PDF zum Download - Medium Magazin

PDF zum Download - Medium Magazin PDF zum Download - Medium Magazin

mediummagazin.de
von mediummagazin.de Mehr von diesem Publisher

IM WETTSTREIT GEGEN DIESUPERTRAWLERSIND KLEINE FISCHER OHNE CHANCE LAUT FAO-STATISTIK 136 GEO 06|2007 06|2007 GEO 137<strong>zum</strong> Kauf nicht empfohlen =bedingt empfohlen =empfohlen =Was ist zu tun? Informationen und Empfehlungen für KonsumentenWir bestimmen mit über die Zukunft der Fischbestände – beim Einkaufen oder im Restaurant. Die vorliegende Übersicht informiertüber die in Deutschland meistverzehrten Fische und Meerestiere, den Gesamtzustand der Arten und die üblichen FangmethodenKABELJAU/DORSCHHERING/MATJES LACHS THUNFISCH SEELACHS ROTBARSCH SEEHECHTALASKA-SEELACHSNamen: Kabeljau,Dorsch (Gadus morhua);Verbrauch 2005:40 097 t; Länge: bis1,5 mName: div. Seehecht-Arten (Merluccius);Verbrauch 2005:48 480 t; Länge: bis 1 mName: div. Rotbarsch-Arten (Sebastes); Verbrauch2005: 50 310 t;Länge: bis 1 mName: Köhler(Pollachius virens);Verbrauch 2005:51 646 t; Länge: biszu 1,3 mName: div. Thunfisch-Arten (z. B. Thunnus,Katsuwonus); Verbrauch2005: 126 649 t; Länge:je nach Art bis zu 4,5 mName: AtlantischerLachs (Salmo salar);Verbrauch 2005:141 083 t; Länge: bis1,5 mName: Atlantischer Hering(Clupea harengus);Verbrauch 2005:202 282 t; Länge: bis40 cmName: Alaska-Pollack(Theragra chalcogramma);Verbrauch (in D)2005: 202 338 tLänge: bis 90 cmARTENLebt hauptsächlich imNordatlantik; nicht geschlechtsreifesowie Ostsee-Tiereauch Dorschgenannt. Neufundland-Bestand zusammengebrochen.In der EU ist einViertel aller Kabeljausillegal aus der Barentsseeeingeführt.Mehrere Arten in weitenTeilen des Atlantik, inder Biskaya und im Mittelmeer.Gehören zurDorschfamilie, werdenerst mit zwei bis achtJahren geschlechtsreif,können bis zu 20 Jahrealt werden.Lebt bis zu 1000 Metertief im Nordatlantik.Sehr anfällig für Überfischung,da erst spät geschlechtsreif.Kann über60 Jahre alt werden.Lebt beiderseits desNordatlantik sowie inNordsee, Skagerrak undKattegat. Nicht mit denLachsen verwandt, sondernein Dorschfisch.Den Namen Köhler verdankter seinem dunklenRücken.Leben vor allem in wärmerenGebieten derMeere. Räuber von Fischenwie Sardinen oderHering. In Japan erzielenSushi-Arten wie RoterThun und GroßaugenthunKilopreise von biszu 500 US-Dollar.Ist ein Wanderfisch, daer <strong>zum</strong> Laichen aus demMeer die Flüsse hinaufschwimmt.Nur wenigeTiere laichen mehrfach.Der „Alaska-Wildlachs“gehört zu den PazifischenLachsen der GattungOncorhynchus.Lebt in Nord- und Ostseesowie im Nordatlantikin Schwärmenvon bis zu einer MillionTieren. Wegen seinerwirtschaftlichen Bedeutungund des schillerndenLeibes auch „Silberder Meere“ genannt.Gehört zur Familie derDorsche. BeliebtesterSpeisefisch in Deutschland– vor allem alstiefgefrorene Fischstäbchenoder Schlemmerfiletim Handel.BESONDERHEITENDrastisch bedroht, fastalle Bestände überfischt,da Tiere meist gefangenwerden, bevor sie fürNachwuchs sorgen -auch in der Ostsee. GrößereBestände noch beiIsland und in derBarentssee.EU-Bestand nach Jahrender Überfischung imWiederaufbau; im Mittelmeerweiter kritisch.Nicht verwandt