Diplomarbeit - Notfallseelsorge in Deutschland
Diplomarbeit - Notfallseelsorge in Deutschland
Diplomarbeit - Notfallseelsorge in Deutschland
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Markus Reuter <strong>Notfallseelsorge</strong><br />
5.2 E<strong>in</strong>gliederung <strong>in</strong> die evangelische Kirche<br />
5.2.1 Entstehung und erste Initiativen<br />
Schon früh erkannte die evangelische Kirche, dass Kirche bei den Menschen präsent<br />
se<strong>in</strong> muss und an deren Leben teilhaben muss. Dietrich Bonhoeffer schreibt: „Die<br />
Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist. ... Sie muß an den weltlichen Aufgaben<br />
des menschlichen Geme<strong>in</strong>schaftslebens teilnehmen, nicht herrschend, sondern<br />
helfend und dienend...“ 143 So besonders bei denen, die <strong>in</strong> Not geraten s<strong>in</strong>d,<br />
auch wenn diese nicht (mehr) aktiv am kirchlichen Leben teilnehmen.<br />
Bereits <strong>in</strong> den 60er Jahren wurden erste Versuche unternommen, bei großen Katastrophen<br />
Kirche präsent zu machen. Anlass war die große Flutkatastrophe <strong>in</strong> Hamburg,<br />
<strong>in</strong> deren Folge e<strong>in</strong>e Broschüre 144 entstand, die zu kirchlichem Handeln bei Unglücken<br />
und Katastrophen anleiten wollte. Der Initiative war jedoch ke<strong>in</strong> Erfolg beschieden.<br />
145<br />
Durch den weiteren technischen Fortschritt vergrößerten sich die Gefahren von Unglücken<br />
und Katastrophen, so dass der Rat der EKD 1978 forderte, „... landeskirchliche<br />
Katastrophenbeauftragte zu benennen, zu schulen und die entsprechenden Absprachen<br />
mit den jeweiligen Landesregierungen für den Dienst des kirchlichen Katastrophenbeauftragten<br />
zu treffen“. 146 Diese Forderungen s<strong>in</strong>d bis heute <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er<br />
Weise erfüllt. Auch nicht mit der E<strong>in</strong>richtung des Unfallfolgedienstes <strong>in</strong> den 70er Jahren,<br />
vor allem im süddeutschen Raum. Jedoch blieb es bei regionalen Projekten, die<br />
nicht mit dem ‚normalen‘ kirchlichem Leben vernetzt werden konnten, und so wieder<br />
<strong>in</strong> Vergessenheit gerieten. 147<br />
Erst 1989 g<strong>in</strong>g man erneut daran, die Zusammenarbeit von Rettungsorganisationen<br />
und Kirchen neu mit Leben zu erfüllen. Aus diesem Versuch ‚von unten her‘, wurde<br />
die ökumenische ‚Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft Seelsorge <strong>in</strong> Feuerwehr und Rettungsdienst<br />
(AGS)‘ gegründet, auf deren Grundlage viele der heute aktiven <strong>Notfallseelsorge</strong>n<br />
arbeiten. Am 16. März 1998 wurden dann die Kasseler Thesen auf e<strong>in</strong>er Konferenz<br />
der evangelischen <strong>Notfallseelsorge</strong>r verabschiedet, womit versucht wird, die tragenden<br />
Geme<strong>in</strong>samkeiten auf e<strong>in</strong>en Nenner zu br<strong>in</strong>gen und so e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Grundlage<br />
für die NFS zu schaffen.<br />
5.2.2 Die aktuelle Situation<br />
Die Kasseler Thesen beschreiben <strong>Notfallseelsorge</strong> als „... ‚erste Hilfe für die Seele‘ <strong>in</strong><br />
Notfällen und Krisensituationen. <strong>Notfallseelsorge</strong> ist damit e<strong>in</strong> Grundbestandteil des<br />
143 BONHOEFFER: Widerstand, S. 206f, zitiert nach PERZUL: Chancen und Grenzen, S. 15.<br />
144 Der Titel der Broschüre war Kirchliches Handeln bei Unglücksfällen und Katastrophen.<br />
145 Vgl. zum Abschnitt 5.2.1 auch BÜTTNER: Kirchliche <strong>Notfallseelsorge</strong>, Kapitel 3.1.<br />
146 MÜLLER-LANGE: Konzeption der <strong>Notfallseelsorge</strong> im Rhe<strong>in</strong>land, S. 3.<br />
147 Vgl. MÜLLER-LANGE: Konzeption der <strong>Notfallseelsorge</strong> im Rhe<strong>in</strong>land, S. 3.<br />
66