Ophthalmo-Update 2012 - Dr. R. Kaden Verlag
Ophthalmo-Update 2012 - Dr. R. Kaden Verlag
Ophthalmo-Update 2012 - Dr. R. Kaden Verlag
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Foto: Wiesbaden Marketing GmbH<br />
Das von Friedrich von Thiersch im neoklassizistischen Stil 1904-1907 erbaute Kurhaus<br />
Am 11. und 12. November 2011 fand in<br />
Wiesbaden das erste <strong>Ophthalmo</strong>-<strong>Update</strong><br />
statt. Von dem Internisten Christian Ell<br />
(Wiesbaden) ursprünglich für die Innere<br />
Medizin entworfen, ist das Konzept nach<br />
und nach für immer mehr medizinische<br />
Teilgebiete übernommen worden. In nur<br />
zwei Tagen präsentieren dabei namhafte<br />
klinisch tätige Experten aus der Flut der<br />
jährlichen Neupublikationen die relevantesten<br />
Studien ihres Spezialgebietes.<br />
Die direkte Übertragbarkeit der Studienergebnisse<br />
in den klinischen bzw. Praxisalltag<br />
steht dabei im Vordergrund. Durch<br />
die Beschränkung auf Studienergebnisse<br />
aus den letzten 1-2 Jahren, war es möglich,<br />
in den 2 Tagen ein <strong>Update</strong> über nahezu<br />
alle Teilgebiete der Augenheilkunde<br />
anzubieten.<br />
Aus der Fülle der angebotenen Informationen<br />
hat sich der ZPA-Berichterstatter<br />
Notizen zu den folgenden Themen gemacht:<br />
+++ Korneale neovasKularisation +++ nicht in jedem Fall<br />
behandeln +++<br />
Die Erfolge einer Anti-VEGF-Behandlung<br />
bei vielen retinalen Krankheitsbildern<br />
haben die Frage aufgeworfen, inwieweit<br />
diese auch bei kornealen Neovaskularisationen<br />
eingesetzt werden kann.<br />
Ein Experten-Round-Table hat hierzu<br />
einige Empfehlungen ausgesprochen.<br />
Danach sollten vor allem korneale Infektionen<br />
zunächst ausreichend ausbehandelt<br />
werden, wobei Steroide nur gegeben<br />
werden sollten, so lange eine aktive Entzündung<br />
vorliegt.<br />
Stromale Neovaskularisationen werden<br />
klinisch relevant, wenn die optische<br />
Achse durch die Gefäße bzw. durch<br />
deren Exsudation betroffen ist. Bei<br />
großen Gefäßen sollte in diesen Fällen<br />
vorzugsweise eine Feinnadeldiathermie<br />
durchgeführt werden. Dem erhöhten<br />
Abstoßungsrisiko einer perforierenden<br />
<strong>Ophthalmo</strong>-<strong>Update</strong> 2011<br />
almo-update +++ ophthalmo-update +++ ophthalmo-update +++ ophthalmo-u<br />
Keratoplastik bei stromaler Neovaskularisation<br />
lässt sich wahrscheinlich besser<br />
und risikoärmer durch eine postoperative<br />
Immunsuppression begegnen.<br />
Entschließt man sich zu einer Reduktion<br />
einer kornealen Neovaskularisation<br />
mittels Anti-VEGF (z.B. Bevacizumab-<br />
Augentropfen), sollte man sich des Offlabel-Charakters<br />
einer solchen Behandlung<br />
bewusst sein und den Patienten<br />
entsprechend aufklären.<br />
Eine Konjunktivalisierung der Hornhaut<br />
nach Verbrennung oder Verätzung ist Teil<br />
des natürlichen Heilungsverlaufes und<br />
sollte keinesfalls anti-angiogenetisch behandelt<br />
werden. Eine solche superfizielle<br />
Vaskularisation der Hornhaut lässt sich<br />
sinnvoll nur durch Therapie der Limbusstammzellinsuffizienz<br />
reduzieren.<br />
Z. prakt. Augenheilkd. 33: 191 – 196 (<strong>2012</strong>) 191
+++ ophthalmo-update +++ ophthalmo-update +++ ophthalmo-update +++ ophthalmo-update +++ ophtha<br />
+++ augeninnendrucKmessung:<br />
auF die reihenFolge Kommt es an +++<br />
Schon lange ist bekannt, dass der Augeninnendruck<br />
am rechten Auge etwas höher<br />
ist, als am linken. Erklärt wird dies<br />
damit, dass in der Regel der Augeninnendruck<br />
rechts zuerst gemessen wird und<br />
der Patient dabei etwas angespannter<br />
ist und unbewusst ein Valsalva-Manöver<br />
durchführt.<br />
N. Pfeiffer (Mainz) berichtete nun über<br />
eine 2011 erschienene Studie, die den<br />
Effekt der Reihenfolge sehr sorgfältig untersucht<br />
hat. Dabei zeigte sich, dass die<br />
Messung des ersten Auges tatsächlich<br />
immer höhere Werte ergibt als die des<br />
