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<strong>Dorfblatt</strong> <strong>GEMEINDE</strong> <strong>KIENS</strong><br />
Dies und Das<br />
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Dies und Das<br />
Der Fall Bill G. - oder von der Kunst reich zu sein<br />
Ich hatte gerade in Ehrenburg einen Kontoauszug geholt<br />
und schmerzhaft festgestellt, dass sich das kleine<br />
Gehalt, noch vor der greifbaren Nähe des nächsten, gar<br />
kümmerlich zusammengezogen hatte und ein nur mehr<br />
knapp zweistelliger Betrag schüchtern der Verstärkung<br />
harrte. Da sah ich vor der Bar den alten Mann sitzen<br />
und eifrig in der Zeitung lesen. Als ich mich zu ihm an<br />
den Tisch setzte, erwiderte er meinen Gruß ohne aufzublicken<br />
und gab sich in die Lektüre vertieft. In dicken<br />
Lettern prangte es zu mir her: Bill G. erneut reichster<br />
Mann der Welt. Ich versuchte an die Schrift anknüpfend<br />
das Gespräch in Gang zu bringen und meinte: „Ja das<br />
wäre schon was, soviel Geld zu haben, da wäre man mit<br />
einem Schlag alle Sorgen los.“ Der alte Mann blickte<br />
mich nun tatsächlich an, schmunzelte zunächst etwas,<br />
um dann aber mit gar ernster Miene zu antworten: „Ja<br />
schon, aber vergiss nicht die Verantwortung, die ein<br />
solches Vermögen für gewöhnlich mit sich bringt.“<br />
Ich erschrak innerlich, weil ich fürchtete, dass jetzt eine<br />
jener Standpauken käme, welche den Reichtum wenn<br />
auch nicht gerade unter das Kapitel „Sünde“ stellten,<br />
ihn doch zumindest als sehr bedenklich erklärten. Ich<br />
dachte an Mahnungen wie, dass man doch nicht Geld<br />
anhäufen könnte, wenn nur ein Menschenkind in der<br />
dritten oder vierten Welt hungerte und dass es doch geboten<br />
wäre, schon aus christlicher Nächstenliebe, all die<br />
schönen kostbaren Scheinchen mit jenen Habenichtsen<br />
zu teilen, denen das Leben vielleicht gar übel mitgespielt<br />
hatte. Unter diesen gefürchteten Mahnungen<br />
laufen auch Belehrungen wie, dass jeder Reiche seinen<br />
Reichtum immer auch den glücklichen Umständen<br />
verdankte, in die er geboren wurde und nicht nur seinem<br />
eigenen Geschick und Können, ja dass selbst seine<br />
Intelligenz letztlich Gabe Gottes ist, so dass es mehr<br />
als recht und billig ist, dass er dafür selbst von seinem<br />
Reichtum abgäbe. Zuletzt würde wohl auch die gar unangenehme<br />
Drohung nicht fehlen, dass es ihm sonst<br />
beim jüngsten Gerichte gar schäbiger erginge, als dem<br />
reichen Prasser dem nicht einmal ein Tröpfchen Wasser<br />
vergönnt war….Kurz entschlossen rief ich, als wollte<br />
ich diesen gefürchteten Worten des alten Mannes zuvor<br />
kommen, und durch einen Angriff deren Schlagkraft<br />
vernichten: „Ja aber, er, den wir Gott nennen, würde<br />
mich deswegen doch nicht verstoßen…..!“ Da zuckte<br />
der alte Mann zusammen und es schien mir, als wollte<br />
er mit hochrotem Kopf, den er nun bekommen hatte,<br />
gleich mit der von mir gefürchteten Moralpredigt loswettern,<br />
mich eines Besseren belehren und mich vor<br />
meiner allzu trügerischen Sicherheit warnen. Doch seine<br />
nun folgenden Worte zeugten bald von einer ganz<br />
anderen Ursache für seinen plötzlichen Farbwechsel<br />
und aufgeregt ja aufs Heftigste erschrocken und meine<br />
Gedanken klar durchschauend, rief er mir entgegen:<br />
„Nein, um Himmels willen nein, wo denkst du hin, natürlich<br />
nicht, bedenke er ist für alle am Kreuze gestorben….!“<br />
Nach einem Augenblick kurzen betretenen Schweigens,<br />
welches einerseits durch den doch denkwürdigen<br />
Nachgeschmack meines getanen Ausrufes und der heftigen<br />
Abwehr des alten Mannes entstanden war, fuhr<br />
er mit sichtlich zitternder Stimme fort: „Schau, bei<br />
den reichen Menschen ist es doch so, dass sie es gewohnt<br />
sind sich alles kaufen zu können, was sie nur<br />
wollen.“ Ich stimmte ihm zu und bekräftigte: „Das ist<br />
doch auch angenehm!“ „Ja, natürlich“, sagte er, „und<br />
das ist auch richtig und gut, denn der Sozialstaat wäre<br />
maßlos überfordert, wenn es nicht viele reiche oder zumindest<br />
wohlhabende Bürger gäbe.“ „Die auch viele<br />
Steuern zahlen“, bemühte ich mich seine Aussage zu<br />
unterstreichen. Er nickte wieder lächelnd und fuhr fort:<br />
„Ja natürlich das ist gut, aber da gibt es etwas das so mit<br />
Geld nicht zu haben ist und das wir Himmel nennen.<br />
Ich glaube dieser Himmel ist das einzig Wichtige, das<br />
Menschen brauchen, um das zu werden was sie sein<br />
wollen und sein müssen. Dieser Himmel aber, der ist<br />
wohl nur als Geschenk zu haben und die Kunst denke<br />
ich für Menschen ist dieses Geschenk anzunehmen.“<br />
Letztformuliertes schien mir schon ein komischer Gedanke<br />
zu sein und so konnte ich mir die aus meiner<br />
Verwunderung geborene und die Meinung des alten