mit demSchwarzen Seehecht(Familie der Antarktisdorsche),der durch illegaleFischerei starkbedroht ist.Alle Bestände sind überfischtoder/und es mangeltan Nachwuchs.Schlechte Erholungschancen,da wissenschaftlicheEmpfehlungenfür Fangverbotepolitisch nicht umgesetztwerden.Bestände sind sicher,seit 2002 wurde wegendes geringen Marktwertssogar weniger gefangenals erlaubt. Um dieNachfrage anzukurbeln,bevorzugt der Handelden Namen Seelachs.In Dosen meist Gelbflossenthun,Weißer Thunoder Bonito. Roter Thun,Blauflossen- und Großaugenthunüberall starkgefährdet. Gelbflossenthunund Weißer Thunnicht überall überfischt.Fast nur aus Aquakulturenmit div. ökologischenProblemen jenach Herkunftsgebiet(s. u.). Die Wildbeständedes Atlantischen Lachsessind völlig überfischt.Alternativ: PazifischerWildlachs mit MSC-Siegel.Zusammenbruch derBestände in Nord- undOstsee in den 1970er/1990er Jahren, dann Erholungdurch Fangverbote.In der Nordseefehlt seit 2002 Nachwuchs,vermutlich wegenMeereserwärmung.Bestände werden unterschiedlichgut bewirtschaftet:Vor derUS-Küste Bestandswahrung,in anderenGebieten, vor allem inRussland, wird überfischt,teilweise fast biszur Ausrottung.BESTAND/HALTUNGWird hauptsächlich mitGrundschleppnetzenbefischt, die das Bodenleben,<strong>zum</strong> Beispiel anKaltwasserkorallenriffenzerstören. Viel Beifang.Seltener mit Stellnetzen(gefährlich u. a. fürSchweinswale).Viel Beifang (auch gefährdeteFischarten wieSeeteufel und Leng). Diemeist verwendetenGrundschleppnetze verursachenSchäden amMeeresboden.Über Beifang keine zuverlässigenZahlen. Gefischtwird <strong>zum</strong> Teil mitMeeresboden schädigendenGrundschleppnetzen.Oder mit riesigenSchleppnetzen inhöheren Wasserschichten.In der Nordsee geringerBeifang, in der ArktisSchellfisch, Wittling, Kabeljau.Fischerei hauptsächlichmit MeeresbodenschädigendenGrundschleppnetzen.Im Schnitt 40% Beifang(wie Haie, Schildkröten,Delfine), sehr unselektiveFangmethode: biszu 100 km Langleinenmit bis zu 20 000 Köderhaken.Siegel wie „Delfinsicher“täuschen, danicht zertifiziert.In Netzkäfigen im Meer(Antibiotika, Parasiten),für 1 Kilo Lachs werden3-4 Kilo Wildfisch verfüttert.Entflohene Zuchtlachseverändern denGenpool der Wildpopulationen.Haltung besondersin Chile problematisch.Geringe Beifänge. DieSchleppnetze in höherenWasserschichtenverursachen kaum Schädenam Meeresboden.Bei weiterer Überfischungdroht auch Fressfeindenwie Delfinenund Seehunden Nahrungsmangel.Geringe Beifangquote.Die Alaska-Fischereinutzt Schleppnetze, diefrei durch das Wassergezogen werden undden Meeresbodenkaum schädigen.FANGMETHODENIm Prinzip nicht empf.;aus Island oder derBarentssee bedingt empfohlenNicht empfohlen Im Prinzip nicht empf.;Südafrikan. Seehecht mitMSC-Siegel hingegenempfohlenNicht empfohlen Empfohlen wegen dersicheren BeständeIm Prinzip nicht empf.;bedingt Lachs aus Norwegenund SchottlandBedingt empf.; aufHerkunft achten; möglichstmit MSC-SiegelBedingt empfohlen;mit MSC-Siegel empf.KAUF


Das »Gewissen« der Fischer: Yahya Sheikhkontrolliert im Auftrag Mauretaniens, ob die Crewder »Balandis« ihre Fangquoten einhält. SeineMacht sei begrenzt, sagt er – allein seine Anwesenheitauf dem Schiff aber ein wichtiger Fortschrittplatzhalter ETWA 30 TRAWLER 06|2007 GEO 139


