Fahrzeugleasing - Leasing-Hilfe
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Tobias Goldkamp *<br />
<strong>Fahrzeugleasing</strong><br />
Fassung vom 18.11.2012<br />
Inhalt<br />
1 Grundlagen des <strong>Leasing</strong>s................................................................................................3<br />
1.1 Rechtsnatur des <strong>Leasing</strong>vertrags............................................................................3<br />
1.2 Vorteile des <strong>Leasing</strong>s..............................................................................................4<br />
1.3 Vollamortisationsprinzip.........................................................................................4<br />
1.4 Sach- und Preisgefahr, Sachmängelhaftung............................................................8<br />
1.4.1 <strong>Leasing</strong>typische Abtretungskonstruktion........................................................8<br />
1.4.2 Kaufrechtliche Gewährleistung.....................................................................10<br />
1.4.3 Nachranghaftung des <strong>Leasing</strong>gebers bei Insolvenz, Unerreichbarkeit oder<br />
Löschung des Lieferanten.......................................................................................13<br />
1.4.4 Schäden aus Verkehrsunfall oder Diebstahl..................................................13<br />
1.5 Steuerliche Aspekte..............................................................................................14<br />
2 Vertragsverhandlungen und Vertrag.............................................................................16<br />
2.1 Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen....................................................16<br />
2.1.1 Grundlagen der Anwendung........................................................................16<br />
2.1.2 Gestaltung der Vertragsformulare................................................................18<br />
2.1.3 Ansatz eines realistischen Restwerts............................................................22<br />
2.1.4 Kündigungsrecht des <strong>Leasing</strong>gebers wegen erheblichem Fahrzeugschaden 26<br />
2.2 Recht der Verbraucherdarlehensverträge.............................................................26<br />
2.2.1 Verbrauchereigenschaft...............................................................................26<br />
2.2.2 Anwendbarkeit auf <strong>Leasing</strong>verträge mit Restwertabrechnung.....................27<br />
2.2.3 Anwendbarkeit auf <strong>Leasing</strong>verträge mit Kilometerabrechnung...................27<br />
2.2.4 Vertragsübernahme, Schuldbeitritt, Bürgschaft...........................................28<br />
2.2.5 Anwendbare Vorschriften aus dem Verbraucherdarlehensrecht..................28<br />
2.3 Vorvertragliche Kommunikation...........................................................................32<br />
2.3.1 Bedeutung der Vertragsverhandlung............................................................32<br />
2.3.2 Hinweispflichten...........................................................................................33<br />
2.3.3 Zurechnung von Aussagen und Kenntnissen des Lieferanten.......................34<br />
* Der Autor ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Szary, Breuer, Westerath und Partner Rechtsanwälte,<br />
http://www.szary.de.<br />
1
2.4 Sittenwidrigkeit wegen Wuchers..........................................................................37<br />
3 Abrechnung zum Vertragsende....................................................................................37<br />
3.1 Keine Kaufoption..................................................................................................37<br />
3.2 Fahrzeugrückgabe.................................................................................................38<br />
3.3 Begutachtung.......................................................................................................39<br />
3.4 Gelegenheit zur Behebung von Mängeln.............................................................40<br />
3.5 Wahl der Abrechnungsart.....................................................................................41<br />
3.6 Restwertausgleich................................................................................................41<br />
3.6.1 Berechnung..................................................................................................41<br />
3.6.2 Pflicht zur bestmöglichen Verwertung.........................................................42<br />
3.6.3 Kosten der Sachmängelhaftung im Rahmen des Weiterverkaufs.................44<br />
3.7 Ausgleichsanspruch für Mehr- oder Minderkilometer.........................................45<br />
3.8 Ausgleichsanspruch für übermäßige Abnutzungen..............................................46<br />
3.9 Versäumte Wartung und Instandhaltung..............................................................48<br />
3.10 Abmeldekosten...................................................................................................49<br />
3.11 Schadensersatzanspruch bei vorzeitiger Kündigung...........................................49<br />
3.11.1 Berechnung des Kündigungsschadens........................................................49<br />
3.11.2 Einschränkungen des Schadensersatzanspruchs........................................52<br />
3.12 Mahnkosten........................................................................................................53<br />
3.13 Sicherstellungskosten.........................................................................................53<br />
3.14 Verspätete Rückgabe..........................................................................................54<br />
3.15 Verjährung..........................................................................................................54<br />
3.16 Umsatzsteuer.....................................................................................................55<br />
4 Gerichtliches Verfahren................................................................................................56<br />
4.1 Zuständigkeit........................................................................................................56<br />
4.2 Taktik: Beschleunigung.........................................................................................56<br />
4.3 Gerichtlicher Mahnbescheid................................................................................57<br />
4.4 Reaktion auf Mahnbescheid.................................................................................57<br />
4.5 Urkundenprozess..................................................................................................57<br />
4.6 Negative Feststellungsklage..................................................................................58<br />
4.7 Hinweise des Gerichts..........................................................................................58<br />
5 Stichwortverzeichnis.....................................................................................................60<br />
2
1 Grundlagen des <strong>Leasing</strong>s<br />
1.1 Rechtsnatur des <strong>Leasing</strong>vertrags<br />
Das <strong>Leasing</strong>objekt (Fahrzeug) kauft der <strong>Leasing</strong>geber (<strong>Leasing</strong>bank) beim Lieferanten<br />
(Autohändler) und stellt es dem <strong>Leasing</strong>nehmer (Kunden) für die Dauer der vereinbarten<br />
<strong>Leasing</strong>zeit zur entgeltlichen Nutzung zur Verfügung.<br />
Es entsteht das typische <strong>Leasing</strong>dreieck: erstens einen Kaufvertrag zwischen <strong>Leasing</strong>-<br />
geber und Lieferant und zweitens ein <strong>Leasing</strong>vertrag zwischen <strong>Leasing</strong>geber und Lea-<br />
singnehmer. Der Kaufvertrag ist Geschäftsgrundlage des <strong>Leasing</strong>vertrags, so dass Störun-<br />
gen des Kaufvertrags sich auch auf den <strong>Leasing</strong>vertrag auswirken können (§ 313 BGB).<br />
Der <strong>Leasing</strong>geber wird Eigentümer des Fahrzeugs, der <strong>Leasing</strong>nehmer erhält das<br />
Recht zu Besitz und Nutzung. Vertraglich wird er verpflichtet, sich um Wartung und Re-<br />
paraturen zu kümmern. Verkehrsrechtlich wird er Halter 1 und ist auch Versicherungs-<br />
nehmer der Fahrzeugversicherung.<br />
Um sein Eigentum zu schützen, verpflichtet der <strong>Leasing</strong>geber den <strong>Leasing</strong>nehmer im<br />
<strong>Leasing</strong>vertrag zum Abschluss einer Vollkaskoversicherung für die Dauer der <strong>Leasing</strong>zeit.<br />
Versicherungsleistungen muss der <strong>Leasing</strong>geber, der als Eigentümer die Entschädigungen<br />
zunächst erhält, grundsätzlich dem <strong>Leasing</strong>nehmer für die Reparatur oder die Wiederbe-<br />
schaffung des Fahrzeugs zugute kommen lassen oder, im Fall der Beendigung und Ab-<br />
wicklung des <strong>Leasing</strong>vertrags, auf mögliche Schadensersatz- oder Ausgleichsforderungen<br />
anrechnen 2 (Einzelheiten siehe Kapitel 3.11).<br />
<strong>Leasing</strong>raten<br />
<strong>Leasing</strong>geber<br />
(Bank)<br />
Nutzungsüberlassung und Abtretung<br />
der Gewährleistungsansprüche<br />
Übertragung<br />
Fahrzeugeigentum<br />
Kaufpreis<br />
Auslieferung des Fahrzeugs<br />
und Gewährleistung<br />
<strong>Leasing</strong>nehmer<br />
1 BGH, (Kunde) Urteil vom 22.03.1983, Az. VI ZR 108/81, Rn. 14, zitiert nach juris.<br />
2 BGH, Urteil vom 08.10.2003, Az. VIII ZR 55/03, Rn. 25, zitiert nach juris.<br />
Abbildung 1: Leistungsbeziehungen im leasingtypischen Dreieckverhältnis<br />
Lieferant<br />
(Autohändler)<br />
3
Das Rechtsverhältnis zwischen <strong>Leasing</strong>geber und <strong>Leasing</strong>nehmer richtet sich im we-<br />
sentlichen nach dem Mietrecht, so dass die gesetzlichen Vorschriften zum Mietvertrag<br />
(§§ 535 ff. BGB) bei Vertragslücken oder unwirksamen Vertragsklauseln Anwendung fin-<br />
den und bei der AGB-Kontrolle als gesetzliches Leitbild zugrunde zu legen sind 3 . Daneben<br />
beinhalten die leasingvertraglichen Regelungen kaufrechtliche Elemente in Bezug auf<br />
Gefahrtragung und Sachmängelhaftung (siehe Kapitel 1.4) sowie – beim Finanzierungs-<br />
leasingvertrag – darlehensvertragliche Elemente durch das Vollamortisationsprinzip (sie-<br />
he Kapitel 1.3).<br />
Üblicherweise schließt der <strong>Leasing</strong>geber den Kaufvertrag mit dem Lieferanten ab. Al-<br />
ternativ ist jedoch auch möglich, dass der <strong>Leasing</strong>nehmer zunächst den Kaufvertrag in ei-<br />
genem Namen abschließt und der <strong>Leasing</strong>geber aufgrund des <strong>Leasing</strong>vertrages danach in<br />
die Rechte und Pflichten des Kaufvertrags eintritt.<br />
Ist der <strong>Leasing</strong>nehmer beim Eintrittsmodell Verbraucher, können Kaufvertrag und<br />
<strong>Leasing</strong>vertrag als verbundene Verträge zu behandeln sein (§§ 358 ff. BGB). Anderenfalls<br />
liegt jedenfalls bei Kenntnis des Lieferanten von der beabsichtigten <strong>Leasing</strong>finanzierung<br />
nahe, das Nichtzustandekommen des <strong>Leasing</strong>vertrages als auflösende Bedingung zum<br />
Kaufvertrag zu behandeln 4 .<br />
1.2 Vorteile des <strong>Leasing</strong>s<br />
Aus Sicht des <strong>Leasing</strong>nehmers ist das <strong>Leasing</strong> interessant, weil es die Liquidität schont<br />
(Finanzierungsfunktion) und – bei gewerblichen Kunden – Steuervorteile bringen kann<br />
(siehe Kapitel 1.5).<br />
Für Autohändler und Autohersteller, die das <strong>Leasing</strong> oftmals über eigene Banken an-<br />
bieten („Captives“), ist das <strong>Leasing</strong> ein Instrument der Absatzförderung. Es ermöglicht,<br />
auch an Kunden mit begrenzter Liquidität abzusetzen, vergünstigt das Produkt durch die<br />
möglichen Steuervorteile und stärkt die Kundenbindung durch einen Abonnementef-<br />
fekt. Dem Kunden kann zum Vertragsende ein neues Fahrzeug angeboten werden.<br />
1.3 Vollamortisationsprinzip<br />
Während beim Operate-<strong>Leasing</strong> der <strong>Leasing</strong>geber die Anschaffung des <strong>Leasing</strong>objekts<br />
dadurch amortisiert, dass er es hintereinander an mehrere <strong>Leasing</strong>nehmer verleast, geht<br />
es beim Finanzierungsleasing darum, in nur einer <strong>Leasing</strong>periode Vollamortisation zu er-<br />
zielen (Amortisation = Deckung der Aufwendungen durch Erträge). Beim <strong>Fahrzeugleasing</strong><br />
3 BGH, Urteile vom 14.12.1989, Az. IX ZR 283/88, Rn. 16, und vom 29.10.2008, Az. VIII ZR<br />
258/07, Rn. 31, zitiert nach juris.<br />
4 BGH, Urteil vom 09.05.1990, Az. VIII ZR 222/89, Rn. 23; OLG Düsseldorf, Urteil vom<br />
11.05.2005, Az. I-3 U 14/04, 3 U 14/04, Rn. 21, zitiert nach juris.<br />
4
hat sich aus Gründen, die noch in Kapitel 1.4 erläutert werden, das Finanzierungsleasing<br />
durchgesetzt.<br />
Beim Finanzierungsleasing konzentriert sich die Rolle des <strong>Leasing</strong>gebers auf eine Fi-<br />
nanzierungsfunktion. Er geht den Vertrag nur ein, wenn in Aussicht steht, dass der ver-<br />
auslagte Kaufpreis zuzüglich Verwaltungskosten, Kosten der Refinanzierung und Ge-<br />
winnanteil wieder an ihn zurück fließt (Vollamortisationsinteresse). Dieser Rückfluss<br />
muss erreicht werden durch die Summe von Sonderzahlung, <strong>Leasing</strong>raten und Verwer-<br />
tungserlös, den der Verkauf des gebrauchten <strong>Leasing</strong>gegenstandes nach Rückgabe zum<br />
Vertragsende (<strong>Leasing</strong>rückläufers) noch erbringt. Sonst macht der <strong>Leasing</strong>geber ein Ver-<br />
lustgeschäft.<br />
Ein besonderes Risiko liegt für den <strong>Leasing</strong>geber in der Frage, ob der zur Vollamortisa-<br />
tion notwendige Verwertungserlös (kalkulierter Restwert) tatsächlich erreicht wird (Ver-<br />
wertungsrisiko). Der tatsächliche Verwertungserlös kann den kalkulierten Restwert un-<br />
terschreiten, wenn das konkrete Fahrzeug Zustandsmängel aufweist (Objektrisiko), wenn<br />
der Gebrauchtwagenmarkt sich negativ entwickelt (Marktrisiko) oder wenn der kalkulier-<br />
te Restwert fehlerhaft ermittelt wurde (Prognoserisiko).<br />
Gesetzliches Leitbild<br />
Nach § 538 BGB haftet der Mieter nur für übermäßige Abnutzungen, nicht jedoch für<br />
den Wert der Mietsache und erst recht nicht für einen vertraglich vorgegebenen Wert.<br />
Der Mieter trägt nur das Objektrisiko, während Markt- und Prognoserisiko grundsätzlich<br />
vom Vermieter zu tragen sind.<br />
Kilometerabrechnung<br />
Dieses gesetzliche Leitbild ist auch im verbreiteten <strong>Leasing</strong> mit Kilometerabrechnung<br />
umgesetzt (siehe Kapitel 3.7). Im Privatkundensegment sehen rund 80 % der abgeschlos-<br />
senen <strong>Leasing</strong>verträge Kilometerabrechnung vor. Beim Kilometerleasing setzt der Lea-<br />
singgeber anhand der vereinbarten Laufleistung die Zahlungskonditionen so an, dass er<br />
voraussichtlich Vollamortisation erreicht. Obwohl der <strong>Leasing</strong>geber einen Teil des Amor-<br />
tisationsrisikos trägt, weil unsicher ist, ob der von ihm intern kalkulierte Restwert er-<br />
reicht wird, gelten auch Kilometerverträge als Finanzierungsleasingverträge, mit denen<br />
das Vollamortisationsprinzip verwirklicht ist, weil der <strong>Leasing</strong>geber jedenfalls Vollamorti-<br />
sation anstrebt 5 .<br />
5 BGH, Urteil vom 24.04.1996, Az. VIII ZR 150/95.<br />
5
Restwertabrechnung<br />
Beim <strong>Leasing</strong> mit Restwertabrechnung wird das Marktrisiko, ob der kalkulierte Rest-<br />
wert erreicht wird, auf den <strong>Leasing</strong>nehmer übertragen. Die Abweichung vom gesetzli-<br />
chen Leitbild wird damit gerechtfertigt, dass sich die Rolle des <strong>Leasing</strong>gebers nach dem<br />
Vertragszweck auf die Finanzierungsfunktion beschränken soll.<br />
Die Haftung des <strong>Leasing</strong>nehmers für den vom <strong>Leasing</strong>geber kalkulierten Restwert<br />
wird durch eine Restwertausgleichspflicht des <strong>Leasing</strong>nehmers, ein Andienungsrecht des<br />
<strong>Leasing</strong>gebers oder eine Kombination beider Instrumente verwirklicht:<br />
• Durch eine Restwertausgleichsklausel wird der <strong>Leasing</strong>nehmer verpflichtet,<br />
einen etwaigen Fehlbetrag zwischen tatsächlichem Verwertungserlös und kalku-<br />
liertem Restwert auszugleichen. Unterschreitet der tatsächliche Verwertungser-<br />
lös den kalkulierten Restwert, muss er die Differenz nachzahlen. Überschreitet<br />
der tatsächliche Verwertungserlös den kalkulierten Restwert, erhält er eine Er-<br />
stattung. Die Erstattung ist aus steuerlichen Gründen auf 75 % der Differenz be-<br />
schränkt, während die Nachzahlung die volle Differenz ausgleichen soll.<br />
• Das Andienungsrecht räumt dem <strong>Leasing</strong>geber die Möglichkeit ein, dem Lea-<br />
singnehmer das Fahrzeug zum kalkulierten Restwert zu verkaufen. Der <strong>Leasing</strong>-<br />
nehmer muss das Fahrzeug übernehmen und den kalkulierten Restwert zahlen,<br />
wenn der <strong>Leasing</strong>geber das Andienungsrecht ausübt. Der <strong>Leasing</strong>geber kann<br />
vom Andienungsrecht Gebrauch machen, muss es aber nicht. Der <strong>Leasing</strong>neh-<br />
mer erhält kein Recht, das Fahrzeug zu erwerben, wenn es der <strong>Leasing</strong>geber<br />
nicht verkaufen möchte.<br />
Die Restwertabrechnung ist gerade auch im Hinblick auf den Vertragszweck proble-<br />
matisch und für den <strong>Leasing</strong>nehmer gefährlich.<br />
Sie widerspricht seinem Interesse, das Fahrzeug für einen überschaubaren Aufwand<br />
zu nutzen. Sie kann zu einer unvorhergesehenen Nachzahlung führen, die den Umfang<br />
vieler Monatsraten erreichen kann.<br />
Sie überbürdet ihm Risiken aus der Einflusssphäre des <strong>Leasing</strong>gebers. Unter Umstän-<br />
den kann der <strong>Leasing</strong>geber – insbesondere als Bank des Herstellers – die Gebrauchtwa-<br />
genpreise sogar durch die Gestaltung der Neuwagenpreise, durch Produktionsmenge,<br />
Qualität, Modellpolitik, Werbung und Finanzierungskonditionen beeinflussen.<br />
Fragwürdig ist insbesondere, ob der <strong>Leasing</strong>geber neben dem Marktrisiko auch das<br />
Prognoserisiko auf den <strong>Leasing</strong>nehmer übertragen kann (siehe Kapitel 2.1.3). Die Rest-<br />
wertkalkulation wird in der Regel vom <strong>Leasing</strong>geber vorgenommen und in einem von<br />
ihm gestellten Vertragsformular vorgegeben. Meist verfügt der <strong>Leasing</strong>geber über statis-<br />
tische Erfahrungswerte sowie Markt- und Produktkenntnisse, die der <strong>Leasing</strong>nehmer<br />
6
nicht hat. In der Praxis ist der Missbrauch verbreitet, dass <strong>Leasing</strong>geber den Restwert be-<br />
wusst überhöht ansetzen, um vom <strong>Leasing</strong>nehmer unbemerkt eine Nachzahlung vorzu-<br />
programmieren und damit letztlich den <strong>Leasing</strong>nehmer über die wirtschaftliche Belas-<br />
tung des <strong>Leasing</strong>s zu täuschen.<br />
Der Sache nach ist die Restwertabrechnung eine Restschuldabrechnung. Der <strong>Leasing</strong>-<br />
nehmer soll dem <strong>Leasing</strong>geber Vollamortisation schulden. Er soll dafür einstehen, dass<br />
die Restschuld, nämlich der durch Sonderzahlung und <strong>Leasing</strong>raten noch nicht gedeckte<br />
Teil des vom <strong>Leasing</strong>geber verauslagten Neupreises, beglichen wird. Insofern ist die Be-<br />
zeichnung „Restwert“ unter Transparenzgesichtspunkten jedenfalls dann problematisch,<br />
wenn man dem <strong>Leasing</strong>geber zugesteht, Zahlen anzusetzen, die vom Fahrzeugwert un-<br />
abhängig sind 6 .<br />
Vollamortisation bedarf wirksamer Vereinbarung<br />
Es ist notwendig, die Bedeutung und Höhe des kalkulierten Restwerts im Vertragsge-<br />
spräch zu erörtern (siehe Kapitel 2.2.5 und 2.3.1) und Restwertausgleichspflicht<br />
und/oder Andienungsrecht im Vertrag deutlich und verständlich darzustellen (siehe Kapi-<br />
tel 2.1.2). Der <strong>Leasing</strong>vertrag fasst als Oberbegriff verschiedene, in ihrer Auswirkung für<br />
den <strong>Leasing</strong>nehmer höchst unterschiedliche Abrechnungsarten zusammen.<br />
Auch wenn das Vollamortisationsprinzip aus Sicht des <strong>Leasing</strong>gebers wesentlich ist,<br />
ist die Vollamortisation, insbesondere in Gestalt einer Restwertausgleichspflicht, nicht<br />
selbstverständlich. Sie bedarf zivilrechtlich wirksamer Vereinbarung 7 und unterliegt der<br />
AGB-Kontrolle 8 (siehe Kapitel 2.1.1).<br />
Sind einzelne Tatbestandsvoraussetzungen der Abrechnungsklauseln nicht erfüllt,<br />
kann der <strong>Leasing</strong>geber aus ihnen keinen Anspruch herleiten, auch wenn er in Konse-<br />
quenz die Vollamortisation verfehlt 9 .<br />
6 Beckmann, Finanzierungsleasing, 2006, § 8 Rn. 5, schlägt die Bezeichnung „Restamortisationsschuld“<br />
vor.<br />
7 BGH, Urteil vom 12.06.1985, Az. VIII ZR 148/84, Rn. 39, zitiert nach juris: Die Vertragsparteien<br />
sind „nicht der Mühe enthoben, die die volle Amortisation herbeiführende Berechnung<br />
dergestalt zu vereinbaren, dass sie zivilrechtlichen Wirksamkeitsanforderungen genügt.“<br />
8 BGH, Urteil vom 09.05.2001, Az. VIII ZR 208/00.<br />
9 Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 03.07.1998, Az. 14 U 150/97; OLG<br />
Düsseldorf, Urteil vom 08.11.2005, Az. I-24 U 30/05; LG Darmstadt, Urteil vom 25.02.2011,<br />
Az. 9 O 245/10.<br />
7
1.4 Sach- und Preisgefahr, Sachmängelhaftung<br />
1.4.1 <strong>Leasing</strong>typische Abtretungskonstruktion<br />
Bei Finanzierungsleasingverträgen soll der <strong>Leasing</strong>nehmer die Risiken tragen, dass das<br />
<strong>Leasing</strong>objekt verloren geht, beschädigt wird oder zerstört wird (Sachgefahr) und er den-<br />
noch weiter zahlen muss (Preisgefahr bzw. Gegenleistungsgefahr).<br />
Finanzierungsleasingverträge sehen in der Regel eine Freizeichnung des <strong>Leasing</strong>ge-<br />
bers von der mietrechtlichen Mängelhaftung vor. Wirksam ist die Freizeichnung nur,<br />
wenn der <strong>Leasing</strong>geber dem <strong>Leasing</strong>nehmer endgültig, vorbehaltlos und unbedingt die<br />
kaufrechtlichen Mängelrechte abtritt, die der <strong>Leasing</strong>geber als Käufer gegenüber dem<br />
