Holger Michael • VOM BALTIKUM NACH KLEINASIEN
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zehntelang die UdSSR identifiziert. Der Armenier Mikojan<br />
und der Ukrainer Chruschtschow waren sowjetische<br />
Ministerpräsidenten, ein Pole erster Staatssicherheitschef,<br />
ein Georgier Chef des Geheimdienstes NKWD, der beste<br />
Außenminister (Gromyko) Ukrainer und der schlechteste<br />
(Schewardnadse) Georgier. Hohe kommunistische Parteiführer<br />
wie Kaganowitsch und Malenkow sowie der erste<br />
Präsident des Sowjetlandes, Swerdlow, waren Juden.<br />
Den unter der Bevölkerung weitverbreiteten Antisemitismus<br />
konnte man in der gesamten Sowjetzeit zwar<br />
nicht ausrotten, doch sorgte die Sowjetmacht stets dafür,<br />
dass er nicht zum Ausbruch kam. Die angeblich „unterdrückten<br />
nationalen Gefühle“ und „nationalen Probleme“<br />
kamen immer dann zum „Durchbruch“, wenn die Sowjetmacht<br />
während des Bürgerkrieges und der Nazibesetzung<br />
vorübergehend beseitigt oder durch die Perestroika<br />
Gorbatschows und seine Weigerung zur Gewaltanwendung<br />
kraftlos wurde. In der Ukraine und im Baltikum<br />
kamen so Millionen von Juden zu Tode. Im Südkaukasus<br />
waren es Armenier. Diese Massenmorde entstanden auch<br />
nicht spontan, sondern waren immer organisiert worden.<br />
Jene tragischen Ereignisse beweisen, dass die Sowjetmacht<br />
recht drastisch primitivste nationalistische Leidenschaften<br />
unter dem Deckel zu halten verstand.<br />
In der Endphase Stalins hatte es tatsächlich Verfolgungen<br />
von Juden gegeben, wobei auch viele Todesopfer<br />
zu verzeichnen waren. Dass die in der Sowjetunion<br />
lebenden Juden diese als ihr Vaterland betrachten würden,<br />
schien Stalin (und nicht nur ihm) selbstverständlich.<br />
Für die meisten war es das auch. Mit dem Verlust der<br />
Illusion über eine prosowjetische Perspektive Israels, seine<br />
Hinwendung zum Westen und die Verschärfung des<br />
Kalten Krieges wurde alles, was nur im Entferntesten mit<br />
dem Zionismus in Verbindung gebracht werden konnte,<br />
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