seefisch aus aquakulturVOM FISCHER ZUM FISCHBAUERNBald könnten mehr Fische, Garnelen und Muscheln aus Farmen als aus dem Ozean auf unseren Tellern landen.Die Übertragung agrarindustrieller Methoden aufs Meer wirft allerdings auch Probleme aufGroße Erwartungen ruhen seit Jahrenauf der Aquakultur: Kann sie, bei weltweitsteigendem Fischbedarf, die leergefischtenOzeane entlasten? Schon jetztstammt fast jedes zweite Meeres- oderSüßwassertier, das von Menschen gegessenwird, aus der Zucht. Weltweit produzierenAquafarmen etwa 60 MillionenTonnen pro Jahr, vor allem Garnelen,Algen, Muscheln und Süßwasserfische.Und die Branche, zu 90 Prozent in Asienangesiedelt, wächst stetig: um übersechs Prozent jedes Jahr.Allerdings bringt die „Blaue Revolution“auch ökologische Risiken mit sich:An der norwegischen Küste etwa konzentrierensich rund 1 100 Lachsmastanlagenan den Fjordmündungen. Aufdem Grund türmen sich Berge von KotundFutterresten, die mit Schadstoffendurchsetzt sind. Die Netzkäfige, in denensich bis zu 100 000 Lachse drängen, sindoft Brutstätten für Schädlinge.Zudem entweichen jährlich Hunderttausendevon norwegischen Zuchtlachsenaus den Käfigen. Sie vermischen sichmit den Wildpopulationen in den Flüssenund bedrohen deren Bestand: Denndie genetische Vielfalt und die spezifischeAnpassung der Wildlachse an ihrBrutgebiet geht durch die Einkreuzungder Zuchtformen im Laufe weniger Generationenverloren. Ähnliche Verhältnisseherrschen vor Schottland, Irland und anden nordamerikanischen Küsten.Der heikelste Punkt in der Aquakulturist indessen das Futter: So muss beider Zucht von marinen Räubern wieLachs, Kabeljau, Heilbutt oder Thunfisch<strong>zum</strong> Teil bis zu vier Kilo Futterfisch aufgebrachtwerden, um ein Kilo Speisefischan<strong>zum</strong>ästen. Immerhin mühen sichFischbauern mit zunehmendem Erfolg,dieses Missverhältnis durch pflanzlicheErsatzstoffe zu reduzieren. Und ÖkosiegelNorwegische Gehegezucht bei Svolvær: Tausende Lachse drehen hier ihre Rundenweisen Lachsfarmen aus, die etwadas Futter aus verwertbaren Resten vonFilettierbetrieben gewinnen stattaus eigens gefangenen Fischen.Aufgrund solcher Bemühungen belastetdie Aquakultur-Branche trotz ihresraschen Wachstums die Fischbeständeder Meere heute nicht stärker als vorzehn Jahren. Allerdings: Nach wie vorholen riesige Fangflotten, etwa vor Peru,Millionen Tonnen von Kleinfischen wieSardellen ein, die zu Fischmehl verarbeitet,zu Pellets gepresst und in Aquafarmenverfüttert werden. In EuropasGewässern ist solche Klein- und Jungfisch-Vernichtungebenfalls üblich –sei es durch die gezielte Jagd auf denfischereilich minderwertigen „Gammelfisch“oder durch unselektiven Beifang.25 Prozent der jährlichen Fangmenge inden Meeren enden heute in Fischmehlfabriken.Ein Drittel des Mehls (rundzehn Millionen Tonnen) geht in die Zuchtvon Speisefischen und Shrimps.Gerade die Mast von Garnelen ziehtdabei noch weitere Zerstörungen nachsich. Für Zuchtbecken - <strong>zum</strong> Beispiel inEcuador oder an Indiens Ostküste –werden riesige Mangrovensäume abgeholzt,obwohl