Lieferanten als Verkäufer hat 10 . Der <strong>Leasing</strong>nehmer wird durch diese Gestaltung darauf<br />
verwiesen, kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche gegen den Lieferanten geltend zu<br />
machen.<br />
Die Gefahrabwälzungsklauseln sind als wesentliche Abweichung vom Leitbild des<br />
Mietvertrages nur wirksam, wenn im Gegenzug dem <strong>Leasing</strong>nehmer für die Fälle völligen<br />
Verlustes oder einer erheblichen Beschädigung des <strong>Leasing</strong>objekts ein kurzfristiges Kün-<br />
digungsrecht eingeräumt wird, das jedoch mit der Verpflichtung zu einer Ausgleichszah-<br />
lung des <strong>Leasing</strong>nehmers an den <strong>Leasing</strong>geber verbunden werden kann 11 .<br />
In den meisten Verträgen ist dieses Kündigungsrecht vorgesehen, wenn die Repara-<br />
turkosten 60 % des Wiederbeschaffungswertes überschreiten. Eine Klausel, die das Kün-<br />
digungsrecht erst vorsah, wenn die Beschädigung mehr als 80 % des Zeitwertes erreicht,<br />
hat der BGH für nicht ausreichend erachtet 12 . Ab wann eine Beschädigung als erheblich<br />
anzusehen ist, ist noch nicht höchstrichterlich geklärt. Da das Kündigungsrecht in der<br />
Praxis erlaubterweise mit der Ausgleichsverpflichtung kombiniert wird, bringt es dem<br />
<strong>Leasing</strong>nehmer in der Regel keinen wirtschaftlichen Vorteil. Daher ist möglich, dass der<br />
BGH von seiner Rechtsprechung, wonach das Kündigungsrecht aufgenommen sein muss,<br />
wieder abrückt.<br />
Rechtfertigung der Freizeichnung des <strong>Leasing</strong>gebers<br />
Gerechtfertigt werden Abwälzung der Sach- und Gegenleistungsgefahr sowie Verweis<br />
auf die kaufrechtliche Gewährleistung mit dem Vollamortisationsprinzip und damit, dass<br />
der <strong>Leasing</strong>nehmer sich das Fahrzeug und den Lieferanten aussucht, während der Lea-<br />
10 BGH, Urteil vom 21.12.2005, Az. VIII ZR 85/05, Rn. 12, zitiert nach juris.<br />
11 BGH, Urteil vom 15.10.1986, Az. VIII ZR 319/85; Urteil vom 15.07.1998, Az. VIII ZR 348/97;<br />
Urteil vom 25.03.1998, Az. VIII ZR 244/97, Rn. 18 f., zitiert nach juris.<br />
12 BGH, Urteil vom 25.03.1998, Az. VIII ZR 244/97, Rn. 18, zitiert nach juris.<br />
8
singgeber das Fahrzeug nur zu dem einzigen Zweck erwirbt, es für die Dauer der <strong>Leasing</strong>-<br />
zeit dem <strong>Leasing</strong>nehmer zur Nutzung zu überlassen. Der <strong>Leasing</strong>geber will sich auf seine<br />
Finanzierungsfunktion beschränken.<br />
Problematisch bleibt dennoch, dass die kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche in<br />
der Regel hinter den mietrechtlichen Mängelrechten zurück bleiben. Beispielsweise ver-<br />
jähren die kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche grundsätzlich nach zwei Jahren, so<br />
dass bei drei- oder vierjährigen <strong>Leasing</strong>verträgen der <strong>Leasing</strong>nehmer im letzten Teil der<br />
Vertragszeit keine Mängelrechte hat.<br />
Insbesondere gegenüber <strong>Leasing</strong>nehmern mit Verbrauchereigenschaft kann die Frei-<br />
zeichnung des <strong>Leasing</strong>gebers von der mietrechtlichen Mängelhaftung unangemessen<br />
werden, wenn dem <strong>Leasing</strong>nehmer weniger als der gesetzlich zwingende Bestand an Ge-<br />
währleistungsrechten des Verbrauchsgüterkaufs abgetreten wird 13 . Der kaufende Lea-<br />
singgeber hat als Unternehmer gegenüber dem verkaufenden Lieferanten grundsätzlich<br />
nicht die Rechte eines Verbrauchers und kann diese daher auch nicht an den <strong>Leasing</strong>neh-<br />
mer abtreten. Auch auf die Beweislastumkehr nach § 476 BGB soll sich der <strong>Leasing</strong>neh-<br />
mer nicht berufen können, denn nicht er als Verbraucher, sondern der <strong>Leasing</strong>geber als<br />
Unternehmer hat das Auto gekauft 14 .<br />
Nach hier vertretener Auffassung ist die Freizeichnung des <strong>Leasing</strong>gebers von der<br />
kaufrechtlichen Mängelhaftung unwirksam, wenn der <strong>Leasing</strong>nehmer nicht die Mängel-<br />
rechte erhält, die er hätte, wenn er das Fahrzeug selbst gekauft hätte.<br />
Zwar kann der <strong>Leasing</strong>geber grundsätzlich nicht mehr Mängelrechte an den <strong>Leasing</strong>-<br />
nehmer abtreten, als ihm gegenüber dem Lieferanten zustehen. Es ist dann jedoch Sache<br />
des <strong>Leasing</strong>gebers, sich beim Kauf diese Rechte vom Lieferanten einräumen zu lassen.<br />
Der <strong>Leasing</strong>geber kann im Kaufvertrag mit dem Lieferanten die Anwendung der Regeln<br />
des Verbrauchsgüterkaufs zu vereinbaren.<br />
Alternativ ist denkbar, dass der <strong>Leasing</strong>nehmer als Verbraucher selbst kauft und der<br />
<strong>Leasing</strong>geber danach an Stelle des <strong>Leasing</strong>nehmers in den Kaufvertrag eintritt.<br />
Kann ein Mangel wegen Einschränkung der Gewährleistung oder Verjährung nicht<br />
beim Lieferanten geltend gemacht werden, befindet sich der <strong>Leasing</strong>nehmer gerade<br />
nicht in einer dem Käufer vergleichbaren Lage. Der Käufer kann als Eigentümer frei ent-<br />
scheiden, ob und wie er einen Mangel beheben lässt. Er kann ihn fachgerecht oder not-<br />
dürftig reparieren lassen. Er kann auch entscheiden, auf eine Mangelbehebung zu ver-<br />
zichten. Der <strong>Leasing</strong>nehmer ist in der Regel verpflichtet, den Mangel fachgerecht repa-<br />
rieren zu lassen, spätestens aber bei Fahrzeugrückgabe einen durch den Mangel begrün-<br />
13 Vom BGH noch nicht entschieden, aber m.w.N. angesprochen im Urteil vom 21.12.2005,<br />
Az. VIII ZR 85/05, Rn. 12, zitiert nach juris.<br />
14 LG Ravensburg, Urteil vom 27.07.2004, Az. 2 O 71/04, Rn. 21, zitiert nach juris.<br />
9
deten Minderwert zu ersetzen (siehe Kapitel 3.8). Ihm ist also bei unzureichenden Ge-<br />
währleistungsrechten nicht nur verwehrt, vom Lieferanten Nacherfüllung zu verlangen.<br />
Er muss sogar selber zahlen für die Behebung des Mangels – zugunsten des <strong>Leasing</strong>ge-<br />
bers, der Eigentümer des <strong>Leasing</strong>objekts ist.<br />
Exkurs: Operate-<strong>Leasing</strong><br />
Beim Operate-<strong>Leasing</strong>, bei dem in Anlehnung an das gesetzliche Leitbild des Mietver-<br />
trags der <strong>Leasing</strong>geber die Amortisation seiner Investition durch wiederholte Vermietun-<br />
gen des <strong>Leasing</strong>objekts sucht, fehlt dem <strong>Leasing</strong>geber die Möglichkeit, sich der miet-<br />
rechtlichen Mängelhaftung durch Abtretung kaufrechtlicher Gewährleistungsansprüche<br />
zu entziehen, weil solche bei der Wiedervermietung in der Regel nicht mehr bestehen.<br />
Die Wahrnehmung der mietrechtlichen Mängelhaftung macht das Operate-<strong>Leasing</strong> für<br />
den <strong>Leasing</strong>geber riskanter und aufwendiger, was das Operate-<strong>Leasing</strong> verteuert und da-<br />
mit auch aus Sicht des <strong>Leasing</strong>nehmers unattraktiver macht. Dies erklärt die Verbreitung<br />
von Finanzierungsleasingverträgen im <strong>Fahrzeugleasing</strong>.<br />
1.4.2 Kaufrechtliche Gewährleistung<br />
Der <strong>Leasing</strong>nehmer kann vom Lieferanten aus abgetretenem Recht des <strong>Leasing</strong>gebers<br />
zunächst Nacherfüllung durch Nachbesserung oder Nachlieferung verlangen (§§ 437 Nr.<br />
1, 439 BGB). Scheitert die Nacherfüllung, kann der <strong>Leasing</strong>nehmer gegenüber dem Liefe-<br />
ranten den Rücktritt erklären (§§ 437 Nr. 2, 440, 323, 326 Abs. 5 BGB) oder den Kauf-<br />
preis mindern (§§ 437 Nr. 2, 441 BGB).<br />
Ersatzlieferung: Amortisationslücke durch Nutzungsentschädigung<br />
Schwierigkeiten entstehen bei einer Ersatzlieferung. Tauscht der Lieferant im Rahmen<br />
der Nacherfüllung das mangelhafte Fahrzeug um, so steht ihm gegenüber dem <strong>Leasing</strong>-<br />
geber als seinem Käufer ein Anspruch auf Vergütung der aus dem umgetauschten Fahr-<br />
zeug vom <strong>Leasing</strong>nehmer gezogenen Nutzungen nach §§ 439 Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB zu.<br />
Zwar hat der EuGH entschieden, dass die Nutzungsentschädigung nicht in Fällen der<br />
Nachlieferung beim Verbrauchsgüterkauf gegenüber Verbrauchern verlangt werden<br />
kann 15 . Der <strong>Leasing</strong>geber kauft jedoch nicht als Verbraucher, sondern als Unternehmer.<br />
Ist die Nutzungsvergütung höher als der spätere Mehrerlös bei der Verwertung des<br />
dann jüngeren Ersatzfahrzeugs, entsteht beim <strong>Leasing</strong>geber eine Amortisationslücke.<br />
Die Nutzungsentschädigung bei Ersatzlieferung stellt das wirtschaftliche Gegengewicht<br />
zum Wertvorteil des Käufers aus der Lieferung eines Neufahrzeugs („neu für alt“) dar.<br />
15 EuGH, Urteil vom 17.04.2008, Az. C-404/06, NJW 2008, 1433.<br />
10
Während der Restlaufzeit des <strong>Leasing</strong>vertrags hat der <strong>Leasing</strong>nehmer den Vorteil des<br />
neueren Ersatzfahrzeugs. Zum Vertragsende fließt der Vorteil aus einem höheren Ver-<br />
wertungserlös bei Kilometerabrechnung dem <strong>Leasing</strong>geber und bei Restwertabrechnung<br />
dem <strong>Leasing</strong>nehmer zu.<br />
Es stellt sich die vom BGH noch nicht beantwortete Frage, ob der <strong>Leasing</strong>geber vom<br />
<strong>Leasing</strong>nehmer Erstattung einer an den Lieferanten bei Ersatzlieferung gezahlten Nut-<br />
zungsentschädigung verlangen kann und inwieweit ein solcher Anspruch AGB-rechtlich<br />
wirksam im <strong>Leasing</strong>vertrag geregelt werden kann 16 .<br />
Rücktritt<br />
Ist der Rücktritt wirksam, führt dies zum rückwirkenden Wegfall der Geschäftsgrund-<br />
lage und zur Rückabwicklung des <strong>Leasing</strong>vertrags.<br />
Die Zahlung der <strong>Leasing</strong>raten darf der <strong>Leasing</strong>nehmer erst nach § 320 BGB stoppen,<br />
wenn der Lieferant die Rückabwicklung des Kaufvertrags akzeptiert hat oder der <strong>Leasing</strong>-<br />
geber Klage auf Rückabwicklung gegen den Lieferanten einreicht 17 . Befindet sich der Lie-<br />
ferant in Insolvenz, muss der <strong>Leasing</strong>nehmer auf Feststellung des Anspruchs zur Insol-<br />
venztabelle zu klagen 18 . Bei Anwendbarkeit der Vorschriften zu verbundenen Verträgen<br />
(siehe Kapitel 1.1) kann ein Verbraucher als <strong>Leasing</strong>nehmer die <strong>Leasing</strong>raten bereits ab<br />
Fehlschlagen der Nacherfüllung zurückbehalten (§ 359 Abs. 3 S. 3 BGB).<br />
Die Rückabwicklungsklage ist vom <strong>Leasing</strong>nehmer in eigenem Namen gegen den Lie-<br />
feranten zu richten, wobei in der Regel zu beantragen ist, den Lieferanten zu verurteilen,<br />
den Kaufpreis abzüglich gezogener Nutzungen an den <strong>Leasing</strong>geber zu zahlen, Zug um<br />
Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs.<br />
Reagiert der <strong>Leasing</strong>geber mit einer Zahlungsklage, so ist das Zahlungsklageverfahren<br />
bis zur Entscheidung über die insoweit vorgreifliche Rückabwicklungsklage gemäß § 148<br />
ZPO auszusetzen 19 .<br />
Fraglich ist, ob dem Anspruch auf Nutzungswertersatz nach § 346 Abs. 1 BGB der<br />
EuGH-Rechtsprechung standhält. Wie bereits dargestellt, hat der EuGH entschieden,<br />
dass die Nutzungsentschädigung nicht in Fällen der Nachlieferung beim Verbrauchsgü-<br />
terkauf gegenüber Verbrauchern verlangt werden kann 20 . Der BGH lehnt bisher ab, die<br />
Entscheidung auch auf Fälle des Rücktritts zu übertragen. Er begründet dies sinngemäß<br />
16 Ablehnend: Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., S. 1043.<br />
17 BGH, Urteil vom 16.06.2010, Az. VIII ZR 317/09.<br />
18 OLG Frankfurt, Urteil vom 27.06.2012, Az. 17 U 13/12, Rn. 21, zitiert nach juris.<br />
19 BGH, Urteil vom 19.02.1986, Az. VIII ZR 91/85, Rn. 29, zitiert nach juris.<br />
20 Siehe Fußnote 15.<br />
11
damit, dass bei der Nachlieferung der Verbraucher zusätzliche Eigenmittel aufwenden<br />
müsste, um den Nutzungswertersatz zu leisten. Demgegenüber erfordere der Nutzungs-<br />
wertersatz beim Rücktritt keine zusätzlichen Eigenmittel, weil er vom zurück zu gewäh-<br />
renden Kaufpreis abgezogen werden könne 21 . Ob diese BGH-Rechtsprechung dem EuGH<br />
standhält, bleibt abzuwarten.<br />
Minderung<br />
Setzt der <strong>Leasing</strong>nehmer gegenüber dem Lieferanten eine Kaufpreisminderung<br />
durch, sind die <strong>Leasing</strong>raten im Wege einer Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB<br />
entsprechend herab zu setzen 22 . Wie beim Rücktritt darf der <strong>Leasing</strong>nehmer die Raten<br />
erst dann ganz oder teilweise einbehalten, wenn er Klage auf Kaufpreisminderung einge-<br />
reicht oder der Lieferant die Minderung akzeptiert hat. Darüber hinaus ist der Einbehalt<br />
nur insoweit zulässig, als die Minderung zu einer Absenkung der <strong>Leasing</strong>raten führen<br />
wird. Der Minderungsbetrag ist auf die gesamte Laufzeit des <strong>Leasing</strong>vertrages zu vertei-<br />
len.<br />
Die gerichtliche Durchsetzung der Minderung erfolgt gegenüber dem Lieferanten. Die<br />
Durchsetzung der daraus folgenden Vertragsanpassung erfolgt gegenüber dem <strong>Leasing</strong>-<br />
geber. Der <strong>Leasing</strong>nehmer hat gegen den <strong>Leasing</strong>geber nur insoweit einen Rückzahlungs-<br />
anspruch, als die bisher tatsächlich gezahlten <strong>Leasing</strong>raten die geminderten <strong>Leasing</strong>raten<br />
des vergangenen Vertragszeitraums übersteigen 23 . Für die zukünftigen <strong>Leasing</strong>raten ist<br />
gerichtliche Feststellung zu beantragen, dass sie nur in geminderter Höhe bestehen (ne-<br />
gative Feststellungsklage). Verweigert der <strong>Leasing</strong>geber zur Berechnung der Anpassung<br />
notwendige Angaben, ist eine Stufenklage denkbar; zunächst auf Auskunft, dann auf<br />
Leistung bzw. negative Feststellung.<br />
Schadensersatz<br />
Macht der <strong>Leasing</strong>nehmer Schadensersatz statt der Leistung (§ 280 Abs. 3 BGB) gel-<br />
tend, ist entsprechend eines Rücktritts vorzugehen; bei Schadensersatz neben der Leis-<br />
tung entsprechend der Minderung.<br />
Zahlung an sich kann der <strong>Leasing</strong>nehmer nur verlangen, soweit er Eigenschäden gel-<br />
tend macht, ansonsten muss er Zahlung an den <strong>Leasing</strong>geber verlangen.<br />
Soweit der Lieferant als Erfüllungsgehilfe des <strong>Leasing</strong>gebers den <strong>Leasing</strong>nehmer ge-<br />
schädigt hat, haftet der <strong>Leasing</strong>geber nach §§ 280 Abs. 1, 278 BGB für das Verschulden<br />
21 BGH, Urteil vom 16.09.2009, Az. VIII ZR 243/08, Rn. 15, zitiert nach juris.<br />
22 BGH, Urteil vom 17.12.1986, Az. VIII ZR 279/85, Rn. 39, zitiert nach juris.<br />
23 Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., S. 1057.<br />
12
des Lieferanten. Nicht dem <strong>Leasing</strong>geber zuzurechnen sind Schadensersatzansprüche,<br />
die im Rahmen der Nacherfüllung des Lieferanten entstehen, weil nach der vorrangigen<br />
vertraglichen Freizeichnung von der Sachmängelhaftung der <strong>Leasing</strong>geber keine Nacher-<br />
füllung schuldet 24 .<br />
1.4.3 Nachranghaftung des <strong>Leasing</strong>gebers bei Insolvenz, Unerreichbar-<br />
keit oder Löschung des Lieferanten<br />
Ist es für den <strong>Leasing</strong>nehmer unmöglich oder unzumutbar, die Sachmängelansprüche<br />
gegenüber dem Lieferanten durchzusetzen, z.B. wegen Insolvenz, Unerreichbarkeit oder<br />
Löschung des Lieferanten aus dem Handelsregister, haftet nachrangig der <strong>Leasing</strong>geber.<br />
Der <strong>Leasing</strong>geber muss den <strong>Leasing</strong>nehmer so stellen, wie er stünde, wenn die An-<br />
sprüche gegen den Lieferanten durchgesetzt worden wären 25 . Er kann diese Haftung<br />
nicht durch AGB-Klauseln abbedingen, auch nicht gegenüber Unternehmern 26 .<br />
Rechtsverfolgungskosten aus der erfolglosen Inanspruchnahme des Lieferanten sind<br />
von der nachrangigen Haftung des <strong>Leasing</strong>gebers mit umfasst 27 .<br />
1.4.4 Schäden aus Verkehrsunfall oder Diebstahl<br />
Im Rahmen der leasingtypischen Abtretungskonstruktion ist dem <strong>Leasing</strong>nehmer re-<br />
gelmäßig auch übertragen, unfallbedingte Schäden in eigenem Namen geltend zu ma-<br />
chen und beheben zu lassen. Der <strong>Leasing</strong>nehmer ist verpflichtet, diese Schäden zu behe-<br />
ben, auch wenn er sie nicht verschuldet hat. Im Gegenzug sind ihm Schadensersatzan-<br />
sprüche des <strong>Leasing</strong>gebers gegenüber Dritten abgetreten, d.h. insbesondere Kaskoversi-<br />
cherung, Unfallverursachern und KFZ-Haftpflichtversicherungen.<br />
Ist der <strong>Leasing</strong>nehmer instandhaltungsverpflichtet und nicht vorsteuerabzugsberech-<br />
tigt, so soll er angefallene Mehrwertsteuer gegenüber Unfallverursacher und KFZ-Haft-<br />
pflichtversicherung als Schadensposition geltend machen können, auch wenn der Lea-<br />
singgeber, in dessen Eigentum das Fahrzeug steht, vorsteuerabzugsberechtigt ist 28 . Ge-<br />
genüber der Kaskoversicherung kann die Mehrwertsteuer nicht geltend gemacht wer-<br />
24 Beckmann, Finanzierungsleasing, 3. Aufl., S. 150.<br />
25 BGH, Urteil vom 20.06.1984, Az. VIII ZR 131/83, Rn. 38, zitiert nach juris.<br />
26 BGH, Urteil vom 13.03.1991, Az. VIII ZR 34/90, Rn. 36, zitiert nach juris.<br />
27 Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., S. 1060.<br />
28 LG Stade, Urteil vom 10.12.1986, Az. 1 S 55/86, DAR 1987, 123; LG Hannover, Urteil vom<br />
24.04.1997, Az. 3 S 375/96, NJW 1997, 2760; LG Bad Kreuznach, Urteil vom 26.11.1996,<br />
Az. 1 S 137/96, DAR 1997, 113; LG Hamburg, Urteil vom 16.05.1997, Az. 306 S 12/97, DAR<br />
1997, 361; OLG Hamm, Urteil vom 14.09.2000, Az. 27 U 84/00, MDR 2001, 213-214.<br />
13
den, weil sie nur das Recht des Eigentümers schützt, d.h. auf die Vorsteuerabzugsberech-<br />
tigung des <strong>Leasing</strong>gebers abzustellen ist 29 .<br />
Macht der <strong>Leasing</strong>geber einen Schadensersatzanspruch gegen den Unfallgegner bzw.<br />
dessen Haftpflichtversicherung selbst geltend, kann er 100 % verlangen und muss sich<br />
ein Mitverschulden des <strong>Leasing</strong>nehmers am Unfall nicht anrechnen lassen 30 . §§ 17, 9<br />
StVG und § 254 BGB greifen nicht in Bezug auf den <strong>Leasing</strong>geber. Der in Anspruch ge-<br />
nommene Unfallgegner hat jedoch einen Ausgleichsanspruch im Gesamtschuldnerre-<br />
gress gegen den <strong>Leasing</strong>nehmer nach § 426 Abs. 1 BGB 31 , da Unfallgegner und <strong>Leasing</strong>-<br />
nehmer gegenüber dem <strong>Leasing</strong>geber Gesamtschuldner sind, § 840 BGB.<br />
1.5 Steuerliche Aspekte<br />
Das <strong>Leasing</strong> verdankt seine Existenz und Beliebtheit im Wesentlichen auch Steuervor-<br />
teilen:<br />
• Für den gewerblichen oder freiberuflichen <strong>Leasing</strong>nehmer sind <strong>Leasing</strong>aufwen-<br />
dungen, die für Zwecke der gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit erfolgen,<br />
Betriebsausgaben. Sie vermindern den zu versteuernden Gewinn und damit die<br />
Steuerlast.<br />
• Das <strong>Leasing</strong>objekt wird beim <strong>Leasing</strong>geber als Anlagevermögen bzw. Vermietver-<br />
mögen aktiviert. Er schreibt das <strong>Leasing</strong>objekt gemäß der jeweiligen AfA-Zeit ab<br />
(Absetzung für Abnutzung). Für den <strong>Leasing</strong>nehmer ist das <strong>Leasing</strong> bilanzneutral.<br />
Das <strong>Leasing</strong>objekt kommt in seiner Bilanz nicht vor.<br />
Voraussetzung dieser steuerrechtlichen Wirkungen ist, dass das <strong>Leasing</strong>objekt als<br />
Wirtschaftsgut dem <strong>Leasing</strong>geber zugerechnet werden kann. Als Eigentümer im steuer-<br />
rechtlichen Sinn wird nur anerkannt, wer an einer positiven Wertentwicklung des Wirt-<br />
schaftsguts partizipiert. Es genügt nicht, dass der <strong>Leasing</strong>geber zivilrechtlicher Eigentü-<br />
mer des <strong>Leasing</strong>objekts ist. Steuerrechtlich wird es ihm als Wirtschaftsgut nur zugerech-<br />
net, wenn er wirtschaftlichen Anteil an einem etwaigen Mehrwert erhält, um den der<br />
tatsächliche Wert des <strong>Leasing</strong>objekts den kalkulierten Restwert übersteigt.<br />
<strong>Leasing</strong>erlasse zur steuerlichen Einordnung<br />
Das Bundesfinanzministerium hat 1971 und 1975 in zwei <strong>Leasing</strong>erlassen Vorgaben<br />
gemacht, unter welchen Voraussetzungen <strong>Leasing</strong>verträge über bewegliche Wirtschafts-<br />
29 Urteil vom 14.07.1993, Az. IV ZR 181/92, Rn. 7; OLG Hamm, Beschluss vom 01.02.2012, Az.<br />
I-20 U 207/11, Rn. 3, zitiert nach juris.<br />
30 BGH, Urteil vom 10.07.2007, Az. VI ZR 199/06, Rn. 5 ff., zitiert nach juris.<br />
31 BGH, Urteil vom 10.07.2007, Az. VI ZR 199/06, Rn. 13, zitiert nach juris.<br />
14
güter (Mobilien-<strong>Leasing</strong>) steuerlich anzuerkennen sind. Zwar sind diese Erlasse de iure<br />
nur interne Dienstanweisungen an die Finanzverwaltung, die keine rechtliche Bindungs-<br />
wirkung nach außen entfalten. De facto orientiert sich die privatrechtliche Vertragsge-<br />
staltung an den Erlassen, weil die Vertragsparteien daran interessiert sind, dass das Fi-<br />
nanzamt ihre Gestaltung steuerlich anerkennt.<br />
Der „Vollamortisations-Erlass“ 32 regelt die steuerliche Anerkennung von <strong>Leasing</strong>ver-<br />
trägen, bei denen allein die <strong>Leasing</strong>raten (!) die Anschaffungs- oder Herstellungskosten<br />
sowie alle Nebenkosten einschließlich der Finanzierungskosten decken.<br />
Der „Teilamortisations-Erlass“ 33 betrifft Verträge, bei denen die Anschaffungs- oder<br />
Herstellungskosten sowie Nebenkosten einschließlich der Finanzierungskosten durch die<br />
<strong>Leasing</strong>raten nur zum Teil abgedeckt werden.<br />
Die Bezeichnungen „Vollamortisations-Erlass“ und „Teilamortisations-Erlass“ sind<br />
missverständlich, weil in der Regel auch in den Verträgen, bei denen die <strong>Leasing</strong>raten<br />
nur eine Teilamortisation herbeiführen, durch die Verwertung des <strong>Leasing</strong>objekts<br />
schließliche Vollamortisation angestrebt wird. Das Begriffspaar Voll- und Teilamortisation<br />
ist hier also nur auf den Deckungsbeitrag der <strong>Leasing</strong>raten bezogen.<br />
Die im Kraftfahrzeugbereich üblichen Finanzierungsleasingverträge fallen unter den<br />
