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Mitteilungen / Heft 54 / Juli 2011 (PDF) - Dokumentationszentrum ...

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<strong>Dokumentationszentrum</strong>Oberer Kuhberg Ulm e. V.– KZ-Gedenkstätte –<strong>Mitteilungen</strong><strong>Heft</strong> <strong>54</strong> / <strong>Juli</strong> <strong>2011</strong>Autor Oliver Thron bei der Vorstellung des Gedenkbuchs für die Opfer der NS-Militärjustiz in Ulm, 5.6.<strong>2011</strong> in der KZ-Gedenkstätte Oberer Kuhberg.Rechts im Bild: Eine Projektion des Ulmer Deserteurdenkmals, das seit 2005 im Lehrer Tal in der Nähe der Hinrichtungsstätte steht.InhaltVorwort 2Impressum 2Einladung zurMitgliederversammlung 2Justiz in Ulm 1933-1945 3Ulmer Nachkriegsjustiz 6Forschungsüberblickzur NS-Justiz 7Gedenkbuch für die Opferder NS-Militärjustiz in Ulm 8Evangel. Kriegspredigtenim 1. Weltkrieg 11Revision der Dauerausstellungdes DZOK 13Neues aus Gleißelstetten 14Pädagogischer Leitfaden 14Bergtour ins Zillertal 15Andrea Schiele: Porträt einerfreiwilligen DZOK-Mitarbeiterin 16Arbeitsgemeinschaft derGedenkstättenbibliotheken 17Eindrücke vom Lehrerseminar 18Prager-Haus Apolda 20Willkommen bei den Dzokkis 21Leserbriefe 22Nachruf:Marianne Obermeyer-Weißer 23Neues in Kürze 24Neue Bücher 29Veröffentlichungen des DZOK 34DZOK-VeranstaltungenSommer/Herbst <strong>2011</strong> 35Förderer dieser Nummer 36Beitrittserklärung 36


VorwortLiebe Leserinnen und Leser,die Ulmer Justiz in der Zeit des Nationalsozialismus: das istdas inhaltliche Schwerpunktthema der Nr. <strong>54</strong> unseres Mitteilungsblatts.Damit soll die jüngste Publikation des DZOK– das Gedenkbuch für die in Ulm zum Tode verurteiltenund hingerichteten Wehrmachtdeserteure – in einen größerenlokalen und historischen Zusammenhang eingebettetwerden. Ziel ist es, die furchtbare Dynamik der NS-Justiz amBeispiel Ulms aufzuzeigen und ihre ungebrochene personelleKontinuität nach 1945 in den Blick zu nehmen.Einen Einstieg in dieses bis heute vernachlässigte Themabietet ein Interview mit dem Vorsitzenden Richter am LandgerichtGerd Gugenhan und dem ehemaligen OberstaatsanwaltUlrich Scheib, die sich beide mit der NS-Justiz vorOrt beschäftigten. Während Richter a. D. Klaus Beer dieUlmer Nachkriegsjustiz und ihren Umgang mit der NS-Zeitkritisch kommentiert, gibt die Historikerin Barbara Mantheeinen Überblick über die aktuelle Forschungslage. Danachstellt Oliver Thron das Gedenkbuch vor, ergänzt um einigeImpressionen seiner Präsentation in der KZ-Gedenkstätte.Das Buch wurde bewusst am Tag der Festung im FortOberer Kuhberg präsentiert, um dem Eventcharakter, derdiesen Tag auszeichnet, einen ganz anderen Akzent entgegenzusetzenund gleichzeitig auch Festungsbesuchernein schwieriges, unliebsames und kaum bekanntes KapitelUlmer Militärgeschichte bekannt zu machen. Einem zeitlichvorgelagerten Kapitel dieser Geschichte widmet sich ReinhartMüller in diesem <strong>Heft</strong>, in dem er über die evangelischenKriegspredigten 1914 und die Ulmer Garnison schreibt.Im zweiten Teil des Mitteilungsblatts steht dann unserepraktische Arbeit im Vordergrund. Wir berichten über die imWinter abgeschlossene Revision unserer Dauerausstellungund über konservatorische Maßnahmen in Gleißelstetten,über unseren neuen pädagogischen Leitfaden, das im Aprilabgehaltene Lehrerseminar sowie über ein außergewöhnlichesProjekt des DZOK, das in diesen Tagen stattfindet.Außerdem stellen sich mit mit Andrea Schiele eine neuefreiwillige Mitarbeiterin und drei neue Mitglieder unsererJugendgruppe vor. Damit verbunden ist natürlich die Einladung,an Sie, liebe Leserin und Leser, sich selbst neu oderstärker als bisher für das Doku-Zentrum und seine Ziele zuengagieren. Mit der Vorstellung des Kölner EL-DE-Hauses(anlässlich des Treffens der AG der Gedenkstättenbibliotheken)und des Vereins Prager-Haus Apolda e. V. folgt auchdieses <strong>Heft</strong> der guten Tradition, befreundeten Initiativen undProjekten ein Forum zu geben bzw. diese auch in der RegionUlm/Neu-Ulm weiter bekannt zu machen. Wie immer ist dieRedaktion gespannt auf Ihr Urteil, Ihre Kritik und Ihre Vorschlägefür kommende Mitteilungsblätter.Zum Schluss möchte ich Sie hiermit noch einmal persönlichzu unserer Mitgliederversammlung einladen. Ich freue michauf eine angeregte Diskussion rund um die Berichte. Ihrzahlreiches Erscheinen ist auch deshalb wichtig, weil wiederWahlen anstehen.Mit den besten Wünschen für einen guten Sommer grüßtSie herzlichNicola WengeEinladung zurJahres-Hauptversammlungdes Vereins<strong>Dokumentationszentrum</strong> Oberer Kuhberg1. Berichte und Diskussion: Rückblick und Ausblick2. WahlenFreitag, 22. <strong>Juli</strong> <strong>2011</strong>, 17 UhrVolkshochschule Ulm, EinsteinHaus am Kornhausplatz,Club OrangeImpressumHerausgeber:<strong>Dokumentationszentrum</strong>KZ Oberer Kuhberg Ulm e. V.;Postfach 2066, 89010 Ulm;info@dzok-ulm.dewww.dzok-ulm.de(dort Infos zur Mitgliedschaft)DZOK-Büro mit Archiv, Bibliothek: Büchsengasse 13,89073 Ulm,Tel.: 0731 / 2 13 12, Fax: 9 21 40 56Redaktion:Dr. Nicola Wenge (verantwortlich), Prof. Dr. Ulrich Klemm,Annette Lein, Ilona WalosczykDruck:Offsetdruck Martin, BlausteinAuflage: 1 500Mitglieder, Freunde, Interessiertesind willkommen!Mitarbeiterinnen:Dr. Nicola Wenge (Leiterin),Annette Lein, Ilona WalosczykBürozeiten:Mo-Do 9 – 16 Uhr, Fr 9 – 12 UhrÖffnungszeitender KZ-Gedenkstätte: So 14 - 17 Uhr. Führungen sonntagsum 14:30 Uhr, für Gruppen nach Vereinbarung auch werktags(mind. zwei Wochen vorher anmelden).Details unter www.dzok-ulm.deEintritt: 2,00 € / 0,50 €Führung: 40,00 € / GruppeSpendenkonto: 764 90 62Sonderkonto „Stiftung“:272 07 04beide bei der Sparkasse Ulm(BLZ 630 500 00)<strong>Mitteilungen</strong> des DZOK:1,00 € / <strong>Heft</strong>2


Die allgemeine Verschärfung des Strafmaßes der NS-Justiz zeigt sich am deutlichsten bei der Todesstrafe, die bei immer mehr Tatbeständen verhängt und extrempolitisiert wurde. Unter Vorsitz des Landgerichtsdirektors Dr. Otto Kirchgeorg wurden in Ulm bereits 1935 drei Todesurteile durch das Ulmer Schwurgericht verhängt.Das Foto zeigt die Guillotine im Hofe des Amtsgerichtsgefängnisses. Im Krieg wurden hier auch Exekutionen mit dem Fallbeil vorgenommen. Die Zahl derHingerichteten ist bisher unbekannt. Ulmer Bilderchronik, Bd. 4, 1988, S. 166Oktober 1936, als sie an ihren Robendeutlich erkennbar das Hakenkreuztrugen und diesen Umstand gar zumAnlass einer Feierstunde machten. DieLeitung der Staatsanwaltschaft wechseltemehrfach, bis 1938 Dr. FriedrichErnst diese Position übernahm. Zuvorwar er Leiter der Rechtsamtes derNSDAP in Ulm gewesen und bekleidetedavor wie auch später das Amtdes Kreisgruppenführers des NS-Rechtswahrerbundes, was ihn alsüberzeugten Nationalsozialisten ausweist,wobei erstaunlicherweise vonihm keine öffentlichen Auftritte oderÄußerungen überliefert sind.Soweit ersichtlich waren in der UlmerJustiz – anders als in der UlmerAnwaltschaft – keine Richter undStaatsanwälte jüdischer Religion oderHerkunft tätig, wobei diese Aussagenur mit Vorbehalt möglich ist, daentsprechende Personalakten (wohl)nicht vorhanden sind, jedenfalls mirnicht zugänglich waren.Wurde der Justizalltag offen politisiert?Griffen Politik/Partei in dieUlmer Justiz ein?Gugenhan: In den von mir durchgesehenenStrafakten ließen sich offenersichtliche Einflussnahmen vonPartei/Politik nicht entnehmen. Ausanderen Quellen erschließt sich aberetwa, dass in einem 1935 geführtenVerfahren wegen angeblicher Veruntreuungvon Spenden des Winterhilfswerkesgegen einen Beamtender Stadt Ulm sich nach dessenVerurteilung der örtliche PolizeidirektorDreher, ein glühender Nationalsozialist,öffentlich vor den Verurteiltenstellte; das zur Revision angerufeneReichsgericht verwies die Sache andas Sondergericht in Stuttgart, dasdann auf einen Freispruch erkannte.Die gerichtlichen Strafakten sind ausder Sicht eines heutigen Juristen fasterschreckend unauffällig. So findensich etwa in den Akten taggenaueEntlassungsscheine aus der Strafhaft.Erst wenn man diese Entlassungsscheinegenauer betrachtet, fallendie Entlassanschriften auf, welcheauf Natzweiler/Elsass, Mauthausen,Neuengamme/Hamburg lauten. Nachder gerichtlichen Strafakte wurdendie Verurteilten also ordnungsgemäßentlassen; die bittere Realität wardie grausame, oft wohl mit dem Todendende rechtlose Einweisung in einKonzentrationslager.Ähnliche Besonderheiten lassen sichzu Beginn von Ermittlungsverfahrenfeststellen. Bevor eine Anklagebeim Amtsgericht oder Landgerichterhoben wurde, waren die Aktenzunächst an die Generalstaatsanwaltschaftdes Sondergerichts odergar dem Volksgerichtshof vorgelegtworden, um die Taten dort zur Anklagezu bringen. Der Umstand, dass solcheAkten dann zurückgeschickt wurdenmit der Anweisung, vor Ort Anklagezu erheben, zeigt meiner Auffassungnach eine gewisse Tendenz derStaatsanwaltschaft Ulm in so regemUmfang Taten zu politisieren und andie Sondergerichte zu verweisen, dassselbst dort Unverständnis entstand.Wie beteiligte sich der Justizapparatan der Ausschaltung politischerGegner und der Einschüchterungder Bevölkerung?Scheib: Auf drei Säulen stand der NS-Unterdrückungsstaat: SA, Gestapound Justiz. Nach der Machtübernahmefielen die SA-Horden – z. T.mit hunderten von aufgeputschtenTeilnehmern – über jeden her, derauch nur frech einen NS-Funktionäranzuschauen wagte. Die Strafjustiz4


verfolgte diese Übergriffe nicht. ZumTeil stellten fanatische NS-Juristen dieVerfahren ein oder sie wurden vomJustizministerium dazu angewiesen -„Befehl ist Befehl“. Als einziger Akteurder Ulmer Justiz kämpfte OberstaatsanwaltErnst um eine rigorose Verfolgungdieser Übergriffe, die von derPolizei nicht angezeigt oder verfolgtwurden. Er forderte von Reichstagsabgeordneten,dem Landes- undReichsjustizminister hartnäckig, abererfolglos ein hartes Durchgreifen.Wie wurde die Ulmer Justiz zumInstrument nationalsozialistischerRassenpolitik?Gugenhan: Auch in der Ulmer Justizwurden die Nürnberger Rassegesetzevom 15.9.1935, die Ehen zwischenJuden und Nichtjuden verbot undGeschlechtsverkehr unter Strafestellten, in der Rechtsprechung umgesetzt.So wurde etwa ein 55-jährigerjüdischer Fabrikant, der seit mehr als15 Jahren mit einer verwitweten nichtjüdischenFrau intim befreundet war,im Jahr 1937 wegen nach Erlass desRassegesetzes noch vorgenommenerdreimaliger Sexualkontakte zu 1 Jahrund 3 Monaten Gefängnis verurteilt.Auch Verfahren wegen Verstoßesgegen die Reichsfluchtsteuer (emigriertenjüdischen Bürgern war aufgezwungen,1/4 ihres Vermögens alsSteuer zu bezahlen) wurden vor demAmtsgericht Ulm geführt. Bei meinemAktenstudium stieß ich auf ein Verfahren,bei dem die nicht anwesenden(weil geflüchteten) Angeklagten ineinem Abwesenheitsverfahren zuGefängnisstrafen verurteilt wurden.Der Umgang mit dieser (schon wegendes Fehlens jeglichen rechtlichenGehörs offensichtlich rechtsstaatswidrigen)Verurteilung in späterer Zeit– auch das sollte erwähnt werden –befremdet. Noch Ende 1961 wird vonder Staatsanwaltschaft Ulm die Frageerörtert, ob feststehe, dass dieseStrafe nicht mehr vollstreckt werdenkann. Selbst im Jahre 1961 brachteniemand den Mut auf, die offensichtlicheRechts- und Verfassungswidrigkeitdieses Urteils zu benennen.Markierte der Zweite Weltkriegeine weitere Verschärfung derWillkür und des Unrechtszustandsauch in Ulm?Scheib: Mit zunehmender Kriegsdauerforderte die Partei immer unmenschlichereStrafen – vorwiegend Todesstrafen– ein, die reichsweit auchverhängt wurden. Erstmals zeigt dievorliegende Untersuchung, dass inGerichts- und Untersuchungsgefängnis, Frauengraben 4, hinter dem Land- und Amtsgericht. DasGebäude steht noch. Pfarrer Franz Weiß aus Söflingen und Robert Scholl sind hier u. a. in Haft gewesen.Von diesem Gefängnis aus wurden Juden, Sinti und Roma in die KZ „überführt“. Aufnahme von ca. 1940.A-DZOKUlm dem entgegen mit dem Jahr1943 die Strafen nicht schärfer, sonderndeutlich milder wurden. Diesliegt vermutlich darin begründet, dasseinige Richter nicht in der Partei warenund dem Regime kritisch gegenüberstanden, bedürfte aber noch weitererUntersuchungen.Herr Scheib, was lässt sich nachihrem umfassenden Aktenstudiumzusammenfassend zur UlmerStrafjustiz im NS sagen?Scheib: Die Strafjustiz war nicht unabhängigsondern die „Speerspitze derPartei“ und hatte rücksichtslos jedenRegimegegner zu eliminieren. DieStaatsanwaltschaft kam dem eilfertignach und klagte ohne große Rücksichtauf die Rechts- und Beweislage an.Die Strafkammern des LandgerichtsUlm weigerten sich demgegenüber,die politisch geforderten, weit überzogenenStrafen zu verhängen. VonZuchthausstrafen und Sicherungsverwahrung– die einer Todesstrafegleichkamen – sahen sie in bis zu 50 %der Fälle ab. Die Strafvollstreckungwurde ab 1933 brutal und unmenschlich,die Gefangenen misshandelt, einKommunist totgeschlagen.Eine Abschlussfrage an Sie beide:Wo liegen die blinden Flecken inder Aufarbeitung der NS-Justiz?Was ist noch zu tun?Scheib: Die NS-Justiz wurde erstab 1958 untersucht, bis heuteliegen zahlreiche Arbeiten vor, diesich ausschließlich mit Sondergerichtenbeschäftigen, bei denen alleschwerwiegenden Verfahren bearbeitetwurden. Ungeklärt blieb dieBehandlung der großen Masse vonStrafverfahren vor den Amts- undLandgerichten.Gugenhan: Die Aufarbeitung von Justizunrechtim NS-Staat ist – bzw. wäre– Aufgabe der Justiz selbst gewesen.Dass sie dies nicht geleistet hat, magan der weitgehend personellen Kontinuitätder Richterschaft gelegen habenund der Scheu der nachkommendenJuristengeneration gegen die nunmehrangesehenen – vielleicht ihremeigenen Tun in der NS-Zeit nun auchkritisch oder verschämt gegenüberstehenden – älteren Kollegen vorzugehen.Die allgemeine Grundhaltungder Bevölkerung in der unmittelbarenNachkriegszeit, dass man mit all demabschließen will, mag dies verstärkthaben, wie auch die Fokussierung desLebens auf Wiederaufbau und das Private.Was wir heute noch tun können,ist die Dokumentation damaligerGeschehnisse bei vorsichtig-kritischerInterpretation der Akten.DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> <strong>Heft</strong> <strong>54</strong>, <strong>2011</strong>5


Justiz im NationalsozialismusEin ForschungsüberblickBarbara MantheSchon vor dem Ende des ZweitenWeltkriegs war die Rolle der Justizim Nationalsozialismus Gegenstandwissenschaftlicher Untersuchungen.1941 etwa publizierte der emigriertePolitikwissenschaftler Ernst Fraenkelin den USA seine viel beachtete Studie„Der Doppelstaat“. Seitdem nimmtdie Justiz einen wichtigen Platz beidem Versuch ein, das Herrschaftssystemanalytisch zu erfassen. Wersich mit dem Themenkomplex „Justizim Nationalsozialismus“ beschäftigt,steht dementsprechend vor einerschier unüberschaubaren Fülle vonhistorischer und rechtswissenschaftlicherForschungsliteratur. Dieser Forschungsüberblickwill hier eine kleineOrientierungshilfe liefern.Frühe Forschung und StandardwerkeWährend sich bis in die 1980er Jahrehinein die Publikationen zu demThema zumeist im Spannungsfeld vonRechtfertigung und Anklage bewegtenund sich von einer moralischen und/oder anekdotenhaften Darstellungsweisekaum lösen konnten, bemühtesich die Geschichtsschreibung in denletzten 20 Jahren um mehr Differenzierung.Darüber hinaus setzte sich dieTendenz durch, die Justiz im DrittenReich nicht lediglich als Institution zubehandeln, die ihre Macht abstraktund anonym ausübte, sondern auchRichter, Staatsanwälte und Verwaltungsbeamtein den Blick zu nehmen.Seit dem Ende der 1980er Jahre entstandenzentrale Standardwerke, wieetwa die Untersuchung von LotharGruchmann zur Justizverwaltungzwischen 1933 und 1940 (Gruchmann,Justiz, 1988) oder die Studievon Ralph Angermund zur deutschenRichterschaft zwischen 1919 und1945 (Angermund, Richterschaft,1991).Themenschwerpunkte der1990er JahreDie Bandbreite der in den Folgejahrenpublizierten Studien arbeitete meistregionalhistorisch (etwa zu Baden-Württemberg Oehler, Rechtsprechung,1997; Schiller, Oberlandesgericht,1997) oder konzentrierte sich– dies häufig als juristische Arbeiten– auf bestimmte Aspekte der Rechtsprechung,des Justizsystems odernationalsozialistischer Rechtslehren.Andere Arbeiten legten ihren Fokusauf die Biographien einzelner Juristen,meist exponierter Funktionsträger desRegimes (Bästlein, Richtertum, 1992;Kißener/Scholtyseck (Hg.), Führer,1997) oder seltener auch explizit aufden Richterkorpus eines Bezirks odereines Gerichts (zu badischen BeamtenKißener, Diktatur, 2003). Einige dieserStudien entstanden im Rahmen vonForschungsstellen oder -projekteneinzelner Justizbehörden oder -ministerien,beispielsweise der HamburgerJustizbehörde oder der Dokumentations-und Forschungsstelle „Justizund Nationalsozialismus“, die seit1988 bei der Justizakademie NRWbesteht.Alles schon untersucht?Es könnte also der Eindruck entstehen,dass Justiz und Richterschaftwährend des Dritten Reichs ausreichenderforscht sind. In einzelnenAspekten mag dies stimmen: So gibtes ein breites Wissen über die Arbeitder Sondergerichte und der (politischen)Strafjustiz, auf die sich diemeisten der genannten Studien konzentrierten.Dies liegt einerseits daran,dass die Sondergerichtsurteile häufiggut überliefert sind. Andererseitswurde der Rechtsprechungspraxis derSondergerichte für die nationalsozialistischeVerfolgung große Bedeutungbeigemessen. Die Sondergerichteurteilten vor allem politische Gegnerab und ahndeten während der Kriegsjahremehr und mehr die Kriegswirtschaftskriminalität.In vielen anderenBereichen der NS-Justizforschungzeigen sich jedoch überraschendgroße blinde Stellen. Selten findet manPublikationen, die sich mit anderenGerichten, zum Beispiel den AmtsundLandgerichten befassen - nochdünner wird die Forschungslage zurJustiz in ländlichen und kleinstädtischenRegionen. Auch die Literaturzum Zivilrecht ist überschaubar undwar bislang meist ein Thema juristischerStudien (beispielsweise Rüthers,Auslegung, 1988; Schröder, „Zivilrecht“,1988).NS-MilitärjustizWas die Forschung zur Militärjustizangeht, so hatte das politische Klimader Nachkriegszeit, insbesondere dasapologetische Bild von der „sauberen“Wehrmachtsjustiz und die personelleKontinuität ehemaliger Militärjuristenin gesellschaftlichen und politischenEntscheidungspositionen der Bundesrepublikeine kritische Aufarbeitunglange Zeit erschwert.Ähnlich der allgemeinen NS-Justizforschungsetzte sie mit großenVerzögerungen Ende der 1980erJahre ein (Messerschmidt/Wüllner,Wehrmachtsjustiz, 1987; Wüllner,NS-Militärjustiz, 1991; Haase/Paul(Hg.), Soldaten, 1995; Messerschmidt,Wehrmachtjustiz, 2005 undzu Österreich Manoschek, Opfer,2003). Hier lag häufig der Fokus aufausgewählten Delikten wie beispielsweiseFahnenflucht, so dass auchbei diesem Thema noch einige Forschungsdesiderataexistieren. AktuelleForschungsprojekte füllen einigedieser Lücken, indem sie etwa dieBiographien ehemaliger Militärrichteroder die Militärgerichtsbarkeit imReich untersuchen (etwa die Projektevon Kerstin Theis: „Die Militärgerichtedes Ersatzheers am Beispiel der DivisionenNr. 156/526“ (Köln/München)oder von Claudia Bade: „Lebensläufeund Spruchpraxis von Wehrmachtrichtern“(Dresden/Torgau)).Forschungslücken und ForschungstrendsEin Aspekt, der in der Justizforschungbisher stark vernachlässigt wurde, istder Strafvollzug, zu dem erst NikolausWachsmann (Wachsmann, Prisons,2004) eine Überblicksstudie vorlegte.Die Tätigkeit deutscher Juristen anzivilen Besatzungsgerichten desbesetzten Europas ist ein fast gänzlichunerforschter Bereich in der deutschsprachigenForschungslandschaft.Einen Anfang hätte die Studie derJuristin Diemut Majer (Majer, „Fremdvölkische“,1981) über die deutscheJustiz im ehemaligen Polen bietenkönnen. Es folgten jedoch in denletzten Jahren nur einzelne Studienzu bestimmten Gerichten in den vonden Deutschen annektierten Gebieten(zu Lódz: Schlüter, „Menschlichkeit“,DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> <strong>Heft</strong> <strong>54</strong>, <strong>2011</strong>7


