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Dorfblatt GEMEINDE KIENS

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<strong>Dorfblatt</strong> <strong>GEMEINDE</strong> <strong>KIENS</strong><br />

Dies und Das<br />

31<br />

Dies und Das<br />

Der Fall Bill G. - oder von der Kunst reich zu sein<br />

Ich hatte gerade in Ehrenburg einen Kontoauszug geholt<br />

und schmerzhaft festgestellt, dass sich das kleine<br />

Gehalt, noch vor der greifbaren Nähe des nächsten, gar<br />

kümmerlich zusammengezogen hatte und ein nur mehr<br />

knapp zweistelliger Betrag schüchtern der Verstärkung<br />

harrte. Da sah ich vor der Bar den alten Mann sitzen<br />

und eifrig in der Zeitung lesen. Als ich mich zu ihm an<br />

den Tisch setzte, erwiderte er meinen Gruß ohne aufzublicken<br />

und gab sich in die Lektüre vertieft. In dicken<br />

Lettern prangte es zu mir her: Bill G. erneut reichster<br />

Mann der Welt. Ich versuchte an die Schrift anknüpfend<br />

das Gespräch in Gang zu bringen und meinte: „Ja das<br />

wäre schon was, soviel Geld zu haben, da wäre man mit<br />

einem Schlag alle Sorgen los.“ Der alte Mann blickte<br />

mich nun tatsächlich an, schmunzelte zunächst etwas,<br />

um dann aber mit gar ernster Miene zu antworten: „Ja<br />

schon, aber vergiss nicht die Verantwortung, die ein<br />

solches Vermögen für gewöhnlich mit sich bringt.“<br />

Ich erschrak innerlich, weil ich fürchtete, dass jetzt eine<br />

jener Standpauken käme, welche den Reichtum wenn<br />

auch nicht gerade unter das Kapitel „Sünde“ stellten,<br />

ihn doch zumindest als sehr bedenklich erklärten. Ich<br />

dachte an Mahnungen wie, dass man doch nicht Geld<br />

anhäufen könnte, wenn nur ein Menschenkind in der<br />

dritten oder vierten Welt hungerte und dass es doch geboten<br />

wäre, schon aus christlicher Nächstenliebe, all die<br />

schönen kostbaren Scheinchen mit jenen Habenichtsen<br />

zu teilen, denen das Leben vielleicht gar übel mitgespielt<br />

hatte. Unter diesen gefürchteten Mahnungen<br />

laufen auch Belehrungen wie, dass jeder Reiche seinen<br />

Reichtum immer auch den glücklichen Umständen<br />

verdankte, in die er geboren wurde und nicht nur seinem<br />

eigenen Geschick und Können, ja dass selbst seine<br />

Intelligenz letztlich Gabe Gottes ist, so dass es mehr<br />

als recht und billig ist, dass er dafür selbst von seinem<br />

Reichtum abgäbe. Zuletzt würde wohl auch die gar unangenehme<br />

Drohung nicht fehlen, dass es ihm sonst<br />

beim jüngsten Gerichte gar schäbiger erginge, als dem<br />

reichen Prasser dem nicht einmal ein Tröpfchen Wasser<br />

vergönnt war….Kurz entschlossen rief ich, als wollte<br />

ich diesen gefürchteten Worten des alten Mannes zuvor<br />

kommen, und durch einen Angriff deren Schlagkraft<br />

vernichten: „Ja aber, er, den wir Gott nennen, würde<br />

mich deswegen doch nicht verstoßen…..!“ Da zuckte<br />

der alte Mann zusammen und es schien mir, als wollte<br />

er mit hochrotem Kopf, den er nun bekommen hatte,<br />

gleich mit der von mir gefürchteten Moralpredigt loswettern,<br />

mich eines Besseren belehren und mich vor<br />

meiner allzu trügerischen Sicherheit warnen. Doch seine<br />

nun folgenden Worte zeugten bald von einer ganz<br />

anderen Ursache für seinen plötzlichen Farbwechsel<br />

und aufgeregt ja aufs Heftigste erschrocken und meine<br />

Gedanken klar durchschauend, rief er mir entgegen:<br />

„Nein, um Himmels willen nein, wo denkst du hin, natürlich<br />

nicht, bedenke er ist für alle am Kreuze gestorben….!“<br />

Nach einem Augenblick kurzen betretenen Schweigens,<br />

welches einerseits durch den doch denkwürdigen<br />

Nachgeschmack meines getanen Ausrufes und der heftigen<br />

Abwehr des alten Mannes entstanden war, fuhr<br />

er mit sichtlich zitternder Stimme fort: „Schau, bei<br />

den reichen Menschen ist es doch so, dass sie es gewohnt<br />

sind sich alles kaufen zu können, was sie nur<br />

wollen.“ Ich stimmte ihm zu und bekräftigte: „Das ist<br />

doch auch angenehm!“ „Ja, natürlich“, sagte er, „und<br />

das ist auch richtig und gut, denn der Sozialstaat wäre<br />

maßlos überfordert, wenn es nicht viele reiche oder zumindest<br />

wohlhabende Bürger gäbe.“ „Die auch viele<br />

Steuern zahlen“, bemühte ich mich seine Aussage zu<br />

unterstreichen. Er nickte wieder lächelnd und fuhr fort:<br />

„Ja natürlich das ist gut, aber da gibt es etwas das so mit<br />

Geld nicht zu haben ist und das wir Himmel nennen.<br />

Ich glaube dieser Himmel ist das einzig Wichtige, das<br />

Menschen brauchen, um das zu werden was sie sein<br />

wollen und sein müssen. Dieser Himmel aber, der ist<br />

wohl nur als Geschenk zu haben und die Kunst denke<br />

ich für Menschen ist dieses Geschenk anzunehmen.“<br />

Letztformuliertes schien mir schon ein komischer Gedanke<br />

zu sein und so konnte ich mir die aus meiner<br />

Verwunderung geborene und die Meinung des alten

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