Prof. Hans -Joachim Pietrula - Text-Tempel
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Die Gans wird mit<br />
Äpfeln, Zwiebeln und<br />
Beifuß gefüllt<br />
halb bis drei Stunden, je nach Größe, dass sie<br />
noch nicht knusprig genug ist, dann drehe ich<br />
die Temperatur noch einmal hoch.“<br />
Innen gesalzen und gepfeffert, gefüllt mit äpfeln,<br />
Zwiebeln und Beifuß, die lediglich das<br />
aroma abgeben und später für die Soße nicht<br />
verwendet werden, brutzelt die Gans im Ofen.<br />
Wir machen einen kleinen abstecher zu Eckart<br />
Witzigmann, der gern als Jahrhundertkoch bezeichnet<br />
wird und eine Glasflasche in die Gans<br />
steckt. Die erhitzt sich und brät das Tier sozusagen<br />
von innen her. Wohlfahrt hat von derlei<br />
anwendungen bisher noch nichts gehört.<br />
Die beiden Protagonisten widmen sich nunmehr<br />
den Beilagen. Christian Kohlund kennt die<br />
Scherze bezüglich seines Familiennamens weiß<br />
Wer rollt die rundesten Klöße?<br />
Gott zur Genüge. „Ich habe Kohl als Kind schon<br />
gern gegessen, mit ausnahme von Rosenkohl.<br />
Oder Fenchel. Das mag ich aber heute beides<br />
sehr. Wenn ich in einem Restaurant einen guten<br />
Rotkohl bekomme, bestelle ich meistens noch<br />
eine Portion nach.“<br />
„Ein größeres Kompliment können Sie einem<br />
Koch gar nicht machen“, sagt Harald Wohlfahrt,<br />
„dann weiß er, dass es Ihnen tatsächlich geschmeckt<br />
hat.“<br />
Trotzdem lässt der Küchenchef Kohlund den<br />
Rotkohl nicht schneiden, sondern legt lieber<br />
selbst das Messer an.<br />
Tacktacktacktacktacktacktack.<br />
Mit rasender Geschwindigkeit fallen die exakten<br />
schmalen Streifen auf das Brett. „Rotkohl mit<br />
der Hand schneiden ist sehr gefährlich“, sagt<br />
er, „weil man das Messer hoch über den Kohl<br />
ziehen muss, und das erfordert einige übung.“<br />
„Da bin ich aber froh, dass sich mal jemand<br />
Gedanken um meine Gesundheit macht“, lächelt<br />
Kohlund und erzählt aus seiner Zeit beim<br />
Schweizer Militär. „Da musste ich oft zur Strafe<br />
Kartoffeln schälen und am Ende war ich richtig<br />
gut darin.“ Was er bei der Vorbereitung für<br />
die Kartoffelklöße prompt unter Beweis stellen<br />
konnte. „Inzwischen habe ich mein Militärzeug<br />
aber zurück gegeben.“<br />
Der Trick beim Rotkohl ist das Gänseschmalz.<br />
Darin Zwiebeln kurz andünsten und den Rotkohl<br />
dazugeben, mit Rotwein ablöschen, eine Karaffe<br />
Brühe dazu, Essig, Salz, Gewürznelken, Preiselbeermarmelade,<br />
ein Lorbeerblatt und eine<br />
Prise Zucker, Deckel drauf und eine dreiviertel<br />
Stunde sanft köcheln lassen. am Ende verrührt<br />
Wohlfahrt etwas Mondamin mit Rotwein und<br />
gibt es dazu, das bindet. Und bringt Glanz.<br />
Kohlund ist voller Bewunderung und zollt der<br />
Zunft seinen Respekt. „Es heißt immer, wer<br />
die Hitze in der Küche nicht verträgt, sollte<br />
kein Koch werden. Das gilt ja nicht nur im übertragenen<br />
Sinne. Ich finde, das ist ein richtiger<br />
Hochleistungssport, bei dem Stress, und immer<br />