2006; zu Bromberg: Weckbecker,Freispruch, 1998; zum Sudetengau:Anders, Strafjustiz, 2004). DieseArbeiten konzentrierten sich auf dieUrteilspraxis der Sondergerichte; diefruchtbaren Methoden und Ergebnisseder neueren Täterforschung, mitdenen in den letzten Jahren Personenund Einrichtungen der Zivilverwaltungenuntersucht wurden, sind nochnicht eingeflossen.FazitInsgesamt erstaunt es, wie seltendie Forschung die konventionellenWege verlässt und dass deshalb nochgroße Wissenslücken existieren. Tiefergehende Analysen am Beispiel derJustiz sind rar; ein aktuelles Beispielhierfür stellt die Studie von ThomasRoth über Justiz und Kriminalpolizeiin Köln während des Dritten Reichs(Roth, „Verbrechensbekämpfung“,2010) dar. Sie nimmt sich der Aufgabean, die verschiedensten Akteure,Handlungsstränge und Perspektivendarzustellen und gleichzeitig dieWirksamkeit von Normen und Verordnungenmit der Realität nationalsozialistischerHerrschaft abzugleichen.Da sich die NS-Justizforschung bisherstark auf die Arbeit der Sondergerichtekonzentrierte, besteht die Gefahr, dassein verzerrtes Bild der Rechtsprechungim Dritten Reich entstanden ist. Dennbei der Tätigkeit der Sondergerichtehandelt sich um nur einen – quantitativrecht kleinen – Aspekt der Strafverfolgung.Die Arbeit der anderen Gerichtewird dabei außer Acht gelassen; ihreFunktion als Verfolgungs- und Disziplinierungsinstrumentedes NS-Regimesdarf jedoch nicht unterschätzt werden.Hier besteht auch und gerade aufder lokalen Ebene noch erheblicherForschungsbedarf. Umso erfreulicher,dass nun für Ulm eine Lokalstudie zurNS-Militärjustiz erschienen ist.Biographische Notiz: Die HistorikerinBarbara Manthe, M. A., promoviertseit 2007 zum Thema „Richter in dernationalsozialistischen Kriegsgesellschaft,1939 bis 1945“ an der UniversitätKöln.Eine mit Fußnoten versehene Versiondes Texts ist per Mail über dasDZOK zu beziehen.Deserteure und „Wehrkraftzersetzer“ in Ulm – EinGedenkbuch für die Opfer der NS-Militärjustiz in UlmAutor Oliver Thron stellt die neue DZOK-Publikation vorDas Titelbild des GedenkbuchsEs ist der Morgen des 17. Februar1945, wenige Wochen vor derBefreiung Württembergs durch amerikanischeTruppen, als der WehrmachtangehörigeJakob Eckstein imUlmer Lehrer Tal vor ein Erschießungskommandogeführt wird. Auf denanwesenden Militärpfarrer wirkt der24-jährige gefasst. Er erkundigt sichbei dem Geistlichen noch nach demBefinden seines jüngeren BrudersJosef, der wie ein weiterer Bruder alsSoldat an der Front steht. Dann äußertJakob Eckstein seine letzte Bitte: Manmöge ihm nicht die Augen verbinden,er wolle „seinen Mördern in die Augensehen“. Um 7.41 Uhr wird Jakob Ecksteingemeinsam mit einem anderenSoldaten, dem 30jährigen Kurt Henne,„standrechtlich“ erschossen.Die erschütternde Geschichte dieser– und die weiterer Angehöriger derWehrmacht, die während des ZweitenWeltkriegs in Ulm hingerichtet wurden– war der Öffentlichkeit bislang nichtbekannt. In dem Gedenkbuch fürdie Opfer der NS-Militärjustiz in Ulm,das im Juni in der Schriftenreihe des<strong>Dokumentationszentrum</strong>s ObererKuhberg erschienen ist, werden erstmalsdie Biografien dieser Männervorgestellt. Unter dem Titel Deserteureund „Wehrkraftzersetzer“ gibt dasBuch zunächst einen kurzen Überblicküber das Militärstrafrecht unddie Militärjustiz im Nationalsozialismus.In einem zweiten Teil richtet sich derBlick auf die Akteure und Tatorte derWehrmachtjustiz in der ehemaligenGarnisonsstadt Ulm. Der letzte Teilder Arbeit schließlich widmet sich denBiografien der Opfer.Während zur Geschichte und zur Funktionder NS-Militärjustiz mittlerweileeinige umfassende Studien vorliegen,sind lokalgeschichtliche Arbeiten zumThema bislang eher selten. Dies verwundertangesichts der Vielzahl derOpfer der NS-Militärjustiz. Von 1933bis 1945 verhängte diese mehr als30.000 Todesurteile gegen deutscheSoldaten – über 20.000 dieser Todesurteilewurden vollstreckt. Aus Angstvor einer Revolte eigener Soldatenwie im Ersten Weltkrieg verschärftendie Nationalsozialisten das Militärstrafrechtdes Kaiserreichs zu einem Willkürinstrument,von dem die NS-Militärjustizin exzessiver Weise Gebrauchmachte. „Fahnenflucht“, „Zersetzungder Wehrkraft“ und „Selbstverstümmelung“lauteten die Tatbestände, dievielfach ein Todesurteil für die Angeklagtenzur Folge hatten.Die Motive von Angehörigen der Wehrmacht,der Armee den Rücken zukehren, die eine Spur der Vernichtungdurch Europa gezogen hatte, warenmannigfaltig. Politische Gegnerschaft,Traumatisierung angesichts eines mitaller Härte geführten Krieges, Angstund Sorge um die Familie – welcheGründe auch immer für die Soldatenden Ausschlag gegeben haben8


mögen, ihre Einheiten zu verlassen– berechtigt waren sie alle. Zumal dieKriegsziele und die Kriegsführung dervon der nationalsozialistischen Ideologiedurchdrungenen Wehrmachtverbrecherisch waren. Vor diesemHintergrund ist die Desertion deutscherSoldaten im Zweiten Weltkriegzu bewerten. Der Historiker DieterKnippschild zieht im Hinblick auf dasNS-Regime dann auch den Schluss:„Faktisch bedeuteten in dieser SituationFahnenfluchten eine Schwächungdes Systems und beschleunigtenseinen Zusammenbruch.“ 1Soldaten, die sich trotz drohenderTodesstrafe dem Militär und seinemVerfolgungsapparat erfolgreich entzogen,waren nach Kriegsende durchdie bundesdeutsche Justiz nicht etwarehabilitiert. Im Gegenteil: Auch in derBundesrepublik galten die Deserteureund „Wehrkraftzersetzer“ von einst als„Vaterlandsverräter“ und blieben sozialund materiell ausgegrenzt.Hingegen machten nicht wenige ihrerehemaligen Richter in der bundesdeutschenJustiz Karriere. Exemplarischfür dieses „zweite Unrecht“ istdie Karriere des ehemaligen UlmerNS-Militärrichters Hermann Bames.Als Richter an der Ulmer Zweigstelledes Gerichts der Division Nr. 465, warBames nach eigenen Angaben viermal„an Verhandlungen, die zur Vollstreckungvon Todesurteilen führten“ 2beteiligt. Einer der Männer, die dasUlmer Militärgericht unter dem Vorsitzvon Hermann Bames zum Todeverurteilte, war der Obergefreite undFamilienvater Karl Westerich. Dieserhatte, dies erkannte auch das Gerichtan, aus Sorge um seine ausgebombteMutter und seine kranke Ehefrau, diegerade ihren zweiten Sohn zur Weltgebracht hatte, beschlossen, nicht andie Front zurückzukehren. Ungeachtetdessen wurde der Soldat wenige Tagenach seinem 30. Geburtstag wegen„Wehrkraftzersetzung“ zum Tode und„dauerndem Verlust der bürgerlichenEhrenrechte“ und „Wehrwürdigkeit“verurteilt. 3 Am 14. Dezember 1944wurde Karl Westerich im Ulmer LehrerTal erschossen und vier Tage späterauf dem Ulmer Friedhof neben deneingangs erwähnten DeserteurenJakob Eckstein und Kurt Henne beerdigt.Sein Richter, der ehemalige OberfeldrichterHermann Bames, kehrteindessen nach Kriegsende unbescholtenals Landgerichtsdirektoran das Ulmer Landgericht, an demFaksimile des Feldkriegsgerichtsurteils gegen Karl Westerich vom 31.10.1944 Deutsche Dienststelle25.08.2010er bereits vor dem Krieg gearbeitethatte, zurück. Zur Begründung führtedie Ulmer Spruchkammer an: „Dieangestellten Ermittlungen über denseit 1933 in Ulm ansässigen undals Richter tätigen B. ergaben eineeinwandfreie politische Haltung“ 4 . ImAugust 1946 wurde Hermann Bamesdann zum Vorsitzenden der UlmerSpruchkammer ernannt. In dieserFunktion hatte der ehemalige NS-Richter über die Belastung bzw. Entlastungehemaliger Nationalsozialistenzu entscheiden. Unter massiven Protestenvon Teilen der Ulmer Öffentlichkeitstufte Bames im November 1947beispielsweise ein ehemaliges Mitgliedder SS als „entlastet“ ein. 5Hermann Bames starb am 7. Mai 1962in Ulm. Im Nachruf der SchwäbischenDonauzeitung heißt es: „Nach demZweiten Weltkrieg erwarb sich DirektorBames besondere Verdienste um denWiederaufbau der Zivilgerichtsbarkeitim Ulmer Bezirk. Wegen seinerumfassenden juristischen Kenntnisse,seines ausgesprochenen Gerechtigkeitssinns,seiner persönlichenBescheidenheit, Güte und vornehmenGesinnung wurde er weit und breitgeschätzt und verehrt. […] DirektorBames wird denen, die ihn als Richterund Mensch kannten, unvergessenbleiben.“ 6Die Opfer der NS-Militärjustiz hingegengerieten über die Jahre in Vergessenheit.Die Angehörigen der in UlmDZOK-<strong>Mitteilungen</strong> <strong>Heft</strong> <strong>54</strong>, <strong>2011</strong>9


hingerichteten Männer hatten in derNS-Zeit aus Angst vor angedrohterStrafe geschwiegen, in der Nachkriegszeitschwiegen sie aus Scham– angesichts einer breiten öffentlichenMeinung, nach der fahnenflüchtigeSoldaten noch immer als „Feiglinge“und „Verbrecher“ galten.Als Tabubruch galt somit auch eineInitiative der Ulmer „Spätverweigerer“,die sich ab Mitte der 1980er Jahrefür ein Gedenken an die Deserteureengagierten. Sie errichteten den nochunbekannten Männern 1989 vor demRoxy ein Denkmal, welches auf Anordnungder Stadt Ulm wieder entferntwerden musste. Erst 15 Jahre späterkonnte das Denkmal 2005 endlichunweit der damaligen Hinrichtungsstätteim Lehrer Tal aufgestellt werden.Eine erläuternde Hinweistafel und eineGedenktafel mit den Namen der Opferfehlt bislang.Heute, über 65 Jahre nach Kriegsende,liegen mit dem Gedenkbucherste Namen und Biografien jenerMänner vor, die ihre Verweigerunggegenüber einem verbrecherischenSystem mit dem Leben bezahlten.Es ist an der Zeit, ihrer auch in Ulmnamentlich zu gedenken.1 Knippschild, D.: Deserteure im ZweitenWeltkrieg: Der Stand der Debatte. In:Bröckling, U./Sikora, M. (Hg.): Armeen undihre Deserteure. Göttingen 1998, S. 2352 Hauptstaatsarchiv Stuttgart EA 4/150 Bü52, Anl. 4 zu Bl. 163 Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigungder nächsten Angehörigen vonGefallenen der ehemaligen deutschenWehrmacht: Auskunft vom 25.8.20104 Staatsarchiv Ludwigsburg EL 902/21Bü141, Bl. 65 Schwäbische Donauzeitung vom22.11.19476 Schwäbische Donauzeitung vom 9.5.1962Die Vorstellung des Gedenkbuchs in der KZ-GedenkstätteDas Gedenkbuch für die Opfer der NS-Militärjustiz in Ulm wurde am 5.6.<strong>2011</strong>(Tag der Festung) in der GedenkstätteOberer Kuhberg öffentlich präsentiert.An diesem Tag besuchten etwa 700Gäste die Gedenkstätte, an der Veranstaltungselbst nahmen ca. 110 interessierteBesucherinnen und Besucherteil. Als öffentliche Vertreter von Stadtund Justiz sprachen BürgermeisterinMayer-Dölle und Landgerichtspräsidentvon Au. Zwei Zeitzeugen vertieftendie Ausführungen von AutorOliver Thron. Sie berichteten über ihrepersönlichen Erfahrungen als Augenzeugeeiner Hinrichtung im Lehrer Talund als ehemaliger Wehrmachtdeserteur.Oben: Nicola Wenge dankt als Gastgeberin undHerausgeberin des Gedenkbuchs Gerichtspräsidentvon Au für seine klaren und verantwortungsbewusstenWorte.Bürgermeisterin Mayer-Dölle hält eine sehrpersönliche und nachdenkliche Rede, in der sieihre eigenen familienbiografischen Prägungenmit erinnerungspolitischen Aufgaben zusammenführt.Rechts oben: Oliver Thron als Verteter einer kritischenund engagierten Lehrergeneration.Rechts Mitte: Nachdenklich: Dr. Hanspaul Eckert,der Ende Februar 1945 als 18-jähriger Wehrmachtsoldatzu einer Hinrichtung im Lehrer Talbei Ulm gezwungen wurde.Rechts unten: Christoph Scheytt – ehemaligerUlmer Klinikseelsorger – berichtet über seineErfahrungen als Deserteur und wie stark ihn dieDebatte um das Deserteurdenkmal in den 1980erJahren berührte. Alle Fotos: Lili Störk10


Wie Gott zum Deutschen wurdeEvangelische Kriegspredigten 1914 und die Ulmer GarnisonReinhart MüllerEin kleines Rad im Apparat der NS-Militärjustiz bildeten die Wehrmachtseelsorger.Sie waren gemäß denBestimmungen des Reichskonkordatsvom 20.7.1933 dem Militär unterstelltund betreuten u. a. die zum Tode verurteiltenDeserteure und „Wehrkraftzersetzer“.In Ulm füllten dieses Amtder kath., ehemalige DivisionspfarrerMax Notz und der ev. Pfarrer EugenSchmidt aus.In seinem Artikel richtet ReinhartMüller, Pfarrer an der Pauluskirche bis1999, einen kritischen Blick zurück aufdie Rolle der evangelischen Pfarrer zuBeginn des Ersten Weltkriegs und stellteine Verbindungslinie zwischen demGeschichtsbild ihrer Kriegspredigtenund der Theologie der „DeutschenChristen“ im Nationalsozialismus her.Die Ulmer Garnisonskirche TheodorFischersIm Osten des Stadtbildes setzt diejetzt hundertjährige Pauluskirche einenkraftvollen Akzent. Mit Kriegsbeginn1914 wurden hier regelmäßig am Donnerstagvormittagdie ‚Gottesdienstefür ausmarschierende‘ Soldatengefeiert. 37.000 junge Männer derUlmer Garnison sind im ersten Weltkrieggefallen. Mit welcher Botschaftwurden sie von hier aus in den Todgeschickt? Das frage ich seit ich selbstan dieser Kirche Pfarrer war.Garnisonspfarrer war seit 1898 GustavAdolf Hartmann, ein für seine Zeitauffällig sozial engagierter Mann. Ersetzte sich für die Gefangenen im Soldatenarresthausin der Frauenstraßeein, wie für ihre beengt in kleinen Wohnungenlebenden Familien.Dafür gibt es eindrucksvolle Belege imLandesarchiv. Hartmanns Kriegspredigtenaber sind nicht überliefert. Dasfällt auf, denn die Reden aus anderenGarnisonen liegen in großer Zahl inden Archiven. Sie wurden gedrucktund zum Kauf angeboten. „Ertrag fürdas Rote Kreuz“ ist auf den Umschlagseitenoft vermerkt. Sie enthalten einefür unsere Ohren nicht zu ertragendeBotschaft. Fast alle passen sich derdamals weit verbreiteten nationalenDie Pauluskirche in der Frauenstr. Ulm. Postkarteder Kunstanstalt Gebr. Metz in TübingenBegeisterung an. Warum fehlen dieReden des Ulmer Garnisonspfarrers.War er ‚gegen den Strich gebürstet‘wie damals leider nur eine Minderheitder Theologen?Ich suche weiter und zitiere in diesemBeitrag Predigten Ulmer Pfarrer sowieaus den in anderen Garnisonen gehaltenenGottesdiensten:Wörtliche Auszüge aus Kriegspredigten1914Der in der Ulmer Stadtgesellschafthoch geschätzte Münsterpfarrer ReinholdDieterich erwartete vom Krieg dieWirkung eines „die Luft reinigendenGewitters“.„Es liegt im Kriegsstoff eine göttlicheIdee. Gott ist im Sturm und in den Stürmenden… Es ist etwas Hinreißendesum solche stürmende Truppen, esliegt Göttliches in den Stürmenden:Entscheidung und Sieg, wenn es seinmuss Opfer und Tod“. 1Enthusiastisch feiert DompredigerLudwig Jacobskötter, Bremen, den„Geist von 1914“ gar als ein „neuesPfingsten“:„Der Geist Gottes kam auf uns... Eswar wie ein neues Pfingsten. Vollheiliger Begeisterung für die SacheGottes hörten wir die göttliche Rede,Sprache Gottes in der Geschichte,Die Ulmer Garnison und dieMilitärseelsorge im 1. WeltkriegAm Vorabend des Ersten Weltkriegswar die Ulmer Garnisonso stark ausgebaut wie nie zuvor:1913 waren im Stadtgebiet knapp10.000 Soldaten in 16 Kasernenzusammengezogen, bei einerGesamtbevölkerungszahl von60.000 Menschen. Zeitweisehielten sich in der Stadt sogarbis zu 25.000 deutsche Soldatenauf. Sie wurden in eigenen Garnisonsgemeindenreligiös betreut.Speziell für das Militär warenhierzu bereits 1902-04 die kath.St. Georgskirche und 1908-10die evangelische Garnisonskirche(Pauluskirche) an der Frauenstraßeerrichtet worden. Zu denAufgaben der Militärpfarrer, dieals obere Militärbeamte in Rangund Gehalt Offizieren gleichgestelltwaren, gehörten neben demAbhalten des Gottesdiensts dieseelsorgerische Betreuung derSoldaten und ihrer Familien, auchals Lazarettpatienten oder alsInhaftierte des großen Soldatengefängnisin der Frauenstraße, wohunderte Gefangene einsaßen.Nicht nur in Ulm, auch reichsweitidealisierten die Militärgeistlichenin ihren Predigten den Krieg „imNamen Gottes“ als „gerechte“oder gar „heilige“ Aufgabe undtrugen zur Verklärung des Soldatentodsbei. (NW)DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> <strong>Heft</strong> <strong>54</strong>, <strong>2011</strong>11


aus den kaiserlichen Dokumenten undden wie aus Stein gemeißelten Siegestelegrammender ersten Wochen.“ 2Militärpfarrer Otto Gittinger aus derGarnison in Schwäbisch Gmündspricht vor ausmarschierenden Soldatenvom „gerechten Krieg“:„Gott hat diese Tage des Gerichtskommen lassen, um uns zu sichten,er will sehen und uns zeigen, wasfür ein Volk wir sind. Er hat uns einenfürchterlichen aber gerechten Krieggegeben“. 3Die überregional viel beachtetenKriegspredigten des Theologen WalterLehmann wurden im ersten Kriegsjahrunter dem Titel „Vom deutschen Gott“in Ulm herausgegeben. Darin heißt es:„Ein Volk, dem Gott einen Luther undSchiller, einen Kant und Bismarckgeschenkt hat, dies Volk kann Gottnicht beiseite werfen, mit einem solchenVolk hat er noch Großes vor.Deutschland kann deshalb nichtuntergehen, denn geht dies Volk derDeutschen zu Grunde, so geht dasKostbarste in der Welt unter“. 4Zum Geschichtsbild der Kriegspredigten:Gott als Lenker derMenschheitsgeschichte undErzieher des VolkesGott als Lenker der Menschheitsgeschichte– das war im 19. Jahrhunderteine weit verbreitete Vorstellung desBürgertums, zu dem auch die evangelischenPfarrer zählten. In seinen‚Reden an die deutsche Nation‘ nahmJohann Gottlieb Fichte den Gedankeneines geistig, kulturell und religiösallen anderen Völkern überlegenendeutschen Volkes auf. Die BehauptungHeinrich von Treitschkes: „großeMänner machen Geschichte“ fiel auffruchtbaren Boden. Solche großenMänner meinte man zum Beispiel inLuther, Bismarck und Kaiser Wilhelm II.zu erkennen. Vor allem Martin Lutherwurde nicht nur in der Kirche als einHeld verehrt, der die Grundlagen derEinheit der Nation geschaffen habe.Die ganze zuvor in Konfessionenzerstrittene Nation schien zu Beginndes Ersten Weltkriegs im Luthergeistvereint. Nach der Geschichtstheologiedes besonders einflussreichen theologischenLehrers Albrecht Ritschl lenktGott die Geschichte mit dem Ziel, dieVölker zu erziehen. Der Weltkrieg istfür ihn ein schmerzlicher aber notwendigerSchritt auf dem Weg zu diesemZiel.„Krieg ist immer Sünde“ – EinigeAusnahmestimmenEs gab aber auch selbständigeDenker. Für mich sind sie prophetischeGestalten, die ihre Hoffnung ausden Quellen des christlichen Glaubensin der Bibel schöpften. Sie erkanntenim Nationalprotestantismus schon1914 eine folgenschwere Irrlehre.Christoph Blumhardt, Pfarrer der BrüdergemeindeBad Boll und Landtagsabgeordneterder SPD widersprachden herrschenden politischen undtheologischen Strömungen jener Zeitradikal und sagte 1914:„Krieg ist immer Sünde.“ 5Von Ihm stammt auch das Zitat:„Nur Gottes Geist kann den Geistder Welt besiegen. Vertraut nicht aufKanonen.“ 6Zu den kriegskritischen Mahnerngehörte auch der Stuttgarter StadtpfarrerOtto Umfrid als Mitglied derDeutschen Friedensbewegung (DFG).Er setzte sich schon um 1900 füreine Reduktion der Militärausgabenein. Auch während des Krieges blieber bei seinen Positionen und forderteeine „Erziehung zum Frieden in denSchulen“:„Wir fordern von den Völkern christlicherKultur …, dass sie einen Rechtszustandherbeiführen, der die Gewaltmittelder Waffen ausschaltet.“ 7Theologische Entwicklungen nachdem Ersten WeltkriegNach dem Ersten Weltkrieg erkanntedie weltweit beachtete „DialektischeTheologie“ Karl Barths und seinerSchüler im Nationalprotestantismuseine zutiefst unchristliche und unbiblischeIdeologie. Auch der WiderstandskämpferDietrich Bonhoefferwar ein Schüler Barths. Nach demAufbruch der Kirche in der dialektischenTheologie ist Gottes Handelnmit unserem Handeln niemals verrechenbar.Jede ‚natürliche Theologie‘wird scharf abgelehnt.Unvorstellbar schien diesen Theologenin den 1920er Jahren, dassRassismus und Krieg jemals wiederihr Haupt erheben und theologischgerechtfertigt werden könnten. Tatsächlichaber knüpften schon wenigeJahre später die ‚Deutschen Christen‘des Nationalsozialismus an die Theologiedes aus dem 19. Jahrhundertstammenden Nationalprotestantismuswieder an. In der Rückschau ist diedirekte Verbindungslinie von der derKriegspredigt des Jahres 1914 zu den‚Deutschen Christen‘ unübersehbar.Die Bekennende Kirche hat diese Ideologieund Weltanschauung bekämpft.Nach Dietrich Bonhoeffer und seinenMitstreitern war ihr Widerstand gegendas Unrecht jedoch vor allem im Blickauf die Judenverfolgung bei weitemnicht mutig und radikal genug.Welchen Irrtümern unterliegen wirheute?Die jüngste Kirchengeschichte zwingtmich, selbstkritisch zu fragen: WelchenIrrtümern unterliegen wir heute? Womüssen wir entschiedener widersprechen?Gegen welche Entwicklungenunserer Zeit müssen wir vernehmbardie Stimme erheben und dem „Rad indie Speichen fallen“?Zitierte Quellen:1 Reinhold Dieterich, Gott mit uns! – ZwölfPredigten und Ansprachen, Ulm 1914,S. 70f2 Ludwig Jacobskötter, zitiert nach WilhelmPressel, Die Kriegspredigt 1914-1918 inder evangelischen Kirche, Göttingen 1967,S. 173 Otto Gittinger, Kriegspredigten, zitiert nachPressel S. 1114 Walter Lehmann, Vom deutschen Gott– vierzehn Predigten, Ulm 1914, S. 60f5 Christoph Blumhardt, Gottes Reich kommt– Predigten und Andachten aus denJahren 1907-1917 S. 4016 Christoph Blumhardt, ebd. S. 3717 Mit Gott für Volk und Vaterland. Diewürttembergische Landeskirche zwischenKrieg und Frieden 1903-1957, hrsg. Hausder Geschichte Baden-Württemberg,Stuttgart 1995, S. 37Reinhart Müller: Wie Gott zumDeutschen wurde. EvangelischeKriegspredigten 1914 und dieUlmer Garnison.edition stadthaus Band 11. 32Seiten 3,50 €. ISBN 978-3-934727-31-1; zu beziehen überdas Stadthaus, im Buchhandelund über das DZOK12


