlungsbefehl erhebt. 4. schließlich istals Grund für die Unmöglichkeit einer Patentlösung die Disproportionzwischen Gesetz und Richterstand o<strong>de</strong>r, noch allgemeiner gesagt, zwischenGesetz und sozialethischer Verfassung <strong>de</strong>r Gesellschaft zu beachten.Die Gesetze müssen, wie wir noch sehen wer<strong>de</strong>n, bereits im Hinbück

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!