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Gemeindenachrichten <strong>Dorfblatt</strong> <strong>GEMEINDE</strong> <strong>KIENS</strong><br />
Bronzezeitliche Siedlung<br />
„am Stein“ teilweise zerstört<br />
Der Brunecker Archäologe Dr. Reimo Lunz führt in dem<br />
1988 erschienenen Heimatbuch der Gemeinde Kiens unter<br />
anderem die bronzezeitliche Siedlungsstelle am sog.<br />
„Stein“, dem lang gezogenen, bewaldeten Höhenrücken<br />
oberhalb der Pfarrkirche von Kiens an. Der Kammrücken,<br />
heute mehrfach von der Straße nach Issing durchschnitten,<br />
endet im Süden in einem Felskopf und bricht<br />
an der Westseite nahezu senkrecht zur Grünbachschlucht<br />
ab. Schon der Brixner Prälat Adrian Egger konnte 1917<br />
auf dem Weg „kleine vorgeschichtliche Scherben“ bergen.<br />
Nach seinen Hinweisen wurden „am Stein“ beim<br />
Bau des Hauses von Eduard Tschurtschenthaler bereits<br />
Scherbenfunde getätigt. Reimo Lunz konnte bei mehreren<br />
seiner Begehungen beiderseits des Straßeneinschnittes in<br />
der zweiten Kehre Fundmaterial aufl esen. Diese können<br />
zweifelsfrei mit den Resten einer bronzezeitlichen Siedlung<br />
in Verbindung gebracht werden.<br />
Umso bestürzender ist die Tatsache, dass vor kurzem die<br />
Siedlung im Bereich der zweiten Kehre durch Baumaßnahmen<br />
teilweise zerstört wurde, ohne dass das Amt für<br />
Bodendenkmäler von diesem Bauvorhaben kontaktiert<br />
worden wäre. Im Zuge dieser Arbeiten wurde der felsige<br />
Geländerücken vom Bagger zur Gänze abgearbeitet. Der<br />
kleine Wald, der ursprünglich den Granitfelsen überdeck-<br />
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te, wurde abgetragen, der Humus und der Moränenboden<br />
abgeschoben. Damit wurde ein Teil der vorgeschichtlichen<br />
Siedlung „am Stein“, die sich gegen Südwesten<br />
hin über die kleine Waldkuppe (mit Wegkreuz) bis zu den<br />
ersten Häusern von Kiens (Grünbacher) hinunter zieht,<br />
unwiederbringlich zerstört.<br />
Angesichts der Tatsache, dass der Fundplatz ausführlich<br />
im Heimatbuch von Kiens (Seite 13-14) sowie in dem<br />
vom Amt für Bodendenkmäler der Gemeindeverwaltung<br />
zur Verfügung gestellten Fundstellenverzeichnis und<br />
nicht zuletzt im Archeobrowser der Provinz Bozen als<br />
solcher gekennzeichnet ist, kann es sich bei dieser Zerstörung<br />
nicht um Unwissenheit handeln. Vielmehr zeigt<br />
das Beispiel, wie wenig Beachtung die Zeugen der lokalen<br />
Geschichte bisweilen fi nden und welch leichtfertigem<br />
Umgang sie ausgesetzt sind. Das Gemeindebuch<br />
von Kiens scheint in diesem Fall das Bewusstsein und<br />
die Sensibilisierung für die eigene Geschichte wenig gefördert<br />
zu haben, auch wenn die Verfasser im Vorwort mit<br />
Genugtuung feststellten, „welch ehrenvolle, rühmliche<br />
und schicksalsreiche Vergangenheit“ sie erforschen und<br />
den Gemeindebürgern vorlegen konnten.<br />
Dr. Hubert Steiner<br />
Zoneninspektor am Amt für Bodendenkmäler