Diplomarbeit - Notfallseelsorge in Deutschland
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Markus Reuter <strong>Notfallseelsorge</strong><br />
4.2 Theologische Reflexion<br />
E<strong>in</strong>e theologische Reflexion der NFS ist auf den ersten Blick gar nicht so leicht. Gehen<br />
wir zunächst von dem aus, was uns das kirchliche Lehramt an die Hand gibt, so<br />
f<strong>in</strong>den wir im Laiendekret des Zweiten Vatikanischen Konzil folgenden Abschnitt:<br />
„Der barmherzige S<strong>in</strong>n für die Armen und Kranken und die sogenannten caritativen<br />
Werke, die gegenseitige Hilfe zur Erleichterung aller menschlichen Nöte, stehen<br />
deshalb <strong>in</strong> der Kirche besonders <strong>in</strong> Ehren. ... Das caritative Tun kann und muß heute<br />
alle Menschen und Nöte umfassen. ... die christliche Hilfe [muß] sie suchen und f<strong>in</strong>den,<br />
alle Sorge für sie aufwenden, um sie zu trösten und mit tätiger Hilfe ihr Los zu<br />
erleichtern." 128<br />
Hier f<strong>in</strong>den sich jene Elemente wieder, wie sie bereits bei den biblischen Zeugnissen<br />
dargestellt wurden. 129 Die konkrete Hilfe <strong>in</strong> Notsituationen und der Trost und Beistand<br />
werden gefordert, um den Menschen zu helfen, die <strong>in</strong> Not geraten s<strong>in</strong>d. Zwar<br />
werden die Nöte nicht weiter dargestellt, doch umfasst die Formulierung „alle Menschen<br />
und Nöte“ eben alle Notsituation, also auch die Indikationen der NFS. 130 Auch<br />
die Art des Trostes und der Hilfe wird nicht genauer gefasst, doch die Aussagen „mit<br />
tätiger Hilfe“ und „um zu erleichtern“ s<strong>in</strong>d hier e<strong>in</strong> klarer Maßstab, an dem das Tun<br />
gemessen werden kann. Nicht die Suche nach möglichen Auswegen oder das S<strong>in</strong>nen<br />
über den Grund des Geschehens stehen im Mittelpunkt, sondern die konkrete<br />
Hilfe und der Trost – im S<strong>in</strong>ne des geme<strong>in</strong>samen Aushaltens – wie sie bereits mehrfach<br />
dargestellt wurden 131 , s<strong>in</strong>d gefragt.<br />
Da die oben zitierte Passage aus dem Laiendekret stammt, gibt sie an dieser Stelle<br />
auch e<strong>in</strong> klares Argument dafür ab, dass die Tätigkeit der NFS nicht nur auf Ord<strong>in</strong>ierte<br />
beschränkt se<strong>in</strong> sollte. Denn wenn das L<strong>in</strong>dern der Not nach dem Zweiten Vatikanischen<br />
Konzil (auch) e<strong>in</strong>e Aufgabe der Laien ist, so kann e<strong>in</strong> Laie – nachdem er<br />
sich für diesen Dienst vorbereitet hat – auch den Dienst der NFS verrichten. An dieser<br />
Stelle wird nicht weiter auf die Frage e<strong>in</strong>gegangen, ob der Dienst der NFS auch<br />
von hauptamtlichen Mitarbeitern wahrgenommen werden sollte. Den Hauptamtlichen<br />
<strong>in</strong> der Seelsorge stehen <strong>in</strong> jedem Fall, nach der obigen Aussage des Zweiten Vatikanischen<br />
Konzils, die Mitarbeit <strong>in</strong> der NFS offen.<br />
E<strong>in</strong>en weiteren Ansatzpunkt für die Theologie der NFS bietet die Frage nach dem<br />
S<strong>in</strong>n. Viele Menschen fragen gerade <strong>in</strong> Extremsituationen nach dem ‚Warum‘ und<br />
suchen hier e<strong>in</strong>e Antwort <strong>in</strong> der Religion und bei der Frage nach Gott. Doch wirft<br />
auch dies meist mehr Fragen auf, als Antworten gegeben werden können. Besonders<br />
das Theodizeeproblem ist immer wieder e<strong>in</strong>er der zentralen Gesprächsthemen<br />
128 Zweites Vatikanische Konzil, AA Nr. 8, zitiert nach RAHNER/ VORGRIMLER: Konzilskompendium, S.<br />
398f.<br />
129 Vgl. Kapitel 4.1.1.<br />
130 Vgl. Kapitel 3.2.<br />
131 Vgl. Kapitel 3.3 und 4.1.1.<br />
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