Holger Michael • VOM BALTIKUM NACH KLEINASIEN
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sowie die Zustimmung zu einer sowjetischen Truppenerhöhung<br />
und die Bildung einer zur Vertragserfüllung<br />
willigen Regierung. Von einer militärischen Drohung<br />
war keine Rede. Allein die offiziellen Versicherungen, die<br />
prosowjetische Stimmung, die Stärke der Linken und die<br />
permanente Regierungskrise schienen die Annahme des<br />
Ultimatums zu sichern. Moskau hatte richtig gerechnet.<br />
Im Regierungslager brach Panik aus. Ein bewaffneter<br />
Widerstand, den Präsident Antanas Smetona am 15. Juni<br />
vorschlug, wurde abgelehnt und dem sowjetischen Ultimatum<br />
zugestimmt. Die Regierung trat zurück. Provisorischer<br />
Verteidigungsminister wurde der antifaschistisch<br />
orientierte General Vincas Vitkauskas. Dieser Mann erwies<br />
sich als Glücksfall für die Linken, denn damit standen<br />
die Streitkräfte nicht mehr der Niederschlagung der<br />
revolutionären Bewegung zur Verfügung. Der General<br />
begründete in einer Rundfunkansprache die zusätzliche<br />
sowjetische Militärpräsenz und forderte seine Truppen<br />
auf, die sowjetischen Verbände freundschaftlich zu empfangen,<br />
die seit 15.00 Uhr ins Land kamen. Eine „sowjetische<br />
Aggression“ hatte also nicht stattgefunden. Ministerpräsident<br />
Antanas Merkys ließ die beiden von der<br />
sowjetischen Seite geforderten Politiker verhaften und<br />
rief den Verteidigungszustand aus, ohne die regimetreuen<br />
Kräfte zu mobilisieren. Dadurch waren die Rechten<br />
gelähmt. Am Abend des 15. Juni übergab Smetona die<br />
Amtsgeschäfte an Merkys und setzte sich nach Deutschland<br />
ab. Als das bekannt wurde, war den meisten Litauern<br />
klar, dass eine neue politische Zeitrechnung begonnen<br />
hatte. Die Massen feierten unter roten Fahnen den<br />
Sturz des Faschismus und ließen die UdSSR hochleben.<br />
Da selbst die Vertreter bürgerlicher Parteien in dieser Situation<br />
für einen linken Kandidaten als Regierungschef<br />
plädierten, nahm Merkys Kontakt zu den Linken auf und<br />
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