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Diplomarbeit - Notfallseelsorge in Deutschland

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Markus Reuter <strong>Notfallseelsorge</strong><br />

schen Sachverhalt, der quantitative Bewusstse<strong>in</strong>strübungen und/ oder Kreislaufbee<strong>in</strong>trächtigungen<br />

umfasst und spezifische notfallmediz<strong>in</strong>ische Maßnahmen erfordert.<br />

Man kann diesen, so verstandenen, Schock als die physische Reaktion des Organismus<br />

auf e<strong>in</strong> Trauma ansehen. ... Beobachtbar s<strong>in</strong>d Zittern (bis h<strong>in</strong> zu grobschlägigen<br />

Zuckungen) als Ausdruck höchster Erregung, Lähmungen vor allem der Be<strong>in</strong>muskulatur<br />

durch Tonusverlust, Sprachverlust, Stottern und Stammeln kann e<strong>in</strong>treten,<br />

auch Hörverlust und Blockierungen des Denkens und Handelns.“ 7 Es kann bei<br />

solchen Patienten zu nicht erwarteten Reaktionen kommen, da sie ihre Umwelt nur<br />

ausschnittartig wahrnehmen. Solche Reaktionen können zum Beispiel das Nichtempf<strong>in</strong>den<br />

von Kälte im W<strong>in</strong>ter oder e<strong>in</strong>e paradoxe Schmerzempf<strong>in</strong>dung se<strong>in</strong>. Dabei wird<br />

e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Verletzung als stark schmerzhaft, dafür e<strong>in</strong>e große Verletzung gar nicht<br />

empfunden. 8 Ebenso werden oft Veränderungen der Gedächtnisleistungen festgestellt,<br />

so kann das Kurzzeitgedächtnis gestört se<strong>in</strong> und Fragen zum Geschehen können<br />

nicht beantwortet werden. Aber auch das Langzeitgedächtnis kann betroffen<br />

se<strong>in</strong>, so dass sich der Patient an Medikamente oder Telefonnummern nicht mehr er<strong>in</strong>nern<br />

kann. Auch das Aufsteigen von Er<strong>in</strong>nerungen aus dem Ultragedächtnis 9 wird<br />

gelegentlich beobachtet.<br />

Die emotionalen Reaktionen gestalten sich nach e<strong>in</strong>em traumatischen Ereignis vielseitig<br />

und turbulent. „Es gibt Erschütterungen, Schreck, Furcht, Trauer usw., meist<br />

von starker Erregung geprägt. Sie kann so stark se<strong>in</strong>, dass das emotionale Geschehen<br />

<strong>in</strong> Euphorie umkippen kann und zu e<strong>in</strong>em situationsunangemessenen albernen<br />

Verhalten führt... [Auch] aggressive Impulse bei Unfallopfern s<strong>in</strong>d nahezu zwangsläufig,<br />

denn der Unfall ist immer mit e<strong>in</strong>er äußerst starken Frustration verbunden, der<br />

Reaktionsvoraussetzung jeglicher Aggression.“ 10<br />

2.1.4 Posttraumatische Belastungsstörung<br />

In der Folge e<strong>in</strong>er solchen Krise kann es zu e<strong>in</strong>er posttraumatischen Belastungsstörung<br />

(PTSD 11 ) kommen. Dabei handelt es sich um e<strong>in</strong>e psychische Störung, deren<br />

Ereignis oder Erlebnis immer im voraus stattfand und das weit außerhalb der gewöhnlichen<br />

menschlichen Erfahrung liegt. Solch e<strong>in</strong> Ereignis kann – außer <strong>in</strong> den<br />

Beispielen oben beschrieben – auch se<strong>in</strong>: Das Erleben von Gewalt (sexueller Missbrauch,<br />

kriegerischen Ause<strong>in</strong>andersetzungen, Überfall o.ä.), schweren Verkehrsunfällen,<br />

der Verlust des Zuhause (Brand) und/ oder der Lebensgeme<strong>in</strong>schaft (Tod e<strong>in</strong>es<br />

nahen Angehörigen). Dass nicht alle Menschen nach e<strong>in</strong>em solchen Ereignis<br />

7 WENDRICH: Art. Psychisch-emotionale Reaktionen, S. 33.<br />

8 Der biologische S<strong>in</strong>n dieser Paradoxie besteht wohl dar<strong>in</strong>, durch das Warnsignal des Schmerzes bei<br />

e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Verletzung Selbstschutzreaktionen auszulösen und bei e<strong>in</strong>er schweren Verletzungen<br />

diese ohne Schmerzen zu ermöglichen.<br />

9 Im Ultragedächtnis s<strong>in</strong>d Er<strong>in</strong>nerungen, die tief <strong>in</strong>s Gedächtnis ‚e<strong>in</strong>gebrannt‘ s<strong>in</strong>d, wie z.B. K<strong>in</strong>dheitser<strong>in</strong>nerungen<br />

oder schon Jahrzehnte zurückliegende Ereignisse.<br />

10 WENDRICH: Art. Psychisch-emotionale Reaktionen, S. 31.<br />

11 Die hierfür gebräuchliche Abkürzung ist die aus dem Englischen Abkürzung PTSD (Post Traumatic<br />

Stress Disorder), die <strong>in</strong> der <strong>Diplomarbeit</strong> verwenden wird.<br />

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