Revision der Dauerausstellung des DZOKEin Geburtstagsgeschenk zum 10-jährigen Bestehen undeine besondere Einladung an unsere EinzelbesucherNicola WengeVor genau zehn Jahren, Ende Juni2001, wurde die Dauerausstellung„Die Würde des Menschen ist unantastbar“in der KZ-GedenkstätteOberer Kuhberg mit großer bürgerschaftlicherUnterstützung eröffnet.Sie wurde in den vergangenen zehnJahren von schätzungsweise 80.000Menschen besucht, davon etwa 75%Schulklassen. Jetzt feiert sie ihr 10-jähriges Bestehen und die Revisionist als Geschenk an Ausstellung undBesucher gedacht.Sie hat auch deshalb – um im Bild zubleiben – ein Präsent verdient, weil siesich in der fachlichen und didaktischenArbeit absolut bewährt hat und dengedenkstättenpädagogischen Anforderungender Gegenwart voll entspricht.Doch über die Zeit vertieftensich die Gebrauchsspuren erheblich,zumal viele Jugendliche die Ausstellungfür eine Auseinandersetzung mitder Vergangenheit am ehemaligenTatort auch wirklich aktiv nutzten.Erschwerend hinzu kamen die klimatischenBedingungen im Fort ObererKuhberg. Kälte und hohe Luftfeuchtigkeitstellten große Anforderungenan Material und Technik. Unter diesenBedingungen litten besonders dieAusstellungstafeln, die Audiostationenund die Themen- und Biographiealben.Viele Tafeltexte waren verlaufen,die Farben verblasst, das Papier derAlben gewellt und manche Audiostationzum Totalausfall geworden. AlleInfoträger waren dringend zu überholen,technisch zu modernisierenund neu zu reproduzieren.Hinzu kam eine inhaltliche Herausforderung:Die Zahl der Einzelbesucherinnenund Besucher an den „offenenSonntagen“ ist deutlich gestiegen.Dies ist ebenso auf den seit 2009angelegten Festungsweg zurückzuführenwie auf die seitdem durchgeführtenwöchentlichen Busführungenzur Bundesfestung Ulm. Viele dieserBesucher kommen eher zufällig zurGedenkstätte, kennen die Geschichtedes ehemaligen Landes-KZ nichtund sind völlig überrascht, in derFestungsanlage auf einen nationalsozialistischenTatort zu treffen. Für dieseBesucher galt es Informationen undMaterialien zu entwickeln, mit denensie sich selbständig, schnell undzugleich behutsam diesem Ort undseiner Geschichte annähern konnten.Zu diesem Zweck entwickelten wir eingestuftes Informations- und Orientierungssystemvon der Bushaltestellebis zum Leseraum. Von der Bushaltestelleder Linie 4 führen nun Schilder,die gemeinsam vom DZOK und vomFörderkreis Bundesfestung finanziertwurden, zur KZ-Gedenkstätte bzw.zum Fort Oberer Kuhberg. Im Außenbereichvor der Gedenkstätte fällt dieneu gestaltete Infostele jetzt deutlichbesser auf. Interessierte Spaziergänger(Besucher in spe) können sichaußerdem jederzeit an der Festungswegstelemit unserem Ausstellungs-Faltblatt versorgen, auch wenn dieGedenkstätte geschlossen ist.Ist der Fuß über die Eingangsschwellegesetzt, dient eine neue Einführungstafelder ersten Orientierung. Die Tafelenthält neben einem Begrüßungstextund einem Ausstellungsplan aucheine Medienstation, auf der die Besucherdrei Kurzfilme ablaufen lassenkönnen. Diese Filme informierenknapp (mit einer Laufzeit zwischen 3und 6 Minuten) über die historischenHintergründe des ehemaligen Landes-KZ, führen in Ausstellung und Geländeein und stellen das Doku-Zentrum undseine aktuellen Aufgaben vor. Seitdemerweisen sich diese Filme auch alsmotivierender, zeitgemäßer Einstiegsimpulsin Führungen.Wer dann nach dem AusstellungsbesuchLesestoff mit nach Hausenehmen möchte, findet unsere Publikationenin der neuen Buchvitrine amLeseraum ausgestellt und ist herzlicheingeladen, aktuelle Infos aus dem Flyerregalim Ein-/Ausgangsbereich mitzunehmen.Dort findet sich zum Preisvon einem Euro auch unser neuerenglischsprachiger Kurzführer, der vonausländischen Besuchern, Studentenoder Wissenschaftlern immer wiederangefragt worden war, und der jetztauf 24 Seiten im DIN-lang Format kurzund bündig über das ehemalige KZOberer Kuhberg Auskunft gibt.Zwei dzokkis bei der kritischen Betrachtung derKurzfilme, April <strong>2011</strong>. A-DZOK. Foto: GerhardBraunInsgesamt arbeitete das Revisionsteamaus Haupt- und Ehrenamtlichen(Tobias Edling, Annette Lein,Hansjörg Greimel, Martin König,Christian Renner und Nicola Wenge)seit Frühjahr 2010 an der Umsetzungder verschiedenen Aufgaben, diePlanungen reichten sogar schon bisin das Jahr 2008 zurück. Nach derWinterpause konnte die Revision MitteJanuar diesen Jahres dann abgeschlossenund der Presse vorgestelltwerden.Das Team stützte sich dabei natürlichauch auf die Expertise externerPartner, allen voran Braun EngelsGestaltung und der Fa. Protel. Dienotwendigen finanziellen Mittel für dieRevision stammen aus einem einmaligenInvestitionszuschuss der StadtNeu-Ulm und dem Land Neu-Ulm.Die Stiftung Erinnerung Ulm und dieLandeszentrale für Politische Bildungbeteiligen sich ebenfalls mit finanziellenMitteln an der Realisierung derRevisionsaufgaben. Allen Helfern undUnterstützern sei an dieser Stelle unserherzlichster Dank ausgesprochen!Bleibt uns abschließend, Sie, liebeLeserin/lieber Leser und Ihre Freunde,persönlich einzuladen. VerbindenSie doch z. B. einen ihrer nächstenSonntagnachmittag-Spaziergänge miteinem Besuch in der Gedenkstätte,bei dem Sie sich die Neuerungen einfachselbst anschauen und anhörenkönnen.DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> <strong>Heft</strong> <strong>54</strong>, <strong>2011</strong>13


Neuigkeiten aus GleißelstettenWolfgang Traub, Nicola WengeSeit Juni 2007 wird die ehemaligeAußenstelle des KZ in Ulm-Söflingenvon der katholischen Jugend derGemeinde Maria Himmelfahrt, Söflingen,mitgenutzt. (siehe Mitteilungsheft2007, Nr. 48).Nur durch die Nutzung des Gebäudesund durch gezielte Maßnahmen zurkonservatorischen Sicherung kanndieses wichtige Baudenkmal erhaltenbleiben. Im Jahr 2008 wurde hierfürvon Experten aus Denkmalpflege undBautechnik ein Konzept entwickelt.Die Stadt Ulm stellte dafür 10.000 €zur Verfügung, weil ihr das Nutzungskonzeptals zukunftsweisend für denErhalt des Gebäudes erschien.spürbar verbessert, so dass jetztauch die Räume der Jugendgruppenakzeptabel genutzt werden können.Bei einem Ortsbesichtigungstermin im<strong>Juli</strong> 2010 äußerte sich Dr. Kolb vomLandesdenkmalamt sehr anerkennendüber die geleistete Arbeit. DerEtat ist nun verbraucht. Es steht aberfest, dass weitere Baumaßnahmenim Bereich der Abortgrube und derGrundstückszufahrt erforderlich sind.Dauerhafte Aufgabe für die Vereinsmitgliederbleibt außerdem die Pflege desGartengrundstücks. Hierbei habenim Frühling 10 Vereinsmitglieder undeinige Kollegen der Nutzergruppengemeinsam angepackt, um Brombeerbüschezurück zu schneiden,das Grundstück selbst und dieAbgrenzungen zu den Nachbarn zubereinigen.In den nächsten Wochen wird es einenOrtstermin mit Mitgliedern vom BUNDgeben, der uns beratend zum weiterenVorgehen zur Seite stehen wird. Langfristigist geplant, in den Räumen einekleine Ausstellung zur Nutzung desAußenlagers in der KZ-Zeit und späterenNachnutzungen zu präsentieren.Nun ist das Konzept umgesetzt undwichtige Schritte konnten realisiertwerden: Dazu zählen zunächst einmaldie Installation einer automatischenLüftung sowie zweier zusätzlicherLuftentfeuchtungsgeräte. Darüberhinaus dienten der Einbau einer Toiletteund einer Elektrospeicherheizungder weiteren Nutzbarmachung derRäume. Wenn auch noch nicht alleFeuchteprobleme behoben sind, hatsich die raumklimatische Situationjedoch durch diese MaßnahmenHistorische Infos zu GleißelstettenAnfang des 20. Jahrhunderts als Teil des Modernisierungsversuches derBundesfestung Ulm erbaut, wurde der Betonbunker bei Gleißelstetten in denJahren 1933-35 als „Eingangsstufe“ des ehemaligen KZ im Fort Oberer Kuhberggenutzt.Diese Eingangsstufe – von den Häftlingen „Panzerkreuzer“ genannt – hatte dieFunktion, die neu ankommenden KZ-Häftlinge mit jeder denkbaren Form vonDemütigung zu „empfangen“ und sie so auf ihre KZ-Haft „vorzubereiten“.Nachdem das Gebäude zwischen 1948 und 1984 als Wohnraum diente unddanach mehr oder weniger brach lag, wurde es von 2002 bis 2006 saniert.Seitdem wird es vom Doku-Zentrum und zwei Jugendgruppen parallelgenutzt. (MS)Jugendarbeit und Demokratieerziehung an KZ-Gedenkstättenin Baden-WürttembergLeitfaden des DZOK erschienenAnnette Lein, Nicola WengeVon September 2008 bis August2010 wurde von Land und Bundein zweijähriges Modell-Projekt zurGedenkstättenpädagogik finanziert,das Annette Leins Stelle für diesenZeitraum sicherte (vgl. Mitt. 50/2008,S. 11). Zum Abschluss des Projektserschien Ende des Jahres 2010 ein40-seitiger Leitfaden des DZOK fürbürgerschaftlich getragene Erinnerungsorte.Die Broschüre thematisiert uns zentralerscheinende Fragen, die durcheine doppelte Umbruchsituationbegründet sind. Erstens stehen wirvor einem Generationswechsel in denGedenkstätten selbst. Die Generationder Gründerväter und -mütter, die diejeweiligen regionalen Erinnerungsprojekteund -orte in den 1980er Jahrenaufbauten und bis in die jüngsteGegenwart hinein trugen, tritt ab. EineGeneration, die quasi die Zeugen derZeitzeugen repräsentierte und die mitunglaublichem persönlichen Engagement,oft gegen große Widerständein der Gesellschaft, die Erinnerungsarbeitin die Mitte der Gesellschafttrug. Zweitens müssen wir mit demVerstummen der Zeitzeugen neueWeg und Methoden der Vermittlungentwickeln, um den nachfolgendenGenerationen am authentischenTatort die Bedeutung des NS für dieGegenwart erkennbar und erlebbar zumachen.Daraus haben wir folgende Fragekomplexefür die Druckschrift abgeleitet:• Wie ist der Generationswechsel inden kleineren Gedenkstätten hinzubekommen?• Wie können Ehrenamtlichegewonnen und geschult werden?14


• Wie kann Jugendarbeit gestaltetwerden, die die Jugendlichen mitihren Bedürfnissen und InteressenErnst nimmt und sie aktiv einbezieht?• Wie lässt sich am historischen Ortein aktueller Bezug zur Menschenrechtserziehungherstellen?• Wie können sich Gedenkstätteinnerhalb eines Bildungsnetzwerksim konkreten Umfeld einbringen unddavon profitieren?Die Broschüre gibt aus der Perspektivedes DZOK Denkanstöße zu diesenFragen, die auf den Erfahrungen dervergangenen zwei Jahre beruhen. DerLeitfaden enthält z. T. ganz praktischeTipps und Hinweise, z. T. auch allgemeineReflexionen zu Anforderungenund Handlungsfeldern, kann abernatürlich eine breit aufgestellte Diskussionnicht ersetzen.Das <strong>Heft</strong> kann über die LpB bestelltwerden und steht als <strong>PDF</strong>-Dokumentauf der Website des DZOK.Bergtour und historische SpurensucheEin außergewöhnliches Projekt des DZOKSilvester Lechner„Juden und Alpen – ein Kapitel ausder Vorgeschichte des Nationalsozialismus“,nennt sich ein außergewöhnlichesProjekt des DZOK, dasin den Tagen des Erscheinens dieser<strong>Mitteilungen</strong> <strong>54</strong>, nämlich von 8. bis 10.<strong>Juli</strong>, stattfinden wird. Es verbindet eineBergtour in den Zillertaler Alpen rundum das Friesenberghaus mit historischerSpurensuche.Den Impuls diese außergewöhnlicheUnternehmung als ehemaligerDZOK-Leiter und Hobby-Bergsteigervorzuschlagen, gab die Ausstellung„Hast du meine Alpen gesehen? Einejüdische Beziehungsgeschichte“, zuder unter dem gleichen Titel ein höchstlesenswerter Katalog erschienen ist(Hohenems 2009, 29,80 €). Ausstellungund Buch wurden von den jüdischenMuseen in Hohenems und Wien(Hanno Loewy und Gerhard Milchram),zusammen mit dem Österreichischenund dem Deutschen Alpenverein erarbeitet.Hanno Loewy ist am 6. <strong>Juli</strong> aufEinladung des DZOK und des UlmerMuseum zu Gast in Ulm, um die Ausstellungvorzustellen und die Exkursionso auch inhaltlich vorzubereiten.Der historische Hintergrund: In denreligiösen Grundlagen des Judentumssind Berge und Felsen von großerBedeutung. Eine ebenso große Rollespielten die Alpen und das Bergsteigenin der bürgerlichen jüdischenBevölkerung Mitteleuropas währenddes 19. und 20. Jahrhunderts. Dochdie Juden wurden angefeindet alsInbegriff des „Fremden“ und ihnenwurde jede „wahre“ Heimat- undNaturverbundenheit abgesprochen.1923, zehn Jahre bevor die Nazis andie Macht kamen, gab es schon eineUnser Exkursionsziel: Das neu erbaute Friesenberghaus 1929. Jüdisches Museum Hohenems.Reihe von Vereinen und Institutionenin Deutschland und Österreich, dieein antisemitisches Programm hatten.Dazu gehörte auch der Alpenverein,der sich in diesen Jahren „Deutsch-Österreichischer Alpenverein“ (DÖAV)nannte, und die meisten seiner Sektionen.So schloss die Wiener SektionAustria bereits 1921 alle jüdischenMitglieder aus, die sich danach inder „Sektion Donauland“ neu konstituierten.Da „Donauland“ als Sektion aus demgesamten DÖAV 1924 hinausgeworfenwurde, wurde im gleichen Jahrder jüdisch-liberale „Deutsche AlpenvereinBerlin“ (DAVB) mit zunächst 600Mitgliedern als Abspaltung gegründet.Er beschloss den Bau einer eigenenHütte, nämlich des Friesenberghausesin den Zillertaler Alpen, das 1929eröffnet wurde. Mit dem Einmarschder Wehrmacht in Österreich wurdedie Hütte 1938 „arisiert“ und ging inden Besitz der Wehrmacht über. Seit1968 gehört das Haus der „SektionBerlin“ im Deutschen Alpenverein.Heute gibt es dort eine kleine Ausstellungzur Geschichte des Hauses.Dieses Haus und die Berge ringsum(u. a. der „Hohe Riffler“ mit 3.234 m)sind das Ziel der Unternehmung. Diefreie Zeit auf der Hütte wird genutztfür kleine Vorträge zum Beziehungsverhältnis„Juden und Alpen“, füreine Lesung aus der historischenDokumentation von Martin Pollack,„Anklage Vatermord“ (Frankfurt 2004)sowie für einen Film von Lutz Maurerüber den ehemaligen Hüttenwirt desFriesenberg-Hauses, Joseph Braunstein.Veranstalter der Unternehmung ist dasUlmer <strong>Dokumentationszentrum</strong>, unterstütztwird es von den Ulmer und Neu-Ulmer Alpenvereins-Sektionen. DieLeitung haben Wolfgang Schmidtner,Silvester Lechner und Nicola Wenge.DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> <strong>Heft</strong> <strong>54</strong>, <strong>2011</strong>15


Ein Porträt der freiwilligen DZOK-Mitarbeiterin Andrea Schiele...und jetzt bin ich dabei...Am 3. Dezember 2009 konnte ich miram Ende eines Gesprächs vorstellen,aktiv in der Gedenkstätte als Guidemitzuarbeiten.2,5 Stunden zuvor – oder: wasgeschah bisher:Nicola Wenge hatte noch nicht langedie Leitung des DZOK übernommen,und ich hatte für die VVN-BdA (Vereinigungder Verfolgten des Naziregimes– Bund der AntifaschistInnen)Ulm um ein Kennenlern-Gesprächgebeten. Wie das dann so beimKennenlernen ist, erzählte ich vonmeinem Weg zur VVN-BdA, bzw. zurMitgliedschaft beim DZOK: Seit 1986engagiere ich mich politisch – erstohne Parteimitgliedschaft, seit 1989als Mitglied in der SPD, fast zur selbenZeit begann auch mein Engagementbei den Gewerkschaften. Mit einemausgeprägten Gerechtigkeitssinnausgestattet, war ich schnell bei denThemenbereichen Antirassismus undAntifaschismus angekommen. DerWille daran mitzuwirken, dass dieUrsachen und Rahmenbedingungendie zur Naziherrschaft führten und ihregrausamen Folgen nicht vergessenwerden – nicht zuletzt um zu verhindern,dass ähnliches sich wiederholt– begleitete mich von Anfang an durchmeine politische Arbeit.Im Dezember 2007 zog ich dann nachUlm. Ich nutzte diese räumliche Veränderung,um nun endlich Mitglied inder VVN-BdA zu werden – das hatteich nun schon ein paar Jahre vor mirhergeschoben. Ich sammle keine Mitgliedschaften.Mitgliedschaft heißt fürmich immer auch aktives Engagement.So war ich gleich im neu gewähltenVorstand eingebunden und nahm anden Treffen des „Bündnisses gegenRechts“ teil. Und so war ich kurz nachmeiner Ankunft in Ulm schon mitten inden Vorbereitungen des „Bündnissesgegen Rechts“/“Ulm gegen Rechts“zum 1. Mai 2009 aktiv. In dieser Zeitbekam ich auch die ersten Kontaktezum Team des DZOK und eine vageVorstellung davon, woraus die Arbeitdes DZOK sich so zusammensetzt.Als es dann nach dem 1. Mai wiederetwas ruhiger wurde, wurde ich auchMitglied im DZOK – zunächst malnicht gleich mit einer konkreten Vorstellung,wie mein Engagement sichdort gestalten könnte. Meine ersteMitgliederversammlung war diejenige,bei der sich die BewerberInnen umdie Nachfolge von Silvester Lechnervorstellten.Im Gespräch mit Nicola Wenge kamauch meine jetzige Tätigkeit beim DGB(Deutscher Gewerkschaftsbund) zurSprache. Ich denke, dass wir in denGewerkschaften, zum einen direkt alsVertretungen für ArbeitnehmerInnen,zum anderen aber auch indirekt alsgrößte außerparlamentarische Organisation,eine besondere Verantwortungfür die Rahmenbedingungen haben, indenen Menschen leben und arbeiten.Damit sind nicht nur die finanziellenbzw. die Arbeitsbedingungen gemeint.Damit ist insbesondere auch dasgesellschaftliche Klima gemeint.Gewerkschaften haben traditionelleinen engen Schulterschluss mit antifaschistischenBewegungen – nichtzuletzt aus eigenen Erfahrungen vonVerfolgung heraus. Durch meine Arbeitin der VVN-BdA wurde mein Bewusstseinauch dafür geschärft, dass Brückengeschlagen werden müssen zwischenden Zeitzeugen, dem was sieuns berichten können und konnten,und der Frage, wie in Zukunft Erinnerungund Gedenken weiter getragenwerden können. So habe ich nichtlange gezögert als Nicola Wenge imVerlauf des Gesprächs anregte, obich mir vorstellen könnte, mich zumGuide in der Gedenkstätte ausbildenzu lassen.Wie ging es weiter oder: Wasseither geschah:Ich habe an mehreren Guideschulungensowie einer Lehrerfortbildungteilgenommen und versuche, regelmäßigAufsichten in der Gedenkstättezu übernehmen. So langsam formierensich die vielen neuen regionalenFakten und Daten in meinem Kopfzu einem Ganzen. Dank des Austauschesmit den Guides, dem Team,Trainern und TeilnehmerInnen bei denFortbildungen und Seminaren machtes auch beständig Spaß, sich diesesWissen anzueignen und hatte für michso gar keinen Charakter von „Stofflernen“. So etwas lässt sich eben vielbesser in einem Umfeld angehen, indem man sich willkommen fühlt. Dasgilt für diejenigen, die die Gedenkstättebesuchen, genauso wie für die, die siebetreuen. Dass das alles unglaublichengagiert und kompetent von NicolaWenge und Annette Lein begleitet undunterstützt wird, brauche ich allen,die mit den beiden zu tun haben, janicht erst zu beschreiben. Und für alleanderen müsste ich die Zeilenvorgabefür diesen Text sprengen. Es ist dieserElan des Teams in der Büchsengasse,der mich motiviert weiter zu machen,weiter zu fragen und eben dochnebenher eine Menge zu lernen, umso eines Tages die erste Führungselber anbieten zu können.16