gerade sie als Lebensraumfür Jungfische unersetzlich sind.Doch es gibt auch Beispiele für umweltschonendeAquakultur, so etwa inder Garnelenzucht von Kleinbauern imMekong-Delta Vietnams. HerunterfallendesLaub liefert dort Nährstoffe fürKieselalgen und winzige Krebse, die wiederumvon den Garnelen gefressen werden.Dazu gesetzte Buntbarsche übernehmenden Sanitärdienst: Sie fressentote und kranke Garnelen weg.In den Hallen des deutschen Aquakultur-Unternehmens„Ecomares“wachsen Steinbutt, Wolfsbarsch und JapanischeFlunder in großen Becken auf,deren Wasser ständig gefiltert, belüftetund von Bakterien gereinigt wird: naturverträglich,wenn auch aufwendig. Fürden im Seewasser massenhaft produziertenLachs oder neuerdings auch Kabeljaubedarf es nach Expertenansichtebenfalls neuer Zuchtmethoden, mindestensjedoch einer Verlagerung derFarmen weit hinaus aufs Meer. FORSCHER DRÄNGEN AUFFANGVERBOTE.DIE EU ZEIGT IGNORANZ 06|2007 GEO 141


Fast jede Familie in Los Cachicatos lebt vonSardinen: In der Manufaktur am Strand arbeiten rund50 Dorfbewohner, die den Fischen die Köpfe undSchwanzflossen wegschneiden. Die Leiber werden ineiner nahe gelegenen Fabrik in Dosen eingelegt EDELFISCHE VERSCHWINDEN. DASGLEICHGEWICHTDER ARTEN GERÄT AUS DEN FUGEN 146 GEO 06|2007 ÜBER MAURETANIENS KÜSTENGEWÄSSERN Die Küstenfischer Venezuelas nehmenjeden Fang per Hand aus. Auch wenn die Löhnekarg sind und die Knochen von Fischen wie dem Bonitoderart hart, dass man sich beim Versuch, sie zuzerschneiden, das Handgelenk brechen kann


TAG UND NACHT IM EINSATZ GEGENDIE WILDERER.ABER NUR WENIGE SIND ZU FASSEN AN BORD DER »KARELIA« DIE ÜBERWACHTE FISCHEREI. Ein Kandidat für dieInspektion? Norwegens Küstenwächter überprüfen jährlich mehrals 2000 Schiffe. Haben die Kontrolleure einen Trawler gestoppt,müssen sie von ihrem Speedboot aus auf einer Strickleiter an Bordklettern. Bei hohem Wellengang riskieren sie dabei ihr LebenSeit 21 Jahren überwacht Jøran Nøstvik,Kapitän der »Harstad«, Fangschiffe in den norwegischenKüstengewässern. Ertappte Raubfischermüssen sofort eine Geldstrafe zahlen – andernfallswerden sie im nächstliegenden Hafen festgesetzt150 GEO 06|2007


LETZTE TAGE IM HAFEN.DIE JAGDSAISONWIRD BALD ERÖFFNETBereit <strong>zum</strong> Fischzug in der Barentssee: DieBesatzungen russischer Trawler warten im Januar imnorwegischen Båtsfjord auf die Zuteilung ihrerFangquote. Viele von ihnen werden über das Jahrauch Hunderte Tonnen Kabeljau illegal erbeuten06|2007 GEO 153


Eine handfeste Auseinandersetzungmit Fischräubern oder eine harmlose Routinekontrolle?Inspektor Andreas Blixgård (li.)und seine Kollegen wissen nie, was beimnächsten Einsatz auf sie zukommen wird AUCH VOR WESTAFRIKA, NEUSEELAND MACHT MITFISCHPIRATENKURZEN PROZESS 06|2007 GEO 159