„Teilamortisations-Erlass“, weil die <strong>Leasing</strong>raten für sich genommen nur eine Teilamorti-<br />
sation herbeiführen.<br />
Der Erlass sieht vor, dass die <strong>Leasing</strong>zeit mehr als 40 %, jedoch nicht mehr als 90 %<br />
der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des <strong>Leasing</strong>-Gegenstandes beträgt und als fes-<br />
te Vertragslaufzeit in der Weise vereinbart wird, dass bei vertragsgemäßer Erfüllung von<br />
beiden Vertragsparteien jedenfalls nicht vor Ablauf von 40 % der betriebsgewöhnlichen<br />
Nutzungsdauer gekündigt werden kann.<br />
Wirtschaftliche Zurechnung<br />
Nach dem Erlass ist unter folgenden Voraussetzungen davon auszugehen, dass der<br />
<strong>Leasing</strong>geber „Chance auf Wertsteigerung“ hat, d.h. ihm das <strong>Leasing</strong>objekt wirtschaftlich<br />
zugerechnet werden kann:<br />
1. Der <strong>Leasing</strong>nehmer darf keine Kaufoption erhalten, das <strong>Leasing</strong>objekt zum kal-<br />
kulierten Restwert zu erwerben. Denn sonst hätte er es in der Hand, durch den<br />
Erwerb von einem tatsächlich höheren Restwert wirtschaftlich zu profitieren (zu<br />
den Folgen einer dennoch vereinbarten Kaufoption siehe Kapitel 3.1). Unschäd-<br />
32 BMF-Schreiben vom 19.04.1971, Az. IV B/2 - S 2170 - 31/71.<br />
33 BMF-Schreiben vom 22.12.1975, Az. IV B 2 - S 2170 - 161/75.<br />
15
lich ist hingegen die Vereinbarung eines Andienungsrechts, denn dessen Aus-<br />
übung ist allein in die Entscheidungsfreiheit des <strong>Leasing</strong>gebers gestellt.<br />
2. Wird Restwertausgleich vereinbart, so muss für den Fall, dass der Verwertungs-<br />
erlös den kalkulierten Restwert übersteigt, ein Anteil von 25 % des Mehrerlöses<br />
dem <strong>Leasing</strong>geber zukommen. Dem <strong>Leasing</strong>nehmer können also nur 75 % des<br />
Mehrerlöses erstattet werden. Durch den Anteil von 25 % für den <strong>Leasing</strong>geber<br />
werde bewirkt, dass er noch „in einem wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Um-<br />
fang an etwaigen Wertsteigerungen des <strong>Leasing</strong>-Gegenstandes beteiligt ist“.<br />
Die zentrale Vorgabe des Erlasses, dass der <strong>Leasing</strong>geber an einer Wertsteigerung des<br />
<strong>Leasing</strong>objekts partizipieren muss, wird nicht nur von Verträgen mit Restwertausgleichs-<br />
pflicht oder Andienungsrecht erfüllt, sondern auch von Verträgen mit Kilometerabrech-<br />
nung. Es ist zumindest missverständlich, nur Verträge mit Restwertausgleich oder Andie-<br />
nungsrecht als „erlasskonform“ zu bezeichnen.<br />
Aufgrund des Interesses an der steuerlichen Anerkennung sind die steuerrechtlichen<br />
Voraussetzungen auch bei der zivilrechtlichen Auslegung von <strong>Leasing</strong>verträgen zu beach-<br />
ten. Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass für private <strong>Leasing</strong>nehmer kein<br />
Steuervorteil entsteht und daher bei Privatleasingverträgen ein Interesse des <strong>Leasing</strong>-<br />
nehmers an erlasskonformer Ausgestaltung nicht ohne weiteres unterstellt werden kann.<br />
2 Vertragsverhandlungen und Vertrag<br />
2.1 Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
2.1.1 Grundlagen der Anwendung<br />
<strong>Leasing</strong>verträge werden in der Regel als Vertragsformular vom <strong>Leasing</strong>geber gestellt<br />
und unterliegen dann der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Kontrollfähig sind alle vom<br />
<strong>Leasing</strong>geber gestellten Formulare, d.h. nicht nur als „Allgemeine Geschäftsbedingun-<br />
gen“ oder „<strong>Leasing</strong>bedingungen“ bezeichnete, sondern insbesondere auch das Hauptfor-<br />
mular, häufig als „<strong>Leasing</strong>antrag“ bezeichnet.<br />
Aus § 307 Abs. 3 S. 2 BGB folgt, dass auch Klauseln zu Hauptleistungspflichten min-<br />
destens dem Transparenzgebot genügen müssen.<br />
Soweit sie von den nach gesetzlichem Leitbild bestehenden Hauptleistungspflichten<br />
abweichen, unterliegen sie der vollen AGB-Kontrolle, § 307 Abs. 3 S. 1 BGB. Dies gilt<br />
beim <strong>Leasing</strong>vertrag insbesondere für Klauseln zu einer Kilometerabrechnung, einem An-<br />
dienungsrecht oder einer Restwertausgleichspflicht 34 , weil die dadurch für den <strong>Leasing</strong>-<br />
34 BGH, Urteil vom 09.05.2001, Az. VIII ZR 208/00.<br />
16
nehmer begründeten Pflichten über § 538 BGB hinaus gehen (siehe Kapitel 1.3 und<br />
2.1.3).<br />
Verwendet der <strong>Leasing</strong>geber – wie dies im Massengeschäft üblich und praktisch un-<br />
vermeidbar ist – vorgefertigte Vertragsformulare, so ist eine dort enthaltene Regelung<br />
nur dann gemäß § 305 Abs. 1 S. 3 BGB von der AGB-Kontrolle ausgenommen, wenn sie<br />
im Einzelnen ausgehandelt wurde. Ein Aushandeln liegt nur vor, wenn der <strong>Leasing</strong>geber<br />
im Vertragsgespräch den jeweiligen Regelungsinhalt ernsthaft zur Disposition stellt 35 .<br />
Bloßes Besprechen der Klausel oder Hinweisen auf die Klausel genügt nicht 36 .<br />
Auch im Formular vorgesehene Wahlmöglichkeiten und individuelle Einfügungen,<br />
z.B. Auswahl zwischen Restwert- und Kilometerabrechnung oder eingefügter Restwert<br />
bzw. eingefügte vereinbarte Fahrleistung, sind als AGB zu behandeln, wenn die theoreti-<br />
sche Einflussmöglichkeit des Kunden dadurch überlagert ist, dass der Verwender oder<br />
seine Mitarbeiter die Stelle im vom Verwender gewünschten Sinn ausfüllen 37 . Der AGB-<br />
Charakter entfällt, wenn der Kunde die Stelle tatsächlich nach seiner eigenen freien Ent-<br />
scheidung ausfüllen kann.<br />
Will der <strong>Leasing</strong>geber beispielsweise eine Restwertabrechnungsklausel der AGB-Kon-<br />
trolle entziehen, so reicht es nicht, wenn er vorträgt, es gebe bei ihm alternativ auch Ki-<br />
lometerabrechnung. Er muss vortragen und gegebenenfalls beweisen, dass er dem Lea-<br />
singnehmer konkret auch Kilometerabrechnung angeboten hat 38 , ihm also die Abrech-<br />
nungsart zur Auswahl gestellt hat. Dass die Vertragsformulare so gestaltet sind, dass sie<br />
sowohl für Restwert- als auch für Kilometerabrechnung verwendet werden können, ge-<br />
nügt nicht 39 . Insbesondere werden Formularregelungen nicht dadurch der AGB-Kontrolle<br />
entzogen, dass der <strong>Leasing</strong>geber (scheinbare) Wahlmöglichkeiten zum Ankreuzen oder<br />
Ausfüllen lässt, bei denen er aber selbst die Kreuze und Einfügungen vordruckt, so dass<br />
sie die theoretische Wahlmöglichkeit des Kunden überlagern 40 .<br />
Die Darlegungs- und Beweislast für eine Behauptung, dass vorformulierte Bedingun-<br />
gen ausgehandelt wurden, trägt der Verwender des Formulars 41 .<br />
35 Palandt-Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 305 Rn. 20.<br />
36 Palandt-Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 305 Rn. 21.<br />
37 Palandt-Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 305 Rn. 8; BGH, Urteil vom 07.02.1996, Az. IV ZR<br />
16/95, Rn. 18; BGH, Urteil vom 06.04.2005, Az. VIII ZR 27/04, Rn. 15, zitiert nach juris.<br />
38 Vgl. BGH, Urteil vom 06.12.2002, Az. V ZR 220/02, Rn. 6.<br />
39 LG Saarbrücken, Urteil vom 18.11.2011, Az. 13 S 123/11, Rn. 35, zitiert nach juris.<br />
40 BGH, Urteil vom 07.02.1996, Az. IV ZR 16/95, Rn. 18, zitiert nach juris.<br />
41 BGH, Urteil vom 03.04.1998, Az. V ZR 6/97, Rn. 20, zitiert nach juris.<br />
17
Rechtsfolge: Unwirksamkeit<br />
Hält eine Klausel der AGB-Kontrolle nicht stand, ist sie in der Regel unwirksam. Eine<br />
geltungserhaltende Reduktion auf den gerade noch zulässigen Inhalt ist ausgeschlossen.<br />
Ist die Klausel jedoch nach ihrem Wortlaut verständlich und sinnvoll in einen AGB-recht-<br />
lich zulässigen und einen AGB-rechtlich unzulässigen Regelungsteil auftrennbar, ist nur<br />
der unzulässige Teil unwirksam 42 .<br />
Gemäß § 306 Abs. 2 BGB greifen bei Unwirksamkeit einer Vertragsklausel die gesetzli-<br />
chen Vorschriften, d.h. beim <strong>Leasing</strong>vertrag grundsätzlich Mietrecht.<br />
2.1.2 Gestaltung der Vertragsformulare<br />
Ziel der AGB-Kontrolle ist in erster Linie, die wirtschaftliche Entschließungsfreiheit 43<br />
des <strong>Leasing</strong>nehmers zu schützen. Dieser Schutz wird vor allem durch das Verbot überra-<br />
schender Klauseln, § 305c Abs. 1 BGB, die Unklarheitenregel, § 305c Abs. 2 BGB, und das<br />
Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, verwirklicht.<br />
Der Verwender eines Vertragsformulars muss die Pflichten des Kunden möglichst<br />
klar, einfach und präzise darstellen. Klauseln, die zu wirtschaftlichen Belastungen des<br />
Kunden führen, ohne dies im nach den Umständen geforderten Maße erkennen zu las-<br />
sen, sind unwirksam 44 . Daher sind gesteigerte Transparenzanforderungen an die Haupt-<br />
leistungspflichten zu stellen, insbesondere eine etwaige Restwertausgleichspflicht oder<br />
ein Andienungsrecht (siehe Kapitel 1.3).<br />
Das AGB-Recht schützt durch das Verbot überraschender Klauseln und das Transpa-<br />
renzgebot gerade auch den <strong>Leasing</strong>nehmer, der das Vertragsformular nur flüchtig und<br />
unvollständig liest. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Aufmerksamkeit des<br />
Kunden auch von der Bedeutung, die der Vertrag für ihn hat, abhängt 45 . Hierbei wirkt<br />
sich eine Asymmetrie der Interessen im <strong>Leasing</strong>dreieck aus. Während es dem <strong>Leasing</strong>ge-<br />
ber um Vollamortisation geht (siehe Kapitel 1.3), geht es dem <strong>Leasing</strong>nehmer in der Re-<br />
gel nur um vorübergehende Nutzung.<br />
Bei der AGB-Prüfung sind Vertragsklauseln „nach ihrem objektiven Inhalt und typi-<br />
schen Sinn, ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebil-<br />
deten Durchschnittskunden, einheitlich so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständi-<br />
42 BGH, Urteil vom 25.03.1998, Az. VIII ZR 244/97, Rn. 20, zitiert nach juris.<br />
43 BGH, Urteil vom 12.10.2005, Az. IV ZR 245/03, Rn. 43, zitiert nach juris.<br />
44 Palandt-Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 307 Rn. 21.<br />
45 Pfeiffer, NJW 2011, 1, 4.<br />
18
gen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig be-<br />
teiligten Verkehrskreise verstanden wird“ 46 .<br />
Dem Durchschnittskunden ist das Vollamortisationsprinzip nicht bekannt. Die zur Vol-<br />
lamortisation führenden Regelungen müssen daher in deutlich hervorgehobener und<br />
verständlich formulierter Weise dem Vertrag zu entnehmen sein.<br />
Deutlichkeit<br />
Die Deutlichkeit macht sich in erster Linie an der äußeren Gestaltung des Formulars<br />
fest. Sollen eine Restwertabrechnung oder ein Andienungsrecht vereinbart werden,<br />
müssen sie „dem Vertrag das Gepräge“ 47 geben. Die Hauptleistungspflichten müssen ins<br />
Auge fallen. Eine Hervorhebung ist beispielsweise durch Fettdruck möglich.<br />
Das Auffinden einer Klausel darf nicht erschwert werden, indem sie an aus Sicht des<br />
durchschnittlichen <strong>Leasing</strong>nehmers unvermuteter Stelle platziert wird 48 . Eine Restwert-<br />
ausgleichspflicht oder ein Andienungsrecht müssen auf der Vorderseite des Vertragsfor-<br />
mulars unter Nennung des kalkulierten Restwerts erklärt werden 49 . Sie müssen im Zu-<br />
sammenhang mit den übrigen Zahlungspflichten des <strong>Leasing</strong>nehmers stehen. Es muss<br />
deutlich sein, dass der genannte Restwert genau so große Bedeutung hat wie die Höhe<br />
der Raten 50 .<br />
Verständlichkeit<br />
Im Hinblick auf die Verständlichkeit ist darauf zu achten, möglichst eindeutige Formu-<br />
lierungen zu wählen und den Wortsinn zu berücksichtigen, den der Durchschnittskunde<br />
in der Laiensphäre einer Formulierung beimisst. Das Transparenzgebot erfordert, „auf<br />
die Verständnismöglichkeiten des Durchschnittskunden Rücksicht zu nehmen und, wenn<br />
das ohne unangemessene Ausweitung des Textumfangs möglich ist, zwischen mehreren<br />
möglichen Klauselfassungen diejenige zu wählen, bei der die kundenbelastende Wirkung<br />
einer Regelung nicht unterdrückt, sondern deutlich gemacht wird.“ 51<br />
46 BGH, Urteil vom 07.06.2011, Az. XI ZR 388/10, Rn. 21, zitiert nach juris.<br />
47 Graf von Westphalen, Der <strong>Leasing</strong>vertrag, 5. Aufl., Rn. 165.<br />
48 BGH, Urteil vom 22.11.1995, Az. VIII ZR 57/95, Rn. 25, zitiert nach juris.<br />
49 Graf von Westphalen, Der <strong>Leasing</strong>vertrag, 5. Aufl., Rn. 165; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1986,<br />
1112, 1113; OLG Dresden, Urteil vom 28.06.2000, Az. 8 U 339/00, Rn. 58, zitiert nach juris;<br />
LG Neuruppin, Urteil vom 18.02.2000, Az. 4 S 299/99, DAR 2000, 314-316.<br />
50 OLG Oldenburg, Urteil vom 18.02.1987, Az. 3 U 211/86, NJW-RR 1987, 1003.<br />
51 BGH, Urteil vom 10.07.1990, Az. XI ZR 275/89, Rn. 18, zitiert nach juris .<br />
19
Es ist aus Sicht des rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden beispielsweise<br />
irreführend, eine Restwertausgleichspflicht als „Restwertgarantie“ zu bezeichnen. Ob-<br />
wohl diese Bezeichnung juristisch korrekt sein mag, obwohl sie in Urteilsbegründungen<br />
oder in der Fachliteratur verbreitet ist, ist sie für den Laien missverständlich.<br />
Der Durchschnittskunde kennt die „Garantie“ nur als Recht, das ihm zusteht 52 , nicht<br />
umgekehrt als eine Pflicht, die ihn trifft. Der <strong>Leasing</strong>vertrag weist aufgrund der typischen<br />
Abtretungskonstruktion (siehe Kapitel 1.4.1) kaufrechtliche Elemente auf, weist dem Lea-<br />
singnehmer Käuferrechte zu und versetzt ihn in eine käuferähnliche Position, so dass<br />
nach § 307 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 Nr. 1 BGB das kaufrechtliche Verständnis einer Garantie<br />
gemäß § 443 BGB zu beachten ist.<br />
Der Begriff „Restwertgarantie“ ist nicht geeignet, die Aufmerksamkeit des <strong>Leasing</strong>-<br />
nehmers mit der wegen der Gefährlichkeit der Restwertausgleichspflicht erforderlichen<br />
Signalwirkung auf sich zu ziehen. Erforderlich ist die Verwendung als solcher verständli-<br />
cher Warn- und Signalwörter wie „Nachzahlung“, „Restwertrisiko“, „Restwertgefahr“.<br />
Ebenso sollte nicht von einem „Andienungsrecht“ sondern von einer „Kaufverpflichtung“<br />
des <strong>Leasing</strong>nehmers gesprochen und klar gestellt werden, dass damit kein<br />
(Ankaufs-)Recht für ihn verbunden ist.<br />
Weil es mit zumutbarem Aufwand möglich ist, die Rechtsverhältnisse im Vertragsfor-<br />
mular aus der Kundenperspektive zu erklären, kann und muss dies auch verlangt wer-<br />
den. Die Verwendung juristisch zutreffender Rechtsbegriffe ist intransparent, wenn sie in<br />
der Alltagssprache unbekannt sind 53 . Vom Durchschnittskunden können keine besonde-<br />
ren Markt- oder Terminologiekenntnisse erwartet werden 54 .Beispielsweise genügt ein<br />
Formular mit der Überschrift „Autoleasing-Antrag mit Restwertabrechnung“ und einem<br />
auf der ersten Seite angegebenen kalkulierten Restwert nicht den Anforderungen, weil<br />
der Durchschnittskunde dem noch nicht entnehmen kann, dass er eine Nachzahlung leis-<br />
ten muss, wenn der Restwert unterschritten wird 55 .<br />
Probleme im Hinblick auf mangelnde Deutlichkeit und Verständlichkeit ergeben sich<br />
auch, wenn die Vertragsformulare überfrachtet werden. In der Praxis sind sie häufig<br />
nicht nur mit Klauseln für jede fernliegende Eventualität des abgeschlossenen Vertrags-<br />
typs versehen, sondern mit Alternativklauseln für andere Abrechnungsarten als der ver-<br />
einbarten und Zusatzregelungen für optionale <strong>Leasing</strong>ratenversicherung. Hierdurch wird<br />
52 BGH, Urteil vom 10.12.1980, Az. VIII ZR 295/79, Rn. 13, zitiert nach juris.<br />
53 BGH, Urteil vom 07.10.1981, Az. VIII ZR 229/80, Rn. 34, zitiert nach juris, für „Wandelung“<br />
und „Minderung“.<br />
54 BGH, Urteil vom 28.06.2006, Az. XII ZR 50/04, für den Unterschied zwischen „Normaltarif“<br />
und „Unfallersatztarif“; Pfeiffer, NJW 2011, 1, 4.<br />
55 LG Neuruppin, Urteil vom 18.02.2000, Az. 4 S 299/99, DAR 2000, 314-316.<br />
20
das Vertragsformular in nicht gerechtfertigter Weise überladen und der entscheidende<br />
Inhalt relativiert. Je umfangreicher das Vertragsformular ist, von desto geringerer Auf-<br />
merksamkeit des Kunden für die einzelne Klausel muss ausgegangen werden.<br />
Unklarheitenregel<br />
Zur Verständlichkeit gehört, dass Unklarheiten vermieden werden müssen und an-<br />
sonsten zu Lasten des Verwenders gehen (§ 305c Abs. 2 BGB). So schuldet ein <strong>Leasing</strong>-<br />
nehmer keinen Restwertausgleich, wenn neben der Restwertausgleichsklausel eine Lauf-<br />
leistung angegeben wird 56 . Zwar besteht auch bei Verträgen mit Restwertabrechnung ein<br />
Bedürfnis, die voraussichtliche Laufleistung beim <strong>Leasing</strong>nehmer abzufragen, um den<br />
Restwert realistisch kalkulieren zu können. Schließlich hängt der Wert eines Gebraucht-<br />
wagens maßgeblich auch vom Kilometerstand ab. Allerdings muss, wenn die prognosti-<br />
zierte Laufleistung im Vertragsformular wieder gegeben werden soll, unmissverständlich<br />
klar gestellt sein, dass es sich nicht um eine Laufleistungsvereinbarung handelt, weil der<br />
Kunde sonst von einer Kilometerabrechnung ausgehen könnte.<br />
Klauselverbote<br />
Zu prüfen sind die Vertragsformulare außerdem vor dem Hintergrund der Klauselver-<br />
bote mit (§ 308 BGB) und ohne (§ 309 BGB) Wertungsmöglichkeit. Nach § 310 Abs. 1 S. 1<br />
BGB gelten die Klauselverbote nur für Verträge mit Verbrauchern direkt. Allerdings fin-<br />
den einzelne Rechtsgedanken der Klauselverbote auch auf Verträge zwischen Unterneh-<br />
mern Anwendung.<br />
So hat Graf von Westphalen mit Recht darauf hingewiesen, dass die häufig zwischen<br />
<strong>Leasing</strong>geber und Lieferanten vereinbarte Rückkaufverpflichtung des Lieferanten gegen<br />
das Verbot unangemessen langer oder nicht hinreichend bestimmter Annahmefristen<br />
aus § 308 Nr. 1 BGB verstoßen kann, weil die Rückkaufverpflichtung einem Kaufangebot<br />
gleichkommt, § 306a BGB, und nach dem gesetzlichen Leitbild § 147 Abs. 2 BGB die An-<br />
nahmefrist auf die gewöhnlich für Beförderung, Überlegung und Mitteilung entfallende<br />
Zeit beschränkt ist 57 . Diese Überlegung dürfte erst recht für ein Andienungsrecht des<br />
<strong>Leasing</strong>gebers gegenüber dem <strong>Leasing</strong>nehmer gelten.<br />
56 BGH, Urteil vom 09.05.2001, Az. VIII ZR 208/00.<br />
57 Graf von Westphalen, BB 2009, 2378, 2380 ff.<br />
21
2.1.3 Ansatz eines realistischen Restwerts<br />
Der <strong>Leasing</strong>geber ist grundsätzlich verpflichtet, bei Verträgen mit Andienungsrecht<br />
oder Restwertausgleichspflicht den Restwert im Vertrag anzusetzen, der bei durch-<br />
schnittlicher Abnutzung nach Ablauf der <strong>Leasing</strong>zeit voraussichtlich zu erwarten ist 58 .<br />
KFZ-Neuwagenmarkt und Werbung haben sich immer mehr auf die Monatsraten ei-<br />
ner Finanzierung fokussiert. <strong>Leasing</strong>verträge mit Restwertabrechnung werden teilweise<br />
missbraucht, um den <strong>Leasing</strong>nehmer über die wirtschaftliche Belastung des Fahrzeugs zu<br />
täuschen. Die Täuschung wird möglich, indem die <strong>Leasing</strong>raten niedrig angeboten, der<br />
Restwert jedoch – ohne Wissen des <strong>Leasing</strong>nehmers – unrealistisch überhöht angesetzt<br />
wird. Da dieser Wert nicht erreicht werden kann, ist angelegt, dass der <strong>Leasing</strong>nehmer<br />
das Fahrzeug zum Ende der Vertragslaufzeit überteuert kaufen muss (Andienungsrecht)<br />
oder es zu einer erheblichen Nachzahlung des <strong>Leasing</strong>nehmers kommt (Restwertaus-<br />
gleichspflicht).<br />
Kontrollfähigkeit des kalkulierten Restwerts<br />
Im Rahmen der Inhaltskontrolle einer Restwertausgleichsklausel oder eines Andie-<br />
nungsrecht ist auch der eingesetzte Restwert kontrollfähig 59 . Dass auch in Klauseln ent-<br />
haltene Bezifferungen der wertenden Überprüfung zu unterziehen sind, ergibt sich ers-<br />
tens aus dem Schutzzweck der Inhaltskontrolle, zweitens aus den gesetzlichen Regelbei-<br />
spielen §§ 308 Nr. 7, 309 Nr. 5 a), 309 Nr. 8 b) dd) BGB. Der eingesetzte Wert gestaltet<br />
den rechtlichen Gehalt der Klausel und beeinflusst maßgeblich, ob sie unangemessen<br />
benachteiligend wirkt.<br />
Preisvereinbarungen sind der AGB-Kontrolle nur dann grundsätzlich entzogen, wenn<br />
sie die Höhe der Vergütung unmittelbar regeln 60 . Stets kontrollfähig sind mittelbare<br />
Preisvereinbarungen, also Bestimmungen, die nicht unmittelbar den anfänglichen Um-<br />
fang des Entgelts, sondern die Berechnung des Entgelts regeln und an deren Stelle an-<br />
sonsten dispositives Gesetzesrecht treten kann 61 . Eine solche sekundäre Entgeltbestim-<br />
mung ist die Restwertausgleichspflicht. Der Restwert ist kein zu zahlender Preis, sondern<br />
58 OLG Karlsruhe, Urteil vom 23.04.1986, Az. 6 U 139/84, NJW-RR 1986, 1112-1114; LG Bochum,<br />
Urteil vom 30.09.1986, Az. 11 S 86/86; a.A. OLG Hamm, Urteil vom 06.10.1995, Az.<br />
30 U 39/95, Rn. 8.<br />
59 OLG Karlsruhe, Urteil vom 23.04.1986, Az. 6 U 139/84, NJW-RR 1986, 1112-1114; LG Bochum,<br />
Urteil vom 30.09.1986, Az. 11 S 86/86; OLG Dresden, Urteil vom 09.02.2007, Az. 8 U<br />
2197/06, Rn. 16 f., zitiert nach juris.<br />
60 Palandt-Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 307 Rn. 46.<br />
61 Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl., § 307 Rn. 323; Palandt-Grüneberg, BGB, 71.<br />
Aufl., § 307 Rn. 47.<br />
22
lediglich ein Minuend 62 , mit dem erst zum Vertragsende eine Nachzahlung oder Erstat-<br />
tung errechnet werden kann. An Stelle der Restwertausgleichsklausel kann mit § 538<br />
BGB dispositives Gesetzesrecht treten.<br />
Doch selbst unmittelbare Preisvereinbarungen sind dahingehend kontrollfähig, ob sie<br />
dem Transparenzgebot genügen, § 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 2 BGB, und ob die Höhe des<br />
Entgelts ungewöhnlich ist 63 , § 305c Abs. 1 BGB. Deshalb ist der angesetzte Restwert auch<br />
beim Andienungsrecht, bei dem er den Kaufpreis für das Fahrzeug zum Ende der Lea-<br />
singzeit darstellt, kontrollfähig.<br />
Letztlich kann dahin stehen, ob der vertragliche Restwert als mittelbare oder unmit-<br />
telbare Preisvereinbarung einzustufen ist, weil die Vereinbarung einer Restwertaus-<br />