Arbeitsgemeinschaft der GedenkstättenbibliothekenBericht zum 26. Treffen im Kölner EL-DE-HausIlona WalosczykVom 30.3.11 bis zum 1.4.11 fand imNS-<strong>Dokumentationszentrum</strong> der StadtKöln das 26. Treffen der Gedenkstättenbibliothekenstatt.Die Arbeitsgemeinschaft der Gedenkstättenbibliotheken(AGGB) wurde1998 beim bundesweiten Gedenkstättenseminarin der KZ-GedenkstätteMittelbau-Dora zu dem Zweckgegründet, eine interne Kooperationder Bibliotheken zu schaffen, umverschiedene Fragen zu den spezifischenArbeitsfeldern einer Gedenkstättenbibliothekzu beantworten. Inder AGGB schlossen sich zunächstdie Bibliotheken der Gedenkstättenfür die Opfer des Nationalsozialismuszusammen, später (ca. 2003) kamennoch die Gedenkstätten zur Aufarbeitungder SED-Diktatur dazu.Die Organisation von Treffen in verschiedenenGedenkstätten ermöglichtes den Mitgliedern, die einzelnen Bibliothekenmit ihren unterschiedlichenArbeitsweisen und ihren spezifischenTätigkeitsfeldern kennen zu lernen.Durch diesen Austausch wird es insbesondereauch möglich, Lösungenfür eigene Probleme zu erarbeiten.Beim 26. Treffen wurde das NS-<strong>Dokumentationszentrum</strong>im EL-DE-Hausin Köln (benannt nach den Initialenseines Erbauers Leopold Dahmen) alsein Gedenk-, Lern- und Forschungsortvorgestellt, das mit dem DZOK nichtnur durch ähnliche Aufgabenstellungenverbunden ist. Nach demWechsel von Nicola Wenge von Kölnnach Ulm gab es natürlich auch einenintensiveren kollegialen Austauschmit dem NS-<strong>Dokumentationszentrum</strong>Köln, dessen Arbeit ich bei der Tagunggenauer kennenlerne und die ich hierkurz vorstellen will.Im EL-DE-Haus befand sich in derNS-Zeit die Kölner Gestapo-Zentralemit ihrem Hausgefängnis im Keller. Bisheute sind die Inschriften und Bilder,die die Häftlinge an die Zellenwändegeritzt haben, erhalten. Inschriften inverschiedenen Sprachen dokumentierendie Einkerkerung der Häftlinge,ihre Ängste, ihre Träume über dieHeimat, Abschiedssätze, formuliert inErwartung des Schlimmsten.Die TeilnehmerInnen der Tagung vor dem EL-DE-Haus. Vorne, 4.vl.: Ilona Walosczyk, rechts daneben dieKölner Bibliothekarin Astrid Sürth. Foto: Gabi Zips.Die Teilnehmer wurden in eine sehrinteressant konzipierte Dauerausstellung(überarbeitet 2009) zurGeschichte der Stadt Köln im NSeingeführt und von einer Mitarbeiterinüber die pädagogische Arbeit mitGrundschülern informiert.Ein Katalog zur Ausstellung „Köln imNationalsozialismus“ (2. Aufl., Köln<strong>2011</strong>) ist in unserer Bibliothek vorhanden.Das NS-<strong>Dokumentationszentrum</strong>der Stadt Köln ist eine städtischeEinrichtung und zu 100 % von derStadt finanziert. Somit ist die finanzielleAusstattung gesichert. DasZentrum verfügt über 14,5 Stellen,davon 5 für wissenschaftliche Mitarbeiter.Dem entsprechend wird dortein breites Spektrum von NS-Themenbearbeitet und dem Besucher aufverschiedene Art zugänglich gemacht.Dazu gehören: Dauerausstellung,Sonderausstellungen, mulitimedialeProjekte, Forschungsprojekte zur NS-Geschichte, museumspädagogischeArbeiten, Veranstaltungen, zahlreichePublikationen, sowie Besuche vonehemaligen Zwangsarbeitern und emigriertenKölner Jüdinnen und Juden,die seit 20 Jahren organisiert werden.Die Bibliothek des <strong>Dokumentationszentrum</strong>sgehört mit einem Bestandvon 16.000 Büchern und ca. 40 Zeitschriftentitelnzu den größten Spezialbibliothekenim Gedenkstättenbereich,und der von ihr bereit gestellte Online-Katalog ermöglicht wissenschaftlichfundierte Online-Recherchen zumThema Nationalsozialismus.Bei der Tagung wurden verschiedenebibliothekarische Fragen angesprochen,wie z. B. Fernleihe, Kommunikationzwischen den AGGB-Mitgliedern,Kopie-Erfassung im Katalog,Internet-Katalog, Werbung für dieBibliotheken.Zum Schluss möchte ich unterstreichen,dass die während der Tagungbesprochenen Themen und die Diskussionenauch für Aufgaben relevantsind, die ich in meiner Arbeit täglicherledige. So manches, was dortangesprochen wurde, hilft mir meineProbleme und Aufgaben besser unddurchdachter anzugehen.Näheres über die AGGB kann manauf der Website www.topografie.de/AGGB/ finden.Die Bestände folgender Bibliothekensind im gemeinsamen Katalog imInternet unter www.zeitgeschichteonline.de/alg-agg/recherchierbar:· Aktives Museum / Berlin· Gedenkstätte Deutscher Widerstand/ Berlin· NS-<strong>Dokumentationszentrum</strong> derStadt Köln· Anne-Frank-Shoha-Bibliothek /Leipzig· Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen· Stiftung Topografie des Terrors /Berlin· Gedenk- und Bildungsstätte Hausder Wannsee-Konferenz / Berlin· Centrum Judaicum / BerlinDZOK-<strong>Mitteilungen</strong> <strong>Heft</strong> <strong>54</strong>, <strong>2011</strong>17


Politische Verfolgung und Widerstand im NationalsozialismusEindrücke vom Lehrerseminar im DZOK Ulm, 7.-8. April <strong>2011</strong>Michael DörfelSeit zweieinhalb Jahren arbeite ich alsLehrer für Deutsch und Geschichte mitGemeinschaftskunde an der Friedrich-Schiedel-Schule in Wangen im Allgäu,einer beruflichen Schule. Ich habe inLeipzig und Prag studiert und danachmein Referendariat in Apolda beiWeimar absolviert, ich lebe also nochnicht lange in Süddeutschland.Dass es in Ulm ein KZ gegeben hat,war mir, bis ich den Flyer der Lehrerfortbildungin meinem Postfach liegenhatte, nicht bekannt. Trotz intensiverBeschäftigung mit dem Thema Nationalsozialismusim Studium, trotzeindrücklicher Exkursionen nachBuchenwald, Theresienstadt undAuschwitz und trotz wiederholterBehandlung im Schulunterricht – diefrühen Lager werden auch von mirselbst nur selten genauer betrachtet,meist beginnt die Geschichte desKZ-Systems mit Dachau. Im Unterrichtdenke ich zudem oft, dass ichvieles zwar exemplarisch, insgesamtaber zu wenig behandele, bestimmteVorstellungen und Bewertungen derSchülerinnen und Schüler nur unzureichendentmythologisiere, vielleichtauch zu analytisch vorgehe. Eine guteMöglichkeit, dies auszugleichen, kanndie Auseinandersetzung mit der regionalenGeschichte des NS sein. Darumwaren meine Neugier und mein Interessean dem Seminar, das am 7. und8. April stattfand, sehr groß.Wie sich herausstellte, war dasSeminar für fast alle Teilnehmerinnenund Teilnehmer aus ganz Baden-Württemberg zugleich auch der ersteBesuch auf dem Kuhberg, alle hofftenauf neue Impulse für den Geschichtsunterrichtund viele suchten nach einerAlternative zum Besuch der GedenkstätteKZ Dachau. Mein konkretesMotiv war es auch, zu prüfen, ob essinnvoll ist, den Besuch des DZOKin die Vorbereitung der diesjährigenStudienfahrt mit meiner 12. Klassenach Prag und Theresienstadt miteinzubeziehen.Michael Dörfel bei der Präsentation der Arbeitsergebnisseseines Workshops, A-DZOK, Foto:B. MallDas Seminar begann mit der Erkundungder Ausstellung und einer Führungvon Dr. Nicola Wenge durch dasGelände des ehemaligen KZ Kuhberg.Besonders eindrucksvoll war für michdie Besichtigung der Strafbunker, indenen Kurt Schumacher und AlfredHaag in Isolationshaft gehaltenwurden. Beklemmend waren auchder Gang durch den Zellentrakt in denKasematten und die Besichtigung desKellerarrests in der Kommandantur.War draußen noch schönes Frühlingswetter,so war es hier kalt und einfeuchter, modriger Geruch hing in dendunklen Räumen. Die Vorstellung, hierlängere Zeit sein zu müssen, wirktesehr bedrückend und beschäftigtealle Teilnehmerinnen und Teilnehmernachhaltig.Da ich hauptsächlich in der gymnasialenOberstufe unterrichte, hatte ichmich für den von Tobias Jeske geleitetenWorkshop entschieden, im Mittelpunktstanden hier die Fragen: Wiewird durch Recht Unrecht geschaffen?Und: Warum ist das gerade 1933möglich gewesen? Die Auseinandersetzungmit dem Archivmaterial warfür mich eine willkommene Abwechslungvom „normalen“ Schulalltag undsehr spannend, am Ende konnten wireine Sammlung von Entwürfen zurArbeit mit Textquellen im Unterrichtvorstellen, deren Ziel es ist, biografischesund strukturgeschichtlichesLernen zu verknüpfen. In der Diskussionkonnten wir auch immer wiederBezüge zu aktuellen gesellschaftlichenund politischen Vorgängen herstellen– was auch im Unterricht aufgegriffenwerden sollte.Insgesamt waren es vier Workshops,deren Ergebnisse am zweiten Tagdann vorgestellt wurden und die ganz18


unterschiedliche Zugänge zum Thema„Politische Verfolgung und Widerstandim Nationalsozialismus“ zeigten. Sohatte eine Gruppe, angeleitet vonSimon Leinmüller, eine Unterrichtssequenzfür die Realschule entwickelt.In ihrem Mittelpunkt stand die Erarbeitungeines Zeitstrahls, auf dem, ausgehendvom Lebenslauf des HäftlingsAlfred Haag, biografische und lokalgeschichtlicheEreignisse in die übergeordneteGeschichte des Nationalsozialismuseingeordnet werden - dabeikann auch für leistungsschwächereSchüler die regionale Geschichtedes NS mit einem exemplarischenSchicksal verknüpft werden.Dass man die Geschichte des KZ Kuhbergund die Gedenkstätte nicht nuranalytisch, sondern auch affektiv undkreativ erschließen kann, zeigten dievon Annette Lein angeleiteten Workshopteilnehmerund präsentiertenim DZOK gemachte Fotografien,Zeichnungen und Texte – ein Zugang,der vor allem haptischen Lernernentgegen kommt. Am neugierigstenwar ich auf die theaterpädagogischeDemonstration unter dem Titel „Menschenwürde…?“. Alle Seminarteilnehmerkonnten mitmachen und wirgewannen, angeleitet von MahelaWiedner und den Teilnehmern destheaterpädagogischen Workshops,durch die ganz unmittelbare undkörperliche Auseinandersetzung mitdem Thema der (Un-)Antastbarkeitder Menschenwürde und deren Darstellungsmöglichkeitenvöllig neuePerspektiven – auch wenn die meistenanfangs zögerten und es sicher Muterfordert, diesen Ansatz im Unterrichtumzusetzen.Die Auseinandersetzung mit diesemThema während des Seminars hatdie historische Bedeutung der frühenLager noch einmal allen Teilnehmernbewusst gemacht und gleichzeitigdie didaktischen Möglichkeiten einesGedenkstättenbesuchs am Kuhbergin ihrer Vielfalt präsentiert. Entsprechendpositiv war das Feedback inDie AG bei der Arbeit. Vorn im Bild: Tobias Jeske,AG-Leiter und Mitorganisator des Lehrerseminars,A-DZOK, Foto: B. Mallder Abschlussrunde. Alles in allem wares eine arbeitsintensive und sehr interessanteVeranstaltung in angenehmerAtmosphäre, geleitet von einem engagiertenund überzeugenden Team.Für mich war das Seminar ein guterImpuls und eine fachliche Bereicherung,auch wenn sich die Planung derUnterrichtseinheit zum Nationalsozialismusdadurch nochmals veränderte… die Exkursion ins DZOK Ulm istinzwischen fest geplant, sie wird Teilder Unterrichtsreihe und auch eineErweiterung des Programms derStudienfahrt nach Prag und Theresienstadt.DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> <strong>Heft</strong> <strong>54</strong>, <strong>2011</strong>19


Mit Aufklärung gegen nazi-nostalgischeGeschichtsvergessenheit:Ein Porträt des Vereins Prager-Haus Apolda e. V.Michael Dörfel, diesjähriger Teilnehmeran der Lehrerfortbildung des DZOKund Lehrer an der Friedrich-Schiedel-Schule Wangen im Allgäu, absolvierte2006/07 sein Referendariat in Apoldabei Weimar. Er ist trotz seines Umzugsweiter für den Verein Prager-HausApolda aktiv. Wir geben ihm hier gerndie Gelegenheit, dessen Arbeit aucheinmal im deutschen Südwesten vorzustellen.Weitere Informationen unterhttp://www.prager-haus-apolda.deNur zwanzig Kilometer von Weimarund der benachbarten KZ GedenkstätteBuchenwald entfernt und imSchatten der Goethe- und Schillerstadtliegt die thüringische KleinstadtApolda. War Apolda einst eine wohlhabende,von Maschinenbau und Textilindustriegeprägte, Kleinstadt, so istdas Stadtbild heute überwiegend vomGebäudeleerstand, Abwanderung undder Arbeits- und Perspektivlosigkeitvieler Menschen geprägt. Aufgrunddieser sozialen Notlage mit einerhohen Zahl von prekär Beschäftigtenund Hartz-IV-Empfängern hat sich,trotz sozialer und kultureller Bemühungen,seit Jahren auch ein dumpfesGebräu von Fremdenfeindlichkeit,Rassismus, Demokratieverdrossenheitund nazi-nostalgischer Geschichtsvergessenheitherausbilden können.Dem versucht seit 2007 der VereinPrager-Haus Apolda e.V. mit politischerund historischer Aufklärung entgegenzusteuern.Der Verein sorgt sichum den Erhalt und den Ausbau einesjüdischen Erinnerungsortes in Apolda.Er hat es sich zum Ziel gesetzt, dasehemalige, heute vom Verfall bedrohteWohn- und Geschäftshaus des jüdischenKaufmanns Bernhard Prager,1944 in Theresienstadt ermordet,als Gedenk- und Erinnerungsort andie jüdischen Einwohner der Stadtzu erhalten und zu einer Anlauf- undBegegnungsstätte auszubauen. Indiesem Zusammenhang widmet sichder Verein auch der Aufklärung überdie Wurzeln und das Auftreten desAntisemitismus in Thüringen unddokumentiert die Verfolgung undErmordung der jüdischen Bevölkerungwährend des Nationalsozialismus.Darüber hinaus fördert er die Erforschungund Verbreitung der KulturundSozialgeschichte des Alltags inder Region Weimar-Apolda, insbesonderedie Geschichte sozialer, religiöserund politischer Minderheiten.Der Gründung des Vereins Prager-Haus e. V. Apolda im Januar 2007 gingeine zwanzigjährige Forschungsarbeitzum Schicksal der verfolgten undvertriebenen und zu einem großenTeil ermordeten jüdischen Einwohnerder Stadt Apolda voraus, maßgeblichgetragen von der GeschichtswertstattWeimar-Apolda, die inzwischen imVerein aufgegangen ist. Bald nach derVereinsgründung wurde der Hauskaufals Voraussetzung für die Ausführungdes Vereinszieles in die Wegegeleitet und konnte im Jahr 2010abgeschlossen werden. Seit seinerGründung gibt der Verein eine eigeneSchriftenreihe heraus, so werden unterdem Motto „gesucht“ Bücher über NS-Verfolgung und Widerstand veröffentlicht,und seit 2008 erscheinen unterdem Motto „gefunden“ Schriften, indenen über jüdische Familien, Lebensgeschichtenvon Arbeiterwiderständlernund Spuren von Verfolgung undmutigem Aufbegehren geschriebenwird. Im Mai 2008 wurden durch denKölner Aktionskünstler Gunter Demnigdie drei ersten Stolpersteine vor demPrager-Haus verlegt, seitdem kamenweitere 31 Stolpersteine hinzu underinnern an jüdische NS-Opfer, Wehrmachtsdeserteure,Widerständler ausder Arbeiterbewegung sowie an sowjetischeZwangsarbeiter.Doch die wichtige Erinnerungsarbeitdes Vereins wird nicht von allen Seitengeschätzt, so wurden mehrfach dieFenster des Hauses eingeworfen undim September 2010 wurde der Gedenkortzweimal durch die Ablegung einesSchweinekopfes geschändet.Prager Haus in Apolda, Foto: M. DörfelZwar gibt es in Apolda keine intakteNPD-Struktur, doch lose „Kameradschaften“im Umfeld arbeits- oderanders perspektivloser Jugendlichermachen sich in der Stadt bemerkbar,pöbeln vietnamesische Kleinhändleran, schlagen auf Andersdenkende einund versuchen eine aggressive Stimmungder Ausgrenzung zu erzeugen,der sich der Verein mit seiner Arbeitund der Präsenz bei Stadtfesten undanderen gesellschaftlichen Ereignissenstellt.Im Jahr <strong>2011</strong> sollen der weitere Erhaltund die Instandsetzung des immernoch baufälligen Gebäudes weitergehenund es sind weitere Stolpersteinverlegungengeplant.20


Willkommen bei den dzokkis!Annette LeinEs ist 10 Jahre her, dass sich eineerste Jugendgruppe am DZOK bildete,damals zur aktiven Mitbetreuungder neuen Ausstellung „Die Würde desMenschen ist unantastbar“. Schonvorher hatte sich ein Studententeamum Theoman Kaplan um die Gedenkstätteam Wochenende gekümmert.Seit 2001 wurde die BeteiligungJugendlicher aus Ulm und der Regionan der Gedenkstättenarbeit dann zueinem meiner wesentlichen Arbeitsschwerpunkteals Pädagogin. Wennich die mittlerweile erwachsenenehemaligen dzokkis, ihre Eltern oderFreunde treffe, dann taucht immer eineFrage auf: „Wie läuft es denn jetzt beiden dzokkis?“Und es läuft gut, mit allen Höhenund Tiefen, die eben die Arbeit mitJugendlichen ausmacht: Der jetzigenGeneration gehören neun Schülerinnenund Schüler verschiedenerUlmer Gymnasien von Klasse 9 biszum Abijahrgang. Es ist schon klar,dass zwei von ihnen Ulm zum Studiumverlassen werden. Diese beiden– Theresa Mader und Amelie Grimm– arbeiten inzwischen regelmäßig imTeam unserer Guides mit und bietenFührungen für die vielen Schulklassenan. Beide wollen in den nächstenWochen aktiv an Ulmer Schulen fürdie Mitarbeit Jugendlicher am DZOKwerben - eine zentrale, immer währendeund mitunter schwierige Aufgabe:ein Werbeflyer allein, wie ihndie dzokkis gerade selbst entwickelthaben, sichert keineswegs den Nachwuchs,immer geht es für möglicheInteressierte um inhaltliche Anknüpfungspunktezum eigenen Leben,verantwortlich gestaltete Beziehungen,konkrete Beispiele, die Mutmachen zum Engagement in einemThemenfeld, das vielen Jugendlichenzunächst fremd erscheint. Mit vielGeduld, Empathie und interessantenMitmachangeboten ist es in denzurückliegenden Monaten gelungen,drei Ulmer Schülerinnen und Schülerfür die Mitarbeit in der Jugendgruppeneu zu gewinnen. Diese drei stellenihre Gründe hierfür unten vor. Wernoch mehr erfahren will: In der neuenMedienstation in der Gedenkstättekommen alle dzokkis zu Wort.Einige dzokkis vor der Gedenkstätte: 4. von rechts: Anna, 2. von rechts: Hanna, ganz rechts: Laszlo.A-DZOK. Foto: A. LeinVorstellung des neuen dzokkisLaszlo:„In Ulm gab‘s ein KZ“ – Diese Tatsachehabe ich lange nicht richtig realisiert,ich hatte nur davon gehört. Bis ich imDezember 2010 bei einem Seminardes AK Menschenrechtsbildung Ulmin der Gedenkstätte die Gelegenheithatte, mir selbst ein Bild davon zumachen. Ein paar Monate späterbin ich dann schließlich über denBüchse-13-Flyer auf eine Veranstaltungaufmerksam geworden, auf derich mit unterschiedlichen Menschenins Gespräch kam und zur dzokki-Mitarbeiteingeladen wurde. Jetzt bin ichseit März/April dabei.Geschichte an sich ist etwas, wasmich sehr fasziniert. Dies ist aucheiner der Gründe, warum ich nun beiden ‚dzokkis‘ bin; aus Interesse amThema Geschichte.Mein Ziel bei den ‚dzokkis‘ ist sovielwie möglich zu lernen um mir selbsteine Meinung zu politischen Themenwie z. B. Menschenrechte bilden zukönnen. Außerdem finde ich es wichtigVerantwortung gegenüber den Opferndes Nationalsozialismus zu zeigen,Verantwortung gegenüber den Opfernunserer Vergangenheit. Dieser dunkleTeil unserer Geschichte darf nichteinfach so vergessen werden. Mit den‚dzokkis‘ möchte ich den Menschenauch den Teil der Geschichte Ulmsnäher bringen, den viele verdrängthaben oder schlicht und ergreifend garnicht wissen, dass es diesen Teil gibt.Von Anfang an habe ich mich in derdzokki-Gruppe sehr wohlgefühlt. DieseHerzlichkeit innerhalb einer Gruppegibt es nicht überall. Geschichtegemeinsam zu erleben, Geschichtegemeinsam zu verstehen motivierteinen viel mehr sich mit Themen derGeschichte zu befassen, denn mitGeschichte lässt sich bekanntlichalles Heutige erklären. Wie einst schon‚Hans von Keler‘ sagte: „Geschichteist nicht nur Geschehenes, sondernGeschichtetes – also der Boden, aufdem wir stehen und bauen.“*Hanns von Keler ist ehemaligerLandesbischof der ev. LandeskircheWürttemberg.Vorstellung von Hanna:Hallo :)Ich bin die Hanna, gehe in die 9.Klasse des Hildegard-Gymnasiumsund gehöre jetzt auch zu den Dzokkis.Ich interessiere mich sehr für dieGeschichte vom „früheren“ Deutschland,vor allem auch für die Geschichtevon Ulm, da ich dort aufgewachsenDZOK-<strong>Mitteilungen</strong> <strong>Heft</strong> <strong>54</strong>, <strong>2011</strong>21