illegale fischereiPIRATENNEST ROSTOCKDer Kampf gegen Raubfischer kann nur mithilfe scharfer Gesetze und engagierter Behörden gelingen –ausgerechnet in Deutschland ist er in einem spektakulären Fall gescheitertFRÜHJAHR 2005: Aus dem Fischereihafender Hansestadt Rostock stechenfünf Trawler in See. An ihren blauenRümpfen nagt der Rost, auf Deck wehendie Flaggen des Karibikstaates Dominica.Der Charterer der Schiffe, die deutschrussischeFirma Piro-Fisch aus Rostock,an der die Stadt Rostock bis Ende der1990er Jahre beteiligt war, führt sie unterden Namen »Oyra«, »Ostroe«, »Olchan«,»Ostrovets« und »Okhotino«. Bei denFischereiverbänden NEAFC und NAFO,welche die internationalen Gewässer desNordost- und Nordwestatlantik managen,nennt man sie die „Rostock-Five“ –berüchtigt als die dreiste Piratenfischer-Flotte des Nordmeers.Mitte der 1980er Jahre sind die Trawlerin Stralsund gebaut, drei von ihnenspäter mit Krediten der bundeseigenenKreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)in Rostock modernisiert worden, wo sieab 2001 auch überwintern. Seit 2002 stehensie auf der schwarzen Liste der IUU-Schiffe von NEAFC und NAFO. IUU ist eineAbkürzung für Schiffe, deren Crews illegal(in fremden Gewässern ohne Flagge)fischen, unangemeldet(ohne Quote undohne ihre Fangmengen an die zuständigenStellen zu melden) und unreguliert(unter „Billigflaggen“, also registriert inLändern, die das Treiben der Charterernicht überwachen). Ihre Ware verkaufensie oftmals auf dem Schwarzmarkt.Wie schon in den vergangenen Jahrenzieht es die Rostock-Five im Frühjahr2005 in die Irmingersee vor Island, aufRotbarschjagd. Der stark überfischte,streng quotierte Speisefisch bringt etwasechs Euro pro Kilo ein. Exakte Gewinnchargensind nicht bekannt - doch wenndie Crews ihre Schleppnetze mehrmalsam Tag einholen, ergäbe dies einen Tagesumsatzvon mindestens 90 000 Euro.Am 1. Mai 2005 wollen Inspektoren derisländischen Küstenwache die »Ostrovets«und die »Oyra« im Auftrag derNEAFC kontrollieren. Doch die russischenKapitäne lassen sie nicht an Bord, müssenes auch nicht, da sie sich in internationalenGewässern befinden.Drei Wochen später beobachtet dieKüstenwache aus der Luft, wie von der»Okhotino« auf offener See Kisten aufdas Kühlschiff »Sunny Jane« umgeladenwerden. Dessen Charterer: Piro-Fisch.Die Isländer informieren das NEAFC-Sekretariat, das auch die »Sunny Jane«auf die IUU-Liste setzt.Zum ersten Mal zeigt dies Wirkung:Als der Kapitän der »Sunny Jane« am2. Juni im niederländischen Eemshavenanlegt, verbietet ihm die Hafenbehördeseine Ware zu löschen; Inspektorenfinden gefrorenen Rotbarsch von der»Okhotino«, der »Oyra« und der»Olchan«.Daraufhin setzt ihr FlaggenstaatBelize die »Sunny Jane« zeitweilig fest,RAUBFISCHEREI: EINMILLIONEN-EURO-GESCHÄFTder EU-Kommissar für Fischerei, JoeBorg, gibt allen EU-Häfen die Order, demFrachter das Einlaufen zu verwehren.15. JUNI 2005: Das Schiff ziehtweiter, Richtung Marokko, wo die Mannschaftden Fisch eine Woche späterungestört in Agadir löscht. Über einennorwegischen Großhändler und eineBriefkastenfirma auf den Kaiman-Inselnlandet der Fisch schließlich in Japan –zwei Millionen Euro erhält Piro-Fischfür diesen Deal, wie ZDF-Reporter ermittelthaben.Im Sommer 2005 wird der Rat der EUaktiv. Zum 3. August erlässt er die VerordnungNr. 1300/2005: „IUU-Schiffe erhaltenin Häfen keine Vorräte, keinen Treibstoffund keine Dienstleistungen.