gleichspflicht oder eines Andienungsrechts vom gesetzlichen Leitbild des § 538 BGB ab-<br />
weicht und damit nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB in jedem Fall der AGB-Kontrolle unterliegt.<br />
Soweit Klauseln von Rechtsvorschriften abweichen, unterliegen sie der AGB-Kontrolle.<br />
Das gilt auch für Preisklauseln 64 .<br />
Dass der Restwert mit den Preisvereinbarungen zu Sonderzahlung und <strong>Leasing</strong>raten<br />
in kalkulatorischem Zusammenhang steht, ändert daran nichts. Auch wenn der Verwen-<br />
der das Gefüge der Preisvereinbarungen ohne die geprüfte Entgeltklausel neu ausrichten<br />
müsste, kann sie der AGB-Kontrolle unterliegen 65 . Das Vollamortisationsprinzip (siehe<br />
Kapitel 1.3) steht einem Restwertansatz in Höhe des voraussichtlichen Restwerts nicht<br />
entgegen, weil der <strong>Leasing</strong>geber die Zahllast auf die <strong>Leasing</strong>raten umlegen kann. Die vor-<br />
aussichtliche wirtschaftliche Belastung des <strong>Leasing</strong>s wird dann für den <strong>Leasing</strong>nehmer<br />
bei Vertragsunterzeichnung sichtbar, was gerade Sinn und Zweck des Transparenzgebots<br />
ist.<br />
Überhöhter Restwert<br />
Die Überhöhung des kalkulierten Restwerts verstößt jedenfalls dann, wenn der Lea-<br />
singnehmer nicht deutlich und verständlich auf sie hingewiesen wird, gegen das Transpa-<br />
renzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.<br />
• Der Wortlaut„Restwert“ bedeutet: verbleibender Wert des Fahrzeugs, nicht<br />
etwa willkürlich angesetzter Rechnungsposten.<br />
62 Lat.: „der zu Verringernde“. Zahl, von der bei der Subtraktion etwas abgezogen wird. Subtrahend,<br />
also die Zahl, die vom Minuenden abgezogen wird, ist der Verwertungserlös.<br />
63 Palandt-Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 305c Rn. 3.<br />
64 BGH, Urteil vom 28.01.2003, Az. XI ZR 156/02, Rn. 17, zitiert nach juris.<br />
65 BGH, Urteil vom 07.12.2010, Az. XI ZR 3/10, Rn. 28, zitiert nach juris.<br />
23
• Andienungsrecht und Restwertausgleichsklausel sind Wertsicherungsklauseln.<br />
Sie dienen ihrem Sinn und Zweck nach zur Absicherung des Restwertrisikos.<br />
Wird der Restwert vom <strong>Leasing</strong>geber unrealistisch überhöht angesetzt, geht die<br />
tatsächliche Wirkung der Abrechnungsklauseln über die Absicherung des Rest-<br />
wertrisikos hinaus. Es wird dann nicht bloß ein Risiko übertragen, sondern eine<br />
wirtschaftliche Nachbelastung mit praktischer Gewissheit vorprogrammiert. Es<br />
handelt sich um eine Zweckentfremdung der Wertsicherungsklausel.<br />
• Sowohl <strong>Leasing</strong>nehmer als auch <strong>Leasing</strong>geber haben ein Interesse daran, dass<br />
der Restwert möglichst realistisch angesetzt wird. Der <strong>Leasing</strong>geber hat ein In-<br />
teresse daran, dass das Fahrzeug als Sicherungsobjekt zum Vertragsende nicht<br />
weniger Wert ist, als noch zur Vollamortisation notwendig ist. Der <strong>Leasing</strong>neh-<br />
mer hat ein Interesse an kalkulierbarer wirtschaftlicher Belastung. Aber auch ein<br />
zu niedriger Restwertansatz verletzt bei Verträgen mit Restwertausgleich seine<br />
Interessen, weil er, steuerlich veranlasst, grundsätzlich nur 75 % eines Mehrerlö-<br />
ses erhält (siehe Kapitel 1.5).<br />
• Hinzu kommt der Wissensvorsprung des <strong>Leasing</strong>gebers. Nach § 241 Abs. 2 BGB<br />
ist er verpflichtet, den Restwertansatz an seinen statistischen Erfahrungswerten<br />
sowie seinen Markt- und Produktkenntnissen, mindestens aber an öffentlich zu-<br />
gänglichen Statistiken zum Gebrauchtwagenmarkt zu orientieren.<br />
Zwar sind <strong>Leasing</strong>raten und kalkulierter Restwert im Hinblick auf das Ziel der Volla-<br />
mortisation kommunizierende Röhren. Der <strong>Leasing</strong>geber kann jedoch auch den Restwert<br />
überhöhen, ohne die Raten zu senken. Er steigert dann seinen Gewinn. Je niedriger der<br />
Restwert angesetzt wird, desto höher müssen die <strong>Leasing</strong>raten sein; je höher der Rest-<br />
wert angesetzt wird, desto geringer können die <strong>Leasing</strong>raten sein.<br />
Letztlich maßgeblich für die Verpflichtung, den Restwert realistisch anzusetzen, ist<br />
aber nicht die wirtschaftliche Adäquanz, für die erst die Grenze des Wuchers gilt (§ 138<br />
BGB), sondern die wirtschaftliche Transparenz. Der <strong>Leasing</strong>geber soll dem <strong>Leasing</strong>neh-<br />
mer wirtschaftliche Belastungen offenbaren, soweit sie vorhersehbar sind. Weil das<br />
Transparenzgebot die wirtschaftliche Entschließungsfreiheit schützt, führt seine Verlet-<br />
zung auch dann zur Unwirksamkeit, wenn das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung<br />
angemessen ist 66 . Der <strong>Leasing</strong>nehmer wird schon deshalb benachteiligt, weil er im Zeit-<br />
punkt der Vertragsunterzeichnung daran gehindert wird, Verhandlungsmöglichkeiten<br />
oder Marktchancen wahrzunehmen 67 oder gänzlich von der Unterzeichnung abzusehen.<br />
Daher ist eine Überhöhung des Restwerts ohne Wissen und Einverständnis des Lea-<br />
singnehmers selbst dann nicht zulässig, wenn die <strong>Leasing</strong>raten entsprechend gesenkt<br />
66 BGH, Urteil vom 12.10.2005, Az. IV ZR 245/03, Rn. 43, zitiert nach juris.<br />
67 Palandt-Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 307 Rn. 24.<br />
24
wurden. Aus Sicht des Durchschnittskunden decken die <strong>Leasing</strong>raten den von ihm zu<br />
zahlenden Wertverzehr des Fahrzeugs ab, während die Restwertausgleichsklausel nur<br />
eine Sicherungsklausel ist. Werden die wirtschaftlichen Lasten von den <strong>Leasing</strong>raten auf<br />
die Restwertabrechnung verschoben, ist für den <strong>Leasing</strong>nehmer nicht mehr transparent,<br />
wieviel ihn das <strong>Leasing</strong> voraussichtlich kostet. Durch die künstlich gesenkten <strong>Leasing</strong>ra-<br />
ten einerseits und die durch den überhöhten Restwert vorprogrammierte Nachzahlung<br />
andererseits wird er über die wirtschaftliche Belastung des <strong>Leasing</strong>s getäuscht.<br />
Bei der Überprüfung ist grundsätzlich auf die zeitliche Perspektive des Vertrags-<br />
schlusses abzustellen. Es ist für die Beantwortung der Frage, ob der vertragliche Rest-<br />
wertansatz realistisch war, also unerheblich, in welchem Zustand sich das Fahrzeug bei<br />
Rückgabe befindet, wie viele Kilometer tatsächlich gefahren wurden, etc.<br />
Nicht jede Abweichung des tatsächlichen Restwerts vom kalkulierten Restwert deutet<br />
auf eine Fehlkalkulation hin. Schließlich ist der Restwertansatz eine Prognose. Das Risiko,<br />
dass es zu Abweichungen kommt, ist gerade Gegenstand von Restwertausgleichsan-<br />
spruch und Andienungsrecht.<br />
Ist jedoch die Abweichung erheblich und nicht durch eine Marktveränderung erklär-<br />
bar, liegt ein Beweis ersten Anscheins für eine Fehlkalkulation vor.<br />
Trägt der <strong>Leasing</strong>nehmer im Rechtsstreit Anhaltspunkte für eine unangemessene Be-<br />
nachteiligung vor, muss der <strong>Leasing</strong>nehmer die seinen Restwertansatz bestimmenden<br />
Daten offen legen und ihre Marktkonformität darstellen 68 , d.h. begründen, weshalb der<br />
Restwertansatz aus zeitlicher Perspektive des Vertragsschlusses als realistisch anzusehen<br />
war (sekundäre Darlegungslast).<br />
Im Rahmen des Transparenzgebots kann eine Überhöhung des Restwerts nicht durch<br />
niedrigere Raten, eine Absenkung der Sonderzahlung oder ein Verzicht auf die Sonder-<br />
zahlung gerechtfertigt werden. Es geht nicht darum, ob die vom <strong>Leasing</strong>nehmer verlang-<br />
ten Zahlungen im Verhältnis zum Kaufpreis des Fahrzeugs nach objektiver Betrachtung<br />
wirtschaftlich ausgewogen erscheinen. Es geht um den Schutz der Entschließungsfreiheit<br />
des <strong>Leasing</strong>nehmers, auf den Vertrag zu verzichten, wenn er ihm subjektiv zu teuer ist.<br />
68 BGH, Urteil vom 06.05.2002, Az. V ZR 220/02, Rn. 11, zitiert nach juris. Mitunter wird das<br />
BGH-Urteil vom 04.06.1997, Az. VIII ZR 312/96, dahingehend missverstanden, dass der<br />
<strong>Leasing</strong>geber zur Kalkulation nicht vortragen müsse. Dort ging es aber allein um die Frage,<br />
ob die Kalkulation wegen des Transparenzgebots bereits im Vertrag offen gelegt werden<br />
muss. Nur dies wurde verneint.<br />
25
2.1.4 Kündigungsrecht des <strong>Leasing</strong>gebers wegen erheblichem Fahrzeug-<br />
schaden<br />
Die üblichen <strong>Leasing</strong>-AGB sehen ein Kündigungsrecht beider Parteien für den Fall ei-<br />
nes wirtschaftlichen Totalschadens vor (zum Kündigungsrecht des <strong>Leasing</strong>nehmers siehe<br />
Kapitel 1.4.1). In Bezug auf den <strong>Leasing</strong>geber ist fragwürdig, ob sein Kündigungsrecht der<br />
AGB-Kontrolle standhält. Für den <strong>Leasing</strong>nehmer kann es erheblich günstiger sein, das<br />
Fahrzeug trotz wirtschaftlichen Totalschadens noch zu reparieren und weiter zu nutzen,<br />
als die bei Kündigung fällige Ausgleichszahlung leisten zu müssen. Es ist kein berechtigtes<br />
Interesse des <strong>Leasing</strong>gebers ersichtlich, welches in diesem Fall das <strong>Leasing</strong>nehmerinter-<br />
esse aufwiegen könnte. Daher erscheint es unangemessen benachteiligend (§ 307 Abs. 1<br />
S. 1 BGB), wenn der <strong>Leasing</strong>geber für den Fall des Totalschadens ein uneingeschränktes<br />
Kündigungsrecht erhält 69 .<br />
Haben neben <strong>Leasing</strong>geber und <strong>Leasing</strong>nehmer Dritte den Vertrag als weitere Lea-<br />
singnehmer oder Mithaftende unterschrieben, so muss die Kündigung auch ihnen gegen-<br />
über erklärt werden, sonst ist sie insgesamt unwirksam 70 .<br />
2.2 Recht der Verbraucherdarlehensverträge<br />
2.2.1 Verbrauchereigenschaft<br />
Wer sich auf Verbraucherschutzvorschriften berufen will, muss beweisen, dass er den<br />
Vertrag als Verbraucher (§ 13 BGB) abgeschlossen hat. Bei einer natürlichen Person ist<br />
allerdings davon auszugehen, dass Verbrauchereigenschaft vorliegt, wenn nicht erkenn-<br />
bare Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass sie in Verfolgung einer<br />
gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt 71 . Ist an einem Finanzie-<br />
rungsleasingvertrag, dessen <strong>Leasing</strong>objekt für die gewerbliche Tätigkeit einer GmbH be-<br />
stimmt ist, neben der GmbH deren Gesellschafter/Geschäftsführer beteiligt, so ist letz-<br />
terer als Verbraucher anzusehen und die Verbraucherschutzvorschriften sind anzuwen-<br />
den 72 . Nach § 512 BGB sind die Vorschriften zu Verbraucherdarlehen auch auf Existenz-<br />
gründer anzuwenden, sofern der Nettodarlehensbetrag nicht 75.000 Euro übersteigt.<br />
69 Schattenkirchner, Skript Autokauf und <strong>Leasing</strong>, Fassung vom 24.02.2011, S. 37.<br />
70 Detering, Finanzierungsleasing – Eine Einführung in die Praxis, 1. Teil, ZAP 2011, 401, 411.<br />
71 BGH, Urteil vom 30.09.2009, Az. VIII ZR 7/09.<br />
72 BGH, Urteil vom 28.06.2000, Az. VIII ZR 240/99.<br />
26
2.2.2 Anwendbarkeit auf <strong>Leasing</strong>verträge mit Restwertabrechnung<br />
Nach §§ 500 BGB a.F., 506 Abs. 2 BGB n.F. finden wesentliche Teile der Vorschriften zu<br />
Verbraucherdarlehensverträgen auf <strong>Leasing</strong>verträge mit Andienungsrecht des <strong>Leasing</strong>-<br />
gebers oder Restwertausgleichspflicht Anwendung.<br />
2.2.3 Anwendbarkeit auf <strong>Leasing</strong>verträge mit Kilometerabrechnung<br />
In § 500 BGB a.F., bis 10.06.2010 geltend, war geregelt, dass ein Teil der Vorschriften<br />
zu Verbraucherdarlehensverträgen auch auf „Finanzierungsleasingverträge“ anzuwen-<br />
den sind. Aus diesem Wortlaut schlussfolgerte der BGH, dass nicht nur Verträge mit Rest-<br />
wertabrechnung, sondern auch Verträge mit Kilometerabrechnung in den Schutzbereich<br />
fallen, die ebenfalls zu den Finanzierungsleasingverträgen gezählt werden 73 .<br />
Durch eine Gesetzesänderung 74 mit Wirkung zum 11.06.2010 verschwand der Begriff<br />
des Finanzierungsleasingvertrags jedoch aus dem BGB. Im neu gefassten § 506 BGB ist<br />
nur noch von „entgeltlichen Finanzierungshilfen“ die Rede, die vorliegen sollen, wenn<br />
der Verbraucher zum Vertragsende den Gegenstand erwerben oder für einen bestimm-<br />
ten Wert des Gegenstands einstehen muss. Diese Voraussetzungen erfüllen <strong>Leasing</strong>ver-<br />
träge mit Andienungsrecht oder Restwertausgleichsklausel.<br />
Bei Verträgen mit Kilometerabrechnung ist indes fraglich, ob sie vom neuen Tatbe-<br />
stand erfasst sind. Denn vordergründig muss der <strong>Leasing</strong>nehmer bei Kilometerverträgen<br />
gerade keinen Restwertausgleich leisten. Er muss nicht für den Marktwert einstehen,<br />
sondern allenfalls für den Zustand des Fahrzeugs, indem er bei übermäßiger Abnutzung<br />
Ersatz schuldet. Andererseits hat der BGH heraus gearbeitet, dass auch der „Minder-<br />
wertausgleichsanspruch“ für übermäßige Abnutzungen der Sache nach ein Wertaus-<br />
gleichsanspruch ist 75 . Weil nach § 538 BGB der Mieter für übermäßige Abnutzungen haf-<br />
tet, trifft diese Überlegung zwar auf jeden Mietvertrag zu, ohne dass ernsthaft erwogen<br />
werden könnte, alle Mietverträge als entgeltliche Finanzierungshilfen einzustufen und in<br />
den Schutzbereich der Verbraucherdarlehensverträge zu bewegen. Im Unterschied zu<br />
Mietverträgen handelt es sich bei <strong>Leasing</strong>verträgen mit Kilometerabrechnung jedoch um<br />
Finanzierungsleasingverträge, bei denen der <strong>Leasing</strong>geber Vollamortisation erstrebt.<br />
Aufgrund des Schutzzwecks der Vorschriften zu Verbraucherdarlehensverträgen liegt<br />
73 BGH, Urteil vom 24.04.1996, Az. VIII ZR 150/95; Urteil vom 11.03.1998, Az. VIII ZR 205/97.<br />
74 Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie<br />
sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und<br />
Rückgaberecht vom 29.07.2009, BGBl. I S. 2355.<br />
75 BGH, Urteil vom 24.04.1996, Az. VIII ZR 150/95, Rn. 16: „Eine vollständige Entlastung des<br />
<strong>Leasing</strong>nehmers vom Restwertrisiko ist [bei Kilometerabrechnung] nicht vorgesehen. Das<br />
Risiko einer Verschlechterung der <strong>Leasing</strong>sache durch Mängel, Schäden oder übermäßige<br />
Abnutzung trägt der <strong>Leasing</strong>nehmer.“<br />
27
nahe, sie weiterhin auch auf Kilometerleasingverträge anzuwenden. In der Begründung<br />
zu der Gesetzesänderung ist kein Wort dazu verloren, dass der Gesetzgeber <strong>Leasing</strong>ver-<br />
träge mit Kilometerabrechnung künftig aus dem Anwendungsbereich ausschließen woll-<br />
te 76 . Möglicherweise hat er das Problem nicht erkannt. Jedenfalls ist der Begründung ein<br />
Wille zu einer Änderung der bisherigen Einstufung nicht zu entnehmen. Aus diesen<br />
Gründen sollten die Vorschriften zu entgeltlichen Finanzierungshilfen auch auf <strong>Leasing</strong>-<br />
verträge mit Kilometerabrechnung angewendet werden, notfalls analog 77 .<br />
2.2.4 Vertragsübernahme, Schuldbeitritt, Bürgschaft<br />
Das Verbraucherdarlehensrecht ist auch auf einen Schuldbeitritt eines Verbrauchers<br />
zu einem Vertrag, der in den Anwendungsbereich des Verbraucherdarlehensrechts fällt,<br />
anzuwenden 78 , ebenso bei einer Vertragsübernahme durch einen Verbraucher 79 , nicht<br />
jedoch bei einer Bürgschaft des Verbrauchers.<br />
2.2.5 Anwendbare Vorschriften aus dem Verbraucherdarlehensrecht<br />
Die für entgeltliche Finanzierungshilfen anzuwendenden Vorschriften sind in § 506<br />
Abs. 1 BGB (§ 500 BGB a.F.) aufgeführt.<br />
Widerrufsrecht und Rückgaberecht<br />
Es bestehen ein ein Widerrufsrecht und Rückgaberecht nach §§ 358 ff. BGB mit ent-<br />
sprechenden Belehrungspflichten bestehen.<br />
Bei unvollständigen Pflichtangaben (§ 492 Abs. 2 BGB) kann der Vertrag jederzeit<br />
noch widerrufen werden. Die Widerrufsfrist beginnt in keinem Fall vor Vertragsschluss, in<br />
der Regel also Annahme des <strong>Leasing</strong>antrags durch den <strong>Leasing</strong>geber, zu laufen (§ 495<br />
Abs. 2 S. 1 Nr. 2 a) BGB). Um sie in Gang zu setzen, muss der <strong>Leasing</strong>geber nicht nur über<br />
das Widerrufsrecht, sondern über alle Pflichtangaben belehrt haben (§ 495 Abs. 2 S. 1<br />
Nr. 2 b) BGB). Die sonst für Widerrufsrechte geltende Höchstfrist von sechs Monaten ab<br />
Vertragsschluss (§ 355 Abs. 4 S. 1 BGB) findet beim Widerruf von Verbraucherdarlehen<br />
keine Anwendung (§ 495 Abs. 2 S. 2 BGB), weil die Verbraucherkreditrichtlinie keine<br />
Höchstfrist kennt.<br />
76 BT-Drucks. 16/11643.<br />
77 für direkte Anwendung: Palandt-Weidenkaff, BGB, 71. Aufl., § 506 Rn. 5; OLG Düsseldorf,<br />
Urteil vom 02.10.2012, Az. I-24 U 15/12; für Analogie: Reinking, DAR 2010, 252, 254; gegen<br />
Anwendung: Skusa, NJW 2011, 2993, 2997 f.<br />
78 BGH, Urteil vom 30.07.1997, Az. VIII ZR 244/96.<br />
79 BGH, Urteil vom 26.05.1999, Az. VIII ZR 141/98.<br />
28
In der Praxis ist darauf zu achten, den Widerruf an den <strong>Leasing</strong>geber zu richten und<br />
nicht etwa an den Lieferanten. Allerdings kann auch ein beim Lieferanten eingehender<br />
Widerruf als wirksam zu werten sein, wenn der Lieferant nach den Umständen für die<br />
Entgegennahme derartiger Erklärungen zuständig war (siehe Kapitel 2.3.3).<br />
Rechtsfolge ist, dass der <strong>Leasing</strong>geber die empfangenen Zahlungen zurück gewähren<br />
und der <strong>Leasing</strong>nehmer das Fahrzeug heraus geben muss (§ 346 Abs. 1 BGB), sofern<br />
nicht bereits durch Rückgabe erfolgt.<br />
Der <strong>Leasing</strong>nehmer muss außerdem Wertersatz für eine durch Nutzung des Fahr-<br />
zeugs entstandene Verschlechterung leisten (§ 357 Abs. 3 S. 1 BGB). Die Ersatzpflicht<br />
geht über die Herausgabe gezogener Nutzungen nach § 346 Abs. 1 BGB hinaus, weil sie<br />
nicht an den Wert der Nutzungen, sondern an die Wertverschlechterung des Fahrzeugs<br />
anknüpft 80 .<br />
Allerdings setzt die Wertersatzpflicht voraus, dass der <strong>Leasing</strong>nehmer über sie aus-<br />
drücklich und in Textform informiert wurde (§ 357 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB). Außerdem sind<br />
von der Wertersatzpflicht Verschlechterungen ausgenommen, die aus der bloßen Prü-<br />
fung der Eigenschaften und Funktionsweise resultieren (§ 357 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB).<br />
Damit kann der durch die Erstzulassung entstehende erhebliche Wertverlust nicht<br />
beim <strong>Leasing</strong>nehmer geltend gemacht werden. Die Gegenmeinung, der <strong>Leasing</strong>nehmer<br />
müsse sich entgegenhalten lassen, das Fahrzeug auch ohne Zulassung auf einem Privat-<br />
gelände testen zu können 81 , überzeugt nicht. Üblicherweise lässt der Händler das Fahr-<br />
zeug als Service schon zu, bevor er es dem <strong>Leasing</strong>nehmer übergibt. Ein sachgemäßes<br />
Testen eines für den Straßenverkehr bestimmten Fahrzeugs setzt voraus, das Fahrzeug<br />
im Straßenverkehr, u.U. auch mit hohen Geschwindigkeiten auf der Autobahn, fahren zu<br />
können. Von der Prüfung der Eigenschaften und Funktionsweise ist mindestens der Um-<br />
fang einer ausgiebigen Probefahrt gedeckt. Vergleichbar hat der BGH für Wasserbetten<br />
entschieden, dass das Befüllen mit Wasser und drei Nächte Probeschlafen als Prüfung<br />
entschädigungsfrei sind, auch wenn das Bett nunmehr als gebraucht anzusehen war 82 .<br />
Information über Eckdaten der Finanzierung<br />
Der <strong>Leasing</strong>geber muss den <strong>Leasing</strong>nehmer „rechtzeitig“ vor dem Vertragsschluss<br />
über die Eckdaten der Finanzierung informieren, u.a. über den effektiven Jahreszins, den<br />
80 a.A. offenbar LG Köln, Urteil vom 22.05.2009, Az. 24 O 21/09, Rn. 27 ff., zitiert nach juris,<br />
das ohne Begründung die übliche Formel zur Ermittlung von Nutzungsvorteilen nach § 346<br />
Abs. 1 BGB anwendet (Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer / erwartete Gesamtlaufleistung).<br />
81 Wildemann in jurisPK-BGB, 5. Aufl., § 357 Rn. 55.<br />
82 BGH, Urteil vom 03.11.2010, Az. VIII ZR 337/09, Rn. 18 f., zitiert nach juris.<br />
29
Nettodarlehensbetrag, den Sollzinssatz, die Vertragslaufzeit und den Gesamtbetrag der<br />
vom <strong>Leasing</strong>nehmer zu leistenden Zahlungen, § 491a Abs. 1 BGB n. F., Art. 247 EGBGB<br />
(§ 502 Abs. 1 BGB a.F.).<br />
Der <strong>Leasing</strong>nehmer schuldet Zinsen und Kosten nur, soweit sie angegeben sind, § 494<br />
Abs. 3 und 4 BGB.<br />
Erläuterungen zu wirtschaftlichen Lasten und Risiken<br />
Der <strong>Leasing</strong>geber muss dem <strong>Leasing</strong>nehmer vor Vertragsschluss „angemessene Er-<br />
läuterungen“ geben. Sie müssen geeignet und umfassend genug sein, dass der <strong>Leasing</strong>-<br />
nehmer beurteilen kann, „ob der Vertrag dem von ihm verfolgten Zweck und seinen Ver-<br />
mögensverhältnissen gerecht wird“, § 491a Abs. 3 BGB n.F.<br />
Diese Hinweispflicht, die nun ausdrücklich ins Gesetz aufgenommen wurde, bestand<br />
aufgrund des Rücksichtnahmegebots nach §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB schon vor<br />
der Neufassung 83 (siehe Kapitel 2.3.1). Sie ist bei Verträgen mit Restwertabrechnung von<br />
besonderer Bedeutung, weil die Übernahme des Restwertrisikos dem regelmäßigen In-<br />
teresse des <strong>Leasing</strong>nehmers an begrenzten und überschaubaren Zahlungspflichten zuwi-<br />
der läuft.<br />
Schriftform<br />
Der Vertrag bedarf der Schriftform, § 492 Abs. 1 BGB, wobei Antrag und Annahme ge-<br />
trennt erfolgen können und eine Unterschrift des <strong>Leasing</strong>gebers nicht erforderlich ist,<br />
wenn die Verarbeitung automatisiert erfolgt.<br />
Das Schriftformerfordernis bedeutet bei leasingtypischer Abtretung der kaufrechtli-<br />
chen Gewährleistungsansprüche, dass auch etwaige Lieferanten-AGB zur Sachmängel-<br />
haftung des Lieferanten im <strong>Leasing</strong>vertrag wieder gegeben sein müssen.<br />
Ein Telefax genügt dem Schriftformerfordernis nicht 84 . Bei einer Vertragsübernahme<br />
muss die Vertragsübernahmevereinbarung den Inhalt des zu übernehmenden Vertrages<br />
wiedergeben 85 .<br />
Die Missachtung der Schriftform hat Nichtigkeit des Vertrages zur Folge, § 125 S. 1<br />
BGB. Allerdings kann die Berufung auf den Formmangel rechtsmissbräuchlich sein, wenn<br />