in. Meine Großeltern stammen ausPommern und Westpreußen. Siewaren im Zweiten Weltkrieg auf derFlucht. Erst kamen sie nach Mecklenburg,dann nach Hannover, bzw. nachHamburg-Harburg, und am Ende nachEsslingen. Ihre Erzählungen habenmein besonderes Interesse für dieNazi-Zeit und ihre Folgen geweckt.Den ersten Kontakt zu den Dzokkisbekam ich bei einer Klassenführungim KZ Oberer Kuhberg im Dezember2010. Die Führung machte Amelie vonden dzokkis. Es war das erste Mal,dass ich in einer KZ-Gedenkstättewar und ich war damals schon totalbeeindruckt, denn die Führung fandim Winter statt und so konnte ich mirdie krassen Haftbedingungen ziemlichgut vorstellen.Seit Januar mache ich mit meinerFreundin Anna bei den dzokkis mit undhabe jedes Mal was Neues gelernt:Ich war z. B. beim Spatenstich derSynagoge, bei der Veranstaltung zuMädchen in der rechten Szene dabei,bin mit den Leuten vom DZOK in dasStaatsarchiv Ludwigsburg gefahren,habe bei einem Filmdreh über dasDoku-Zentrum mitgemacht, an einerPresseführung durch die Gedenkstätteteilgenommen und war in derKontaktstelle Migration der Stadt Ulm.Naja, es passiert wirklich immer etwasAnderes …Vorstellung von Anna:mein name ist anna und ich besuchedie 9. klasse eines gymnasiums. inmeiner freizeit spiele ich gerne badmintonund ich habe 8 jahre langkampfsport gemacht. ich habe 2schwestern und bin in ulm geborenund aufgewachsen.mein vater ist armenier und 1969,zusammen mit meinen großeltern,aus der türkei nach deutschlandgekommen, weil das leben dort fürchristen, insbesondere armenier, sehrschwer ist.meine urgroßeltern sind überlebendedes genozids an den armeniernwährend des 1. weltkrieges. ich habesie leider nie persönlich kennengelernt,jedoch schon als kleines kindgeschichten über sie, auch über denvölkermord gehört, und interessieremich daher schon von klein auf fürgeschichte.als meine klasse und ich eine führungin der gedenkstätte machtenund ich das 1. mal von den dzokkisgehört habe, war ich sofort begeistert.ich finde es wichtig, zu ehren alleropfer von völkermorden, nicht all dieschlimmen taten zu vergessen, wie esin so vielen ländern der welt geschieht.ich hoffe, dass ich mit und durchdie dzokkis dabei helfen kann, mehrtoleranz unter den verschiedenenethnischen gruppen und unterschiedlichenreligionen in ulm zu schaffen,damit sich jeder hier zuhause undwillkommen fühlen kann und nicht, wiemeine familie, wegen diskriminierungauswandern muss.serbriefe+++Leserbriefe+++Leserbriefe+++Leserbriefe+++Leserbriefe+++Leserbriefe+Leserbriefe+++LeserIrmgard Schmidt-Sommer, StuttgartLiebe Frau Wenge,Das 53. Mitteilungsheft ist wieder sehrgut gelungen: abwechslungsreichin Wort und Bild und interessant inder Berichterstattung. Ausgezeichnetfinde ich, dass Sie Vergangenheit undGegenwart miteinander verbinden,d.h. die Problematik von geduldetenMigranten mit einbeziehen. Diesehaben wirklich einen schweren Stand.Ich weiß das von meiner syrischenAdoptivtochter und ihrer Familie. Voreinigen Tagen habe ich an den Bundesinnenministergeschrieben, dass manbei den Überlegungen zur Anwerbungausländischer Fachkräfte sich auchbei uns im Inland umschauen muss.Da leben von Geduldeten oder unterBleiberecht Stehenden mit befristeterAufenthaltserlaubnis hier geboreneKinder, in die der Staat durch Schule,Kindergarten und Sozialleistungenschon viel investiert hat. Viele vonihnen wie die meiner Familie sind völligintegriert, sprechen besser Deutschals ihre Heimatsprache, absolvierenweiterführende Schulen mit gutembis sehr gutem Erfolg, so dass sie beiuns als Fachkräfte ausgebildet werdenkönnen. Da sie nach dem Ausländerrechtals Minderjährige das Schicksalihrer Eltern teilen müssen, könntensie mit diesen abgeschoben werden.Und da gehen uns dann Fachkräfteverloren, die im Land leicht zu habenwären. Diesen müsste man eineneigenen Aufenthaltsstatus bieten, deres ermöglicht, das sie und ihre Elternhier endlich ständigen Aufenthaltbekommen. Meine Familie ist beispielsweiseschon 20 Jahre hier, dieälteste Tochter ist mit einem Syrer mitdeutscher Staatsangehörigkeit verheiratetund hat selbst schon deutscheStaatsangehörigkeit. Da Adoptionenim Ausländerrecht gar nicht vorkommen,weiß man z. B. nicht, wiemeine Adoptivtochter nach dem Ausländerrechtbehandelt werden soll. Sowird die Tatsache einfach übergangen,dass ein ordentliches deutschesGericht die Adoption ausgesprochenhat. Der Beitrag im Mitteilungsblattüber den „Arbeitskreis Asyl Stuttgart“veranlasst mich, diesen wegen derProbleme meiner Familie anzusprechen.Vielen Dank!Herzliche GrüßeIhre Irmgard Schmidt-SommerNachsatz der Leserbriefschreiberinvom 24.6.<strong>2011</strong>:Inzwischen ist ein Gesetz auf demWeg, das es Kindern und Jugendlichenvon Migranten „mit guterPrognose“ ermöglicht, einen eigenenAufenthaltstitel zu erwerben. Es istvom Bundespräsidenten noch nichtunterschrieben.Eberhard Lorenz, UlmLeserbrief, zu einer Artikelkombinationin <strong>Mitteilungen</strong> <strong>Heft</strong> 53An das <strong>Dokumentationszentrum</strong>Oberer KuhbergIch habe mich geärgert über zweiArtikel, den über den Flüchtlingsbesuchaus Stuttgart und den über dieSave-meKampagne. Dann habe ichdarüber nachgedacht, ob ich michärgern darf. Ich habe entschieden,mich ärgern zu dürfen und das zusagen, weil man Ärger nicht in sichherumfressen lassen darf.Es ist nicht akzeptabel, ehrenamtlicheArbeit zu anonymisieren, als seisie irgendwie von Heinzelmännchengetan worden. Für Leute mit demGlauben an ein Himmelreich, diedort für sich nach einem Podeschtlespähen, mag das gelten, nicht aber fürdie reale Welt und für mich. Wenn manehrenamtlich Tätige haben will, mussman die, wenn sie tätig bleiben sollen,hier mit der Anerkennung ihrer Arbeitentlohnen. Das gehört sich so. Unddas gilt auch für die anderen Beteiligten,die zum Teil körperlich heftigtätig waren, oder die ihren Profieinsatzunentgeltlich gespendet hatten.Eberhard Lorenz, Ulm, 1.11.201022


Nachruf„Das Erbe der Nazis – was nun?“Zum Gedenken an Marianne Obermeier-WeißerSilvester LechnerMarianne Obermeier-Weisser bei einem Besuchim DZOK, 2004, A-DZOK, Foto: Annette Lein„Das Erbe der Nazis – was nun?“,war der Titel eines Vortrags am18. November 1945 von JohannesWeisser (1893-19<strong>54</strong>), eine der prägendenGestalten der Ulmer Sozialdemokratieim 20. Jahrhundert.Im Zeichen dieser Frage stand dasLeben – das politische wie das private– seiner einzigen Tochter Marianne.Sie war am 13. März 1923 in Schwennigengeboren worden und ist am 5.Dezember 2010 in Ulm verstorben.Sie war ebenso wie der Vater einebedeutende Ulmer Sozialdemokratin,war zusammen mit ihrem Vater Mitbegründerinder Nachkriegs-SPDam 12. Dezember 1945 und gehörtedem Ulmer Gemeinderat von 1968 bis1989 an.Aus ihrer Biografie erklärt es sich,dass Marianne Obermeier-Weißer derArbeit des Ulmer <strong>Dokumentationszentrum</strong>seng verbunden war unddessen Entwicklung intensiv begleiteteund förderte. Sie gehört – als eine derganz wenigen Frauen – zum engenKreis derer, die dieses Dokuzentrumrund um das ehemalige KZ auf demOberen Kuhberg in Ulm mit erkämpftund durchgesetzt haben.„Ich habe als Kind Todesängste ausgestanden.Noch heute verspüre ichdas Gefühl der Angst und Sorge,das uns damals beherrschte.“ Diesschrieb Marianne Obermeier-Weißer1983 in einem Erinnerungsbericht(Schwäbische Zeitung 29.1.1983und Neu-Ulmer Zeitung 12.3.1983),den sie einerseits zur 50. Wiederkehrder Machtübernahme durch dasnationalsozialistische Regime, undandererseits zu ihrem 60. Geburtstagverfasst hatte.Ihr 10. Geburtstag im Jahr 1933 standim Schatten einer der folgenreichstenUmwälzungen des 20. Jahrhunderts,der Etablierung des NS-Staates, unddieser Schatten sollte nicht nur für dieDeutschen allgemein, sondern auchfür ihr ganzes Leben einschneidendeBedeutung behalten. Die kleine Familiewar 1928 nach Ulm gezogen, da derVater 1929 Redakteur der Ulmer sozialdemokratischenZeitung „Donau-Wacht“ – sie war wie die FamilieWeißer in der Sterngasse 11 untergebracht- und regionaler Partei-Sekretärwurde. Die Zeitung wurde ab dem10. März 1933 verboten, das Redaktionsgebäudeam 25. März besetztund geplündert und schließlich vonder Ulmer NS-Zeitung neu genutzt,die SPD wurde im Juni verboten. DieWohnung der Weißers wurde mehrfachdurchsucht und zerstört, derVater kam in „Schutzhaft“ (was KZbedeutet). Tochter Marianne mit ihren10 Jahren war fortan die „Tochter desStaatsfeinds“, eine „Ausgestoßene“– sowohl aus der „NS-Volksgemeinschaft“als auch aus ihrem unmittelbarensozialen Umfeld, wie sie in den1980er Jahren berichtete.Diese tief verletzenden Erfahrungenin Lebensjahren, in denen sich derheranwachsende Mensch am nachhaltigstenmit seiner Mitwelt auseinandersetztund dort seinen Platz sucht,haben Marianne Obermeier-Weissernie verlassen.Wenn es im Nachruf der Südwest-Presse vom 10. Dezember 2010heißt, sie sei eine „Mutter Courageund Betriebsnudel“ gewesen, so trifftdas eine äußere Rolle, die sie in denNachkriegsjahrzehnten als eine ArtSelbstschutz eingenommen hat.Im Inneren sah‘s wohl anders aus,da stritten eine Mischung aus Hass,Verletzlichkeit, Sehnsucht nach Näheund Wärme und ein hohes mitmenschlichesGerechtigkeitsgefühlmiteinander. So sagt sie in einemInterview der Schwäbischen Zeitungim Dezember 1995: „Ich musste denHass vergessen lernen, sonst hätteich nicht all die Jahre im Stadtratsitzen können. Bei manchem mussteich einfach verdrängen, was er oderseine Familie während des DrittenReiches taten“.Eine Ahnung von der Mixtur ihrerinneren Zustände und ihrer lebenslangenSuche „nach dem richtigenGewand in all dem Plunder“ gibt einGedicht, das sie 1996 im viertenSammelband des u. a. von ihr 1981gegründeten Vereins „Ulmer Autoren“veröffentlichte:ÜberlegungIm Schloß meiner Vätergibt es viele ZimmerKasten und Truhenbewahren güldenen TandSchärpen und Ordenlocken begehrlichIch suche ein Gewandunter all dem Plunderim Schoß des Gestrigenverborgen liegt WissenDie Wahl zu treffenmuß in Ruhe bedacht seinDas Kleid muß passenüber den Tag hinausMarianne Obermeier-Weißer; in: Ulmer Autoren,„Andromeda“, Anthologie, Südliche Waage IV,Langenau 1996; S.84.DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> <strong>Heft</strong> <strong>54</strong>, <strong>2011</strong>23


+Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in KüNPD-Hetze in Vöhringen undGegendemo – Geschichtsrevisionismusin Ungarn – Rüdelkaserne– Gemlich-Brief Ulmer Soldaten– Sinti und Roma: Eckstein-StiftungUlm – Sinti und Roma: Neuerscheinungen– SeligsprechungHäfner – Kultur 2020 – KZ-GedenkstätteNeckarelz – Die Glocke vomEttersberg – LAGG-Tagung: Pflug– Thelen – 55. Bundesgedenkstättenseminar– Verein Weiße Rose– Effektenliste Arolsen – Briefeaus Polen – Obermayer Award anTiedemannNPD-Hetze in Vöhringen undGegendemo …Die NPD hielt am 26. April ihrenBezirksparteitag in Vöhringen ab. DieStandortwahl war kein Zufall, sondernsollte ein propagandistisches Zeichensetzen gegen den Moscheebau in derStadt. Doch der „Zug der 500“ – einbreites Gegenbündnis aller politischenGruppierungen der Stadt – machtemit einer gut besuchten Demo deutlich,dass die Neonazis in Vöhringenunerwünscht sind. Nichtsdestotrotzist klar: Ein einmaliges Statementgegen rechts reicht nicht aus, um denRessentiments im unterschwelligenStreit um den Bau der Moschee in derIllerstadt den Wind aus den Segeln zunehmen. Gefragt ist eine offene Informations-und Diskussionskultur, in der„Überfremdungsängste“ keine Chancehaben. (NW)Geschichtsrevisionismus inUngarn – Kein Platz für Nazi-OpferDer letzte Stiftungstag der StiftungErinnerung Ulm am 14. Februar <strong>2011</strong>fragte nach Demokratiegefährdungenin Ungarn. Dazu gehören auch antisemitischeund geschichtsrevisionistischeTendenzen, wie sie sich etwa ineiner symbolischen Geschichtspolitikniederschlagen. Ein alarmierendesSignal in diese Richtung bildet eineUmbenennungsaktion von 25 Straßenund Plätzen in Budapest von Mai<strong>2011</strong>. Aus dem Stadtbild gelöschtwurden dabei die Namen jüdischerBürger, die von der faschistischenungarischen Pfeilkreuzler-Bewegung1944/45 in die Donau getrieben,erschossen und ertränkt wurden.Getilgt wurde ebenfalls die Erinnerungan führende sozialdemokratische undjüdische Widerstandskämpfer gegendas faschistische Horthy-Regime.Doppelte Ehrung fand dagegen derantisemitische Blut- und Boden-Schriftsteller Albert Wass, nach demjetzt gleich zwei Plätze benannt sind.Diese Tendenzen beschäftigen auchden Donaubeauftragten der Stadt UlmPeter Langer, der für das nächste <strong>Heft</strong>einen Artikel zu Antisemitismus undAntiziganismus in Ungarn zugesagthat. Quelle: Die Zeit, 26. Mai <strong>2011</strong>.(NW)Dessen Name stehe für Zivilcourageunter extremen BedingungenAuch wenn es die Kaserne nicht mehrgibt – ihr Name soll weiterleben. Dasfordern jetzt fünf Wissenschaftler ausdem süddeutschen Raum. Am 8. Mai2000 war die frühere Rüdelkasernenach dem Feldwebel Anton Schmid(1900-1942) neu benannt worden.Nach der Truppenreduzierung wurdedie Liegenschaft aufgegeben und derName erlosch.Der Gründer der „Initiative gegenfalsche Glorie“ und Religions-LehrerJakob Knab aus Kaufbeuren schreibtnun im Namen aller Erstunterzeichnerin einem Brief an Minister de Maizière:„Diese Nachricht löste bei uns großesBedauern aus; denn Feldwebel AntonSchmid, ein „Gerechter unter denVölkern“, ist die Ikone des Rettungswiderstandes.“Knab und seine Mitstreiter, derMünchner Historiker Dr. Detlef Bald,der Frankfurter Geschichts-ProfessorArno Lustiger, der Brigadegeneral a.D.Winfried Vogel aus Bad Breisig sowieHistoriker Prof. Dr. Wolfram Wetteaus Waldkirch, bitten den Ministerim Namen der Traditionspflege, „zum22. Juni <strong>2011</strong>, dem 70. Jahrestagdes Angriffs der Wehrmacht auf dieSowjetunion, eine Liegenschaft derBundeswehr nach Feldwebel Schmidneu zu benennen.“Quelle: www.shz.de/nachrichten/lokales/landeszeitung/artikeldetails/arcile/801/neues-leben-in-der-altenkaserne.html(SL)Hitlers Brief an den Ulmer SoldatenAdolf Gemlich …… vom 1. September 1919 ist vermutlichdas erste schriftliche Zeugnisder radikal antisemitischen EinstellungHitlers. In diesem Schreiben äußerteder Militäragitator Hitler gegenüberseinem völkisch-nationalistisch eingestelltenUlmer Kollegen, der wie Hitlerin einer Propaganda-Abteilung derArmee arbeitete, seine zutiefst antisemitischeWeltanschauung. Er bezeichnetedas Wirken „des Juden“ als„Rassentuberkulose der Völker“. Der„Antisemitismus der Vernunft“ müsseunverrückbar die „Entfernung derJuden selbst“ zum Ziel haben. Der aufeiner Militärschreibmaschine verfassteBrief ist von Hitler eigenhändig unterzeichnet.Das Simon-Wiesenthal-ZentrumWien hat Anfang Juni bekanntgegeben, dass es für 150.000 Dollardas Original des Schreibens erworbenhat. Rabbi Marvin Hier vom Simon-Wiesenthal-Zentrum begründete denKauf: „Was als Privatbrief, als Meinungeines Mannes begann, wurde 22 Jahrespäter die Magna Charta einer ganzenNation und führte zu der fast vollständigenAuslöschung des jüdischenVolks“, so Hier. Und weiter: „Dies istein grundlegendes Dokument, dasden künftigen Generationen gehört“.Quelle: Spiegel Online, 8. Juni <strong>2011</strong>;Welt; Sueddeutsche.de Kultur und-Welt Online vom 9.6.<strong>2011</strong>. (NW)Die Albert-Eckstein-Stiftungin Elchingen erinnert an denVöhringer Sinto Albert EcksteinIn den letzten Nummern der DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> berichteten wir wiederholtüber die Recherchen des HistorikersDr. Walter Wuttke, der sich intensiv mitder Verfolgungs-Geschichte der Sintiund Roma in Ulm/Neu-Ulm befasst.Bei diesen Recherchen wurde Wuttkeauch auf die Vöhringer Musiker-FamilieEckstein und die Albert-Eckstein-Stiftung aufmerksam. Die Stiftungunterstützt Stipendiaten, in dem sieihnen wertvolle Streichinstrumenteaus der familieneigenen Sammlungfür die Dauer ihrer Ausbildung zur Verfügungstellt. Rolf Eckstein hatte dieStiftung gegründet, um damit seinenVater Albert Eckstein (1913-1992) zu24


