30.11.2012 Aufrufe

der-welt • kinder-welt • kinder-welt • kinder-welt • kinder ... - BuschFunk

der-welt • kinder-welt • kinder-welt • kinder-welt • kinder ... - BuschFunk

der-welt • kinder-welt • kinder-welt • kinder-welt • kinder ... - BuschFunk

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

EIN BLUES VON DER LETZTEN GELEGENHEIT FÜR STEFAN DIESTELMANN<br />

Er war <strong>der</strong> (selbst-)gekrönte Blues-König <strong>der</strong> DDR. Umtriebig,<br />

wi<strong>der</strong>sprüchlich, begnadet.<br />

Ein musikalisches Genie, einer <strong>der</strong> wenigen weißen<br />

Bluesmusiker, den (Selbstzitat) „die schwarzen Bluesgrößen<br />

ernst nahmen und zu sich auf die Bühne holten“.<br />

Sein Name: Stefan Diestelmann.<br />

Mit seiner Folk-Blues-Band – Rüdiger Phillip (Bass, auch<br />

bei Uschi Brüning), Bernd Kleinow (Harps) und Dietrich<br />

Petzold (Violine, auch bei Klaus Lenz) – sorgte er für Furore und nahm Platten<br />

auf. Sein Reichsbahnblues stürmte die Charts. Während die an<strong>der</strong>en Bluesbands<br />

wie Monokel o<strong>der</strong> Engerling mit Schlagzeug und meist für Kunden spielten, spielte<br />

er ohne diese(s), hatte dafür aber schon ein paar Groupies und Jünger um<br />

sich gescharrt.<br />

Dann blieb er 1984 nach einem Konzert in Hildesheim im Westen, von wo er 1961<br />

mit seinen Eltern (DEFA-Schauspieler) wohl eher unfreiwillig gekommen war.<br />

1990/91 organisierten ihm einige Kulturämter im Osten im vorauseilenden Gehorsam<br />

– und nach prägnanter Auffor<strong>der</strong>ung – eine „Wie<strong>der</strong>gutmachungstour“.<br />

Sie gaben dabei oft ihre letzten noch verbliebenen Honorarmittel für Konzerte aus,<br />

welche niemand hören wollte. Keiner jubelte ihm zu, schon gar nicht die Kunden.<br />

Gelegentlich gab er danach noch Konzerte und versuchte sich als Werbefilmmacher,<br />

doch tauchte er schon öfter unter. Später wurde Stefan Diestelmann das, was man<br />

einen Totalaussteiger nennt. Er lebte irgendwo in den Tiefen des bayrischen Waldes, hinter Tutzingen, wie man<br />

so schön sagt.<br />

Der Blues-König hat seinen Thron verlassen – und kaum jemand hatte es bemerkt.<br />

Später suchten ihn Musikerfreunde<br />

und Fans. Auch ein<br />

Reporter, <strong>der</strong> einen Film drehen<br />

wollte, konnte ihn nicht auffinden.<br />

Er war verschwunden,<br />

we<strong>der</strong> die Nachbarn noch die<br />

Ämter wussten Näheres. So<br />

spektakulär, wie er einst die<br />

Bühnen im Osten enterte, so<br />

geräuschlos war er wohl, wohin<br />

nur, gegangen.<br />

26<br />

Steffen Könau hat in <strong>der</strong><br />

Mitteldeutschen Zeitung<br />

(Halle) die Spurensuche<br />

aufgegriffen, eine Antwort<br />

gefunden und dabei einen<br />

verstörenden Lebenslauf<br />

nachgezeichnet.<br />

Stefan Diestelmann<br />

starb am 27. März 2007<br />

in einem kleinen bayrischen Dorf.<br />

Fast fünf Jahre hatte dies niemand bemerkt – wir nicht, Sie nicht, du nicht.<br />

Kein Blues von <strong>der</strong> letzten Gelegenheit.<br />

AUF DER BUSCHFUNK-HOMEPAGE FINDEN SIE AUSFÜHRLICHE KÜNSTLER-PORTRAITS –<br />

IN WORT, BILD UND TON!

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!