der Vertrag über längere Zeit praktiziert wurde und die Vertragspartei, die sich auf den<br />
Formmangel beruft, daraus erhebliche Vorteile gezogen hat, § 242 BGB.<br />
83 Palandt-Weidenkaff, BGB, 71. Aufl., § 491a Rn. 4.<br />
84 BGH, Urteil vom 30.07.1997, Az. VIII ZR 244/96.<br />
85 BGH, Urteil vom 26.05.1999, Az. VIII ZR 141/98.<br />
30
Verrechnung von Zahlungen<br />
Eingehende Zahlungen des <strong>Leasing</strong>nehmers sind zunächst auf die Kosten der Rechts-<br />
verfolgung, dann auf die Hauptforderung und zuletzt auf die Zinsen zu verrechnen, § 497<br />
Abs. 3 BGB. Dies ist insbesondere auch für die Zinsberechnung bei Zahlungsrückständen<br />
von Bedeutung.<br />
Kündigung wegen Zahlungsverzugs<br />
Zudem gelten Besonderheiten für die Kündigung wegen Zahlungsverzugs. Sie darf ge-<br />
mäß § 498 Nr. 1 BGB erst erfolgen, wenn der Rückstand mindestens zwei aufeinander-<br />
folgende <strong>Leasing</strong>raten beträgt. Die Voraussetzung liegt nicht vor, wenn zwar der Rück-<br />
stand in der Summe mehr als zwei <strong>Leasing</strong>raten beträgt, aber nicht aus zwei aufeinan-<br />
derfolgenden <strong>Leasing</strong>raten besteht, weil der <strong>Leasing</strong>nehmer zwischendurch Zahlungen<br />
geleistet hat.<br />
Der Rückstand muss bei <strong>Leasing</strong>verträgen mit einer Laufzeit von bis zu 36 Monaten in<br />
der Summe mindestens 10 % und bei Verträgen mit längerer Laufzeit 5 % der Gesamt-<br />
summe aller Brutto-<strong>Leasing</strong>raten ausmachen 86 .<br />
Außerdem setzt gemäß § 498 Nr. 2 BGB die wirksame Kündigung voraus, dass dem<br />
<strong>Leasing</strong>nehmer vorher eine Kündigungsandrohung zugegangen ist. Darin muss der rück-<br />
ständige Betrag genau ausgerechnet und dem <strong>Leasing</strong>nehmer durch eine Fristsetzung<br />
von mindestens zwei Wochen noch einmal Gelegenheit zur Zahlung gegeben worden<br />
sein. Notwendiger Bestandteil der Androhung ist außerdem die ausdrückliche Ankündi-<br />
gung, dass bei Nichtzahlung innerhalb der Frist die gesamte Restschuld verlangt wird.<br />
War die Gesamtfälligstellung nicht angedroht, ist die Kündigung unwirksam 87 .<br />
Die Wirksamkeit einer späteren Kündigung entfällt nur, wenn der <strong>Leasing</strong>nehmer den<br />
Rückstand bis dahin vollständig gezahlt hat. Eine Teilzahlung genügt nicht, auch wenn da-<br />
durch der Rückstand unter die Quote von 10 % bzw. 5 % zurück geführt wird 88 .<br />
Stellt sich der in der Kündigungsandrohung genannte Betrag jedoch als überhöht her-<br />
aus, z.B. weil der <strong>Leasing</strong>geber unberechtigte Bearbeitungsgebühren verlangt oder Zin-<br />
sen falsch ausrechnet, ist die Kündigung unabhängig von Zahlung oder Nichtzahlung ins-<br />
gesamt unwirksam 89 .<br />
86 BGH, Urteil vom 14.02.2001, Az. VIII ZR 277/99.<br />
87 OLG Celle, Beschluss vom 26.10.2004, Az. 3 W 96/04, Rn. 8, zitiert nach juris.<br />
88 BGH, Urteil vom 26.01.2005, Az. VIII ZR 90/04.<br />
89 BGH, Urteil vom 26.01.2005, Az. VIII ZR 90/04.<br />
31
Zu beachten ist außerdem, dass ein <strong>Leasing</strong>vertrag, an dem mehrere <strong>Leasing</strong>nehmer<br />
oder Mithaftende beteiligt sind, nur einheitlich gegenüber allen gekündigt werden kann.<br />
Die Kündigung muss allen gegenüber erklärt werden und allen zugehen, sonst ist sie ins-<br />
gesamt unwirksam 90 .<br />
Ist einer der <strong>Leasing</strong>nehmer Verbraucher, so hängt die Wirksamkeit einer Kündigung<br />
wegen Zahlungsverzugs davon ab, ob die Kündigungsvoraussetzungen für Verbraucher-<br />
darlehensverträge erfüllt sind 91 .<br />
Ist die vom <strong>Leasing</strong>geber ausgesprochene Kündigung unwirksam, so verliert er den<br />
Anspruch auf <strong>Leasing</strong>raten, wenn der <strong>Leasing</strong>nehmer die Kündigung für wirksam hält<br />
und, der Aufforderung des <strong>Leasing</strong>gebers folgend, das <strong>Leasing</strong>objekt zurück gibt 92 .<br />
2.3 Vorvertragliche Kommunikation<br />
2.3.1 Bedeutung der Vertragsverhandlung<br />
Bereits mit der Aufnahme von Vertragsverhandlungen und der Vertragsanbahnung<br />
entsteht die Pflicht, auf die Interessen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen, §§ 241<br />
Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB.<br />
Probleme können insbesondere entstehen, wenn nach den Umständen gebotene Hin-<br />
weise nicht erteilt werden oder irreführende Angaben gemacht werden. Von Bedeutung<br />
sind insoweit insbesondere der Inhalt des Vertragsgespräches und der Inhalt von Wer-<br />
bung 93 .<br />
Zunächst wird vermutet, dass eine unterschriebene Vertragsurkunde richtig und voll-<br />
ständig wiedergibt, was die Parteien vereinbart haben 94 . Allerdings ist der Vertrag auszu-<br />
legen (§§ 133, 157 BGB) und die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit widerleg-<br />
bar 95 . Bei der Auslegung sind außerhalb der Vertragsurkunde liegende Begleitumstände<br />
einzubeziehen 96 . AGB-mäßige Schriftformklauseln, die dazu dienen, insbesondere nach<br />
Vertragsschluss getroffene Individualvereinbarungen zu unterlaufen, indem sie beim<br />
90 Detering, Finanzierungsleasing – Eine Einführung in die Praxis, 1. Teil, ZAP 2011, 401, 411.<br />
91 BGH, Urteil vom 28.06.2000, Az. VIII ZR 240/99.<br />
92 BGH, Urteil vom 28.06.2000, Az. VIII ZR 240/99.<br />
93 BGH, Urteil vom 12.11.1991, Az. VI ZR 7/91, Rn. 29, zitiert nach juris.<br />
94 BGH, Urteil vom 05.07.2002, Az. V ZR 143/01.<br />
95 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.12.2010, Az. I-24 U 127/10, Rn. 9 ff., zitiert nach juris.<br />
96 OLG Hamm, Urteil vom 26.03.2007, Az. 18 U 146/05, Rn. 10, zitiert nach juris; für gegenüber<br />
Verbrauchern verwendete AGB ausdrücklich § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB.<br />
32
Kunden den Eindruck erwecken, eine mündliche Abrede sei entgegen allgemeinen<br />
Grundsätzen unbeachtlich, sind unwirksam 97 .<br />
Der Inhalt des Vertragsgespräches kann bei der AGB-Kontrolle als Individualvereinba-<br />
rung nach § 305b BGB zu berücksichtigen sein. Außerdem können Vertragsgespräch oder<br />
Werbeaussagen dazu führen, dass eine ansonsten nicht zu beanstandende Klausel nach<br />
§ 305c Abs. 1 BGB überraschend wird 98 . Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn ver-<br />
tragliche Risiken, z.B. aus einer Restwertausgleichsklausel oder einem Andienungsrecht,<br />
verharmlost werden. Bei Verbrauchern sind Vertragsgespräch und Werbeaussagen ge-<br />
mäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB auch bei der Kontrolle auf unangemessene Benachteiligung<br />
nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB zu berücksichtigen (Einzelheiten zur AGB-Kontrolle siehe<br />
Kapitel 2.1).<br />
Beispiele:<br />
• Wird mit dem <strong>Leasing</strong>nehmer nur über die Laufleistung verhandelt und ein Rest-<br />
wertrisiko nicht erwähnt, in den schriftlichen Vertrag jedoch eine Restwertaus-<br />
gleichspflicht des <strong>Leasing</strong>nehmers aufgenommen, ist die Restwertausgleichs-<br />
klausel unwirksam (siehe Kapitel 1.3 zum Vollamortisationsanspruch, 2.1.2 zur<br />
Vertragsgestaltung und 2.2.5 zur Erläuterungspflicht bei Verbraucherdarlehen).<br />
• Auch wenn sich der <strong>Leasing</strong>nehmer nur eine begrenzte Ratenhöhe leisten kann<br />
oder will, darf der Restwert nicht ohne ausdrücklichen Hinweis unrealistisch<br />
überhöht werden. Denn eine Senkung der Raten gegen Erhöhung des Restwerts<br />
beseitigt die Liquiditätsbelastung nicht, sondern schiebt sie nur nach hinten. Der<br />
<strong>Leasing</strong>nehmer muss bei Restwertverträgen immer auf die Restwertgefahr hin-<br />
gewiesen werden. Wird der Restwert überhöht angesetzt, muss zusätzlich und<br />
ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass der Restwert unrealistisch ist und<br />
eine Nachzahlung praktisch gewiss ist (siehe Kapitel 2.1.3).<br />
• Wird das Restwertrisiko verharmlost, z.B. indem dem <strong>Leasing</strong>nehmer mitgeteilt<br />
wird, der Händler sei verpflichtet, das Fahrzeug zum angesetzten Restwert zu-<br />
rück zu kaufen, muss sich der <strong>Leasing</strong>geber dies entgegen halten lassen 99 .<br />
2.3.2 Hinweispflichten<br />
Es ist stets zu prüfen, ob dem <strong>Leasing</strong>nehmer die Risiken und wirtschaftlichen Belas-<br />
tungen des Vertrages hinreichend erläutert wurden. Für Verträge, die in den Anwen-<br />
dungsbereich der Schutzvorschriften zu Verbraucherdarlehensverträgen fallen, regelt<br />
97 BGH, Urteil vom 15.02.1995, Az. VIII ZR 93/94, Rn. 19 m.w.N., zitiert nach juris.<br />
98 BGH, Urteil vom 09.04.1987, Az. III ZR 84/86, Rn. 15, zitiert nach juris.<br />
99 OLG Oldenburg, Urteil vom 02.04.1998, Az. 14 U 48/97, Rn. 34, zitiert nach juris.<br />
33
§ 491a Abs. 3 BGB n.F. diese Verpflichtung ausdrücklich (siehe Kapitel 2.2). Die entspre-<br />
chende Hinweispflicht bestand und besteht jedoch auch aus §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2<br />
BGB 100 , insbesondere, wenn sich der <strong>Leasing</strong>geber ein Andienungsrecht einräumen las-<br />
sen oder dem <strong>Leasing</strong>nehmer eine Restwertausgleichspflicht abverlangen will (siehe Ka-<br />
pitel 1.3).<br />
Der <strong>Leasing</strong>geber muss im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren den <strong>Leasing</strong>-<br />
nehmer über Umstände aufzuklären, die geeignet sind, den Vertragszweck und die Ver-<br />
tragsdurchführung zu vereiteln oder aus denen sich für den <strong>Leasing</strong>nehmer besondere<br />
Gefahren bei der Vertragsdurchführung ergeben können 101 .<br />
Da in der Regel verschiedene Finanzierungsinstrumente alternativ zur Verfügung ste-<br />
hen, die Vertragsbedingungen komplex sind und, insbesondere bei Restwertabrechnung<br />
und Andienungsrecht, nicht dem dem Kunden geläufigen gesetzlichen Leitbild des Miet-<br />
vertrages entsprechen, sind an die Aufklärungs- und Hinweispflichten gesteigerte Anfor-<br />
derungen zu stellen.<br />
Die geschuldeten Hinweise müssen ausdrücklich gegeben werden, d.h. in der Regel<br />
im Vertragsgespräch. Durch Übergabe von Unterlagen kann eine Aufklärungspflicht nur<br />
erfüllt werden, wenn konkreten Umstände zur Erwartung berechtigen, dass der Vertrags-<br />
partner die Unterlagen unter diesem bestimmten Gesichtspunkt gezielt durchsehen<br />
wird 102 .<br />
2.3.3 Zurechnung von Aussagen und Kenntnissen des Lieferanten<br />
In der Praxis führt die <strong>Leasing</strong>bank das Vertragsgespräch nicht durch eigene Mitarbei-<br />
ter, sondern lässt es durch den Lieferanten bzw. dessen Verkäufer führen. Der Lieferant<br />
ist dann Erfüllungsgehilfe nach § 278 BGB mit der Folge, dass sich der <strong>Leasing</strong>geber die<br />
Aussagen und Kenntnisse des Lieferanten zurechnen lassen muss; insbesondere unzurei-<br />
chende oder falsche Hinweise 103 .<br />
Der Lieferant ist jedoch regelmäßig kein Vertreter des <strong>Leasing</strong>gebers, weil nach den<br />
Umständen davon auszugehen ist, dass der <strong>Leasing</strong>geber sich den Vertragsschluss selbst<br />
vorbehält. Der <strong>Leasing</strong>nehmer kann daher Zusagen des Lieferanten nicht gegenüber dem<br />
<strong>Leasing</strong>geber durchsetzen. § 278 BGB führt lediglich zu einem Schadensersatzanspruch.<br />
100 Palandt-Weidenkaff, BGB, 71. Aufl., § 491a Rn. 4.<br />
101 BGH, Urteil vom 15.06.2011, Az. VIII ZR 279/10, Rn. 18; OLG Dresden, Urteil vom<br />
02.08.2012, Az. 8 U 460/12, Rn. 16, zitiert nach juris.<br />
102 BGH, Urteil vom 11.11.2011, Az. V ZR 245/10, Rn. 7, zitiert nach juris.<br />
103 BGH, Urteil vom 15.06.2011, Az. VIII ZR 279/10.<br />
34
Für die Zurechnung kommt es nicht darauf an, ob zwischen <strong>Leasing</strong>geber und Liefe-<br />
ranten eine ständige Geschäftsverbindung besteht. Sie knüpft allein daran an, dass sich<br />
der <strong>Leasing</strong>geber zur Vertragsanbahnung der <strong>Hilfe</strong> des Lieferanten bedient. Ob dem so<br />
ist, ist in jedem Einzelfall anhand der konkreten Umstände festzustellen. Anhaltspunkte<br />
dafür sind 104 :<br />
• Der <strong>Leasing</strong>geber hat dem Lieferanten <strong>Leasing</strong>vertragsformulare überlassen.<br />
• Der <strong>Leasing</strong>geber hat dem Lieferanten Daten und Unterlagen für die Bemes-<br />
sung der <strong>Leasing</strong>raten zur Verfügung gestellt.<br />
• Der <strong>Leasing</strong>geber nimmt den ausgefüllten und vom Lieferanten übersandten<br />
<strong>Leasing</strong>antrag widerspruchslos entgegen.<br />
Ist der Lieferant Erfüllungsgehilfe des <strong>Leasing</strong>gebers, so darf der <strong>Leasing</strong>nehmer dar-<br />
auf vertrauen, dass die von ihm mit dem Lieferanten ausgehandelten technischen und<br />
wirtschaftlichen Modalitäten sowohl dem Kaufvertrag als auch dem <strong>Leasing</strong>vertrag zu-<br />
grunde gelegt werden 105 .<br />
Er darf davon ausgehen, dass sich der <strong>Leasing</strong>geber beim Lieferanten über die ausge-<br />
handelten Modalitäten informiert, bevor er den <strong>Leasing</strong>antrag annimmt 106 . Gibt der Lie-<br />
ferant Besprechungspunkte nicht oder falsch an den <strong>Leasing</strong>geber weiter, muss sich der<br />
<strong>Leasing</strong>geber dieses Verschulden seines Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen 107 .<br />
Will der <strong>Leasing</strong>geber vom Verhandlungsergebnis abweichen, so muss er den <strong>Leasing</strong>-<br />
nehmer darauf ausdrücklich hinweisen 108 . Es genügt nicht, dass sich die Abweichung aus<br />
dem Vertragsformular ergibt, denn der <strong>Leasing</strong>nehmer darf darauf vertrauen, das dieses<br />
dem Verhandlungsergebnis entspricht und ist nicht gehalten, die leasingvertraglichen<br />
Regelungen auf Abweichungen zu untersuchen 109 . Eine Aufklärungspflicht kann nicht<br />
durch bloße Übergabe von Unterlagen erfüllt werden, aus denen sich der entsprechende<br />
Gesichtspunkt ergibt, solange keine konkreten Umstände zur Erwartung berechtigen,<br />
dass der Vertragspartner die Unterlagen unter diesem bestimmten Gesichtspunkt gezielt<br />
durchsehen wird 110 .<br />
104 Nach BGH, Urteil vom 03.06.1985, Az. VIII ZR 102/84, Rn. 26 f., bestätigt im Urteil vom<br />
15.06.2011, Az. VIII ZR 279/10, Rn. 19, zitiert nach juris.<br />
105 OLG Köln, Urteil vom 16.07.2002, Az. 15 U 30/02, Rn. 42, zitiert nach juris.<br />
106 OLG Oldenburg, Urteil vom 06.03.2012, Az. 13 U 4/11, Rn. 52, zitiert nach juris.<br />
107 BGH, Urteil vom 03.07.1985, Az. VIII ZR 102/84, Rn. 22 ff., zitiert nach juris.<br />
108 BGH, Urteil vom 03.07.1985, Az. VIII ZR 102/84, Rn. 20, zitiert nach juris.<br />
109 OLG Frankfurt, Urteil vom 28.01.2009, Az. 17 U 241/08, Rn. 50, zitiert nach juris.<br />
110 Siehe Fußnote 102.<br />
35
• Sagt der Lieferant als Erfüllungsgehilfe des <strong>Leasing</strong>gebers beispielsweise eine<br />
Kaufoption zu – nach Ablauf der <strong>Leasing</strong>zeit könne das <strong>Leasing</strong>objekt käuflich er-<br />
worben werden –, so haftet der <strong>Leasing</strong>geber für diese Aussage selbst dann,<br />
wenn im schriftlichen Vertrag ein Erwerbsrecht des <strong>Leasing</strong>nehmers ausdrück-<br />
lich ausgeschlossen ist 111 .<br />
• Gleiches gilt, wenn der Lieferant im Gegensatz zum schriftlichen Vertragstext mit<br />
Kilometerabrechnung zusagt, Mehrkilometer würden nicht berechnet 112 .<br />
• Ebenso muss sich der <strong>Leasing</strong>geber entgegen halten lassen, wenn der Lieferant<br />
in der Internetwerbung den Eindruck erweckt, der <strong>Leasing</strong>nehmer müsse nur die<br />
<strong>Leasing</strong>raten zahlen, im Vertragsformular jedoch eine Restwertausgleichsklausel<br />
aufgenommen ist 113 .<br />
Auch eine arglistige Täuschung durch den Lieferanten muss sich der <strong>Leasing</strong>geber<br />
entgegen halten lassen 114 . Der Lieferant ist in der Regel Vertrauensperson des <strong>Leasing</strong>ge-<br />
bers und damit kein Dritter i.S.d. § 123 Abs. 2 BGB 115 . Solange er nicht vorsätzlich mit<br />
dem Lieferanten zum Schaden des <strong>Leasing</strong>gebers zusammenwirkt, kann sich der <strong>Leasing</strong>-<br />
nehmer sogar noch auf arglistige Täuschung durch den Lieferanten berufen, wenn er die<br />
ihn gegenüber dem <strong>Leasing</strong>geber treffenden Untersuchungspflichten verletzt und dem<br />
Lieferanten buchstäblich blindlings vertraut hat 116 .<br />
Abzugrenzen sind nur Aussagen und Handlungen des Lieferanten, die nicht zum allge-<br />
meinen Umkreis des Aufgabenbereichs gehören, zu dessen Wahrnehmung der Lieferant<br />
vom <strong>Leasing</strong>geber bestellt worden ist; es also an einem inneren sachlichen Zusammen-<br />
hang zwischen der Aufgabe und der zuzurechnenden Aussage oder Handlung fehlt 117 .<br />
Dies gilt insbesondere für Aussagen und Handlungen, die, für den <strong>Leasing</strong>nehmer er-<br />
kennbar, in eigenem Namen des Lieferanten 118 oder gegen den Willen des <strong>Leasing</strong>gebers<br />
erfolgen. Es fällt auch in die Verantwortung des <strong>Leasing</strong>nehmers, wenn er sich vom Liefe-<br />
ranten zur Abgabe einer unrichtigen Übernahmeerklärung verleiten lässt 119 .<br />
111 BGH, Urteil vom 04.11.1987, Az. VIII ZR 313/86; OLG Dresden, Urteil vom 08.03.2000, Az. 8<br />
U 3010/99, Rn. 5; a.A. OLG Düsseldorf 24. Zivilsenat, Beschluss vom 12.05.2010, Az. I-24 U<br />
167/09, 24 U 167/09, Rn. 6, zitiert nach juris.<br />
112 LG Neubrandenburg, Urteil vom 07.06.2004, Az. 3 O 67/03, VuR 2004, 443.<br />
113 OLG Frankfurt, Urteil vom 28.01.2009, Az. 17 U 241/08, Rn. 46, zitiert nach juris.<br />
114 OLG Frankfurt, Urteil vom 28.01.2009, Az. 17 U 241/08, Rn. 47 ff., zitiert nach juris.<br />
115 BGH, Urteil vom 28.09.1988, Az. VIII ZR 160/87, Rn. 30, zitiert nach juris.<br />
116 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.11.2008, Az. I-24 U 73/08.<br />
117 BGH, Urteil vom 30.03.2011, Az. VIII ZR 99/10, Rn. 18, zitiert nach juris.<br />
118 Z.B. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.02.2010, Az. I-24 U 115/09.<br />
119 BGH, Urteil vom 20.10.2004, Az. VIII ZR 36/03.<br />
36
2.4 Sittenwidrigkeit wegen Wuchers<br />
Der <strong>Leasing</strong>vertrag ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn der effektive Vertragszins<br />
den effektiven Vergleichszins relativ um rund 100 % oder absolut um 12 Prozentpunkte<br />
übersteigt 120 .<br />
Außerdem setzt die Sittenwidrigkeit das vorsätzliche oder grob fahrlässige Ausnutzen<br />
der schwächeren Lage des Vertragspartners durch den <strong>Leasing</strong>geber voraus. Ist der Lea-<br />
singnehmer Unternehmer, trägt er die Darlegungs- und Beweislast für diese verwerfliche<br />
Gesinnung des <strong>Leasing</strong>gebers 121 .Ist der <strong>Leasing</strong>nehmer Verbraucher, wird die verwerfli-<br />
che Gesinnung des <strong>Leasing</strong>gebers vermutet, wenn der objektive Tatbestand des auffälli-<br />
gen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. Es ist dann Sache<br />
des <strong>Leasing</strong>gebers, den Gegenbeweis anzutreten, dass der <strong>Leasing</strong>nehmer sich auf den<br />
ihn objektiv übermäßig belastenden Vertrag nicht nur wegen seiner wirtschaftlich<br />
schwächeren Lage, Rechtsunkundigkeit oder mangelnder Geschäftsgewandtheit einge-<br />
lassen hat, bzw. dass der <strong>Leasing</strong>geber dies jedenfalls nicht erkannt oder ohne grobe<br />
Fahrlässigkeit verkannt hat 122 .<br />
3 Abrechnung zum Vertragsende<br />
3.1 Keine Kaufoption<br />
Aufgrund der steuerrechtlichen Vorgaben darf dem <strong>Leasing</strong>nehmer keine vertragliche<br />
Kaufoption eingeräumt werden, das Fahrzeug zu erwerben. Nicht selten kommt es in der<br />
Praxis dazu, dass Lieferanten dem <strong>Leasing</strong>nehmer dennoch versprechen, er dürfe das<br />
Fahrzeug zum vereinbarten Restwert übernehmen 123 . Eine solche Kaufoption ist steuer-<br />
schädlich, unabhängig davon, ob der <strong>Leasing</strong>nehmer sie zum Vertragsende zieht: Erhält<br />
der <strong>Leasing</strong>nehmer durch den Vertrag das Recht zum Erwerb des Eigentums, kann er<br />
nicht zugleich die <strong>Leasing</strong>raten als Betriebsausgaben absetzen, weil es sich dann steuer-<br />
rechtlich betrachtet um Kauf und nicht um Miete handelt (siehe Kapitel 1.5). Setzt der<br />
<strong>Leasing</strong>nehmer bei einem Vertrag mit Kaufoption die <strong>Leasing</strong>raten als Betriebsausgaben<br />
ab, kann dies zu einer Strafbarkeit der Beteiligten wegen versuchter oder vollendeter<br />
Steuerhinterziehung führen (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 AO).<br />
120 BGH, Urteil vom 30.01.1995, Az. VIII ZR 316/93, Rn. 34, zitiert nach juris, mit weiteren Hinweisen<br />
zur Berechnung.<br />
121 OLG Düsseldorf , Urteil vom 22.02.1996, Az. 10 U 54/95, Rn. 6, zitiert nach juris.<br />
122 BGH, Urteil vom 30.01.1995, Az. VIII ZR 316/93, Rn. 42, zitiert nach juris.<br />
123 Die Zusagen des Lieferanten können dem <strong>Leasing</strong>geber gem. § 278 BGB zuzurechnen sein,<br />
siehe Kapitel 2.3.3 und Fußnote 111.<br />
37
3.2 Fahrzeugrückgabe<br />
In den üblichen <strong>Fahrzeugleasing</strong>verträgen ist vorgesehen, dass der <strong>Leasing</strong>nehmer<br />
das Fahrzeug beim Händler (Lieferanten) zurück gibt. Die Händler sind häufig durch Rah-<br />
menvereinbarungen oder Nebenabreden mit dem <strong>Leasing</strong>geber, von denen der <strong>Leasing</strong>-<br />
nehmer nicht unbedingt Kenntnis haben muss, verpflichtet, die Fahrzeugrücknahme und<br />
-bewertung zu organisieren und das Fahrzeug von der <strong>Leasing</strong>bank zurück zu kaufen 124 .<br />
Der <strong>Leasing</strong>geber ist für den Fahrzeugwert und -zustand beweisbelastet, soweit er<br />
Ansprüche auf Restwertausgleich (siehe Kapitel 3.6) oder wegen übermäßiger Abnut-<br />
zung (siehe Kapitel 3.8) geltend machen will.<br />
Er muss detailliert darlegen und nachweisen, welche der behaupteten Schäden auf<br />
normalen Verschleiß und welche auf übervertragliche Abnutzung zurückzuführen sind.<br />
Ein Gutachten, das die Schadenskosten ohne jegliche Begründung auflistet, reicht nicht<br />
aus. Er kann sich im Gerichtsprozess auch nicht darauf beschränken, den mit der Erstel-<br />
lung des Gutachtens betrauten Sachverständigen als Zeugen zu benennen, da die Darle-<br />