es in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+Albert Eckstein, 1939, Privatbesitz Rolf Ecksteinehren, der den nationalsozialistischenVölkermord an den Sinti und Romaüberlebte und in der Nachkriegszeitdie wertvolle Instrumentensammlungzusammentrug. Sein Sohn Rolf hatmit der Stiftung dafür gesorgt, dasssich die Nachwelt seiner erinnert– auch in Ulm. Dieses Jahr wird am 5.November im „Haus der Begegnung“ein Abschlusskonzert der Stipendiatenveranstaltet. (NW)Sinti und Roma: Zwei wichtigeNeuerscheinungen zum Thema …… finden sich in unserer Bibliothek,die Mo.-Do. von 9-14 Uhr sowie nachVereinbarung geöffnet hat. Zu nennenist zunächst eine Studie zur aktuellenBildungssituation deutscher Sintiund Roma, die im Mai dieses Jahresöffentlich präsentiert wurde. Sie warim Jahr 2007 von RomnoKher, Hausfür Kultur, Bildung und Antiziganismusforschungin Mannheim initiiertund in Ulm im Oktober 2010 auf dem„Balkan-Salon“ von HerausgeberDaniel Strauß, dem Vorsitzenden desVerbands Deutscher Sinti und Roma,Landesverband Baden-Württembergund Geschäftsführer von RomnoKher,vorgestellt worden. Die Studie weistdie desolate Lage von Sinti und Romain Bezug auf Berufsausbildung undSchulabschlüsse nach und benenntdie Gründe. Für das Forschungs- undDokumentationsprojekt waren 275deutsche Sinti und Roma aus dreiGenerationen zu ihrer Bildungssituationbefragt worden. Weitere Informationensowie die gesamte Studie als<strong>PDF</strong> findet man unter: www.stiftungevz.de/bildungsstudie.(NW)In der Bibliothek einsehbar ist auchdas Mai-<strong>Heft</strong> „Aus Politik und Zeitgeschichte…“ mit dem SchwerpunktthemaSinti und Roma. Es fasstanhand einer Zusammenstellungvon Überblicksaufsätzen, die vonnamhaften Wissenschaftlern verfasstsind, den neuesten Wissensstand zuZeitgeschichte und Gegenwart gutzusammen und ist absolut lesenswert.Wir haben das <strong>Heft</strong> mehrfach bestelltund geben es für Multiplikatoren zurArbeit weiter. Außerdem in unsererBibliothek: Inszenierung des Fremden:Fotografische Darstellung von Sintiund Roma, Heidelberg <strong>2011</strong>. (NW)Seligsprechung des Priesters undNazi-Gegners Georg HäfnerMitte Mai sprach die katholischeKirche im Würzburger Dom denkatholischen Priester Georg Häfnervor 2000 Gläubigen selig. Der fränkischePfarrer Häfner, 1900 geborenund 1924 zum Pfarrer geweiht, warim August 1942 im KZ Dachau krank,misshandelt und unterernährt im Altervon 41 Jahren gestorben. Als Pfarrerin Oberschwarzach hatte er den Hitlergrußverweigert, in seinen Predigtenvor dem Nationalsozialismus gewarntund 1941 ein todkrankes NSDAP-Mitglied eine Erklärung unterschreibenlassen, in dem dieser seine zweite,kirchlich nicht anerkannte Ehe fürnichtig erklärte. Dies setzte die Verfolgungsmaschinerievon Partei undPolizei in Gang. Häfner wurde am12. Dezember 1941 festgenommenund ohne richterlichen Beschluss inden so genannten Priesterblock desKZs Dachau gebracht, wo er am20. August 1942 an den Folgen derMisshandlungen und Unterernährungstarb.Häfners Fürsprecher haben einenlangen Atem bewiesen, bevor ihndie Kirche selig sprach. Die DachauerPriestergemeinschaft und derPriesterverein der Diözese Würzburghatten bereits 1985 den Antrag aufSeligsprechung des gebürtigen Würzburgersgestellt. Als Neuerscheinungin unserer Bibliothek zum Thema: EikeLossin: Kath. Geistliche im nationalsozialistischenKonzentrationslager,Würzburg <strong>2011</strong>. (NW)Kultur 2020 – Gedenk- und Erinnerungsstättenim Kulturkonzept desLandes BWDer Landtag von Baden-Württemberghat bereits am 29. <strong>Juli</strong> 2010einstimmig die von der damaligenLandesregierung erarbeitete Konzeption„Kultur 2020“ verabschiedet. Siesteht in der Nachfolge eines Endeder 1980er Jahre erstellten erstenKonzeptes. In Kapitel 16 wurden nunerstmalig die Gedenk- und Erinnerungsstättenmit einem grundsätzlichenText berücksichtigt und damit inder Kulturpolitik des Landes politischwie programmatisch verortet. Dies istein großer Fortschritt hinsichtlich derWahrnehmung der Gedenkstättendurch die Landespolitik und eine ausdrücklicheAnerkennung ihrer Arbeit.Das erste Foto des Kapitels zeigt denEingangsbereich der KZ-GedenkstätteOberer Kuhberg, das zweite die DenkstätteWeiße Rose, damit ist Ulm gutaufgestellt … (NW)Die KZ-Gedenkstätte Neckarelz …… steht kurz vor der Eröffnung ihrerneuen Räumlichkeiten. Die Gedenkstätteinformiert zusammen mit demGeschichtslehrpfad »Goldfisch« übereinen lange vergessenen und verdrängtenTeil der NS-Geschichte imElzmündungsraum. In Neckarelz war1944 in einer Grundschule 1944 einAußenlager von Natzweiler-Struthofeingerichtet worden, in dem Zwangsarbeiterund KZ-Häftlinge zur Flugzeugmotorenproduktionfür Daimler-Benz gezwungen wurden. Insgesamtbeschäftigte das Projekt unter demTarnnamen »Goldfisch« etwa 10.000Menschen.In den letzten vier Jahren war dieInformations- und Vermittlungsarbeitstark eingeschränkt, nachdemdas alte Museumsgebäude 2007wegen Bauschäden abgerissenwerden musste. Der Verein baute inmühevoller Arbeit ein leer stehendesGebäude direkt gegenüber dem ehemaligenKZ zur neuen Gedenkstätteum und entwickelte hierfür auch einneues inhaltliches Konzept. Wie dieVereinsvorsitzende Dorothee Roos beider letzten LAGG-Tagung berichtete,ist die Vollendung des Projekts nundank der finanziellen Unterstützungdes französischen Verteidigungsministeriumsmöglich geworden.DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> <strong>Heft</strong> <strong>54</strong>, <strong>2011</strong>25


+Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in KüWir wünschen viel Glück für den Endspurtund sind sehr gespannt auf dieNeugestaltung. Die neue Dauerausstellungsoll am 16. Oktober eröffnetwerden. Eine Exkursion des DZOK istschon geplant. Herzliche Einladungdazu an alle Interessierten …Aktuelle Infos finden sich auf derWebsite der Gedenkstätte: kz-denkneckarelz.de(NW)„Die Glocke vom Ettersberg“ …… heißt das „Mitteilungsblatt derLagergemeinschaft Buchenwald“(heute: Buchenwald-Dora), dessen200. Nummer Ende vergangenenJahres erschienen ist.Die erste Nummer war 1958, unmittelbarnach der Eröffnung der „NationalenMahn- und GedenkstätteBuchenwald-Weimar“ erschienen,deren Glockenturm bis heute dasEmblem des Blattes, zusammenmit einer Friedenstaube, bildet. DerEttersberg ist die Anhöhe bei Weimar,auf dem das KZ Buchenwald 1937errichtet worden war. Nachdem esseit den 1950er Jahren eine Reihevon Mitteilungsblättern von „KZ-Lagergemeinschaften“ gab (so aucheines der „Lagergemeinschaft Heuberg-Kuhberg-Welzheim“)ist dasBuchenwalder wohl nun das letzte inDeutschland, weil die Gründer undAutoren dieser Blätter, die ehemaligenHäftlinge wie etwa Hans Gasparitsch,DZOK-Vorsitzender in den 1980erJahren, nicht mehr leben.Paul Grünewald, Buchenwald-Häftlingseit 1937, skizziert Gründungssituationund politische Tendenz desBlattes in der 200. Ausgabe: „Es wardas Jahr 1958, dreizehn Jahre nachder Befreiung vom Faschismus, vomSS-Staat. Nach den ersten Jahrender Euphorie war die Ernüchterunggekommen: kalter Krieg, Antikommunismusals Erbstück aus der Konkursmassedes ‚Dritten Reiches“, zweideutsche Staaten, in der Bundesrepublikrestaurative und reaktionäreEntwicklung (…) Unterwanderung allerMachtpositionen durch ehemaligeNS- und SS-Größen, Militarisierungund Revanchismus in der BRD, Verbotder KPD im Jahre 1956 (…)“Aus dieser Programmatik, die trotzumstürzender politischer Veränderungenbis heute beibehalten wurde,wird deutlich, dass „Die Glocke“ dasOrgan einer kleinen, aber einflussreichenGruppe der Häftlingsgemeinschaftwar, nämlich der Kommunisten.Und so ist auch zu verstehen, dassder „Schwur von Buchenwald“, dasNarrativ von der „Selbstbefreiung“des Lagers am 11. April 1945 unddie Ablehnung von Lutz Niethammersin den 1990er Jahren erschienenemBuch über „die roten Kapos“ zu dengültigen Glaubenssätzen bis heutezählen. Wie auch immer: Glückwunschzum Geburtstag und weiterSpaß und Elan beim Schreiben!Übrigens: im Ulmer DZOK-Archivliegen viel Nummern der „Glocke“, undvon jeder neuen Nummer kommenzehn Exemplare. Liebe Leser/-innen,bedienen Sie sich! (SL)Konrad Pflug (Bildmittte) mit Jost Großpietschund Dorothee Roos bei der Verabschiedung vonKonrad Pflug. F.: Brigitta IsermeierKonrad Pflug geht …Konrad Pflug, der langjährige Gedenkstättenreferentder Landeszentrale fürPolitische Bildung, hat sich Ende Aprilnach über 15-jähriger Tätigkeit in denRuhestand verabschiedet.Weil sich Konrad Pflug in all denJahren mit unermüdlichem Einsatzfür die Etablierung und Weiterentwicklungder baden-württembergischenGedenkstätten eingesetzt hatte, fielder Abschied schwer. Er wurde feierlichbegangen im Rahmen der Tagungder Landesarbeitsgemeinschaft derGedenkstätten und Gedenkstätteninitiativenam 9./10. April im Haus aufder Alb. Beim abendlichen Empfangwurde Konrad Pflug auf vielfältigeWeise gewürdigt: In einer klugenLaudatio von Vorstandsmitglied JostGroßpietsch, einem humoristischenund zugleich nachdenklichen Gedichtvon Silvester Lechner – verbunden mitder Verleihung der Ehrenmitgliedschaftbeim DZOK durch Nicola Wenge – undlast not least einem bunten Rosengrußaller Gedenkstättenvertreter, der sichzu einem großen Strauß zusammenfügte.Wir wünschen Konrad Pflugfür die Zukunft alles erdenklich Gute!(NW)… Sibylle Thelen kommt.Zur neuen Leiterin des Gedenkstättenreferatsder Landeszentrale fürpolitische Bildung Baden-Württemberghaben der Ministerpräsident unddas Kuratorium der LandeszentraleFrau Sibylle Thelen bestimmt. Sie löstKonrad Pflug ab, der zum 1. Mai inden Ruhestand ging. Sibylle Thelen,1962 geboren, studierte Politik, Turkologieund Kommunikationswissenschaftenin München und besuchtedie Deutsche Journalistenschule. Siearbeitete u. a. beim SüddeutschenRundfunk als Nachrichtenredakteurinund war zuletzt leitende Redakteurinder Wochenendbeilage der StuttgarterZeitung. Wir freuen uns auf eine guteund engagierte Kooperation! (NW)55. Gedenkstättenseminar: DieBearbeitung der SS …… in Forschung, Bildungsarbeit undMedien – Entwicklung und Perspektivender Täterforschung, so lautetder Titel des Seminars, das vom 23.bis 25. Juni in der Erinnerungs- undGedenkstätte Wewelsburg stattfand.In der Ausschreibung zumsehr gut besuchten Seminar hieß es:26


es in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+„Gedenkstätten sind zentrale Orteder Erinnerung an die Opfer desnationalsozialistischen Völkermordes.Die Täterforschung in die Gedenkstättenarbeitzu integrieren galt langeals umstritten. In den vergangenenJahren werden jedoch auch zunehmendErgebnisse der Täterforschungin die Bildungsarbeit einbezogen unddamit die Opfernarrative um die Auseinandersetzungmit Tätern, Mitläufernund Zuschauern sowie HandlungsundEntscheidungsräumen erweitert,um der Frage nachzugehen, wie aus„ganz normalen Menschen“ Täterwerden konnten. Im Seminar wurdeein Überblick über Entwicklung, Standund Perspektiven der Täterforschunggegeben, außerdem wurde der Fragenachgegangen, wie sich die Ergebnisseder aktuellen Forschung in diehistorisch-politische Bildungsarbeitund Ausstellungen integrieren lassen,ohne die „Täter verstehen zu wollen“oder sogar Verständnis zu wecken.Nicola Wenge vertrat das DZOK beimSeminar.Überschattet wurde das Treffen vomTod des langjährigen Leiters desKreismuseums Wewelsburg Wulff E.Brebeck, der sich unermüdlich füreinen verantwortungsvollen Umgangmit der Wewelsburg eingesetzt hatte.(NW)Als Vorsitzende des Vereins„Weiße Rose Stiftung“ …… wurde am 26. März in München imRahmen der jährlichen MitgliederversammlungDr. Hildegard Kronawitter,die das Amt bisher zwei Jahre innehatte, wieder gewählt; ebenso wieDr. Werner Rechmann als Schatzmeister.Rechtzeitig zur MV war derumfangreiche Tätigkeitsbericht desVereins für 2010 erschienen. (Er liegtim Büro des DZOK, ist aber auch perMail zu bestellen unter: fila@weisserose-stiftung.de).Der Verein betreibtim Hauptgebäude der MünchenerUniversität (Geschwister-Scholl-Platz 1, 80539 München), direktunterhalb der Stelle, von der aus dieGeschwister Scholl am 18. Februar1943 das sechste und letzte Flugblattder Weißen Rose verbreitet hatten, diezentrale Denkstätte zur „Weißen Rose“.Mit dem Verein assoziiert sind „Denkstätten“in den meisten derjenigenStädte (Ausnahmen sind Stuttgart undMünchen), die mit den Mitgliedern derstudentischen Widerstandsgruppeverbunden waren, darunter auch die„Weiße-Rose-Denkstätte“ in der UlmerVolkshochschule. Auch das DZOKpflegt gute Beziehungen zum Münchener„Zentralverein“ und war auf derMV mit Silvester Lechner präsent. (SL)Neues vom Internationalen Suchdienstin Bad Arolsen (IST) – Effektenlisteim InternetDer Internationale Suchdienst sammeltUnterlagen über die Opfer desNS, bewahrt und dokumentiert sie.2007 hat Arolsen sein Archiv für diehistorische Forschung zugänglichgemacht.Am 25. Mai hat der IST Arolsen nachzweijähriger Forschungstätigkeit imInternet eine Effektenliste veröffentlicht,die ca. 2900 persönliche Gegenständeumfasst, die KZ-Insassen bei ihrerEinlieferung abgenommen wurden.Dazu zählen etwa Briefe, Fotos, Ausweispapiereund Brieftaschen. DieEffekten stammen vor allem aus denKZ Neuengamme und Dachau, aberauch aus Natzweiler, Bergen-Belsen,Amersfoort, Campiègne, sowie vonder Gestapostelle Hamburg. Ziel derVeröffentlichung ist es, Überlebendenund ihren Familienangehörigen, dieüber eine passwortgeschützte ListeZugriff auf das Dokument haben, dieGegenstände zurückzugeben. „Diepersönlichen Gegenstände habenkeinen materiellen, aber einen hohenideellen Wert.“ In den Familien sind dieErinnerungsstücke aus unserer Sichtam besten aufgehoben“, so IST-MitarbeiterBlondel. Bleibt zu hoffen, dassüber diesen Weg einige Raubstückeaus der Nazizeit noch an die Opferund ihre Angehörigen zurückgegebenwerden können. (IW)Nachrichten aus PolenIm Februar <strong>2011</strong> hat Frau Ewelina Fiedorowicz,ehemalige Zwangsarbeiterinbei Telefunken in Lodz und Ulm sowieTeilnehmerin des Aussöhnungstreffensin Ulm 1997, uns einen Brief geschickt,in dem sie schreibt:„Liebe Freunde aus Ulm,ich bedanke mich herzlich für IhreWeihnachts- und Neujahrgrüße, dieich an meine „Ulmer Gruppe“ weitergegebenhabe. Leider erlaubenuns unser Alter und verschiedeneKrankheiten nicht, dass wir uns ofttreffen und uns gemeinsam an dieerlebten Momente in Ulm erinnern.Wir schätzen die Kontakte mit Ulmsehr; alle unsere Gespräche - auch dietelefonischen – knüpfen an die Erlebnisseim Krieg und nach dem Krieg an.Ich habe davon geträumt, nochmalsdie Orte zu sehen, an welchen ich als14-jähriges Mädchen arbeitete. Undso war meine Freude sehr groß, als ichdie Einladung nach Ulm zu kommen,bekommen habe …“Ich umarme euchEwelina Fiedorowicz“Ewelina Fiedorowicz (stehend rechts) mit anderenehemaligen Ulmer Telefunken-Zwangsarbeiterinnenin Lodz, 2008. A-DZOKEnde 2010 erreichte uns ein Dankschreibenvon Frau Annamaria Kowalczykaus Südostpolen, deren Bitte umfinanzielle Unterstützung wir im <strong>Heft</strong>52 veröffentlicht haben. Es fandensich Leser, die dieser Bitte nachkamenund so konnten wir im Oktober 2010350 Euro auf ihr Konto in Polen überweisen.Frau Kowalczyk schreibt:„Ich bedanke mich sehr herzlich fürdie finanzielle Hilfe, die ich von Ihnenbekommen habe. Es war für michsehr viel Geld, das ich für meine ärztlicheBehandlung und Medikamentebrauchte. Ich danke deshalb sehrherzlich allen Menschen, die meinen‚Hilferuf‘ wahrgenommen haben. Mitmeinem Gesundheitszustand geht esaufwärts. Nur noch eine BehandlungDZOK-<strong>Mitteilungen</strong> <strong>Heft</strong> <strong>54</strong>, <strong>2011</strong>27


+Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Küerwartet mich und dann, hoffe ich,kann ich eine Arbeit suchen und someinen Haushalt aufbessern.Danke und nochmals DankeIch wünsche allen viel Gesundheit undviel Liebe“(IW)Sibylle Tiedemann zusammen mit Dr. Arthur Obermayer,dem Preis-Stifter, und Walter Momper,dem Präsidenten des Berliner Senats, anlässlichder Verleihung des „Obermayer German JewishHistory Award“ im Berliner Abgeordnetenhaus am24. Januar <strong>2011</strong>.Foto: privat; A-DZOK, Tiedemann <strong>2011</strong>Renommierter Obermayer-GermanJewish History Award …… an Sybille Tiedemann verliehen.Am 24. Januar dieses Jahres wurdeder Filmemacherin Sibylle Tiedemann,die mit dem Doku-Zentrum seit vielenJahren in Verbindung steht, eine großeEhre zuteil. Im Abgeordnetenhaus desBerliner Senats wurde ihr – zusammenmit vier anderen Preisträgern – der„Obermayer German Jewish HistoryAward“ für Verdienste um die Bearbeitungder deutsch-jüdischen Beziehungsgeschichteübereicht. Dabeigalt die Auszeichnung insbesondereihrem Film von 2008, „Briefe ausChicago“, der ein melancholisch-heiteres,liebevolles Portrait des aus Ulmstammenden und 1940 in die VereinigtenStaaten emigrierten jüdischenEhepaares Lore und Gustav Frankist. Die Ehrung galt aber auch dervon ihr konzipierten und gestaltetenWanderausstellung „Bilder aus demExil“ mit Fotos von Gustav Frank, derseit seinen Kinderjahren bis ins hoheAlter ein hoch begabter Hobby-Fotografwar.Beides – Film und Ausstellung– wird weiterhin vom Dokuzentrumals Paket angeboten und von der„Ulmer Stiftung Erinnerung“ finanziellunterstützt. Präsentationsortewerden nach wie vor gesucht– Anfragen sind ans DZOK zurichten.In den letzten Monaten wurdenAusstellung und Film u. a. in Ulmim „Donauschwäbischen Museum“sowie in Bad Buchau gezeigt. DerFilm lief erfolgreich in Berlin und wurdeauch bei den Ulmer „Naturfreunden“gezeigt. (SL)++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue BücStéphane Hessel:Empört euch! Aus dem Französischenvon Michael Kogon. Berlin: Ullstein<strong>2011</strong>, 30 Seiten, erstmals franz.2010, 3,99 €Was passiert, wenn ein kluger alterMann, der in Berlin geboren undfranzösischer Staatsbürger wurde,der gegen die Nazis im französischenWiderstand kämpfte, der deutscheKonzentrationslager überlebte, deran der UN-Menschenrechtserklärungvon 1948 mitwirkte und der als französischerBotschafter bei der UN inGenf war - was passiert, wenn dieserEuropäer mit 93 Jahren an die Öffentlichkeittritt? Es entsteht ein kluger undminimalistischer Essay von 18 Seiten,der in einer Stunde gut zu lesenist und innerhalb weniger Wochenin Frankreich zu einem Bestsellerwurde. Es kommt selten vor, dassein 93-jähriger auf so wenigen Seitensein eigenes Leben mit dem dereuropäischen Geschichte der letzten70 Jahre verbinden kann und auchnoch eine Zustandsbeschreibung derheutigen Vergesellschaftung bietet.Dieses schmale Büchlein von Hesselist ein Phänomen. Es ist zugleichbiografisch, politisch, visionär, mitreißendund pädagogisch. Dabei istes gar nicht spektakulär, was Hesselmacht: Er erinnert sich an seine Zeitals Widerstandskämpfer der französischenRésistance in London undFrankreich und betrachtet dabei denStatus quo der Gesellschaft. Es grautihm vor dem, was aus Westeuropa 60Jahre nach 1945 – nach dem Siegüber den Faschismus – gewordenist. Es graut ihm vor der selbstverliebtenSattheit des Wohlstands, vorden selbstgefälligen Lügen der Politikund der pharaonenhaften Kultur derKonzerne und Manager, die lächelndbereit sind, unseren Wohlstand zuruinieren. Hessel empört sich aus derPerspektive der Vergangenheit undaus der Perspektive eines Menschen,der sein Leben lang politisch gekämpfthat und auch mit 93 Jahren nichtmüde geworden ist. Es ist jedochnicht die Attitüde von „früher war allesbesser“, die dem Leser begegnet.Dazu ist Hessel viel zu klug, um indiese Banalität zu verfallen. Er ruft unsvielmehr zu: „Empört euch - hier undjetzt!“. Hier knüpft er an die Kultur derRésistance an, deren Grundmotiv dieEmpörung war. Es ist eigentlich simpelund nicht neu, was uns Hessel daentgegenruft: Es ist die Idee der Aufklärung,der Verbindung von Rationalismusund Humanismus – habe denMut, dich deines eigenen Verstandeszu bedienen! Daran erinnert unsHessel. Es ist eine geniale, einfache28