“ Außerdemwird verboten, ihren Fisch einzuführen;Hafeninspektoren müssen die betreffendenSchiffe kontrollieren und die Ergebnisseumgehend dem EU-Kommissarfür Fischerei melden. Wer gegen die Verordnungverstößt, riskiert ein Bußgeldvon bis zu 75 000 Euro.Bei der Piro-Flotte geht indes allesweiter wie zuvor. Die fünf Trawler werdenbeim Fischen in der Irmingersee beobachtet,die »Sunny Jane«, wie sie imHafen von Nouadhibou (Mauretanien)gefrorenen Fisch anlandet.SEPTEMBER 2005: Wie jedes Jahrkehren die Trawler <strong>zum</strong> Überwintern nachRostock zurück. Ginge alles mit rechtenDingen zu, müsste die für Fischereizuständige Behörde Mecklenburg-Vorpommerns die Schiffe nun kontrollieren,melden und verhindern, dasssie versorgt werden oder zu weiterenRaubzügen auslaufen. Doch in Rostockgeschieht: nichts.Andernorts hingegen schon: Der FlaggenstaatDominica streicht die Schiffe ausseinem Register. In Hamburg beschließtGreenpeace, die Flotte zu beobachten.Auf dem NEAFC-Jahrestreffen in Londonrügt Island die Untätigkeit der deutschenBehörden. Später fordert FischereikommissarBorg aus Brüssel beim für Fischereizuständigen Bundesminister Horst Seehoferin Berlin Auskunft.ANFANG NOVEMBER 2005: Die„O-Trawler“ liegen noch immer unbehelligtim Rostocker Fischereihafen. IhrCharterer Piro-Fisch geht derweil zu 100Prozent an die zypriotische Firma BOCYPüber - eine Tochter des KaliningraderStaatsunternehmens PBORF, dessen Ge-Namenswechsel: Um die Vergangenheit seiner Schiffe zu vertuschen, hat der Charterer sie im Rostocker Hafen umgetauftschäftsführer in diverse Korruptionsskandalebei der russischen Fischereikommissionverwickelt war.Am 18. November regt sich die Landesregierungin Schwerin, so zeigt eininterner Vermerk, <strong>zum</strong> ersten Mal: Siemacht die Rostocker Hafenbehörde aufdie suspekten Schiffe aufmerksam – undauf das Versorgungsverbot. Am 23. Novemberbeobachtet Greenpeace, wiezwei der Trawler mit Verpackungsfolie fürTiefkühlfisch beladen werden. Das Bundesernährungsministeriumfordert daraufhindas zuständige Ministerium Mecklenburg-Vorpommernsmehrmals auf,dafür zu sorgen, dass die Schiffe wederausgerüstet noch versorgt werden.Im Dezember beantragt Piro-Fisch dieLiquidierung der Firma, da ihr durch dieEU-Verordnung „die logistische Basisentzogen“ sei. Zum Jahreswechsel verliertdie Bußgeldverordnung zur IUU-Fischerei in Deutschland ihre Gültigkeit -das Berliner Ministerium hat versäumt,sie zu verlängern und holt dies verspätetnach. Im Januar 2006 filmt ein Greenpeace-Teaman mehreren Tagen, wie dieTrawler mit Maschinenteilen, Verpackungsfolieund Kartons ausgerüstetwerden. Das Schweriner Ministerium gibtspäter an, man müsse für die an Bordverbliebene Mannschaft eine „Grundversorgung“mit Strom, Proviant undTreibstoff bereitstellen.FEBRUAR 2006: Islands Außenministeriumwendet sich mit der Bitte an denEU-Kommissar, das Auslaufen derO-Trawler unbedingt zu verhindern – dieAffäre ist auf höchster diplomatischerEbene angelangt. Horst Seehofer schreibtdaraufhin an Joe Borg: „Ich beabsichtige,meinen Amtskollegen (. . .) des LandesMecklenburg-Vorpommern (. . .) ineinem persönlichen Gespräch davon zuüberzeugen, eine Treibstoffversorgung<strong>zum</strong> Auslaufen der Schiffe nicht zuzulassen.