gung der Übermaßbeanspruchung Aufgabe des <strong>Leasing</strong>gebers und nicht die eines Zeu-<br />
gen ist 125 .<br />
Weil der Zeitpunkt der Rückgabe maßgeblich ist, müssen Feststellungen sofort bei<br />
der Rückgabe getroffen werden. Der <strong>Leasing</strong>geber genügt der ihm obliegenden Beweis-<br />
führungslast beispielsweise nicht, wenn er erst mehr als zwei Wochen nach Rückgabe<br />
des Fahrzeugs einen Sachverständigen mit der Begutachtung des Fahrzeugs beauf-<br />
tragt 126 .<br />
Protokoll bei Fahrzeugrückgabe<br />
Bei der Fahrzeugrückgabe muss der <strong>Leasing</strong>geber selbst oder durch seinen Beauftrag-<br />
ten gemeinsam mit dem <strong>Leasing</strong>nehmer den Fahrzeugzustand protokollieren 127 . Verletzt<br />
er diese Obliegenheit, kann er etwaige Ansprüche wegen übermäßiger Abnutzungen ver-<br />
lieren (siehe Kapitel 3.8).<br />
So geht zu Lasten des <strong>Leasing</strong>gebers, wenn der zur Anfertigung eines Rückgabeproto-<br />
kolls ermächtigte Vertragshändler keine Fotografien von dem Fahrzeug anfertigt, obwohl<br />
124 Zu einem Andienungsrecht des <strong>Leasing</strong>gebers gegenüber dem Händler: OLG München,<br />
Endurteil vom 10.08.2011, Az. 7 U 1505/11, Rn. 24 ff., zitiert nach juris.<br />
125 AG Korbach, Urteil vom 27.07.1999, Az. 3 C 32/99, zitiert nach juris.<br />
126 LG Frankfurt, Urteil vom 25.07.1988, Az. 2/24 S 354/86.<br />
127 LG Frankfurt, Urteil vom 25.07.1988, Az. 2/24 S 354/86.<br />
38
hierzu im Hinblick auf das Vorhandensein etwaiger negativer Zustandsmerkmale Anlass<br />
besteht 128 .<br />
Bei vorbehaltloser Unterzeichnung des Rückgabeprotokolls durch einen Beauftragten<br />
des <strong>Leasing</strong>gebers wird die spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen des<br />
<strong>Leasing</strong>gebers wegen Schäden am <strong>Leasing</strong>fahrzeug ausgeschlossen 129 .<br />
Einigung<br />
Sehen die AGB die Einholung eines Gutachtens zum Händlereinkaufpreis nur vor,<br />
wenn die Parteien sich nicht einigen konnten, so ist der Einigungsversuch Voraussetzung<br />
für die Abrechnung auf Basis des Händlereinkaufpreises 130 .<br />
3.3 Begutachtung<br />
Bei Restwertabrechnung ist der <strong>Leasing</strong>geber bezüglich des Fahrzeugwerts, bei Scha-<br />
densersatzanspruch wegen übermäßiger Mängel bezüglich des Fahrzeugzustands bei<br />
Rückgabe beweisbelastet.<br />
Sieht der Vertrag vor, dass Fahrzeugwert oder -zustand durch einen Gutachter ermit-<br />
telt werden, so liegt darin nur dann ein Schiedsgutachtenvertrag nach § 317 Abs. 1 BGB,<br />
wenn auf diese Bedeutung des Gutachtens ausdrücklich hingewiesen wird 131 .<br />
Nach § 305c Abs. 2 BGB ist bei einer Gutachterklausel im Zweifel davon auszugehen,<br />
dass die Erstellung des Gutachtens Zulässigkeitsvoraussetzung für den darauf gestützten<br />
Anspruch des <strong>Leasing</strong>gebers ist, so dass eine vorher erhobene Klage unzulässig ist 132 . Ge-<br />
hen die Unklarheiten in den Abrechnungsklauseln so weit, dass die Ermittlung des Aus-<br />
gleichsanspruchs unmöglich ist, ist die Klage als unbegründet abzuweisen 133 .<br />
Eine Gutachterklausel kann wegen unangemessener Benachteiligung des <strong>Leasing</strong>neh-<br />
mers nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam sein, wenn Zweifel an der Neutralität, voll-<br />
ständigen Unabhängigkeit und Sachkunde des Schiedsgutachters bezogen auf den Inter-<br />
essenkreis des <strong>Leasing</strong>gebers bestehen 134 .<br />
128 LG Frankfurt, Urteil vom 25.07.1988, Az. 2/24 S 158/87.<br />
129 OLG Celle, Urteil vom 16.07.1997, Az. 2 U 70/96, zitiert nach juris.<br />
130 OLG Koblenz, Urteil vom 10.03.1994, Az. 5 U 1257/93, Rn. 15, zitiert nach juris.<br />
131 LG Frankfurt, Urteil vom 25.07.1988, Az. 2/24 S 102/87, Rn. 16, zitiert nach juris.<br />
132 LG Kassel, Urteil vom 11.09.1998, Az. 10 S 241/98, DAR 1998, 477.<br />
133 LG Darmstadt, Urteil vom 25.02.2011, Az. 9 O 245/10.<br />
134 LG Frankfurt, Urteil vom 25.07.1988, Az. 2/24 S 102/87, Rn. 17, zitiert nach juris.<br />
39
Der Gutachter muss Fotografien anfertigen, wenn hierzu aufgrund negativer Zu-<br />
standsmerkmale Anlass besteht 135 . Der <strong>Leasing</strong>nehmer muss an der Begutachtung betei-<br />
ligt werden 136 .<br />
Von besonderer Bedeutung ist, dass dem Gutachten der jeweils richtige Beurteilungs-<br />
maßstab zugrunde gelegt ist. Es muss auf den Zeitpunkt der Rückgabe abstellen. Nach<br />
der Rückgabe eingetretene Beschädigungen, Verschlechterungen oder durch Zeitablauf<br />
verursachte Wertverluste müssen zu Lasten des <strong>Leasing</strong>gebers gehen. Sie dürfen nicht<br />
dem <strong>Leasing</strong>nehmer belastet werden, weil die Rückgabe den Zeitpunkt des Gefahrüber-<br />
gangs darstellt (zum Maßstab für übermäßige Abnutzungen siehe Kapitel 3.8, zum An-<br />
satz von versäumten Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten siehe Kapitel 3.9). AGB-<br />
Klauseln, die zu für den <strong>Leasing</strong>nehmer schlechteren Bewertungsmaßstäben führen,<br />
sind wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB).<br />
Der <strong>Leasing</strong>geber muss dem von ihm beauftragten Sachverständigen konkrete, den<br />
vertraglichen Bestimmungen entsprechende Anweisungen für die Begutachtung ertei-<br />
len 137 .<br />
Die Gutachterkosten fallen grundsätzlich dem <strong>Leasing</strong>geber zur Last 138 , weil er das<br />
Gutachten zur ihm obliegenden Abrechnung und Verwertung benötigt. Sie dürfen dem<br />
<strong>Leasing</strong>nehmer nur bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung und auch dann nur<br />
teilweise auferlegt werden. Eine vollständige Inrechnungstellung der Gutachterkosten<br />
gegenüber dem <strong>Leasing</strong>nehmer ist unangemessen benachteiligend, weil auch der Lea-<br />
singgeber ein Interesse an der Begutachtung hat 139 .<br />
3.4 Gelegenheit zur Behebung von Mängeln<br />
Der <strong>Leasing</strong>geber muss dem <strong>Leasing</strong>nehmer durch Nachfristsetzung Gelegenheit ge-<br />
ben, festgestellte Mängel selbst zu beheben oder beheben zu lassen (§ 281 Abs. 1 S. 1<br />
BGB). Entgegenstehende AGB-Klauseln verstoßen gegen einen wesentlichen Grundge-<br />
danken der gesetzlichen Regelung und sind daher unwirksam 140 (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).<br />
135 LG Frankfurt, Urteil vom 25.07.1988, Az. 2/24 S 158/87, NJW-RR 1988, 1134.<br />
136 LG Frankfurt, Urteil vom 25.07.1988, Az. 2/24 S 102/87, Rn. 18, zitiert nach juris.<br />
137 LG Frankfurt, Urteil vom 25.07.1988, Az. 2/24 S 158/87.<br />
138 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.05.2008, Az. I-24 U 144/07, Rn. 20, zitiert nach juris.<br />
139 AG Blomberg, Urteil vom 20.04.2011, Az. 4 C 324/10, Rn. 35, zitiert nach juris.<br />
140 AG Blomberg, Urteil vom 20.04.2011, Az. 4 C 324/10, Rn. 29 ff., zitiert nach juris; AG<br />
Zerbst, Urteil vom 16.11.2011, Az. 6 C 307/09, Rn. 23 ff., zitiert nach juris.<br />
40
3.5 Wahl der Abrechnungsart<br />
Hat sich der <strong>Leasing</strong>geber sich ein Andienungsrecht vorbehalten, muss er die Ent-<br />
scheidung über die Ausübung des Andienungsrechts innerhalb der vertraglich festgeleg-<br />
ten Frist treffen 141 .<br />
An eine einmal getroffene Wahl ist er gebunden. Beispielsweise kann er nicht auf<br />
Restwertausgleich umschwenken, wenn er zuvor ein Andienungsrecht ausgeübt hat 142 .<br />
Klauseln, die dem <strong>Leasing</strong>geber eine Wahl zwischen Abrechnungsarten ermöglichen,<br />
halten der AGB-Kontrolle (siehe Kapitel 2.1.2) nicht immer stand. Behält der <strong>Leasing</strong>ge-<br />
ber im Vertragsformular neben einem drucktechnisch hervorgehobenen Andienungs-<br />
recht auf der Vorderseite sich in einer kleingedruckten Klausel auf der Rückseite des Ver-<br />
tragsformulars vor, alternativ einen Restwertausgleichsanspruch geltend zu machen, so<br />
verstößt die Restwertausgleichsklausel gegen das Überraschungsverbot 143 . Klauseln, die<br />
nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags,<br />
so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rech-<br />
nen braucht, sind unwirksam (§ 305c Abs. 1 BGB). Der Restwertausgleichsanspruch hat<br />
im Vergleich zum Andienungsrecht aus Sicht des <strong>Leasing</strong>nehmers den Nachtteil, dass er<br />
nur 75 % eines Mehrerlöses erhält, während er beim Andienungsrecht einen Mehrerlös<br />
aus Weiterverkauf zu 100 % behalten könnte. Außerdem wird bei der Restwertabrech-<br />
nung das <strong>Leasing</strong>objekt sofort zu möglicherweise ungünstigen Konditionen verwertet,<br />
während der <strong>Leasing</strong>nehmer beim Andienungsrecht den Weiterverkauf selbst in der<br />
Hand hat und ein günstiges Angebot abwarten kann.<br />
3.6 Restwertausgleich<br />
3.6.1 Berechnung<br />
Beim Restwertausgleich wird die Differenz zwischen dem in den Vertrag geschriebe-<br />
nen kalkulierten Restwert und dem tatsächlichen Verwertungserlös des <strong>Leasing</strong>objekts<br />
nach Ende der <strong>Leasing</strong>zeit berechnet (Restwertdifferenz).<br />
Dabei kann es aus Sicht des <strong>Leasing</strong>nehmers sowohl zu einer Nachzahlung kommen<br />
(tatsächlicher Verwertungserlös geringer als kalkulierter Restwert) als auch zu einer Er-<br />
stattung (tatsächlicher Verwertungserlös höher als kalkulierter Restwert).<br />
Regelmäßig sehen die Restwertausgleichsklauseln vor, dass eine Erstattung nur in<br />
Höhe von 75 % ausgezahlt wird, während ein Nachzahlungsbetrag zu 100 % zu leisten ist.<br />
141 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.04.2011, Az. I-24 U 157/10, Rn. 23 f., zitiert nach juris.<br />
142 OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.11.2005, Az. I-24 U 30/05, Rn. 12, zitiert nach juris.<br />
143 OLG Nürnberg, Urteil vom 08.06.1999, Az. 1 U 480/99.<br />
41
Diese den <strong>Leasing</strong>nehmer benachteiligende Gestaltung wird durch steuerrechtliche Er-<br />
fordernisse gerechtfertigt (siehe Kapitel 1.5).<br />
Keine Doppelberücksichtigung von Schäden<br />
Bei wirksamer Restwertausgleichsklausel ist für den Ausgleichsanspruch für übermä-<br />
ßige Abnutzung kein Raum, weil die übermäßigen Abnutzungen bereits durch eine Ver-<br />
ringerung des tatsächlichen Restwerts abgebildet sind. Sie dürfen nicht doppelt abgezo-<br />
gen werden. Bei Restwertverträgen erlangt der Ausgleichsanspruch für übermäßige Ab-<br />
nutzungen nur Bedeutung als Auffanganspruch, wenn die Restwertausgleichsklausel un-<br />
wirksam ist.<br />
Versicherungsleistungen wegen Wertminderung<br />
Auf den Veräußerungserlös zu addieren sind Versicherungsleistungen wegen Wert-<br />
minderung, soweit der <strong>Leasing</strong>geber solche erhalten hat 144 .<br />
3.6.2 Pflicht zur bestmöglichen Verwertung<br />
Bei Verträgen mit Restwertausgleich trifft den <strong>Leasing</strong>geber nach Fahrzeugrückgabe<br />
die Pflicht zur bestmöglichen Verwertung des <strong>Leasing</strong>objekts. Es handelt sich um eine<br />
vertragliche Nebenpflicht.<br />
Die Veräußerung zum Händlereinkaufspreis genügt dieser Pflicht nicht ohne weite-<br />
res. Eine AGB-Klausel, die den <strong>Leasing</strong>nehmer ohne Ausnahme an die Schätzung des<br />
Händlereinkaufpreises durch einen Sachverständigen bindet, ist unangemessen benach-<br />
teiligend 145 . In der Fahrzeugbewertung wird zwischen Händlereinkaufpreis und Händler-<br />
verkaufspreis unterschieden. Händlerverkaufspreis ist der Preis, der für das Fahrzeug<br />
beim Endabnehmer zu erzielen ist. Händlereinkaufspreis ist der Preis, zu dem ein Händ-<br />
ler bereit ist, das Fahrzeug anzukaufen. Der Händlereinkaufpreis ist niedriger als der<br />
Händlerverkaufspreis, weil Kosten- und Gewinnanteil des Händlers berücksichtigt wer-<br />
den müssen.<br />
Der <strong>Leasing</strong>geber muss zumutbaren Möglichkeiten zur Erzielung eines Verwertungs-<br />
erlöses, der über dem Händlereinkaufspreis liegt, nachgehen 146 . Besteht eine Rückkauf-<br />
verpflichtung des Händlers, muss der <strong>Leasing</strong>geber von ihr Gebrauch machen 147 .<br />
144 Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., S. 1102.<br />
145 BGH, Urteil vom 22.11.1995, Az. VIII ZR 57/95, Rn. 4, zitiert nach juris.<br />
146 BGH, Urteil vom 10.10.1990, Az. VIII ZR 296/89, Rn. 25, zitiert nach juris.<br />
147 OLG Oldenburg, Urteile vom 02.04.1998, Az. 14 U 48/97, und vom 06.03.2012, Az. 13 U<br />
4/11, Rn. 49, zitiert nach juris.<br />
42
Er muss auch berücksichtigen, wenn der <strong>Leasing</strong>nehmer ihm höher bietende Interes-<br />
senten nennt (Drittkäuferbenennung) oder den Händlereinkaufspreis überbietet, indem<br />
er selbst ein Kaufangebot abgibt.<br />
Zwar ist der <strong>Leasing</strong>geber bei entsprechend der steuerrechtlichen <strong>Leasing</strong>erlasse aus-<br />
gestalteten <strong>Leasing</strong>verträgen nicht verpflichtet, das <strong>Leasing</strong>objekt an den <strong>Leasing</strong>nehmer<br />
zu verkaufen (siehe Kapitel 1.5). Lässt der <strong>Leasing</strong>geber jedoch ein höheres Kaufangebot<br />
des <strong>Leasing</strong>nehmers unberücksichtigt, so kann er die aufgrund eines schlechteren Ver-<br />
wertungserlöses begründete Restwertdifferenz nicht vom <strong>Leasing</strong>nehmer beanspruchen,<br />
soweit sie auf die Missachtung dessen Kaufangebots zurück zu führen ist.<br />
Andererseits soll der <strong>Leasing</strong>geber nach einem BGH-Urteil vom 04.06.1997 jedenfalls<br />
dann zum Händlereinkaufspreis verkaufen und abrechnen dürfen, wenn er dem <strong>Leasing</strong>-<br />
nehmer den Kauf des Fahrzeugs angeboten hat und dieser darauf nicht eingeht 148 . Der<br />
Schutzzweck, dass dem <strong>Leasing</strong>nehmer der tatsächliche Marktwert des <strong>Leasing</strong>objekts<br />
im Verwertungszeitpunkt zugute kommt, werde auch erreicht, wenn dem <strong>Leasing</strong>neh-<br />
mer eingeräumt wird, ein zu gering bewertetes <strong>Leasing</strong>objekt zum Schätzpreis zu erwer-<br />
ben und es auf eigene Rechnung zum höheren tatsächlichen Marktwert weiterzuveräu-<br />
ßern.<br />
In der Praxis setzen die <strong>Leasing</strong>geber die BGH-Rechtsprechung um, indem sie dem<br />
<strong>Leasing</strong>nehmer das Fahrzeug zum Händlereinkaufspreis anbieten. Weil sich dieser den<br />
Kauf des Fahrzeugs in der Regel nicht leisten kann oder will, wird das Fahrzeug dann vom<br />
<strong>Leasing</strong>geber zum Händlereinkaufspreis an den Händler veräußert. Weitere Aktivitäten<br />
zur Verwertung des Fahrzeugs entfalten sie nicht.<br />
Diese scheinbar simple Lösung lässt unberücksichtigt, dass der <strong>Leasing</strong>nehmer regel-<br />
mäßig erstens nicht über die Liquidität zum Erwerb des Fahrzeugs verfügt, zweitens nicht<br />
die Verbindungen und Branchenkenntnisse des <strong>Leasing</strong>gebers hat, um das Fahrzeug<br />
bestmöglich weiter zu verkaufen.<br />
Im Ergebnis hat das BGH-Urteil vom 04.06.1997 dazu geführt, dass die dem <strong>Leasing</strong>-<br />
geber als „bestmögliche“ Verwertung auferlegte Pflicht zu dem verkümmert ist, was dem<br />
Geschädigten eines Verkehrsunfalls im Rahmen der Totalschadensabrechnung als Scha-<br />
densminderungspflicht auferlegt wird 149 .<br />
Das OLG Düsseldorf hat in der Zwischenzeit zumindest eine Klausel verworfen, nach<br />
der der <strong>Leasing</strong>nehmer zur Lösung vom Händlereinkaufpreis innerhalb von zwei Wochen<br />
nach Zugang des Sachverständigengutachtens einen Kaufinteressenten zu benennen hat,<br />
der innerhalb dieser Frist das Fahrzeug zu einem über dem Händlereinkaufpreis liegen-<br />
148 BGH, Urteil vom 04.06.1997, Az. VIII ZR 312/96, Rn. 23, zitiert nach juris.<br />
149 Zur Restwertermittlung bei Verkehrsunfällen: BGH, Urteil vom 13.01.2009, Az. VI ZR<br />
205/08.<br />
43
den Kaufpreis bar bezahlt und abnimmt 150 . Als Konsequenz sei der Händlerverkaufspreis<br />
abzüglich nach § 287 ZPO geschätzter Kosten von 10 % zugrunde zu legen. Hintergrund<br />
dieser Höhe ist, dass nach Auffassung des BGH die Außerachtlassung sonstiger Verwer-<br />
tungsmöglichkeiten keinen Schadensersatzanspruch des <strong>Leasing</strong>nehmers begründet, so-<br />
lange der Erlös weniger als 10 % unter dem Händlerverkaufspreis liegt 151 .<br />
Indes wird dem <strong>Leasing</strong>geber regelmäßig zumutbar sein, das Fahrzeug in Internetbör-<br />
sen anzubieten und den Lieferanten vertraglich zu verpflichten, es nach Ende der Lea-<br />
singzeit für einige Wochen auf Kommission zum Verkauf auszustellen. Für ein Ausstellen<br />
auf Kommission fallen bei den Lieferanten im Wesentlichen nur Sowiesokosten an, ganz<br />
im Gegensatz zu den wirtschaftlich riskanten und belastenden Rückkaufverpflichtungen,<br />
die ihnen in der Praxis von den <strong>Leasing</strong>gebern vor allem bei <strong>Leasing</strong>verträgen mit Kilo-<br />
meterabrechnung abverlangt werden.<br />
Die BGH-Rechtsprechung aus dem Jahr 1997 ist auch aufgrund des zwischenzeitlichen<br />
Aufkommens der Internetbörsen nicht mehr auf heutige Fälle anwendbar. Ein Großteil<br />
des Gebrauchtwagenhandels vollzieht sich inzwischen über Gebrauchtwagenbörsen im<br />
Internet. Haftpflichtversicherungen machen sich dies zunutze und überbieten bei der To-<br />
talschadensregulierung die von Sachverständigen geschätzten Restwerte regelmäßig<br />
durch höhere Kaufangebote aus Restwertbörsen. Sie stellen die Fahrzeuge in derartige<br />
Börsen ein. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb gleiche Verwertungsbemühungen nicht<br />
auch einem <strong>Leasing</strong>geber zumutbar sein sollen.<br />
Festzuhalten ist jedenfalls, dass die bloße Aufforderung an den <strong>Leasing</strong>nehmer, einen<br />
Drittkäufer zu benennen, nicht mehr der bestmöglichen Verwertung gleichkommt. Denn<br />
das zeitgemäße Anbieten des Fahrzeugs erfordert zumindest, dass der <strong>Leasing</strong>geber dem<br />
<strong>Leasing</strong>nehmer, der zu diesem Zeitpunkt keine Rechte mehr an dem Fahrzeug hat, zu-<br />
gleich gestattet, das Fahrzeug im Namen des <strong>Leasing</strong>gebers in Gebrauchtwagenbörsen<br />
einzustellen und ihm die dazu notwendigen Informationen zur Verfügung stellt, insbe-<br />
sondere Standort des Fahrzeugs, Besichtigungsmöglichkeiten und Fotos.<br />
3.6.3 Kosten der Sachmängelhaftung im Rahmen des Weiterverkaufs<br />
Verkauft der <strong>Leasing</strong>geber als Unternehmer das Fahrzeug nach Ende der <strong>Leasing</strong>zeit<br />
an einen Verbraucher, so kann er die kaufrechtliche Sachmängelhaftung wegen § 475<br />
Abs. 1 BGB nicht ausschließen (Verbrauchsgüterkauf). Übt der <strong>Leasing</strong>geber also ein An-<br />
dienungsrecht gegenüber einem <strong>Leasing</strong>nehmer aus, der Verbraucher ist, oder verkauft<br />
er das Fahrzeug im Rahmen der Verwertung des <strong>Leasing</strong>objekts an einen Dritten, der<br />
150 OLG Düsseldorf, Urteile vom 30.03.2004, Az. 24 U 193/03, und vom 07.06.2005, Az. 24 U<br />
235/04.<br />
151 BGH, Urteil vom 10.10.1990, Az. VIII ZR 296/89, Rn. 25, zitiert nach juris.<br />
44
Verbraucher ist, trifft den <strong>Leasing</strong>geber die kaufrechtliche Gewährleistungspflicht, wobei<br />
er die Verjährung gemäß § 475 Abs. 2 BGB auf ein Jahr verkürzen kann.<br />
Aus Sicht des <strong>Leasing</strong>gebers ist dies problematisch, weil es zu einer Amortisations-<br />
lücke kommen kann, wenn er für Mängel eintreten muss.<br />
Als Lösung wird erwogen 152 , beim Andienungsrecht den Verkauf oder zumindest den<br />
Gefahrübergang zeitlich vorzuverlagern. Es ist jedoch zweifelhaft, ob eine solche Umge-<br />
hung zivilrechtlich mit § 475 Abs. 1 BGB vereinbar ist und mit ihr das steuerrechtliche<br />
Ziel, das <strong>Leasing</strong>objekt während der <strong>Leasing</strong>zeit als Wirtschaftsgut dem <strong>Leasing</strong>geber zu-<br />
zurechnen, noch verwirklicht werden kann. Eine weitere Überlegung ist, die Belastung<br />
der Sachmängelhaftung leasingvertraglich auf den <strong>Leasing</strong>nehmer abzuwälzen, z.B. in-<br />
dem die Kosten einer Gebrauchtwagenversicherung vom Verwertungserlös abgezogen<br />
werden.<br />
Vorzugswürdig erscheint, wie bisher den <strong>Leasing</strong>geber das Sachmängelrisiko aus der<br />
Verwertung in die <strong>Leasing</strong>konditionen einpreisen zu lassen, denn sie sind Teil des Auf-<br />
wands dieses Finanzierungsmodells. Dies schafft aus Sicht des <strong>Leasing</strong>nehmers Transpa-<br />
renz, weil der Aufwand des <strong>Leasing</strong>s aus den <strong>Leasing</strong>raten zu entnehmen ist und nicht in<br />
Nebenkosten versteckt wird. Aus Sicht des <strong>Leasing</strong>gebers gewährleistet es Rechts- und<br />
Kalkulationssicherheit sowie Flexibilität bei der Verwertung und Absicherung des Sach-<br />
mängelrisikos. Ob und zu welchen Konditionen er es versichert, ist dem <strong>Leasing</strong>geber<br />
selbst überlassen.<br />
3.7 Ausgleichsanspruch für Mehr- oder Minderkilometer<br />
Der Ausgleichsanspruch für Mehr- oder Minderkilometer entsteht, wenn die Zahl der<br />
tatsächlich während der <strong>Leasing</strong>zeit gefahrenen Kilometer von der Zahl der in den Ver-<br />
trag als vereinbarte Laufleistung geschriebenen Kilometer abweicht. Er kann aus Sicht<br />
des <strong>Leasing</strong>nehmers zu einer Erstattung (Minderkilometer) oder Nachzahlung (Mehrkilo-<br />
meter) führen.<br />
In der Regel werden im Vertrag unterschiedliche Beträge in Cent pro Mehr- und pro<br />
Minderkilometer festgelegt. Außerdem wird häufig eine Toleranz vereinbart, innerhalb<br />
derer Abweichungen keinen Ausgleichsanspruch begründen.<br />
Neben dem Ausgleichsanspruch für Mehr- oder Minderkilometer besteht bei Kilome-<br />
terabrechnung auch ein Ausgleichsanspruch für übermäßige Abnutzungen in Form von<br />
Fahrzeugschäden, soweit solche bestehen. Mehrkilometer bzw. durch die erhöhte Lauf-<br />
152 Die dargestellten Überlegungen und Gegenargumente präsentierte Wolfgang Ball, Vorsitzender<br />
Richter des für das <strong>Leasing</strong>recht zuständigen VIII. Zivilsenats des BGH, auf einem<br />
Seminar der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins e.V. am<br />
08.10.2011 in Koblenz.<br />
45
leistung bedingte Verschleißerscheinungen werden jedoch durch den Ausgleichsan-<br />