unter Druck.“<br />
Wohlfahrt lächelt und nimmt es erst einmal<br />
wörtlich. „Ich kannte noch die alten ölöfen,<br />
die hatten tatsächlich eine enorme abstrahlung.<br />
aber inzwischen benutzen ja fast alle<br />
Köche Induktionsherde, da ist das nicht mehr<br />
Beim Tranchieren schaut Christian Kohlund höchst interessiert zu<br />
so schlimm. aber man muss tatsächlich viele<br />
Produktionsabläufe parallel bewältigen und viel<br />
überblick haben, wenn man so eine Mannschaft<br />
im Zaum halten möchte.“<br />
Die Klöße erhalten in der Mitte ein paar geröstete<br />
Brötchenwürfel, die nicht nur gut schmecken,<br />
sondern auch überflüssige Feuchtigkeit aus den<br />
Klößen ziehen. Damit die aber wirklich munden,<br />
ist eine ordentliche Soße nötig. Die zieht<br />
Wohlfahrt aus dem Bratensatz, dem er kurz vor<br />
dem Ende der Bratzeit Gemüse, den Gänsehals<br />
und die Innereien zugegeben hat. Das Fett wird<br />
abgeschöpft, der Rest durch ein Sieb passiert,<br />
etwas Fond dazugegeben und mit ein wenig<br />
Gänsefett gebunden.<br />
Die Gans kommt perfekt gebräunt aus dem Ofen<br />
und duftet wunderbar. „So, wie die riecht, ess<br />
ich sie alleine“, sagt Kohlund und passt genau<br />
auf, wie der Braten tranchiert wird. Wohlfahrt<br />
trennt die Keulen ab und schneidet die Brust in<br />
dicke Scheiben. Die bekannte Frage „Brust oder<br />
Keule?“ stellt sich hier nicht, beides kommt auf<br />
den Teller, gebettet auf Rotkohl, begleitet von<br />
einem Kloß, der von ein wenig Bröselschmelze<br />
bedeckt ist. Kohlund hält es nicht mehr aus und<br />
stibitzt ein Stück Gans. Genießerisch schließt er<br />
die augen. „Einfach großartig.“<br />
„Es gibt halt nichts Besseres als was Gutes“,<br />
schmunzelt Wohlfahrt. Er ist auf einem landwirtschaftlichen<br />
anwesen groß geworden und weiß<br />
Zutaten<br />
1 Gans ca. 4,0 kg<br />
1 Zweig Beifuss getrocknet<br />
4 Äpfel<br />
3 Zwiebeln<br />
3 Gläser Geflügelfond<br />
1 Prise Salz, Pfeffer aus der Mühle<br />
1 Rotkohl<br />
1 Zwiebel<br />
2 Stück Äpfel<br />
60 Gramm Gänseschmalz<br />
2 Teelöffel Zucker<br />
3 Esslöffel Essig<br />
250 ml Rotwein<br />
3 Esslöffel Preisselbeermarmelade<br />
1 Prise Salz<br />
3 Stück Gewürznelken<br />
1 Stück Lorbeerblatt<br />
1 Kilogramm Kartoffeln<br />
2 Stück Eier<br />
200 Gramm Mehl<br />
2 Stück Brötchen<br />
1 Prise Muskatnuss, Salz<br />
Während die Gans auf ihren Höhepunkt<br />
hinarbeitet, haben wir reichlich<br />
Zeit, um Rotkohl und Klöße in Angriff zu<br />
nehmen.<br />
Für die Klöße<br />
Brötchen in Würfel schneiden und im Ofen<br />
ohne Fett rösten.<br />
hochwertige Produkte zu schätzen. Zuhause<br />
gab es am ersten Weihnachtsfeiertag immer einen<br />
Gänsebraten, er hat also reichlich Erfahrung<br />
mit diesem Gericht. Und er kann sich noch sehr<br />
gut an das klassische Essen an Heiligabend erinnern:<br />
Wiener Würstchen mit Kartoffelsalat.<br />
Das gibt es inzwischen nicht mehr. Wie viele Kollegen<br />
hat auch Wohlfahrt nur den Heiligen abend<br />
