Holger Michael • VOM BALTIKUM NACH KLEINASIEN
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Die UdSSR ist auch nicht an irgendeinem „Demokratiedefizit“<br />
zugrunde gegangen. Obwohl Arroganz, Herzlosigkeit<br />
und Korruption von Vorgesetzten und Vertretern<br />
der Staatsmacht immer wieder Thema von Beschwerden<br />
waren, gab es doch die Kommunistische Partei und andere<br />
sowjetische Einrichtungen, mit denen man dem mehr<br />
oder weniger effektiv begegnen konnte. Heute steht der<br />
Bürger dem ohnmächtig gegenüber, seine angeblichen<br />
„demokratischen Errungenschaften“ nach der Konterrevolution<br />
sind ihm dabei keine Hilfe. Im Gegenteil. Versuche,<br />
derartige Dinge über die sogenannte freie Presse<br />
anzuprangern, können Gesundheit und Leben kosten.<br />
Das führte dazu, dass sich heute weit weniger Menschen<br />
als zur Sowjetzeit für Politik interessieren und erst recht<br />
kaum Lust verspüren, sich in „demokratische Strukturen“<br />
einzubringen. Zu Freiheit und Demokratie ist unter den<br />
ehemaligen Sowjetbürgern vielfach zu hören, dass man<br />
sich das eine nicht aufs Brot schmieren kann und vom<br />
anderen die Wohnung nicht warm wird.<br />
Heute, 20 Jahre nach dem schleichenden Sturz der<br />
Sowjetmacht und einer ungehemmten Verteufelung der<br />
Sowjetunion, bezeichnet die überwiegende Mehrzahl<br />
der Russen Stalin als den größten Staatsmann ihrer Geschichte.<br />
Deutlicher kann eine Absage an die bürgerliche<br />
Demokratie kaum artikuliert werden.<br />
Ebenso ist die Sowjetunion nicht an den „ungelösten<br />
Nationalitätenproblemen“ zugrunde gegangen. Es war<br />
klar, dass in einem Land mit über 100 Nationalitäten und<br />
Volksgruppen keine Ideallösung zu erwarten war. Jahrhundertealte<br />
Vorurteile und Stereotypen lassen sich nicht in<br />
wenigen Jahren ausmerzen. Auch die Arroganz der Großrussen,<br />
die schon Lenin heftig kritisierte, war langlebig.<br />
Angesichts der gewaltigen Aufbauleistungen und der<br />
permanenten Bedrohung durch äußere und innere Kon-<br />
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