“Das Gespräch findet nie statt.Derweil rüstet sich die Piratenflotte fürdie neue Saison: Sie bekommt eine neueBilligflagge (Georgien), einen neuenCharterer (die panamesische Firma Trespann)und neue Namen, in sattem Weißauf den blauen Bug gepinselt. Aus denO-Trawlern werden die Trawler-Girls:»Eva«, »Juanita«, »Isabella«, »Carmen«und »Rosita«. Die Rostocker Hafenbehördeist informiert - und schaut zu.Später wird der verantwortliche Ministerin Mecklenburg, Till Backhaus, ineinem WDR-Interview sagen, die Trawlerseien „in dieser Form nicht identifizierbar“gewesen - und lediglich versorgtworden, um eine „Umweltkatastrophe“durch Sinken zu verhindern.Als die Charterfirma Reparaturen anihrer Flotte durchführen lassen will, beginntzwischen den Juristen der Behör-06|2007 GEO 161


»Stoppt Piratenfischer«: Greenpeace hat die so genannten Rostock-Five unter ständiger Beobachtungden ein Streit: Sind Taucherarbeiten amBug oder Lotsendienste verboten, da sieder Vorbereitung eines neuen Fischzugsdienen, oder sind sie erlaubt, um dieSicherheit im Hafen zu gewährleisten? ImLaufe des Februar verschärft sich der Ton.Islands Botschafter überreicht dem deutschenAußenministerium eine Verbalnotemit der Forderung, das Auslaufen derSchiffe zu verhindern. Joe Borg nimmtHorst Seehofer noch einmal in die Pflicht,der appelliert an Schwerin. Vergebens.11. MÄRZ 2006: Die »Carmen« verschwindetaus dem Rostocker Hafen. EinGreenpeace-Team sprüht in großen Lettern„Stoppt Piratenfischer“ auf die übrigenSchiffe. Am 13. März schreibt MinisterSeehofer an Till Backhaus: „Sie mögendaraus ersehen, dass die Angelegenheitinternational hohe Wellen schlägt undpolitisch hoch brisant ist. (. . .) Auf jedenFall muss das Versorgungsverbot striktbeachtet und durchgesetzt werden.“Dennoch: In der Nacht des 18. Märzlaufen die anderen vier Schiffe aus, unterstütztvon Rostocker Lotsen. Der Brief,so heißt es später, sei wegen einer Bombenkontrolledes Ministeriums nichtrechtzeitig am Ziel eingetroffen. Joe Borgschreibt an Horst Seehofer, er sei „sehrbestürzt“: „Dies bringt die EuropäischeGemeinschaft gegenüber den Vertragsstaatender NEAFC in eine sehr schwierigeund peinliche Lage und schädigt in hohemMaße unsere Glaubwürdigkeit (. . .).“Greenpeace reicht in Brüssel wegender Vorgänge in Rostock Beschwerde gegendie Bundesregierung ein. Die wiederumüberzeugt die NEAFC, IUU-Schiffengrundsätzlich die Hafeneinfahrt zu verbieten,um derlei Konflikte künftigzu vermeiden – und bestärkt die EUin einer neuen Initiative gegen Piratenfischerei.In Schwerin wird der Fall abgehakt.Gegenüber GEO verweigert manim Landesministerium jede Auskunft.APRIL 2006: Wieder fischt die RostockerPiratenflotte in der Irmingersee vorIsland, den Schwarzfisch übernimmtdiesmal das Kühlschiff »Polestar«. ImSeptember suchen sich die Trawler-Kapitäne eine neue Heimat: Kaliningrad.Doch als sie in den Hafen einfahren, istGreenpeace zur Stelle und bittet dieHafenbehörde, die Schiffe gemäß derNEAFC-Regeln festzusetzen. Das geschiehtohne Zögern. Nun sollen die Trawler inLettland abgewrackt werden.Auch die »Polestar« wird nicht mehraus den Augen gelassen. Die NEAFC sowiedie Regierungen Islands und Norwegensverfolgen die Route des Kühlschiffs – vonSt. Petersburg