gänsebraten mit kartoffelklössen und rotkraut<br />
Gänsebraten<br />
Flomenfett aus der Bauchhöhle entfernen,<br />
kann später im Gänseschmalz<br />
ausgebraten werden.<br />
Die junge Gans von innen und außen<br />
waschen und abtrocknen. Innen gründlich<br />
mit Salz ausreiben und leicht pfeffern.<br />
Äpfel und Zwiebeln waschen und grob<br />
zerteilen, zusammen mit dem Beifuss in<br />
die Bauchhöhle füllen.<br />
Den Ofen auf 200 Grad vorheizen. In<br />
einen Gänsebräter eine Tasse kaltes<br />
Wasser schütten und die Gans mit der<br />
Brust nach unten hinein legen. Nach einer<br />
halben Stunde ist so viel Fett ausgeschmolzen,<br />
dass die Temperatur auf 180<br />
Grad zurück geschaltet werden kann.<br />
Mit Salzwasser oder Brühe aufgießen.<br />
Den entfetteten Gänsefond zusammen<br />
mit der Füllung durch ein Sieb passieren.<br />
So lange mit dem Schneebesen rühren,<br />
bis nur noch Apfelschale und<br />
andere feste Bestandteile im Sieb sind.<br />
Soße noch einmal aufkochen, mit Rotwein<br />
und Orangensaft aromatisieren.<br />
Rotkohl<br />
Kohlkopf vierteln, Strunk und äußere Blätter<br />
entfernen. Fein hobeln. Zwiebel und<br />
Äpfel schälen und in Würfel schneiden.<br />
Das Gänseschmalz erhitzen, darin die<br />
Zwiebel- und Äpfelwürfel andünsten.<br />
Zucker und Rotkohl dazu geben und dünsten,<br />
dabei ständig rühren. Gewürze, Essig,<br />
01.<br />
Der Künstler: <strong>Prof</strong>. <strong>Hans</strong>-<strong>Joachim</strong> <strong>Pietrula</strong><br />
Der Koch: Harald Wohlfahrt<br />
Der Pate: Christian Kohlund<br />
mit der Familie, an den Feiertagen wird gearbeitet.<br />
Und da lässt er es sich nicht nehmen, selbst<br />
zu kochen. „Das ist nur fair, schließlich kommt<br />
die Familie ja das ganze Jahr über etwas zu<br />
kurz.“ Er lässt sich immer etwas einfallen. Mal<br />
gibt es lackierte Entenbrust, mal einen Wolfsbarsch.<br />
Und natürlich kommt hin und wieder<br />
auch ein Gänsebraten auf den Tisch.<br />
Kohlund bring den Kohl in die<br />
Schwarzwaldstube, die zum<br />
Hotel Traube-Tonbach gehört<br />
Marmelade und ein wenig Rotwein dazu<br />
geben, mit etwas Wasser auffüllen.<br />
Die Garzeit liegt ca. bei 45 min. Zum<br />
Schluss nicht mehr angießen und den<br />
Rest Flüssigkeit verdampfen lassen. Noch<br />
einmal abschmecken, man kann auch<br />
noch eine winzige Prise Zimt verwenden.<br />
Klöße<br />
Kartoffeln ungeschält kochen, noch im<br />
warmen Zustand abpellen, pürieren, dann<br />
abkühlen lassen. Die erkaltete Kartoffelmasse<br />
mit Eiern und Mehl, etwas Salz<br />
und geriebener Muskatnuss zu einem<br />
Teig verarbeiten. In einem großen Topf<br />
Salzwasser zum Sieden bringen und darin<br />
einen Probekloß kochen. In jeden Kloß<br />
einige Röstbrotwürfel einarbeiten. Das<br />
schmeckt nicht nur gut, sondern saugt<br />
auch die überflüssige Feuchtigkeit auf.<br />
Klöße nicht kochen lassen, nur gar ziehen.<br />
Wenn sie an der Oberfläche schwimmen,<br />
sind sie fertig.<br />
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