cher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neuund vielleicht auch triviale Schrift. Siekonfrontiert uns mit demokratischenSelbstverständlichkeiten, die wir allzugerne vergessen. Hessel ist ein kämpferischerPhilanthrop und Pazifist – seit93 Jahren.Warum konnte nun dieser Aufsatzheute so erfolgreich und populärwerden? Antwort: Weil er dieHoffnungen und Bedürfnisse derMenschen kurz und prägnant widerspiegelt.In einer Zeit, in der sichSchwaben wochenlang gegen Stuttgart21 empören, in der die jungearabische Welt für eine demokratischeZivilgesellschaft kämpft und in der sicherneut weltweit der Widerstand gegendie Atomenergie organisiert - in dieserZeit suchen die Menschen nach einerLegitimation ihres Handelns, die überden Alltag hinausgeht. Diese ethischeOrientierung bietet Hessel. Und ermacht dies weder akademisch nochmissionarisch noch oberlehrerhaft.Er verbindet sein Leben mit dereuropäischen Geschichte und denktüber seine Ideale nach. Kein Berufsintellektueller,kein Antifa-Straßenkämpferund auch kein Literat könntevermutlich dieses Lebensgefühl soausdrücken. Hessel hat einen Textgeschrieben, der nicht beruhigen soll.Im Gegenteil: Weil er uns beunruhigt,hat er diesen Erfolg.Obgleich es heute nicht leichtergeworden ist, Widerstand zu leistenund sich zu empören, sieht er zweiwesentliche Ansatzpunkte für Empörung:Die Schere zwischen arm undreich wird ständig größer und diepermanente Verletzung der Menschenrechtein allen Staaten nimmtzu. Interessant ist bei Hessel dieVerbindung von Résistance und Menschenrechten.Ohne die Ideale unddas Wirken der französischen Résistanceim Zweiten Weltkrieg gegen denFaschismus - so seine These - wäredie UN-Menschenrechts-Charta nichtin dieser Form entstanden. Sein Appellknüpft an Gandhi, M. L. King, Tolstoi,Tagore und Thoreau an, wenn er vonGewaltfreiheit als einziger Methodespricht, um Gewalt zu verhindern: „DieZukunft gehört der Gewaltfreiheit undder Versöhnung der Kulturen“ (S. 18).Es ist nicht die analytische Tiefe unddie Originalität, die in diesem Textüberzeugen. Die Menschen werdenvielmehr in ihrem Unbehagen inerlebten Herrschaftsverhältnissenangesprochen: Die Unglaubwürdigkeitder Politik, die Unkontrollierbarkeitmoderner Technik, die Gier der Wirtschaftsordnung,die Skrupellosigkeitder Medien und der moralische Verfallgesellschaftlicher Eliten. All das sprichtHessel bescheiden und unaufdringlichan und begründet seine Empörungaus dem Geist der Résistance - unddamit aus der europäischen Aufklärungheraus.Ulrich KlemmZitate aus: Stéphane Hessel, EMPÖRTEUCH, Berlin (Ullstein), <strong>2011</strong>, 8. Aufl.,ausgewählt von Silvester Lechner„93 Jahre. Das ist schon wie dieallerletzte Etappe. Wie lange noch biszum Ende? Die letzte Gelegenheit, dieNachkommenden teilhaben zu lassenan der Erfahrung aus der mein politischesEngagement erwachsen ist: dieJahre des Widerstands gegen Diktaturund Besetzung - die Résistance -undihr politisches Vermächtnis.“ (S.7)(...)„Wir alle sind aufgerufen, unsereGesellschaft so zu bewahren, dasswir auf sie stolz sein können: nichtdiese Gesellschaft der in die IllegalitätGedrängten, der Abschiebungen, desMisstrauens gegen Zuwanderer, in derdie Sicherung des Alters, die Leistungender Sozialversicherung brüchiggeworden sind, in der die Reichen dieMedien beherrschen...“ (S.7)(...)„Mischt euch ein, empört euch!Die Verantwortlichen in Politik undWirtschaft, die Intellektuellen, dieganze Gesellschaft dürfen sich nichtkleinmachen und kleinkriegen lassenvon der internationalen Diktatur derFinanzmärkte, die es so weit gebrachthat, Frieden und Demokratie zugefährden.“ (S. 10)(...)„Die in der ‚Allgemeinen Erklärungder Menschenrechte‘ (...) von 1948niedergelegten Rechte sind universell.Wann immer sie jemandem vorenthaltenwerden, und ihr merkt es:Nehmt Anteil, helft ihm, in den Schutzdieser Rechte zu gelangen.“ (S.10)Was eigentlich heißt NS-Täter?Wolfgang Proske (Hrsg.):Täter – Helfer – Trittbrettfahrer.NS-Belastete von der Ostalb. Ulm:Verlag Klemm+Oelschläger 2010,295 Seiten, 19,80 €Ein bemerkenswertes Buch ist Endeletzten Jahres mit dem Titel „Täter– Helfer – Trittbrettfahrer. NS-Belastetevon der Ostalb“ erschienen.Herausgeber ist der an der UniversitätBremen 1989 bei Imanuel Geiss miteinem afrikanistischen Thema promovierteHeidenheimer Geschichtslehrerund Sozialwissenschaftler WolfgangProske.Das Buch leistet im Wesentlichenzweierlei: Zum einen nutzt es vielebisher im Verborgenen liegendeInformationen aus gerade freigegebenenArchivquellen (insb. aus demBundesarchiv Berlin sowie den beidenLudwigsburger Archiven), um in 16Biografien einzelnen NS-Belastetenauf die Spur zu kommen. Herausgekommenist - erstmals im Bereichder Ostalb - eine respektable Tätergeschichteganz auf der Höhe dergegenwärtigen Forschung, die anvielen Stellen auch darüber hinausgehtund einmündet in eine - insgesamtallerdings noch zu entwickelnde - regionaleNS-Gesellschaftsgeschichte.Dabei ergeben sich, etwa im vonHermann Wenz verfassten Artikelüber den stellvertretenden Leiter desKZ Oberer Kuhberg, Hermann Eberle,instruktive Bezüge nach Ulm. In Heidenheimselbst hat Proske insbesonderemit seinem Artikel über den hiergeborenen Wehrmachtsgeneral ErwinRommel, der lange Zeit fälschlich zumWiderstandskämpfer hochstilisiertworden war, viel Staub aufgewirbelt;seine Forderung nach Umwidmungdes 1961 von ehemaligen Afrikakämpferngestifteten „Rommeldenkmals“zugunsten der Insassen der beidenHeidenheimer KZ-Außenlager wurdeunmittelbar nach dem Erscheinen desBuches Ende November 2010 bereitsGegenstand einer emotional geführtenPressedebatte. Das Denkmal steht- wie nicht anders zu erwarten - nochimmer. So schnell mahlen die Mühlenauf der Ostalb denn doch nicht.Doch Proskes Anspruch reicht vielweiter: Zum anderen möchte erDZOK-<strong>Mitteilungen</strong> <strong>Heft</strong> <strong>54</strong>, <strong>2011</strong>29


++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücgenauer wissen, was eigentlich einNS-Täter ist. In vielen der beschriebenenFälle ging ihm dieses Wortin seinen Implikationen zu weit,weswegen er - angeregt von RaulHilbergs Begriffstriade „Täter OpferZuschauer“ - zusätzlich zum Täterdie Begriffe „(Helfers)helfer“ und„Trittbrettfahrer“ einführt. Dabei hälter die Übergänge zwischen ihnen für„fließend“. Für´s erste unterscheidet er- wie andere vor ihm - Schreibtisch-,Weltanschauungs- sowie Exzesstäter.Doch präzisiert er jetzt und verstehtunter NS-Tätern „master brains“ sowie„Ermächtigte“ und „Angewiesene“.Ihr gemeinsames Merkmal sieht erdarin, dass sie sich als „Werkzeugeeiner höheren Ordnung“ verstandenhätten. „Helfer“ seien demgegenüberbloß „Ausführende“ mit allerdings oftriesigen eigenen Spielräumen, dieihre Kompetenz durch die Methode„Learning by Doing“ erweiterten. Die„Trittbrettfahrer“ schließlich erscheinenzunächst als nur zuschauende „Volksgemeinschaftler“,prinzipiell als eineArt Schläfer. Sie seien die eigentliche„Verfügungsmasse“ der Nazis, dennsie ließen sich jederzeit aktivieren,um dann zumeist aus persönlichenNützlichkeitserwägungen heraus zuhandeln. Bei Tätern findet er immerwieder erstaunlich „viel Zynismus“, beiHelfern insbesondere „fehlgeleitetenIdealismus“, bei Trittbrettfahrern vorallem eine „fröhlich-oberflächlichnaive“„political correctness“. Proskebeschreibt diese hermeneutischgewonnenen Begriffe ausdrücklich als„vorläufig“ und fordert dazu auf, sie imRahmen der künftigen NS-Täterforschungweiterzuentwickeln.Insofern schaufelt dieser Sammelbandweit über die Ostalb hinausfrei. Er ist zuallererst ausgesprocheneFleißarbeit (deshalb auch insgesamtacht MitarbeiterInnen, darunter dieWiener Zeithistorikerin Sybille Steinbacher,eine Schülerin von NorbertFrei). Das Buch eröffnet einerseits(„global denken, lokal forschen“) diebisher von manchem so dringend vermissteregionale NS-Täterforschung ineiner Provinz, die nicht von ungefährüberdurchschnittlich viele Nazis hervorbrachte.Andererseits wird gerademit dem Begriff des „Trittbrettfahrers“ein Tätertyp umschrieben, der offensichtlichzwar genügend Dreck amStecken hat, aber gleichzeitig immerwieder durch die entsprechendenDefinitionsraster hindurchschlüpfenkonnte, weshalb manche noch bisheute glauben, der Nationalsozialismussei das Werk einiger wenigerböser „Verführer“ an der Spitze desStaates gewesen. Doch dem ist nichtso: Selbst im Hinterland war der Nationalsozialismusmit oft tödlicher Konsequenzpräsent, wie es beispielsweisePeter Stadlbauer am Beispiel derletzten Giengener Jüdin Frieda Langereindrucksvoll aufzeigt. Mit dem Bildvom Trittbrettfahrer kann jetzt besserverstanden und beschrieben werden,welch wichtige Rolle den vielen willigen,gegenüber Andersdenkendenund vermeintlich Andersartigen bösartigenJasagern zukam. Und auchdie Überlegungen zur Unterscheidungzwischen „Tätern“ und „Helfern“ sindsehr bedenkenswert.Diese Erkenntnis macht das wenigleserfreundliche und zu kleine Schriftbildmehr als wett, zumal sich darinbei tieferem Hinterfragen eh nurkapitalistische Verwertungszwänge füreinen engagierten, erfreulicherweiseimmer öfter den Nationalsozialismusaufgreifenden Verlag äußern. Alles inallem verdient dieses Buch zur Vertiefungihres Geschichtsbildes vieleLeser nicht nur auf der Ostalb, weshalbeine weitere Auflage (die ersteAuflage ist bereits nach drei Monatennahezu ausverkauft!) wünschenswerterscheint. Dort sollten die manchmalrecht störend empfundenen Druckfehlerbeseitigt werden. Vor allemaber sollte dieser Band in seinen sehrweit zielenden Anregungen verstärkteallgemeine Beachtung im Zusammenhangmit der künftigen NS-Täterforschungfinden.Daniel MüllerNeues Grundlagenwerk zum KZNatzweilerRobert Steegmann:Das Konzentrationslager Natzweiler-Struthofund seine Außenkommandosan Rhein und Neckar1941-1945. Aus dem Französischenvon Peter Geiger. Straßburg, Berlin:La Nuée Bleue/Metropol 2010, 458Seiten., 35 Abbildungen, 24,90 €(Als Dissertation an der UniversitätStraßburg fertig gestellt 2003,erschienen unter dem Titel: Struthof.Le KL-Natzweiler et ses kommandos:une nébuleuse concentrationnaire desdeux côtés du Rhin 1941-1945. Édition„La Nuée Bleue/DNA“. 2005)„Jeder SS-Angehörige hat das Recht,von der Schusswaffe Gebrauch zumachen bei jedem persönlichenAngriff, bei Meuterei, Widerstand undFluchtversuch. Alle SS-Angehörigensind Vorgesetzte und werden durchAbnehmen der Mütze und Annehmeneiner strammen Haltung gegrüßt.“ (...)Diese Sätze stehen am Anfang derLagerordnung des KZ Natzweiler-Struthof. Sie kennzeichnen einenkleinen Ausschnitt der Voraussetzungen,unter denen KZ-Häftlingezu leben und zu sterben hatten. DasHauptlager des KZ Natzweiler befandsich als eines von zwölf offiziellen KZsin der Regie des „Reichsicherheits-Hauptamtes“ zwischen Mai 1941und November 1944 im besetztenElsaß. Es ist etwa 50 Kilometer südwestlichvon Straßburg, beim DorfNatzwiller am Mont Louise gelegen.Zum KZ-Komplex Natzweiler zählenaber auch nahezu 70 Außenlagerbzw. Außenkommandos, die insbesondereim Mosel- und Neckarraumim vorletzten Kriegsjahr, ab März1944, eingerichtet worden waren.Diese Außenlager bestanden noch bisApril 1945 unter der Zuordnung „KZNatzweiler“ weiter, zu einem Zeitpunktalso, als das Hauptlager schon längst(am 22. November 1944) wegen desAnmarsches der US-Army evakuiertworden war.Im gesamten Lagerkomplex dürftenetwa 52.000 Häftlinge, davon wohl dieHälfte in den Außenlagern, inhaftiertgewesen sein. Etwa 20.000 Häftlingekamen zu Tode, die meisten durchKrankheit, Elend und Hunger, vieleauch durch Mord oder Hinrichtungen.Die Häftlinge kamen aus fast allenNationen Europas, die meisten ausPolen (17.000), aus der Sowjetunion(12.000) und aus Frankreich (7000).Kennzeichnend - vor allem für dasNetz der Außenlager - war insbesonderedie darin stattfindende Ausbeutungder Arbeitskraft, die prinzipiell als„Vernichtung durch Arbeit“ bezeichnetwerden kann. Diese „Arbeit“ diente30


cher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++NeuSS-Projekten wie der Gewinnung vonÖl aus Ölschiefer (z.B. „UnternehmenWüste“ am Neckar), aber auch Rüstungsprojektender deutschen Industrie.Dieses „Universum des Grauens“wird im vorliegenden Band nachintensivsten, fast 15 Jahre währendenRecherchen mit größtmöglicherDetailtreue zu rekonstruieren versucht.Dabei ist dem Autor RobertSteegmann, Historiker an der UniversitätStraßburg, bewusst, dass dasgelebte Leiden nicht in zwei Buchdeckelndarzustellen ist. Er hat jedochdie französische Erinnerungsliteraturüberlebender Häftlinge und einigeihrer Privatarchive, aber auch staatlichefranzösische Archiv-Beständeausgewertet, die bisher der Forschungkaum zugänglich waren: so das Archivder französischen Militärjustiz in Blanc,das der Kriegsveteranen in Caen, dasdes Außenministeriums in Paris.Die Darstellung gliedert sich in vierTeile:- Häftlinge und Häftlingszahlen in denverschiedenen Lagern- Arbeit im KZ und dessen wirtschaftlicheFunktionen- Lageralltag, d. h. der soziale Mikrokosmosdes Lagerlebens- Die medizinischen Experimente inZusammenarbeit mit der MedizinischenFakultät der „ReichsuniversitätStraßburg“.Bemerkenswert an diesem Werk ist,dass die deutsche Ausgabe von eineram französischen Verteidigungsministeriumangesiedelten Organisation,der „Direction pour la mémoire, dupatrimoine et des archives“ (DMPA)betreut und finanziert wurde. Auch dieheutige Gedenkstätte für das Hauptlagerin Natzwiller, das „EuropäischeZentrum des deportierten Widerstandskämpfers“(www.struthof.fr),steht in Verantwortung des Verteidigungsministeriums.Steegmann betont am Ende seinesBuches, dass es keineswegs einenAbschluss der Forschungen darstellt,sondern dass es der Anstoß zu neuenForschungen sein soll.In jedem Fall aber hat der Autor dasWissen über den KZ-Komplex Natzweilerauf eine bisher nicht erreichteGrundlage gestellt. Es bleibt zu hoffen,dass in ein paar Jahren eine überarbeiteteNeuauflage erscheint, die einerseitsneuere Forschungen, vor allemzu den Außenlagern, berücksichtigt,und die andererseits editorischeDefizite ausgleicht, wie zum Beispieldie Quellennachweise zu manchenAnhängen, wie etwa zur eingangszitierten „Lagerordnung“.Silvester LechnerEin großes Werk, das bleiben wirdHelmuth Bauer:Innere Bilder wird man nicht los.Die Frauen im KZ-Außenlager Daimler-Benz Genshagen. Berlin: Metropol<strong>2011</strong>, 704 Seiten, 39,80 €.Diesem Werk, das in Umfang, thematischerBreite, inhaltlicher Tiefe unddamit auch im zeitlichen Aufwand vonRecherche und Begleitarbeiten (etwa20 Jahre) wohl alle einschlägigenArbeiten übertrifft und damit quer zuallem Konventionellen liegt, mit einerBesprechung gerecht zu werden, istkaum zu leisten. So bleibt eine notwendigunzureichende Skizze desInhalts und die dringende Empfehlungan unsere Leser/innen, sich das Werkanzuschaffen.Zunächst: Helmuth Bauer, als Sohneiner Arbeiterfamilie geboren im Juni1943, wuchs in Ulm auf, machte 1962am Schubart-Gymnasium das Abiturund 1972 an der TU Berlin seinenDr. phil. in Literaturwissenschaften.Dann kam ein gewollter Bruch: erwurde Arbeiter, machte eine Maschinenschlosser-Lehreund arbeitetevon 1981 bis 1985 bei Daimler-Benzin Untertürkheim als Maschinenschlosserund gewerkschaftlicherVertrauensmann (gleichzeitig in der„plakat-Gruppe“ um Willi Hoss). MitKollegen verfasste er das Kapitel„Daimler-Benz von Innen“ im 1987erschienenen „Daimler-Benz Buch“,das zum ersten Mal die bis dahin ausgeblendeteGeschichte des Konzernsin der NS-Zeit offen legte.Im vorliegenden Werk bilden formalzwei Daimler-Kapitel (4,5) die Mittedes Buches, sie werden aber eingerahmtvon jeweils drei Kapiteln, diedie eigentliche substanzielle Botschaftenthalten. Die Daimler-Kapitel zeigenzum einen die propagandistisch zurSchau gestellte Identifizierung desKonzerns mit der Nazi-Partei- undStaatsführung und andererseits dasBeispiel des „KriegsmusterbetriebsDaimler-Benz Genshagen“: Im größtenFlugmotorenwerk Europas wurdeim Herbst 1944 in der GenshagenerHeide südlich von Berlin ein Außenlagerdes KZ Ravensbrück errichtet.Die 1100 Frauen jedoch, die dorthinaus vielen Ländern Europas, vor allemaus Polen, Frankreich und Ungarn, zurZwangsarbeit verschleppt wurden,bilden Zentrum und – so kann manvielleicht sagen – Leidenschaft desWerkes. Das Buch hat seinen erstenSchwerpunkt (Kapitel 1-3) in denintensiven Porträts von zwei ungarischenJüdinnen, Edit Bán Kiss undÁgnes Galambos Bartha, sowie derdeutschen Kommunistin Frieda FranzMalter, die als „Politische“ Funktionshäftlingin Genshagen war. Dabei istder visuell wie emotional fesselndeBezugspunkt für diese Biografiendie – auch technisch hervorragende– Reproduktion des „Albums Deportation“.Dies ist ein unmittelbar nach derRückkehr aus dem KZ entstandenerZyklus von 30 meist farbigen Gouachender Künstlerin Edit Ban Kiss, diein expressiv gestalteter AuthentizitätSchlüsselszenen des Zwangsarbeiterinnenlebenszum Inhalt haben.Die anderen drei Großkapitel (6-8)sind der Suche, der Dokumentation,dem exemplarischen Festhalten vonPersönlichkeiten und Schicksalenvieler weiterer Frauen, insbesonderenatürlich der bis in die Gegenwart desAutors lebenden, gewidmet.Eine – vielleicht die wichtigste– „Großtat“ des Buches ist die oftsehr persönliche Darstellung desRecherche-Prozesses zusammenmit den vielfältigen Begegnungsprogrammen.Und die andere Großtat istdie bei diesem Prozess begleitendedidaktische und pädagogische Bemühung,die historischen Geschehnisseund die mit ihnen verwobenen Menschennachfolgenden Generationenverständlich zu machen. Vor allem eineReihe von Filmen und Ausstellungen,die im Lauf der Jahre entstanden sind,sprechen davon.Fazit: Wie in der Überschrift schongeschrieben: ein großes Werk, dasbleiben wird.Silvester LechnerDZOK-<strong>Mitteilungen</strong> <strong>Heft</strong> <strong>54</strong>, <strong>2011</strong>31


++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Büc„Wiedergutmachung“ – ein Lernprozessbis heuteNorbert Frei, José Brunner, ConstantinGoschler (Hrsg.):Die Praxis der Wiedergutmachung.Geschichte, Erfahrung und Wirkung inDeutschland und Israel. Göttingen:Wallstein 2009, 773 Seiten, 52 €„Entgegen allen Erwartungen“ bleibeder Holocaust und die anderen Verbrechendes NS-Regimes „lebendigeGeschichte, und das ThemaWiedergutmachung ist nach wie voraktuell“. So heißt es zu Beginn derEinleitung (S.11) zum vorliegendenBand, dessen 23 Beiträge von 30Autor/innen ein höchst bedeutsamesStück Justiz-, Verwaltungs-, Rechts-,Politik- und – das ist das Besondere– Individualgeschichte darstellen. SeitEnde der 50er Jahre wurde das „Endeder Wiedergutmachung“ konstatiert,bis dahin waren vier Milliarden Markausgegeben worden. Bis Ende 2007waren es in etwa 65 Milliarden Euro(davon 59 Milliarden für individuelleEntschädigung), die im Zeitraum vonfünf Jahrzehnten von der Bundesrepublikausbezahlt worden sind, nichtganz ein Prozent des Bruttosozialproduktes(S. 13). Dies sei, schreibendie Autoren, „das zweifellos größteEntschädigungsunterfangen in derGeschichte der Menschheit“, wobeifreilich festzuhalten ist, dass „diemeisten Opfer“ entweder „überhauptkeine Entschädigung“, oder diesenur in Form „reichlich verspätetersymbolischer Leistungen“ bekommenhaben. Unabhängig von der Höhe dieZahlungen für die Opfer zwei hochbedeutsameEffekte der „Wiedergutmachung“für Staat und Gesellschaft derBundesrepublik offensichtlich: zumeinen der gesellschaftliche Selbstaufklärungsprozessüber die nationalsozialistischeVergangenheit und zumanderen die Integration eines neuenDeutschlands in die Gemeinschaft derdemokratischen Staaten dieser Welt.Das vorliegende Buch hat seinenSchwerpunkt in der Analyse der konkretenPraxis der Wiedergutmachungam Beispiel des einzelnen Verfahrens.Als Quellengrundlage dienten 625.000Einzelfallakten von Nordrhein-Westfalen,die ab dem Jahr 2000 derhistorischen Forschung zugänglichgemacht wurden. Bearbeitet wurdedas Material im Rahmen eines vonder „German-Israeli Foundation forScientific Research and Development“getragenen dreijährigen Forschungsprojekteseines deutsch-israelischenTeams.Die vier Großkapitel widmen sich folgendenAspekten:- „Geschichte und Geschichten“ auszwei Bereichen der Verfolgung,nämlich denjenigen der Juden unddenjenigen der politisch Verfolgten;- „Anerkennung und Ausgrenzung“bestimmter weiterer Verfolgungsbereiche,wie u. a. denen der „Rassenschande“-Opfer,der Homosexuellen,der „Kriminellen“;- Erkennen und Geltendmachen psychischerVerfolgungsschäden;- Das Handeln der Wiedergutmachungs-Bürokratiein Deutschlandund Israel zwischen „Recht undGerechtigkeit“.Fazit: hier liegt eine – dankenswerterweiseauch von der Bundeszentralefür politische Bildung vertriebene– bisher einzigartige Studie vor, dieeinerseits die im deutschen Namenverübten Verbrechen erkennen lässt,die andererseits aber auch den historischenVersuch umschreibt, mit demUnrecht auf eine Weise umzugehen,die das fortdauernde Leiden der Opferwenigstens ansatzweise ernst nimmt.Silvester LechnerGeheimtipp: Peter KoppenhöfersEditionenFriedrich Alexan:Die Welt der kleinen Leute. Erinnerungenan eine Jugend in Mannheim.Mannheim: Wellhöfer 2008, 319Seiten, 12,80 €Wladyslaw Kostrzenski:Meine Flucht. Gefangenschaft undÜberleben in den Lagern Mannheim-Sandhofen, Langenzenn und Flossenbürg1944/45, hrsg. von PeterKoppenhöfer, Joachim Mensdorf, AlexanderSchmidt. Mannheim: Wellhöfer2010, 288 Seiten, 7,90 €Dr. Peter Koppenhöfer, Historiker,Gymnasiallehrer, Mitbegründer derKZ-Gedenkstätte Mannheim-Sandhofen(und deshalb über fast zweiJahrzehnte liebenswürdiger Kollegedes Ulmer DZOK), hat seinen Ruhestandhöchst produktiv genutzt. Erhat zwei Bücher bearbeitet und herausgegeben,die auf unterschiedlicheWeise die Zeitzeugen-Literatur des 20.Jahrhunderts im Bezugsrahmen Süddeutschlandsspürbar bereichern.Da ist zunächst eine Neuentdeckung:unter dem neuen Titel, „Die Welt derkleinen Leute“, erschien 2008 die originalgetreueWiedergabe eines erstmals1937 im Pariser Exil veröffentlichtenhistorisch-dokumentarischenRomans mit dem Titel „Im Schützengrabender Heimat. Geschichte einerGeneration“. Autor ist Friedrich Alexan(1901-1994), was ein Pseudonym fürAlexander Kupfermann ist, dessenjüdische Familie im Jahr 1900 aus derBukowina nach Mannheim gekommenwar. Alexan nennt sich „sozialistischerSchriftsteller“ (S. 281). Er thematisiertaus eigenen Erfahrungen eine ArtMannheimer Sittengeschichte der„Generation Heimatfront“; d. h. derum 1900 geborenen Generation, dieals Heranwachsende den 1.Weltkriegerlebt hat. Der akademische Teil dieserGeneration bildete als „Generation desUnbedingten“ (Michael Wildt) späterdas personelle Fundament nationalsozialistischer(Schreibtisch-)Täter.Bei Alexan jedoch handelt es sich umden Teil dieser Generation, der den„Kampf und die Not der arbeitendenMenschen“ am eigenen Leib erlebt hatund daraus politisch den heraufziehendenFaschismus wahrnehmendeSchlüsse zog. Literarisch ist das Werkvergleichbar mit Oskar Maria Grafs„Wir sind Gefangene“ oder auch LionFeuchtwangers „Erfolg“.Die andere Edition sind Erinnerungenmit dem Titel „Meine Flucht“ vonWladyslaw Kostrzenski (1922-2002),der nach dem Warschauer AufstandEnde September 1944 mit 1060Schicksalsgenoss/innen nach Mannheim-Sandhofendeportiert wurde.In der dortigen Friedrichsschulewurde ab 25. September 1944 alsAußenlager des KZ Natzweiler ein KZ-Arbeitslager für die Daimler-Benz-AGeingerichtet. Als die Schule am 15.12.bombardiert wurde, flieht Kostrzenski.Diese Flucht, seine neuerliche KZ-Inhaftierung als Sanitäts-Funktions-32


