12.07.2015 Aufrufe

SAMMLUNG POLITEIA - stiftung-utz.de

SAMMLUNG POLITEIA - stiftung-utz.de

SAMMLUNG POLITEIA - stiftung-utz.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

114 Die Rechtsbegründungbereits durch eine Kulturentwicklung hindurchgegangen ist, also nichtam Anfang <strong>de</strong>r Vervollkommnung steht. Ein Richter könnte sich alsobezüglich <strong>de</strong>r vorehelichen Keuschheit ohne weiteres auf die absolutensittlichen Normen berufen, weil es das natürliche, wenngleich durch einebestimmte Kultur geprägte Gewissen ist, welches die voreheliche Keuschheitals Norm <strong>de</strong>r Beziehungen zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Geschlechtern for<strong>de</strong>rt.Die Kultur ist doch nichts an<strong>de</strong>res als die Vervollkommnung <strong>de</strong>rNatur.Wer die Gesellschaftsphilosophie nicht von einer Ganzheitsschau,son<strong>de</strong>rn von <strong>de</strong>n individuellen Rechten und Zwecken <strong>de</strong>r menschlichenPerson her angeht, kommt, wie bereits in Bd. I <strong>de</strong>r Sozialethik dargelegtwur<strong>de</strong>, nicht zur Auffassung von <strong>de</strong>r Gesellschaft als sittlicher Einheit,und er fin<strong>de</strong>t darum auch nicht <strong>de</strong>n Weg zu einer gesun<strong>de</strong>n Verknüpfungvon Sittlichkeit und Recht, da für ihn die Gesellschaft nichts an<strong>de</strong>res istals die Bedingung für die freie personale Entfaltung <strong>de</strong>s einzelnen. Esgenügt ihm als Ethik das persönliche Verantwortungsbewußtsein <strong>de</strong>seinzelnen, gemäß welchem er im Sinne <strong>de</strong>s Interessenausgleichs einerein praktische, utilitaristische Lösung <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>nsproblems in <strong>de</strong>rGesellschaft sucht. Auf diesem Standpunkt stehen alle Vertreter <strong>de</strong>sIndividualismus und <strong>de</strong>r mit diesem verknüpften Vertragstheorie (Hobbes,Rousseau), wie auch <strong>de</strong>s Formalismus (Kant). Auch das «sozialeI<strong>de</strong>al» R. Stammlers, d. h. «die Gemeinschaft <strong>de</strong>r frei wollen<strong>de</strong>n Menschen», gelangt über <strong>de</strong>n Individualismus und sozialen Formalismusnicht hinaus. Von dieser Sicht aus steht das Recht nicht mehr im Dienst<strong>de</strong>r absoluten Normen, son<strong>de</strong>rn nur <strong>de</strong>r Freiheiten, und zwar jener Freiheiten,wie sie sich <strong>de</strong> facto, unter Umstän<strong>de</strong>n auch völlig losgelöst vonsittlichen Werten, entfalten. Das Recht ist dann nur noch Spiegelbildjener sittlichen Normen, welche <strong>de</strong>r Mehrheit <strong>de</strong>r Gesellschaftsglie<strong>de</strong>rentsprechen und zugleich <strong>de</strong>n Freiheitsrechten <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rheit Spielraumlassen. Mit an<strong>de</strong>ren Worten : das jeweilige Minimum an sittlichen Werten,<strong>de</strong>m unter Umstän<strong>de</strong>n die Ten<strong>de</strong>nz nach <strong>de</strong>r nächst tieferen Stufebelassen wer<strong>de</strong>n muß. Es gilt dann nur noch <strong>de</strong>r Satz : <strong>de</strong>r Gebrauch, <strong>de</strong>njemand von seiner Freiheit macht, ist Sache <strong>de</strong>r eigenen Person, solangeer an<strong>de</strong>re nicht stört.Die Soziologie und die Kriminologie belehren uns heute, wie weitauch rein persönlich-sittliche Entscheidungen Auswirkungen ins Gesellschaftlichehaben. Wie könnte es an<strong>de</strong>rs sein, da je<strong>de</strong>r sich <strong>de</strong>m Nächstengegenüber so benimmt, wie er ist ? Schon unser elementarstes Wertempfin<strong>de</strong>nsagt uns, daß wir mit unserer ganzen Person <strong>de</strong>r Umwelt

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!