spruch für Mehrkilometer abgegolten und können nicht als übermäßige Abnutzung noch<br />
einmal berechnet werden.<br />
Versicherungsleistungen wegen Wertminderung, z.B. aufgrund eines Verkehrsunfalls<br />
wegen der <strong>Leasing</strong>zeit, müssen dem <strong>Leasing</strong>nehmer nicht gutgeschrieben werden. Sie<br />
stehen dem <strong>Leasing</strong>geber als Eigentümer des Fahrzeugs zu und kompensieren den ent-<br />
sprechenden Wertverlust des Fahrzeugs.<br />
3.8 Ausgleichsanspruch für übermäßige Abnutzungen<br />
Der Ausgleichsanspruch für übermäßige Abnutzungen wird zumeist vertraglich ausge-<br />
formt, ist jedoch durch § 538 BGB bereits im Gesetz angelegt. Dies bedeutet, dass dieser<br />
Ausgleichsanspruch nach § 306 Abs. 2 BGB auch dann besteht, wenn die vertraglichen<br />
Abrechnungsklauseln wegen Verstoßes gegen AGB-Recht unwirksam sind.<br />
Unter übermäßiger Abnutzungen werden Schäden verstanden, die bei vertragsge-<br />
mäßem Gebrauch hätten vermieden werden können. Das Fahrzeug muss nicht in perfek-<br />
tem Neuzustand sein. Übliche Gebrauchsspuren und Verschleißmängel muss der Lea-<br />
singnehmer nicht bezahlen, es sei denn, sie fallen in den Bereich seiner Wartungs- und<br />
Instandhaltungspflichten (siehe Kapitel 3.9).<br />
Der Schadensersatzanspruch setzt voraus, dass dem <strong>Leasing</strong>nehmer zuvor durch<br />
Nachfristsetzung Gelegenheit gegeben wurde, festgestellte Mängel selbst zu beheben<br />
(siehe Kapitel 3.4).<br />
Wertverbesserungen, z.B. vom <strong>Leasing</strong>nehmer gestellter zusätzlicher Reifensatz oder<br />
eingebautes Zubehör, sind nicht anzurechnen, weil der <strong>Leasing</strong>geber nicht zum Werter-<br />
satz verpflichtet ist 153 . Dem <strong>Leasing</strong>nehmer steht frei, die Teile zu behalten bzw. die Ver-<br />
besserungen rückgängig zu machen.<br />
Maßstab<br />
Maßstab ist ein der vertraglichen Nutzung entsprechender Erhaltungszustand. Abzu-<br />
stellen ist auf das durch die Vertragslaufzeit vorprogrammierte Fahrzeugalter, auf die ver-<br />
einbarte Laufleistung bzw. durchschnittliche Laufleistung. Abhängig von den konkreten<br />
Umständen des Einzelfalls können auch weitere Faktoren eine Rolle spielen. So werden<br />
die Spuren von Geländefahrten bei einem Geländewagen übliche Gebrauchsspuren sein,<br />
während sie bei einem Straßenfahrzeug eine übermäßige Abnutzung darstellen.<br />
In der Praxis und in der juristischen Fachdiskussion bleibt dies oft unberücksichtigt.<br />
Häufig kennen beauftragte Sachverständige die Vertragslaufzeit und vereinbarte Laufleis-<br />
153 Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., S. 1090.<br />
46
tung des Fahrzeugs nicht einmal. Die Rufe nach einheitlichen Kriterienkatalogen für die<br />
Fahrzeugrückgabe sind verständlich, aber vor dem Hintergrund der gebotenen individu-<br />
ellen Bestimmung des vertragsgemäßen Erhaltungszustands kritisch zu sehen.<br />
Liegt übermäßige Abnutzung vor, sind nicht die Kosten zu erstatten, die notwendig<br />
wären, um den Schaden zu beheben (Reparaturkosten), sondern lediglich der Betrag, um<br />
den der Wert des Fahrzeugs gemindert ist 154 (Minderwert). Deshalb wird der Ausgleichs-<br />
anspruch für übermäßige Abnutzungen auch als Minderwertausgleich bezeichnet, was<br />
jedoch wegen Verwechslungsgefahr mit dem Restwertausgleich missverständlich ist.<br />
Bei der Minderwertermittlung ist auf eine Gesamtbetrachtung abzustellen, d.h. die<br />
einzelnen Schäden dürfen nicht einfach aufsummiert werden. Die Gutachterfrage lautet:<br />
Würde ein Gebrauchtwagenkäufer am Gebrauchtwagenmarkt einen Kaufpreisnachlass<br />
wegen der übermäßigen Abnutzungen durchsetzen können, und wenn ja: in welcher<br />
Höhe (netto)?<br />
Beispiele<br />
• Normale Gebrauchsspuren sind z.B. kleine Steinschlagspuren oder kleine<br />
Schrammen und Kratzer in der Nähe des Tankdeckels und der Türgriffe und Kof-<br />
ferraumgriffe 155 .<br />
• Durch die Benutzung von Waschanlagen können auch Kratzer an Motorhaube,<br />
Dach und Heckklappe verursacht werden. Leichte Einbeulungen an drei Türen<br />
und dem Seitenteil hinten rechts sind typische Gebrauchsspuren bei Benutzung<br />
von Fahrzeugen im dichten Verkehr und bei knappen Parkmöglichkeiten. Auch<br />
solche Schäden sind daher keine übermäßige Abnutzung 156 . Entsprechendes<br />
dürfte auch für Lackabplatzungen an den Türkanten gelten.<br />
• Leichte Schrammen, Kratzer und Beulen stellen normale Gebrauchsspuren dar.<br />
Wurde vom <strong>Leasing</strong>nehmer eine Dachantenne angebracht, ist dies kein Schaden<br />
des <strong>Leasing</strong>gebers, auch wenn bei der fachgerechten Installation ein Loch in das<br />
Dach gebohrt wurde 157 .<br />
• Oberflächliche Lack- und Blechschäden, die schon aufgrund geringer Berührung<br />
entstehen können, sind keine übervertraglichen Abnutzungen 158 .<br />
154 LG Frankfurt, Urteil vom 16.09.1997, Az. 2/8 S 79/97, 2-08 S 79/97.<br />
155 Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rn. 988.<br />
156 LG München I, Urteil vom 09.10.1996, Az. 15 S 9301/96.<br />
157 LG Gießen, Urteil vom 25.01.1995, Az. 1 S 539/94, NJW-RR 1995, 687.<br />
158 AG Osnabrück, Urteil vom 05.02.1999, Az. 44 C 513/98.<br />
47
• Optische Schäden wie z.B. Lackschäden, die die Funktionstauglichkeit des Fahr-<br />
zeugs nicht beeinträchtigen und die im Handelsverkehr mit gebrauchten Fahr-<br />
zeugen regelmäßig hingenommen werden, rechtfertigen keinen Minderwertan-<br />
satz. Reifenabnutzung ist als normaler Verschleiß hinzunehmen, solange die Rei-<br />
fenprofilgrenze aus § 36 Abs. 2 StVZO von 1,6 mm nicht unterschritten ist 159 .<br />
3.9 Versäumte Wartung und Instandhaltung<br />
In der Abrechnung kann der <strong>Leasing</strong>geber auch offene Forderungen aus der Vertrags-<br />
laufzeit verfolgen. Neben unbezahlten <strong>Leasing</strong>raten gehören dazu auch versäumte War-<br />
tungs- und Instandhaltungsarbeiten. Darunter fallen Arbeiten, die nicht schadensbe-<br />
dingt, sondern regelmäßig zur Erhaltung des Fahrzeugs anfallen, z.B. Inspektion, Ölwech-<br />
sel, Zündkerzenwechsel.<br />
Sie stellen keine übermäßigen Abnutzungen dar, weil Wartung und Instandhaltung<br />
auch bei vertragsgemäßer Nutzung anfallen. Die Durchführung der Arbeiten ist jedoch<br />
üblicherweise im Rahmen der vertraglichen Gefahrabwälzungsklauseln dem <strong>Leasing</strong>neh-<br />
mer übertragen (siehe Kapitel 1.4). Sind sie bei Fahrzeugrückgabe unerledigt, können sie<br />
dem <strong>Leasing</strong>nehmer in Rechnung gestellt werden 160 .<br />
Der vorsteuerabzugsberechtigte <strong>Leasing</strong>geber kann dabei nur die Nettokosten anset-<br />
zen. Die Umsatzsteuer ist für ihn kein Schaden, weil er sie im Rahmen des Vorsteuerab-<br />
zugs erstatten oder anrechnen lassen kann.<br />
Die Kosten können allerdings nur angesetzt werden, wenn der <strong>Leasing</strong>geber die Ar-<br />
beiten tatsächlich zu diesen Kosten vor dem Weiterverkauf hat nachholen lassen 161 . An-<br />
derenfalls kann der <strong>Leasing</strong>geber nur den Kaufpreisnachlass (Minderwert) geltend ma-<br />
chen, den er für die Wartungs- und Instandhaltungsmängel beim Weiterverkauf gewäh-<br />
ren musste.<br />
Der Schadensersatzanspruch setzt voraus, dass dem <strong>Leasing</strong>nehmer zuvor durch<br />
Nachfristsetzung Gelegenheit gegeben wurde, festgestellte Mängel selbst zu beheben<br />
(siehe Kapitel 3.4).<br />
Bei den <strong>Leasing</strong>verträgen mit üblicherweise fester Laufzeit ist eine vorzeitige Kündi-<br />
gung in der Regel ausgeschlossen, mit Ausnahme der fristlosen Kündigung aus wichtigem<br />
Grund (§§ 314, 543 BGB). Als wichtiger Grund kommen insbesondere der Untergang des<br />
<strong>Leasing</strong>objekts oder Zahlungsverzug des <strong>Leasing</strong>nehmers in Betracht. Darüber hinaus<br />
159 OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.11.2005, Az. I-24 U 44/05.<br />
160 Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., S. 1093.<br />
161 Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., S. 1100.<br />
48
müssen die besonderen Kündigungsvorschriften für Verbraucherdarlehen beachtet wer-<br />
den, soweit die Voraussetzungen für deren Anwendung vorliegen (siehe Kapitel 2.2).<br />
3.10 Abmeldekosten<br />
Die Kosten der Abmeldung sind in der Regel vom <strong>Leasing</strong>geber zu tragen. Wenn der<br />
<strong>Leasing</strong>nehmer das Fahrzeug in angemeldetem Zustand erhält, schuldet er auch nur<br />
Rückgabe im angemeldeten Zustand und nicht die Abmeldung 162 .<br />
3.11 Schadensersatzanspruch bei vorzeitiger Kündigung<br />
3.11.1 Berechnung des Kündigungsschadens<br />
Kündigt der <strong>Leasing</strong>geber aufgrund eines Verschuldens des <strong>Leasing</strong>nehmers, so hat<br />
der <strong>Leasing</strong>geber Anspruch auf Ersatz des Nichterfüllungsschadens (positives Interesse).<br />
Der <strong>Leasing</strong>geber soll nicht schlechter stehen als bei ungekündigtem Vertragsablauf; er<br />
darf durch die Schadensersatzregelungen jedoch auch nicht besser gestellt werden, als<br />
er bei regulärer Vertragserfüllung des <strong>Leasing</strong>nehmers stünde 163 .<br />
Auf den Schadensersatzanspruch, unabhängig ob bei einvernehmlicher vorzeitiger Be-<br />
endigung oder bei Kündigung, darf keine Mehrwertsteuer berechnet werden, weil ihm<br />
keine umsatzsteuerpflichtige Gegenleistung des <strong>Leasing</strong>gebers mehr gegenüber steht 164<br />
(siehe Kapitel 3.16).<br />
Auch bei vorzeitiger Abrechnung gilt für Abrechnungsregelungen in AGB, dass sie kei-<br />
nen Ausgleichsanspruch begründen, wenn sie der Inhaltskontrolle nicht standhalten 165 .<br />
Es besteht kein Anspruch des <strong>Leasing</strong>nehmers auf anteilige Anrechnung der Sonder-<br />
zahlung, da die Sonderzahlung rechtlich wie ein bereits entrichteter Block von <strong>Leasing</strong>ra-<br />
ten zu behandeln ist 166 .<br />
Rückständige Raten sind taggenau abzurechnen. Der BGH hat entschieden, eine Klau-<br />
sel, die bei verspäteter Rückgabe für jeden angefangenen Monat eine volle Rate auslöst,<br />
ist wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam 167 . Entsprechendes muss auch<br />
bei der Berechnung rückständiger Raten gelten 168 .<br />
162 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.05.2008, Az. I-24 U 144/07, Rn. 19, zitiert nach juris.<br />
163 BGH, Urteil vom 15.10.1986, Az. VIII ZR 319/85.<br />
164 BGH, Urteil vom 31.10.2007, Az. VIII ZR 278/05.<br />
165 BGH, Urteil vom 22.11.1995, Az. VIII ZR 57/95.<br />
166 BGH, Urteil vom 11.01.1995, Az. VIII ZR 61/94, Rn. 22, zitiert nach juris.<br />
167 BGH, Urteil vom 07.01.2004, Az. VIII ZR 103/03, Rn. 49 f., zitiert nach juris.<br />
168 Detering, Finanzierungsleasing – Eine Einführung in die Praxis, 2. Teil, ZAP 2011, 451, 455.<br />
49
Versicherungsleistungen sind auf den Schadensersatzanspruch grundsätzlich anzu-<br />
rechnen 169 . Hierzu zählen vom <strong>Leasing</strong>geber vereinnahmte Entschädigungen für Wert-<br />
minderung aufgrund von Unfallschäden im Verlauf der Vertragszeit, aber auch eine auf-<br />
grund Beschädigung, Untergangs, Verlusts oder Diebstahls gezahlte Entschädigung.<br />
Wird jedoch ein <strong>Leasing</strong>vertrag mit Andienungsrecht und ohne Mehrerlösbeteiligung<br />
wegen Beschädigung, Untergang, Verlust oder Diebstahl des <strong>Leasing</strong>objekts vorzeitig be-<br />
endet, steht die dafür gezahlte Versicherungsleistung auch insoweit dem <strong>Leasing</strong>geber<br />
zu, als sie seinen noch nicht amortisierten Gesamtaufwand einschließlich des kalkulier-<br />
ten Gewinns übersteigt 170 .<br />
Der <strong>Leasing</strong>geber ist zur Berechnung des Schadenshöhe und der anzurechnenden<br />
Vorteile verpflichtet, seine Vertragskalkulation offen zu legen 171 .<br />
Einen Anspruch auf Erstattung von Gutachterkosten hat der <strong>Leasing</strong>geber nur, wenn<br />
das Gutachten bei regulärer Vertragsbeendigung nicht angefallen wäre oder soweit die<br />
Kosten bei regulärer Vertragsbeendigung ebenfalls vom <strong>Leasing</strong>nehmer zu erstatten ge-<br />
wesen wären. Grundsätzlich fallen die Gutachterkosten dem <strong>Leasing</strong>geber zur Last (siehe<br />
Kapitel 3.3).<br />
Restwertabrechnung<br />
Bei Restwertabrechnung ist der Nichterfüllungsschaden in der Regel wie folgt zu be-<br />
rechnen:<br />
1. Barwert der restlichen <strong>Leasing</strong>raten netto. Der Barwert wird durch Abzinsung<br />
mittels Rentenbarwertformeln berechnet. Durch die Abzinsung wird der Zins-<br />
vorteil ausgeglichen, den der <strong>Leasing</strong>geber dadurch hat, dass er die <strong>Leasing</strong>raten<br />
früher erhält, als sie bei regulärer Vertragsdurchführung fällig würden.<br />
Die Zahlungsbedingungen sehen üblicherweise vor, dass die Raten zu Monats-<br />
beginn fällig sind. Die Abzinsung erfolgt dann nach der Rentenbarwertformel für<br />
vorschüssige Raten 172 : Nettorate * 1 / q n - 1 * (q n - 1) / (q - 1). q ist der Abzinsungs-<br />
faktor = 1 + p / 1200. p ist der Refinanzierungszinssatz. n ist die Restlaufzeit in<br />
Monaten.<br />
Die Rentenbarwertformel für nachschüssige Raten, also Fälligkeit zum Mo-<br />
natsletzten, lautet: Rate * 1 / q n * (q n - 1) / (q - 1),<br />
169 BGH, Urteil vom 08.10.2003, Az. VIII ZR 55/03, Rn. 25, zitiert nach juris.<br />
170 BGH, Urteil vom 31.10.2007, Az. VIII ZR 278/05, Rn. 19, zitiert nach juris.<br />
171 OLG Naumburg, Urteil vom 11.12.1997, Az. 3 U 144/96.<br />
172 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.01.2011, Az. I-24 U 138/10, Rn. 7 ff., zitiert nach juris.<br />
50
2. plus Barwert des Restwertes. Die Barwertformel für den Restwert lautet: Netto-<br />
restwert / q n ,<br />
3. minus ersparter laufzeitabhängiger Kosten, insbesondere Verwaltungskosten 173 ,<br />
4. minus Verwertungserlös des <strong>Leasing</strong>rückläufers. Der Verwertungserlös ist in vol-<br />
ler Höhe anzusetzen. Eine AGB-Klausel, wonach bei vorzeitiger Vertragsbeendi-<br />
gung nur 90 % angesetzt werden sollen, ist wegen unangemessener Benachteili-<br />
gung nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam 174 .<br />
Der <strong>Leasing</strong>geber kann sich im <strong>Leasing</strong>vertrag mit Restwertabrechnung vertraglich<br />
einräumen, im Falle der Kündigung wegen Verlusts des <strong>Leasing</strong>fahrzeugs Anspruch auf<br />
dessen Zeitwert oder den Restvertragswert in Höhe seines nicht amortisierten Gesamt-<br />
aufwandes zu erhalten, wobei der höhere Wert maßgebend ist. Eine solche Klausel stellt<br />
keine unangemessene Benachteiligung des <strong>Leasing</strong>nehmers dar, weil die Versicherung<br />
regelmäßig den Zeitwert ersetzt und Vollamortisation dem <strong>Leasing</strong>geber beim Restwert-<br />
vertrag ohnehin zusteht 175 .<br />
Kilometerabrechnung<br />
Bei Kilometerabrechnung ist der Nichterfüllungsschaden in der Regel wie folgt zu be-<br />
rechnen 176 :<br />
1. Barwert der restlichen <strong>Leasing</strong>raten netto,<br />
2. minus Wertvorteil durch zeitlich frühere Rückgabe (jüngeres Fahrzeug ist mehr<br />
wert) netto,<br />
3. plus übermäßige Abnutzungen netto,<br />
4. minus ersparter laufzeitabhängiger Kosten, insbesondere Verwaltungskosten 177 .<br />
Der Wertvorteil aus geringerer Laufleistung und geringerem Fahrzeugalter ist dem<br />
<strong>Leasing</strong>nehmer gutzuschreiben, indem ihm die Differenz aus dem realen Wert des Fahr-<br />
zeugs bei vorzeitiger Beendigung und dem durch einen Sachverständigen zu ermitteln-<br />
den hypothetischen Wert bei – unterstellt – Verwertung erst nach regulärem Vertragsen-<br />
de vergütet bzw. als schadensmindernde Position angerechnet wird 178 .<br />
173 OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.01.2011, Az. I-24 U 73/10, Rn. 36, zitiert nach juris, schätzt<br />
diese gemäß § 287 ZPO auf 10 Euro pro Monat.<br />
174 BGH, Urteil vom 26.06.2002, Az. VIII ZR 147/01.<br />
175 BGH, Urteil vom 27.09.2006, Az. VIII ZR 217/05, Rn. 11, zitiert nach juris.<br />
176 nach BGH, Urteil vom 14.07.2004, Az. VIII ZR 367/03.<br />
177 Siehe Fußnote 173.<br />
51
Der hypothetische Restwert ist bei korrekter Abrechnung regelmäßig niedriger als<br />
der reale Fahrzeugwert, denn ein Fahrzeug wird zum späteren Zeitpunkt der regulären<br />
Vertragsbeendigung einen höheren Wert haben als zum früheren Zeitpunkt der vorzeiti-<br />
gen Vertragsbeendigung. Dass der hypothetische Restwert höher als der reale Fahrzeug-<br />
wert ist, ist praktisch nur denkbar, wenn das Fahrzeug erhebliche Mehrkilometer auf-<br />
weist, deren Wertnachteil den Wertvorteil der zeitlich früheren Rückgabe überwiegen.<br />
Der von einem Sachverständigen zu ermittelnde hypothetische Restwert darf nicht<br />
mit einem vom <strong>Leasing</strong>geber kalkulierten Restwert verwechselt werden. Es ist grundsätz-<br />
lich nicht zulässig, bei vorzeitiger Beendigung von Kilometerverträgen zu Lasten des Lea-<br />
singnehmers auf Restwertabrechnung umzuschwenken. Entsprechende AGB-Klauseln<br />
sind in der Regel überraschend nach § 305c Abs. 1 BGB und damit unwirksam. Die ver-<br />
tragliche Risikoverteilung, wonach beim Kilometervertrag der <strong>Leasing</strong>geber das Restwer-<br />
trisiko trägt, muss auch bei vorzeitiger Beendigung beachtet werden 179 .<br />
Es findet bei vorzeitiger Vertragsrückgabe keine Abrechnung von Mehrkilometern<br />
oder Minderkilometern statt. Die zur Vergütung von Mehr- und Minderkilometern ver-<br />
traglich vereinbarten Sätze sind im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation bei regulärer<br />
Vertragsbeendigung kalkuliert und daher auf die vorzeitige Vertragsbeendigung nicht an-<br />
wendbar. Der wirtschaftliche Ausgleich der Wertvor- oder nachteile erfolgt im Rahmen<br />
des Vergleichs zwischen realem und hypothetischen Restwert.<br />
3.11.2 Einschränkungen des Schadensersatzanspruchs<br />
Erfolgt die Kündigung ohne Verschulden des <strong>Leasing</strong>nehmers, ist der Schadensersatz-<br />
anspruch um den enthaltenen entgangenen Gewinn des <strong>Leasing</strong>gebers zu kürzen. Ent-<br />
gangener Gewinn steht dem <strong>Leasing</strong>geber stets nur anteilig bis zum Wirksamkeitszeit-<br />
punkt der nächstmöglichen berechtigten Kündigung des <strong>Leasing</strong>nehmers zu 180 .<br />
Praxisrelevant wird dies vor allem beim Tod des <strong>Leasing</strong>nehmers, der ein Kündigungs-<br />
recht für die Erben begründet (§ 580 BGB), soweit diese nicht vertraglich ausgeschlossen<br />
ist.<br />
Vereitelt werden kann der Schadensersatzanspruch auch dadurch, dass der <strong>Leasing</strong>-<br />
nehmer ein Widerrufsrecht ausübt, das ihm nach den Vorschriften über Verbraucherdar-<br />
lehen zustehen kann (siehe Kapitel 2.2).<br />
178 BGH, Urteil vom 14.07.2004, Az. VIII ZR 367/03; OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.01.2011,<br />
Az. I-24 U 73/10, Rn. 39, zitiert nach juris.<br />
179 BGH, Urteile vom 14.07.2004, Az. VIII ZR 367/03, Rn. 21, und vom 11.01.1995, Az. VIII ZR<br />
61/94, Rn. 19, zitiert nach juris.<br />
180 BGH, Urteil vom 10.10.1990, Az. VIII ZR 296/89, Rn. 19, zitiert nach juris.<br />
52
Der BGH hat 1996 entschieden, dass ein Vertrag schwebend unwirksam ist, solange<br />
ein Widerrufsrecht besteht, und in diesem Zustand weder Erfüllung noch Schadensersatz<br />
wegen Nichterfüllung beansprucht werden können 181 . § 7 Abs. 1 des damals geltenden<br />
Verbraucherkreditgesetzes lautete: „Die auf den Abschluss eines Kreditvertrages gerich-<br />
tete Willenserklärung des Verbrauchers wird erst wirksam, wenn der Verbraucher sie<br />
nicht binnen einer Frist von einer Woche schriftlich widerruft.“<br />
Demgegenüber lautet der heute geltende § 355 Abs. 1 S. 1 BGB: „Wird einem Ver-<br />
braucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so ist er an<br />
seine auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden,<br />
wenn er sie fristgerecht widerrufen hat.“ Deshalb ist nach heutigem Recht der Scha-<br />
densersatzanspruch des <strong>Leasing</strong>gebers erst ausgeschlossen, wenn der <strong>Leasing</strong>nehmer<br />
den Widerruf erklärt hat (siehe Kapitel 2.2.5).<br />
3.12 Mahnkosten<br />
Versendet der <strong>Leasing</strong>geber Mahnschreiben bei Zahlungsverzug des <strong>Leasing</strong>nehmers,<br />
kann er Schadensersatz für die entstandenen Materialkosten und Portokosten verlangen,<br />
die regelmäßig auf 1 Euro pro Schreiben gemäß § 287 ZPO zu schätzen sind 182 . Vorhalte-<br />
kosten, z.B. anteilige Personalkosten oder Kosten für das Vorhalten der entsprechenden<br />
EDV, sind nicht erstattungsfähig 183 .<br />
3.13 Sicherstellungskosten<br />
Stellt der <strong>Leasing</strong>geber das Fahrzeug sicher, weil es vom <strong>Leasing</strong>nehmer nicht zurück<br />
gegeben wird, kann er die Sicherstellungskosten nur ersetzt verlangen, wenn sich der<br />
<strong>Leasing</strong>nehmer mit der Sicherstellung einverstanden erklärt hat. Anderenfalls ist die Si-<br />
cherstellung als verbotene Eigenmacht anzusehen.<br />
Die Einverständniserklärung muss ausdrücklich erfolgt sein und kann nicht durch eine<br />
AGB-Klausel fingiert werden. Eine entsprechende AGB-Klausel wäre wegen Verstoßes ge-<br />
gen den Grundsatz des Besitzschutzes aus §§ 229, 858 BGB unangemessen benachteili-<br />
gend und damit unwirksam 184 .<br />
181 BGH, Urteil vom 12.06.1996, Az. VIII ZR 248/95, Rn. 20, zitiert nach juris.<br />
182 AG Bad Segeberg, Urteil vom 25.11.2011, Az. 17 C 160/11, Rn. 8; für 1 DM: BGH, Urteil<br />
vom 18.01.1979, Az. VII ZR 165/78, Rn. 19, zitiert nach juris.<br />
183 AG Bad Segeberg, Urteil vom 25.11.2011, Az. 17 C 160/11, Rn. 8; BGH, Urteil vom<br />
09.03.1976, Az. VI ZR 98/75, Rn. 12 ff., zitiert nach juris.<br />
184 OLG Hamm, Urteil vom 20.12.1991, Az. 30 U 93/91, NJW-RR 1992, 502.<br />
53
3.14 Verspätete Rückgabe<br />
Der <strong>Leasing</strong>geber kann nicht ohne weiteres Nutzungsentschädigung verlangen, wenn<br />
der <strong>Leasing</strong>nehmer das <strong>Leasing</strong>objekt bei Vertragsende nicht zurück gibt.<br />
Der BGH erklärte eine dahingehende AGB-Klausel nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB für un-<br />
wirksam, weil sie gegen einen wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung<br />