cher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neuhäftling bis hin zur Befreiung am 23.April 1945 hat er auf Anregung derMannheimer Gedenkstätten-Akteurein den 8oer Jahren aufgeschrieben.Peter Koppenhöfer hat sie übersetzt,sorgfältigst – zusammen mit zweiweiteren Experten – kommentiert undillustriert, und nun als Buch herausgegeben.Beide Bücher sind nicht nur wissenschaftlichgediegen ediert, sondernauch höchst lehrreich und spannend,im Falle Alexans auch amüsant. DringendeLese-Empfehlung!Silvester LechnerZeigefinger weg – ArbeitshandschuherausGisela Mahnkopf/Claudia Ried (Hrsg.):„Blechschmiede“ Horgau – KZ-Außenlager und Waldfabrik für dieNS-Rüstungsproduktion. Augsburg2010, 144 S.Warum heute noch über KZs undAußenlager forschen? Der aus Horgaustammende Sozialpädagoge MarkusSeiler, der die Idee zu diesem interdisziplinärenForschungsprojekt hatte,stellte sich diese und viele ähnlicheFragen der „Enkelgeneration“ angesichtsder Flut von Publikationen undsonstiger Medien zur NS-Zeit. Dochzwei Gründe bewegten ihn schließlich,für das Projekt zum DachauerKZ-Außenlager Horgau bei AugsburgMitstreiter zu suchen:Erstens waren Außenlager nicht soweit weg vom Gesichtskreis derBevölkerung in der NS-Zeit wie dieKZ-Stammlager. In vielen Orten sahdie Bevölkerung die Häftlinge inihren gestreiften Anzügen, wenn siezu Arbeit getrieben wurden oder sienahm zumindest das Vorhandenseinder abgeschirmten und bewachtenLager in ihrer nächsten Umgebungwahr. Und auch in Horgau waren dieSpekulationen und Andeutungen überdie irritierenden Vorgänge in nächsterNähe über 60 Jahre nicht verstummt.Zweitens ließ sich Seiler vom Buchund Forschungsansatz „Im Raumlesen wir die Zeit“ von Karl Schlögel(2003) inspirieren. Er entwickelte dieIdee, sich der Geschichte von denÜberresten her zu nähern, die im„Raum“ noch aufzufinden sind, unddie so gewonnenen Einsichten mitdem von Zeitzeugen Gehörten undden in Archiven erworbenen Erkenntnissenzu verbinden.Unter dem Arbeitstitel „Zeigefingerweg – Arbeitshandschuhe raus“ wurdeum die Mitarbeit von interessiertenAnwohnern, Schülern, Fachleuten undInstitutionen (u. a. Kreisjugendring,Kreisheimatpflege, Gemeinde Horgau,Realschule Neusäß) geworben. Derhandlungsorientierte Ansatz führtenach längeren Bemühungen zu regerAnteilnahme und Bereitschaft aktivmitzuwirken.In der das Projekt zusammenfassendenPublikation beschreibt dieKreisarchäologin Gisela Mahnkopf,wie unter ihrer Anleitung die Gruppein mehreren Erkundungsgängen dieÜberreste des Lagers – vor allemBetonfundamente – sichtete undverzeichnete und wie mit modernenVermessungsmethoden ein Plan desLagers rekonstruiert wurde. Man kanndavon ausgehen, dass neben einigenkleineren Gebäuden drei Fertigungshallenvorhanden waren, die größtemit einem Grundriss von 95 x 15Metern.Der Historiker Wolfgang Kucera führtin einem Aufsatz aus, wie 1944 imZuge der Auslagerung der Rüstungsproduktionin getarnte oder unterirdischeAnlagen auch die Produktionder Augsburger Flugzeugfabrik Messerschmittzum Schutz vor feindlichenLuftangriffen dezentralisiert wurde. Soentstanden beispielsweise entlang derAutobahn Ulm-Augsburg im Schutzegroßer Bäume mehrere „Waldfabriken“(z. B. bei Leipheim und bei Burgau) fürdie Herstellung des neuen DüsenflugzeugsMe 262. So auch im Wald beimHorgauer Bahnhof, wo Flügel montiertwerden sollten. „Blechschmiede“war lediglich ein Tarnname. Kucerabindet die Planungen und Vorgängein Horgau in einen größeren Zusammenhangein und beschreibt, wie dieAusweitung der Rüstung durch den„Jägerstab“ den Einsatz immer neuerZwangsarbeiter und schließlich auchKZ-Arbeiter erforderte.Ein Forschungsbericht von Kuceraund der Historikerin Claudia Ried(Landratsamt Augsburg) befasst sichmit Biografien von KZ-Arbeitern, die inHorgau eingesetzt waren. Sie gingenbei ihren Recherchen den Namendes einzigen sicher verzeichnetenHäftlingstransports nach, der im März1945 aus dem KZ Bergen-Belsen inHorgau ankam. Aufschlussreich warendabei Nachforschungen im Archivdes Internationalen Suchdienstes inBad Arolsen (ITS). Die beiden Historikerzeigen exemplarisch einigeder Häftlingsschicksale auf, soweitsie sich z. B. durch Verhaftungs-,Überstellungs- und auch Sterbelistenrekonstruieren lassen, und versuchenauf diese Weise „den Menschenhinter den Nummern einen Namen zugeben“.Allein schon dieser Teil der Publikationwürde den Aufwand des über zweijährigenProjektes rechtfertigen, dennan den Einzelschicksalen wird klar, mitwelchen scheinrechtlichen MethodenHaftgründe für junge Männer inDeutschland und in den erobertenGebieten gesucht wurden und wiederen Gesundheit durch die menschenunwürdigeBehandlung, Unterkunftund Arbeit in wenigen Monatenruiniert wurde. Einige überstanden dieHaft nicht oder verstarben noch in denMonaten nach der Befreiung. Es wäremeines Erachtens wünschenswert,zumindest mit den Nachkommen nochKontakt aufzunehmen um Bedauernüber die Schicksale auszudrücken.Eine solche Anteilnahme und Betroffenheitüber die schlimmen Vorgängeim Wald ist teilweise in den Zeitzeugenerzählungenspürbar, die amSchluss der Publikation in Auszügenund nach Themen zusammengefasstabgedruckt sind. Sie berichten überdas Lager zwar nur „aus zweiterHand“, spiegeln aber die gemischtenGefühle und Zweifel wieder, die diedamaligen Horgauer Jugendlichenbei den Ereignissen und Erzählungenin ihrer Umgebung hatten und die siezum Teil bis heute beschäftigen.Die Publikation kann bezogen werdenüber den Heimatverein für den LandkreisAugsburg e. V., Prinzregentenplatz4, 86150 Augsburg, Tel. 0821/3102-2<strong>54</strong>7.Karin JasbarDZOK-<strong>Mitteilungen</strong> <strong>Heft</strong> <strong>54</strong>, <strong>2011</strong>33


Veröffentlichungen des DZOKDZOK-ManuskripteBd. 1: Ulmer Geschichtswerkstatt zurNS-Zeit (Hrsg.),Die „Hitlerjugend“ am Beispiel derRegion Ulm/Neu-Ulm. Ein Aspekt imUmfeld der „Weißen Rose“, 1942/43.Eine kommentierte Dokumenten- undMaterialien-Sammlung,6. Aufl., Ulm 2004, 170 S., 10 €Bd. 2: Claudia Dauerer,Alfred Moos, ein Ulmer Jude aufder Flucht vor dem NS-Staat. EinBeitrag zur deutschen Emigrationnach Palästina.2. Aufl.,Ulm 1995, 150 S., 8 €Bd. 3: Silvester Lechner (Hrsg.),Schönes, schreckliches Ulm.130 Berichte ehemaliger polnischerZwangsarbeiterinnen undZwangsarbeiter, die in den Jahren1940 bis 1945 in die Region Ulm/Neu-Ulm verschleppt worden waren,2. Aufl., Ulm 1997, 420 S., 20 €(zurzeit vergriffen!)Bd. 4: Silvester Lechner,Ulm im Nationalsozialismus. Stadtführerauf den Spuren des Regimes,der Verfolgten, des Widerstands.Ulm 1997, 120 S., 8 €(zurzeit vergriffen!)Bd. 5: Myrah Adams,Die Würde des Menschen ist unantastbar.Das KZ Oberer Kuhberg inUlm, 1933 – 1935, Katalog zur Dauerausstellung2001.Ulm 2002, 64 S., 138 Abb., 10 €Bd. 6: Oberschulamt Tübingen, <strong>Dokumentationszentrum</strong>Oberer Kuhberg(Hrsg.),„Württembergisches SchutzhaftlagerUlm“. Ein frühes Konzentrationslagerim Nationalsozialismus(1933-1935). Materialien für denBesuch der Ulmer KZ-Gedenkstättemit Schülern,Tübingen/Ulm 2004, 120 S.,15 Abbildungen, 8 €(zurzeit vergriffen!)Sonderveröffentlichungen„… daß es so etwas gibt, wo manMenschen einsperrt …“.Das KZ Oberer Kuhberg bei Ulm.Ein Film von Bernhard Häusle undSiegi Jonas.DVD, Stuttgart 1995, 33 Min., 18 €„Ich bin ja jetzt der Letzte …“Arbeiterkultur – Jugendwiderstand– Konzentrationslager.Hans Gasparitsch, geboren 1918in Stuttgart, erzählt.Ein Film von Silvester Lechner undRoland Barth. Ulm 1999,VHS-Video, 40 Min., 25 €Silvester Lechner (Hrsg.):Die Kraft, nein zu sagen. Zeitzeugenberichte,Dokumente, Materialienzu Kurt Schumachers 100.Geburtstag.Ulm (DZOK) 1995,80 S., 10 € (zurzeit vergriffen!)Markus Kienle:Gotteszell – das frühe Konzentrationslagerfür Frauen inWürttemberg. Die Schutzhaftabteilungim Frauengefängnis Gotteszell inSchwäbisch Gmünd. Ulm (Klemm &Oelschläger) 2002, 90 S.,12 €(zurzeit vergriffen!)Markus Kienle:Das Konzentrationslager Heubergbei Stetten am kalten Markt.Ulm (Klemm & Oelschläger) 1998,220 S., 50 Abb., 10 €Vorstand Stiftung Erinnerung Ulm(Hrsg.):Die Stiftung Erinnerung Ulm –für Demokratie, Toleranz und Menschenwürde.Ihre Gründung, ihr Zweck, ihre Ziele.Ulm 2004, 64 S., 22 Abb., 10 €Ulm/Neu-Ulmer Arbeitskreis27. Januar (Hrsg.):Als der Sport in Ulm 1933 nationalsozialistischwurde …Aufsätze und Dokumente.Manuskript; Ulm (DZOK) 2005,68 S., 8 €(zurzeit vergriffen!)Bestellung und Versand (zusätzlich Versandkosten)sind auch über das DZOK möglich!Ulm/Neu-Ulmer Arbeitskreis27. Januar (Hrsg.):Łódz – Ulm – New Jersey. DieGeschiche der jüdischen FamilieFrenkel, die 1938 aus Ulm vertriebenwurde.Manuskript; Ulm (DZOK) 2006,72 S., 8 €Hans Lebrecht:Gekrümmte Wege, doch ein Ziel.Erinnerungen eines deutsch-israelischenKommunisten. Herausgegebenvon Silvester Lechner, Doku-Zentrum. Ulm (Klemm & Oelschläger)2007, 144 S., 30 Fotos, 19,80 €Roman Sobkowiak:Eindeutschungsfähig?! Einepolnisch-deutsche Biografie imNS-Staat und in der jungen Bundesrepublik.Herusgegeben von Silvester Lechner,Doku-Zentrum.Ulm (Klemm & Oelschläger) 2009,116 S., 60 Fotos, 19,80 €<strong>Dokumentationszentrum</strong>Oberer Kuhberg Ulm e. V. (Hrsg.):Ulm – die KZ-Gedenkstätte undder Nationalsozialismus. Festschriftzur Verabschiedung von SilvesterLechner in den Ruhestand.Ulm (Klemm & Oelschläger) 2009,184 S., 17,80 €Markus Heckmann:NS-Täter und Bürger der Bundesrepublik.Das Beispiel des Dr.Gerhard Klopfer.Herausgegeben von Silvester Lechnerund Nicola Wenge, <strong>Dokumentationszentrum</strong>Oberer Kuhberg. Ulm (Klemm& Oelschläger) 2010, 120 S., 19,80 €Annette Lein/Nicola Wenge:Jugendarbeit und Demokratieerziehungan KZ-Gedenkstätten inBaden-Württemberg. Ein Leitfadendes <strong>Dokumentationszentrum</strong>s ObererKuhberg Ulm für bürgerschaftlichgetragene Erinnerungsorte, Ulm 2010,40 S., Versand über LpB oder DZOKOliver Thron:Deserteure und „Wehrkraftzersetzer“.Ein Gedenkbuch für dieOpfer der NS-Militärjustiz in Ulm.Herausgegeben von Nicola Wenge,<strong>Dokumentationszentrum</strong> ObererKuhberg. Ulm (Klemm & Oelschläger)<strong>2011</strong>, 84 S. 16,80 €34


DZOK-Veranstaltungen Sommer/Herbst <strong>2011</strong>Büchse 13Veranstaltungen zur kritischenGeschichtskulturin der Regel dritter Donnerstag imMonat, 20 UhrOrt: Büchsengasse 13dzokki-TreffMonatl. Treffen der Jugendgruppedes <strong>Dokumentationszentrum</strong>sIn der Regel dritter Donnerstag imMonat, 17 UhrOrt: Büchsengasse 13Ulmer Geschichtezum Anfassen:Die KZ-Gedenkstätte imFort Oberer KuhbergÖffnungszeiten der GedenkstätteEinzelbesucher:sonntags 14 - 17 UhrFührung: sonntags 14.30 UhrGruppen-/Klassen-Besuche sindnach Vereinbarung (mindestenseine Woche vorher) jederzeit möglich;Gebühr für die Führung: 40 €Eintritt: 2 € / 0,50 €Anmeldung über das<strong>Dokumentationszentrum</strong>Oberer KuhbergTel. 0731-21312Donnerstag, 4. August <strong>2011</strong>KZ-GedenkstätteWo unschuldige Menschen eingesperrtwarenEine Spurensuche für Kinder im Altervon 8-12 JahrenKurs A: 10-12 UhrKurs B: 14-16 UhrIm Rahmen des Ferienexpress Ulmund Neu-UlmVerbindliche Anmeldung erforderlich,zentral bei der Stadtbibliothek Ulmunter 0731/161-4101Weitere Termine entnehmen Siebitte der Tagespresse, unseremNewsletter oder der Websitewww.dzok-ulm.de!Europäischer Tag derJüdischen KulturSonntag, 4. September <strong>2011</strong>Auch in diesem Jahr richtet dasDZOK in Kooperation mit der JüdischenGemeinde wieder den EuropäischenTag der Jüdischen Kulturin Ulm aus, dieses Jahr unter demMotto „Der Zukunft entgegen“.Auf dem Programm stehen Friedhofs-und Stadtrundgänge sowieLesungen und Vorträge, u. a. zumNeubau der Synagoge.Neuer Friedhof/HaupteingangFührung zum jüdischen Friedhofsbereichunter dem Aspekt derZukunftserwartungMit Christof Maihöfer9-11 UhrBeitrag 4 €/2 €Weinhof/BrunnenJüdisches Ulm vom Mittelalterbis zur Gegenwart.Eine Stadtführung mit Ingo Bergmannund Dr. Nicola Wenge11.30-13.30 UhrBeitrag 4 €/2 €Münster/HaupteingangEine Veranstaltung zu denPropheten, inbesondere derJeremia-FigurMit Christof Maihöfer14-15.30 UhrBeitrag 4 €/2 €Jüdische Gemeinde UlmNeutorstraße 28Eine neue Synagoge in Ulm.Zum aktuellen Planungsstandberichtet Rabbiner Shneor Trebnik16-17.30 UhrBeitrag 4 €/2 €Atelier für Malerei und Keramik,AttenweilerAusstellungshalle, Biberacher Str.19Marlis Glaser / Klaus Müller / ChaimKapuja: „Liebe“ in literarischenTexten des Judentums. EineDarbietung in Bildern, Rezitationund Musik.11-13 UhrBeitrag 5 €Samstag, 17. September <strong>2011</strong>KZ-Gedenkstätte, 15-18 UhrUlmer Kulturnacht – auch imDZOKDie Bilderwelten des Jan Svankmajer.Kurzfi lmperformance.Texte und Livemusik: Thomas Grieser,Kontrabass. Dramaturgisches Konzept:Hilde SteinfurthEine künstlerische Auseinandersetzungmit totalitären Strukturen undden Verbiegungen des Individuumsdarin.Im Anschluss Raumerkundungendurch den ehemaligen NS-Tatort.Beginn jeweils stündlich um 15, 16und 17 UhrDonnerstag, 6. Oktober <strong>2011</strong>Lichtburg, 20 UhrFliegen heißt Siegen. Die verdrängteGeschichte der Deutschen LufthansaFilmvorführung in Anwesenheit vonRegisseur Christoph WeberAutor, Regisseur und Produzent hist.Dokumentarfi lme für ARD und ZDFIn Kooperation mit Lichtburg, Ulm undder vh UlmSamstag, 15. Oktober <strong>2011</strong>KZ-Gedenkstätte, Fort Oberer Kuhberg,14 UhrFührung des Förderkreises Bundesfestung,vorsitzender MatthiasBurgerfür Vereinsmitglieder des DZOK undInteressierteDonnerstag, 10. November <strong>2011</strong>Büchse 13, 18 UhrZeitzeugengespräch mit Dr. IrmgardSchmidt-SommerZum Zusammenleben von Juden undNichtjuden in der Neutorstraße 15und zur Verfolgung und Ermordungder Nachbarn in der Zeit des NS ausder Perspektive einer Ulmer Offi zierstochter.Sonntag, 13. November <strong>2011</strong>KZ-GedenkstätteGedenkfeier in der Ulmer KZ-Gedenkstätte am VolkstrauertagZur Erinnerung an die Opfer der NS-Gewaltherrschaft und an die Widerstandskämpfer1933-1945.DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> <strong>Heft</strong> <strong>54</strong>, <strong>2011</strong>35


Diese Nummer der <strong>Mitteilungen</strong> wird mit unten stehenen Anzeigen gefördert von:Braun Engels GestaltungJudenhof 11, 89073 UlmTel. 0731 - 14 00 73-0www.braun-engels.deprotel Film & Medien GmbHMünchner Straße 1, 89073 UlmTel. 0731 - 9 26 64 44info@protel-film.de, www.protel-film.deCafé OmarKönig-Wilhelm-Straße 5, 89073 UlmTel. 0731 - 921 31 66CDU im Ulmer GemeinderatRathaus, Marktplatz 1, Tel. 0731 - 61 82 20www.cdu-ulm.de, cdu.fraktion@ulm.deEngel-Apotheke UlmApotheker Timo RiedHafengasse 9, Tel. 0731 - 6 38 84FWG-Fraktionim Ulmer Gemeinderat0731 - 61 88 52, 0731 - 161 10 95www.fwg-ulm.deGRÜNE Fraktion UlmTel. 0731 - 161 - 1096, www.gruene-fraktion-ulm.degruene-fraktion@ulm.deOffsetDruck MartinErhard-Grözinger-Straße 1, 89134 BlausteinTel. 0731 - 9<strong>54</strong> 02 11RechtsanwälteFilius – Bodenmüller – RußMünchner Straße 15, 89073 UlmTel. 0731 - 9 66 42 - 0, Fax 0731 - 9 66 42 - 22info@kanzlei-filius.deSparkasse UlmNeue Straße 66, Tel. 0731 - 101 - 0SPD-Fraktionim Ulmer GemeinderatRathaus, Marktplatz 1, Tel. 921 77 00www.spd-ulm.desteuer berater HIRSCHERElke ReutherVirchowstraße 1, 89075 UlmTel. 0731 - 509 77 81Ulmer Bücherstube JastramAm Judenhof, Tel. 0731 - 6 71 37postmaster@jastram-buecher.deVerlag Klemm & OelschlägerPappelauer Weg 15, Tel. 0731 - 38 51 36www.klemm-oelschlaeger.deUnterstützen Sie das Ulmer <strong>Dokumentationszentrum</strong>! Werden Sie Mitglied!Hiermit beantrage ich die Mitgliedschaft im <strong>Dokumentationszentrum</strong> Oberer Kuhberg Ulm e. V.– KZ Gedenkstätte –Postfach 20 66, 89010 Ulm; info@dzok-ulm.deIch erkenne die Satzung an und werde einen Jahresbeitrag* von .................. € entrichten.Beitrittserklärung und Lastschrift-EinzugsermächtigungName und Vorname: ................................................................................................................Straße und Hausnummer: ................................................................................................................PLZ und Wohnort: ................................................................................................................eMail-Adresse (optional): ................................................................................................................Bank, BLZ, Kontonr.: ................................................................................................................Datum und Unterschrift: ................................................................................................................Mit der Abbuchung meines Mitgliedsbeitrages im ersten Quartal des Kalenderjahresin Höhe von .................. € /jährlich bin ich einverstanden.* Der Mindestbeitrag beträgt jährlich € 35, für Arbeitslose, Schüler, Studenten und Rentner jährlich € 15.36

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