über Nordafrika und denPanama-Kanal in Richtung Asien. JedesMal, wenn der Kapitän einen Hafen ansteuert,informieren Diplomaten die örtlichenHafenbehörden und bitten, wederdas Schiff noch seine Ware aufzunehmen.Dies gelingt in Marokko, Japan und Korea.In Hongkong schließlich sieht manangeblich keinen juristischen Weg, das Anlandender Ware zu verhindern. Gutmöglich, dass der illegale Rotbarsch derRostock-Five inzwischen als Tiefkühlfiletsin deutschen Supermärkten angebotenwird.Katja Trippel MÜSSEN WIR DIE MEERE Die »Harstad« in ihrem Heimathafenin Sortland auf der Inselgruppe derVesterålen. Alle zwei Wochen wechselt hier dieBesatzung – unterwegs auf Hoher See istsie Tag und Nacht in Alarmbereitschaft 06|2007 GEO 163


gütezeichenUNTER DEM SIEGEL DER NACHHALTIGKEITWoran sind im Handel naturverträglich erzeugte Meeresprodukte zu erkennen? Ein Sachverständigenratüberprüft Fischereibetriebe weltweit auf NachhaltigkeitEs begann als ungewöhnliche Koalitionzwischen Industrie und Naturschutz:1997 gründeten der Nahrungsmittelkonzern„Unilever“ und die Stiftung„World Wide Fund for Nature“ den„Marine Stewardship Council“ (MSC).Dieser Sachverständigenrat, der inzwischenvon seinen Gründungsorganisationenunabhängig ist, zeichnet jeneFischereibetriebe mit dem MSC-Siegelaus, die das Meer nicht überfischen,deren Tätigkeit die marine Umweltmöglichst wenig schädigt und einenachhaltige Nutzung ermöglicht. Under verleiht das Siegel für Produkte, dieauf Fänge dieser Flotten zurückgehen.Mehr als 50 Fangbetriebe weltweithaben bis heute das MSC-Siegel erhalten,darunter die Hering-Flotte imenglischen Hastings sowie Teile derSeelachs-Flotte vor Alaska. Die zertifiziertenBetriebe fangen pro Jahr mehrals drei Millionen Tonnen Fisch undMeeresfrüchte. 20 Fischereien sindnoch in der Bewertung, 20 bis 30 weiterein der Vorbewertung.Entscheidender aber aus Verbrauchersicht:Heute sind über 30 Prozentder populärsten „Weißfisch“-Arten(z. B. pazifische Spezies von Heilbutt,Kabeljau, Seehecht oder Seelachs)MSC-zertifiziert. Über 500 Produkte in27 Ländern führen das blaue Siegel.In Deutschland findet es sich in Sortimentenvon Supermärkten („Lidl“,„Aldi“, „Metro“) wie auch auf Produktenvon Großlieferanten wie „Frosta“oder „Deutsche See“.Doch es gibt auch Kritik an demÖkolabel: Die „Greenpeace“-MeeresexpertinIris Menn etwa hält die MSC-Kriterien für zu lasch. Diese erlaubtenbeispielsweise den Gebrauch der zerstörerischenGrundschleppnetze. AndereKritiker fragen, ob es im Hinblickauf eine ausgewogene Umweltbilanzzu verantworten sei, die MSC-Lizenzan Produzenten zu vergeben, die PazifischenKabeljau aus Alaska oder garNeuseeländischen Hoki bis nach Europatransportieren.Als fünf große US-Umweltverbändevor wenigen Jahren die MSC-Lizenzenunter die Lupe nahmen, stellten sie beivier Fischereien Mängel fest.Dennoch: Wer mit dem MSC-Siegelausgezeichnete Ware kauft, kann sie<strong>zum</strong>indest weit unbedenklicher genießenals jeden anderen Fisch, dessenHerkunft nicht nachprüfbar ist.Das Ökosiegel für Fisch: Werlizensierte Produkte kauft, hilft beimBestandsschutz 164 GEO 06|2007

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!