des § 546a Abs. 1 BGB verstößt 185 . Eine wesentliche Voraussetzung der Entschädigung<br />
des Vermieters nach § 546a BGB ist, dass das Unterlassen der Herausgabe dem Willen<br />
des Vermieters widerspricht. In entsprechenden AGB-Klauseln muss daher klar zum Aus-<br />
druck kommen, dass die Nutzungsentschädigung nur anfällt, wenn der <strong>Leasing</strong>nehmer<br />
das <strong>Leasing</strong>objekt gegen den Willen des <strong>Leasing</strong>gebers behält.<br />
Ist der <strong>Leasing</strong>geber damit einverstanden, dass der <strong>Leasing</strong>nehmer das Fahrzeug noch<br />
behält, z.B. weil die Zeit bis zur Auslieferung eines neuen Fahrzeugs überbrückt werden<br />
soll, besteht kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung.<br />
Gibt der <strong>Leasing</strong>nehmer das Fahrzeug gegen den Willen des <strong>Leasing</strong>gebers verspätet<br />
zurück, muss er Nutzungsentschädigung zahlen, und zwar unabhängig von der Wirksam-<br />
keit einer etwaigen Vertragsklausel. Denn der Anspruch auf Nutzungsentschädigung bei<br />
verspäteter Rückgabe gegen den Willen des Vermieters ergibt sich schon aus § 546a<br />
BGB.<br />
Wenn der Zeitwert des <strong>Leasing</strong>objekts alters- oder gebrauchsbedingt so weit abge-<br />
sunken ist, dass eine Nutzungsentschädigung in Höhe der vereinbarten monatlichen Lea-<br />
singrate zu dem verbliebenen Verkehrs- oder Gebrauchswert der <strong>Leasing</strong>sache völlig au-<br />
ßer Verhältnis steht, kann das Verlangen nach einer Nutzungsentschädigung als unzuläs-<br />
sige Rechtsausübung anzusehen sein 186 .<br />
Die Nutzungsentschädigung für verspätete Rückgabe ist taggenau abzurechnen. Eine<br />
Klausel, wonach für jeden angefangenen Monat eine volle Rate zu zahlen ist, ist wegen<br />
unangemessener Benachteiligung unwirksam 187 .<br />
3.15 Verjährung<br />
Die leasingtypischen Ausgleichsansprüche, also Restwertausgleich, Kilometerabrech-<br />
nung und Ausgleich für übermäßige Abnutzungen 188 , unterliegen der Regelverjährung<br />
drei Jahre zum Jahresende nach § 194 ff. BGB, und nicht etwa der Verjährung mietrecht-<br />
185 BGH, Urteil vom 07.01.2004, Az. VIII ZR 103/03.<br />
186 BGH, Urteil vom 13.04.2005, Az. VIII ZR 377/03.<br />
187 BGH, Urteil vom 07.01.2004, Az. VIII ZR 103/03, Rn. 49 f., zitiert nach juris.<br />
188 BGH, Urteil vom 01.03.2000, Az. VIII ZR 177/99.<br />
54
licher Schadensersatzansprüche sechs Monate nach Rückgabe der Mietsache nach § 548<br />
Abs. 1 BGB. Dies wird damit begründet, dass diese Ansprüche wegen ihrer Bedeutung im<br />
Rahmen des Vollamortisationsprinzips eher Erfüllungs- als Schadensersatzcharakter ha-<br />
ben.<br />
Noch nicht vom BGH geklärt ist die Frage, welche Verjährung für Ansprüche wegen<br />
übermäßiger Abnutzung gilt, wenn eine Abrechnungsklausel, die zur Vollamortisation<br />
führen soll, unwirksam ist; z.B. weil die Restwertausgleichsklausel gegen AGB-Recht ver-<br />
stößt. In diesen Fällen muss individuell geprüft werden, ob unbeschadet der Unwirksam-<br />
keit der Abrechnungsklausel zwischen den Parteien Vollamortisation gewollt war, also<br />
insbesondere auch der <strong>Leasing</strong>nehmer von der Vollamortisation wusste und sich ent-<br />
sprechend rechtlich binden wollte. Zu beachten ist dabei, dass die Vollamortisation bei<br />
<strong>Leasing</strong>verträgen nicht selbstverständlich ist, sondern besonderer Vereinbarung bedarf<br />
(siehe Kapitel 1.3).<br />
3.16 Umsatzsteuer<br />
Der BGH hat unter ausdrücklicher Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschie-<br />
den, dass der Schadensersatzanspruch bei vorzeitiger Vertragsbeendigung nicht der Um-<br />
satzsteuer unterliegt 189 ; ebenso der Ausgleichsanspruch für übermäßige Abnutzungen<br />
bei regulärer Vertragsbeendigung 190 .<br />
Die neue BGH-Rechtsprechung hat auch in der Finanzgerichtsbarkeit Zustimmung ge-<br />
funden 191 .<br />
Noch nicht entschieden ist, ob sie auch auf Ausgleichsansprüche für Mehr- und Min-<br />
derkilometer und auf Restwertausgleichsansprüche anzuwenden ist. Die Entscheidungs-<br />
gründe des BGH vom 18.05.2011 sprechen dafür:<br />
• Es komme nicht darauf an, ob der Anspruch der Vollamortisation dient. Zwar sei<br />
die Leistung des <strong>Leasing</strong>gebers nicht nur als Gebrauchsüberlassung, sondern<br />
auch als Bereitstellung von Kapital auf Zeit zu sehen. Jedoch sei dem <strong>Leasing</strong>neh-<br />
mer bei Vertragsbeendigung nicht nur der weitere Sachgebrauch, sondern auch<br />
die mittelbare Kapitalnutzung entzogen.<br />
• Es komme umsatzsteuerrechtlich auch nicht auf die zivilrechtliche Einordnung<br />
als Erfüllungsanspruch an.<br />
189 BGH, Urteil vom 14.03.2007, Az. VIII ZR 68/06.<br />
190 BGH, Urteil vom 18.05.2011, Az. VIII ZR 260/10.<br />
191 FG Hannover, Urteil vom 02.12.2010, Az. 5 K 224/09, Revision eingelegt (Az. des BFH: XI R<br />
6/11).<br />
55
• Es sei „vielmehr maßgebend, dass der Ausgleichszahlung, nicht anders als der<br />
Schadensersatzzahlung, nach Beendigung des <strong>Leasing</strong>vertrages und Rückgabe,<br />
Verlust oder Untergang der <strong>Leasing</strong>sache keine steuerbare Leistung des <strong>Leasing</strong>-<br />
gebers mehr gegenübersteht“.<br />
Diese Überlegungen treffen nicht nur auf den Schadensersatzanspruch bei vorzeitiger<br />
Vertragsbeendigung und den Ausgleichsanspruch für übermäßige Abnutzungen bei regu-<br />
lärer Vertragsbeendigung zu, sondern auch auf den Ausgleichsanspruch für Mehr- und<br />
Minderkilometer und auf den Restwertausgleichsanspruch. Letztere Ansprüche stehen<br />
nicht wie die <strong>Leasing</strong>rate in Beziehung zur Gebrauchsüberlassung auf Zeit, sondern bil-<br />
den wie die Schadensersatzzahlung Wertverluste am Fahrzeug ab.<br />
4 Gerichtliches Verfahren<br />
4.1 Zuständigkeit<br />
Zur sachlichen und örtlichen Zuständigkeit gelten grundsätzlich die allgemeinen Rege-<br />
lungen für zivilrechtliche Streitigkeiten. Bei einem Streitwert von bis zu 5.000 Euro ist das<br />
Amtsgericht zuständig (§ 23 Nr. 1 GVG), bei mehr als 5.000 Euro das Landgericht (§ 71<br />
Abs. 1 GVG).<br />
Da es sich beim Finanzierungsleasingvertrag um ein Bankgeschäft im Sinne des § 348<br />
Abs. 1 Nr. 2 b) ZPO handeln kann, jedenfalls aber leasingrechtliche Streitigkeiten regel-<br />
mäßig besondere Schwierigkeiten im Sinne des § 348 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ZPO aufwerfen,<br />
sollte beim Landgericht die Beratung in der Kammer stattfinden.<br />
4.2 Taktik: Beschleunigung<br />
In der Regel haben die Rechtsstreite Geldforderungen des <strong>Leasing</strong>gebers gegen den<br />
<strong>Leasing</strong>nehmer zum Gegenstand, weil umgekehrt der <strong>Leasing</strong>geber in der leasingtypi-<br />
schen Abtretungskonstruktion (siehe Kapitel 1.4.1) seine Hauptleistungspflicht schon zu<br />
Vertragsbeginn erfüllt hat.<br />
Hält der <strong>Leasing</strong>nehmer die Forderung für unberechtigt, sollte er seine Taktik darauf<br />
ausrichten, eine möglichst zeitnahe Klärung herbeizuführen. Denn erweist sich die For-<br />
derung doch als berechtigt, muss er Verzugszinsen zahlen (§ 288 BGB).<br />
Auch der <strong>Leasing</strong>geber sollte an einer zügigen Klärung grundsätzlich interessiert sein.<br />
Greift der <strong>Leasing</strong>nehmer jedoch vom <strong>Leasing</strong>geber verwendete Vertragsklauseln an,<br />
kann es aus Sicht des <strong>Leasing</strong>gebers taktisch klug sein,die Klärung so lange hinauszuzö-<br />
gern, bis alle Verträge mit dem Fehler abgerechnet sind und nur noch korrigierte Verträ-<br />
ge im Umlauf sind.<br />
56
4.3 Gerichtlicher Mahnbescheid<br />
Der Mahnbescheidsantrag (§§ 688 ff. ZPO) ist für den <strong>Leasing</strong>geber ein probates Mit-<br />
tel, um gegen <strong>Leasing</strong>nehmer, die nicht reagieren, schnell zu einem Vollstreckungstitel<br />
zu kommen. Zumindest aber hemmt er die Verjährung (§§ 204 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, 203 S.<br />
2 BGB, 167 ZPO).<br />
4.4 Reaktion auf Mahnbescheid<br />
Ergeht auf Antrag des <strong>Leasing</strong>gebers ein Mahnbescheid, sollte der <strong>Leasing</strong>nehmer<br />
nicht nur Widerspruch einlegen, sondern zugleich beim Mahngericht beantragen, das<br />
streitige Verfahren durchzuführen und den Rechtsstreit an das im Mahnbescheid gemäß<br />
§ 692 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bezeichnete Gericht abzugeben (§ 696 Abs. 1 S. 1 ZPO).<br />
Denn die Durchführung des streitigen Verfahrens kann auch vom Antragsgegner des<br />
Mahnbescheids beantragt und damit dem Antragsteller aufgezwungen werden.<br />
Außerdem sollte der <strong>Leasing</strong>nehmer beantragen, dass das für das streitige Verfahren<br />
zuständige Gericht den <strong>Leasing</strong>geber zur Anspruchsbegründung auffordert (§ 697 Abs. 1<br />
S. 1 ZPO) sowie, falls die Anspruchsbegründung nicht rechtzeitig eingeht, Termin zur<br />
mündlichen Verhandlung bestimmt und eine weitere Frist zur Anspruchsbegründung<br />
setzt (§ 697 Abs. 3 ZPO).<br />
Das Mahngericht sollte vorsorglich darauf hingewiesen werden, dass die Gerichtskos-<br />
ten bei der Gegenseite (Antragsteller des Mahnbescheides) anzufordern sind und der<br />
Vorbehalt der Kosten nach § 12 Abs. 3 S. 2 GKG nicht gilt, weil nicht der Antragsteller des<br />
Mahnbescheides, sondern der Antragsgegner die Durchführung des streitigen Verfah-<br />
rens beantragt.<br />
4.5 Urkundenprozess<br />
Kann der <strong>Leasing</strong>geber seine Geldforderung allein mit Urkunden beweisen (<strong>Leasing</strong>-<br />
vertrag, Übernahmebestätigung des <strong>Leasing</strong>nehmers), bietet sich an, dass er den Lea-<br />
singnehmer im Urkundenprozess verklagt (§§ 592 ff. ZPO).<br />
Dem <strong>Leasing</strong>nehmer ist dann zunächst verwehrt, sich auf Einwendungen zu berufen,<br />
die er nicht seinerseits durch Urkunden beweisen kann. Beispielsweise kann er sich nicht<br />
auf einen bestimmten Inhalt des Vertragsgesprächs stützen (siehe Kapitel 2.3) und die-<br />
sen mit Zeugen zu beweisen versuchen.<br />
Der <strong>Leasing</strong>geber kann auf diesem Weg ein vollstreckbares Vorbehaltsurteil erhalten.<br />
Allerdings bleibt dem verurteilten <strong>Leasing</strong>nehmer, die Durchführung des Nachverfahrens<br />
zu beantragen, in dem die Beschränkung auf Urkunden entfällt und sich die Parteien auf<br />
57
alle Beweismittel stützen können. Stellt sich dabei heraus, dass die Forderung des Lea-<br />
singgebers doch unberechtigt war, ist der <strong>Leasing</strong>geber für durchgeführte Vollstreckungs-<br />
maßnahmen schadensersatzpflichtig (§ 302 Abs. 4 S. 3 ZPO).<br />
4.6 Negative Feststellungsklage<br />
Solange der <strong>Leasing</strong>geber keine Leistungsklage erhebt, kann der <strong>Leasing</strong>nehmer sich<br />
gegen eine Forderung auch durch Erhebung einer negativen Feststellungsklage wehren.<br />
Der Klageantrag lautet dann, festzustellen, dass dem <strong>Leasing</strong>geber eine weitere Forde-<br />
rung von … Euro aus dem zwischen den Parteien geschlossenen <strong>Leasing</strong>vertrag … nicht<br />
zusteht.<br />
Wird der <strong>Leasing</strong>nehmer mit einer unberechtigten Forderung konfrontiert, hat er ein<br />
Feststellungsinteresse, dass diese Forderung nicht besteht 192 . Für die negative Feststel-<br />
lungsklage ist das Gericht zuständig, welches für eine Leistungsklage umgekehrten Ru-<br />
brums zuständig wäre 193 .<br />
Eine Rechtsschutzversicherung muss auch für eine negative Feststellungsklage Kos-<br />
tendeckung erteilen 194 . Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Forderung nicht unerheblich<br />
ist.<br />
Den Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen (ARB) der Rechtsschutzversicherungen ist<br />
kein Leistungsausschluss für negative Feststellungsklagen zu entnehmen. Mitunter beru-<br />
fen sich die Versicherungen auf Generalklauseln, wonach der Versicherungsnehmer die<br />
Kosten so gering wie möglich halten muss, soweit ihm dies zumutbar ist.<br />
Indes ist ein Verzicht auf die negative Feststellungsklage nicht zuzumuten, wenn die<br />
Forderung erheblich ist. Die Ungewissheit der Forderung engt den Versicherungsnehmer<br />
in seinen finanziellen Dispositionsmöglichkeiten ein. Außerdem erhöht sich durch weite-<br />
res Abwarten das Zinsrisiko.<br />
4.7 Hinweise des Gerichts<br />
Werden Hinweise erst in der mündlichen Verhandlung erteilt, können sich die Pro-<br />
zessbeteiligten regelmäßig nicht sofort erklären. Dies gilt auch dann, wenn das Gericht<br />
das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet hat, weil häufig Unterlagen gesich-<br />
tet werden müssen und eine Besprechung zwischen Rechtsanwalt und Mandant notwen-<br />
192 BGH, Urteil vom 10.10.1991, Az. IX ZR 38/91, Rn. 14, zitiert nach juris; Zöller-Greger, ZPO,<br />
28. Aufl., § 256 Rn. 7.<br />
193 Zöller-Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 12 Rn. 3.<br />
194 AG Charlottenburg, Urteil vom 15.03.1991, Az. 6 C 69/91; AG Düsseldorf, Beschluss vom<br />
26.03.2010, Az. 43 C 3487/09.<br />
58
dig ist. In einer solchen Situation muss das Gericht auf Antrag Schriftsatznachlass ge-<br />
währen (§ 139 Abs. 5 ZPO) und bei nachträglichem Vorbringen die mündliche Verhand-<br />
lung gemäß § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wieder eröffnen 195 . Der Rechtsstreit ist dann nicht<br />
entscheidungsreif.<br />
Deshalb sollte das Gericht seine Verpflichtung, Hinweise zur Sach- und Rechtslage<br />
möglichst frühzeitig zu erteilen (§§ 139 Abs. 4 S. 1, 273 Abs. 1 ZPO), erfüllen. Es leistet<br />
dadurch einen wichtigen Beitrag, dass der streitentscheidende Sachverhalt umfassend<br />
vorgetragen wird, dass sich die Parteien andererseits aber auch auf die aus Sicht des Ge-<br />
richts entscheidenden Punkte konzentrieren können.<br />
195 Zöller-Greger, ZPO, 28. Aufl., § 139 Rn. 14.<br />
59
5 Stichwortverzeichnis<br />
Abmeldekosten....................................49<br />
Abonnementeffekt.................................4<br />
Abtretungskonstruktion.........................8<br />
AGB-Kontrolle...................................7, 16<br />
Allgemeine Geschäftsbedingungen......16<br />
Andienungsrecht....................................6<br />
arglistige Täuschung.............................36<br />
bestmögliche Verwertung....................42<br />
Betriebsausgaben, <strong>Leasing</strong>aufwendun-<br />
gen als..................................................14<br />
Bürgschaft............................................28<br />
Captives..................................................4<br />
Dreieckverhältnis....................................3<br />
Drittkäuferbenennung..........................43<br />
effektiver Jahreszins.............................29<br />
Einbeulungen.......................................47<br />
Einigungsversuch..................................39<br />
entgeltliche Finanzierungshilfen...........27<br />
Ersatzlieferung......................................10<br />
Existenzgründer....................................26<br />
Fahrzeugrückgabe................................38<br />
Finanzierungsfunktion............................4<br />
Finanzierungsleasing..............................4<br />
Finanzierungsleasingvertrag...................4<br />
Gefahrabwälzungsklausel.......................8<br />
Gegenleistungsgefahr.............................8<br />
Gerichtliches Verfahren........................56<br />
Gesamtfälligstellung.............................31<br />
Geschäftsgrundlage................................3<br />
Gewährleistungsansprüche....................8<br />
Gutachterklausel..................................39<br />
Gutachterkosten.............................40, 50<br />
Händlereinkaufspreis............................42<br />
Händlerverkaufspreis...........................42<br />
Hinweise zur Sach- und Rechtslage......59<br />
hypothetischer Restwert......................52<br />
Individualvereinbarung........................33<br />
Insolvenz..............................................11<br />
Instandhaltungsarbeiten......................48<br />
kalkulierter Restwert..............................5<br />
Kaufangebot.........................................43<br />
Kilometerabrechnung.............................5<br />
Klage auf Rückabwicklung....................11<br />
Klauselverbote......................................21<br />
Kosten...................................................30<br />
Kratzer..................................................47<br />
Kündigung.......................................31, 49<br />
Kündigungsandrohung.........................31<br />
Kündigungsrecht.....................................8<br />
Lackschäden.........................................48<br />
<strong>Leasing</strong>antrag.......................................16<br />
<strong>Leasing</strong>bedingungen.............................16<br />
<strong>Leasing</strong>erlasse......................................14<br />
<strong>Leasing</strong>raten.........................................11<br />
<strong>Leasing</strong>rückläufer...................................5<br />
Lieferanten-AGB...................................30<br />
Mahnkosten.........................................53<br />
Marktrisiko.............................................5<br />
Mehrkilometer...............................45, 52<br />
mietrechtliche Mängelhaftung...............8<br />
Minderkilometer............................45, 52<br />
Minderung............................................12<br />
Minderwert..........................................47<br />
Minderwertausgleich...........................47<br />
Minderwertermittlung.........................47<br />
Mobilien-<strong>Leasing</strong>..................................15<br />
Nachbesserung.....................................10<br />
Nacherfüllung.......................................10<br />
Nachfristsetzung...................................40<br />
Nachlieferung.......................................10<br />
Nettodarlehensbetrag..........................30<br />
Nutzungsentschädigung...............10f., 54<br />
Objektrisiko............................................5<br />
Operate-<strong>Leasing</strong>...............................4, 10<br />
60
Preisgefahr.............................................8<br />
Prognoserisiko........................................5<br />
Protokoll bei Fahrzeugrückgabe...........38<br />
Rentenbarwertformel...........................50<br />
Reparaturkosten...................................47<br />
Restwert...............................................22<br />
Restwertabrechnung..............................6<br />
Restwertausgleich................................16<br />
Restwertausgleichsklausel......................6<br />
Restwertdifferenz.................................41<br />
Rückabwicklungsklage..........................11<br />
Rückgabe..............................................54<br />
Rückgabeprotokoll................................38<br />
Rückgaberecht......................................28<br />
Rückkaufverpflichtung..........................42<br />
Rücktritt................................................10<br />
Sachgefahr..............................................8<br />
Schadensersatz neben der Leistung.....12<br />
Schadensersatz statt der Leistung........12<br />
Schiedsgutachtenvertrag......................39<br />
Schrammen..........................................47<br />
Schriftform...........................................30<br />
Schriftformklausel................................32<br />
Schriftsatznachlass...............................59<br />
Schuldbeitritt........................................28<br />
sekundäre Darlegungslast....................25<br />
Sicherstellungskosten...........................53<br />
Sittenwidrigkeit....................................37<br />
Sollzinssatz...........................................30<br />
Sonderzahlung......................................49<br />
Steinschlagspuren................................47<br />
Steuervorteil.........................................14<br />
Teilamortisations-Erlass........................15<br />
Telefax..................................................30<br />
Tod des <strong>Leasing</strong>nehmers......................52<br />
Überraschungsverbot...........................41<br />
Unklarheitenregel.................................21<br />
Verbraucher..........................................26<br />
Verbraucherschutz...............................26<br />
verbundene Verträge..............................4<br />
Verjährung............................................54<br />
Verrechnung von Zahlungen.................31<br />
Versicherungsleistungen.................42, 50<br />
Vertragsanbahnung..............................35<br />
Vertragsformulare................................17<br />
Vertragsgespräch..................................32<br />
Vertragskalkulation...............................50<br />
Vertragsübernahme........................28, 30<br />
Vertragsverhandlung............................32<br />
Verwertungserlös.................................42<br />
Verwertungsrisiko...................................5<br />
Vollamortisations-Erlass.......................15<br />
Vollamortisationsinteresse.....................5<br />
Vollamortisationsprinzip.........................4<br />
Vollkaskoversicherung............................3<br />
Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten<br />
.............................................................48<br />
Werbeaussagen....................................33<br />
Werbung...............................................32<br />
Wertsicherungsklausel.........................24<br />
Widerrufsrecht.....................................28<br />
wirtschaftliche Entschließungsfreiheit43<br />
.............................................................18<br />
Wucher.................................................37<br />
Zahlungsverzug.....................................31<br />
Zinsen...................................................30<br />
Zinsvorteil.............................................50<br />
Zuständigkeit........................................56<br />
61