als zweites gemessenen Auges. Wurde<br />
rechts zuerst gemessen, betrug die Differenz<br />
1 mmHg, wenn links zuerst gemessen<br />
wurde, lag sie bei 0,6 mmHg.<br />
Für die Praxis noch wichtiger dürfte der<br />
Befund sein, dass bei Messungswiederholung<br />
nach 14 Tagen die Augeninnendruckwerte<br />
hochsignifikant (p < 0,001)<br />
niedriger ausfielen. Insbesondere bei der<br />
Erstdiagnose eines Glaukoms sollten daher<br />
mehrfache Messungen durchgeführt<br />
werden.<br />
+++ altersbedingte maKula degeneration +++ risiKo wird<br />
durch genetiK und umwelt bestimmt +++<br />
Wie F. Holz (Bonn) referierte, ist in den<br />
vergangenen Jahren ein erheblicher<br />
Kenntniszuwachs bezüglich der genetischen<br />
Faktoren der Altersbedingten<br />
Makuladegeneration (AMD) zu verzeichnen.<br />
Aktuell sind aufgrund von<br />
Genom analysen insgesamt 19 mit der<br />
AMD assoziierte Gene identifiziert. Diese<br />
betreffen vor allem den Ausbruch der<br />
Erkrankung. Wenig bekannt ist dagegen,<br />
welche Genvarianten Einfluss auf das<br />
Fortschreiten der Erkrankung und auf<br />
das Ansprechen auf eine Anti-VEGF-<br />
Behandlung haben.<br />
Genetische Faktoren alleine vermögen<br />
den Erkrankungsablauf jedoch nicht zu<br />
erklären. Selbst bei homozygoten Zwillingen<br />
mit gleichzeitigem Auftreten der<br />
ersten Symptome, ist die Progressionsrate<br />
oft sehr unterschiedlich, was auf die<br />
Relevanz von Umweltfaktoren hinweist.<br />
Eine Studie an mehr als 2000 Probanden<br />
hat kürzlich erneut gezeigt, dass trotz eines<br />
hohen genetischen Risikos das Gesamtrisiko<br />
an einer AMD zu erkranken<br />
durch diätetische Maßnahmen wirksam<br />
beeinflusst werden kann. Das Ernährungsverhalten<br />
der Teilnehmer wurde<br />
mit einem Food-Frequency-Questionaire<br />
retrospektiv erfasst. Dabei zeigte sich<br />
eine signifikante Reduktion des Risikos<br />
an AMD zu erkranken bei den Teilnehmern,<br />
die sich mit viel Zink, b-Karotin,<br />
Lutein/Zeaxanthin und Omega-Fettsäuren<br />
(EPA/DHA) ernährten. Von der laufenden<br />
ARED-II-Studie werden weitere<br />
Aufschlüsse dar über erwartet, inwieweit<br />
die zusätzliche Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln<br />
inklusive Lutein und<br />
bestimmten Lipiden wirksam ist.<br />
+++ lebensqualität<br />
beim glauKom +++<br />
auF das gesichtsFeld<br />
Kommt es an +++<br />
Letztendlich muss sich in der Medizin<br />
jede Therapie daran messen<br />
lassen, ob sie die Lebensqualität<br />
des Patienten erhält bzw. positiv<br />
beeinflusst. In der Praxis wird die<br />
Lebensqualität aber niemals formal<br />
gemessen. Beim Glaukom ist<br />
offensichtlich das Gesichtsfeld ein<br />
guter Surrogatparameter für die Lebensqualität.<br />
N. Pfeiffer berichtete<br />
über eine Studie, die bei 340 Glaukompatienten<br />
und 190 Patienten mit<br />
okulärer Hypertension den Zusammenhang<br />
von Gesichtsfeldverlust<br />
und gesundheitsbezogener Lebensqualität<br />
untersucht hat. Dabei zeigte<br />
sich eine lineare Beziehung zwischen<br />
der Mean Deviation und der<br />
Lebensqualität. Dies galt sowohl für<br />
das binokulare Gesichtsfeld als auch<br />
für das Gesichtsfeld des schlechteren<br />
Auges, was bedeutet, dass auch<br />
ein noch relativ gutes Gesichtsfeld<br />
des besseren Auges den Verlust<br />
des Auges mit dem fortgeschrittenen<br />
Glaukomausfall nicht vollständig<br />
kompensiert.<br />
Der Zusammenhang zwischen Gesichtsfeldausfall<br />
und Lebensqualität<br />
wird umso deutlicher, je schlechter<br />
die Mean Deviation ausfällt, vor allem,<br />
wenn sie im besseren Auge mehr als<br />
25 Dezibel beträgt.<br />
Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung<br />
ist, dass Gesichtsfeldausfälle<br />
in der unteren Hälfte die Lebensqualität<br />
deutlicher herabsetzen als solche<br />
in der oberen Hälfte.<br />
192 Z. prakt. Augenheilkd. 33: 191 – 196 (<strong>2012</strong>)
lmo-update +++ ophthalmo-update +++ ophthalmo-update +++ ophthalmo-update +++ ophthalmo-update +++<br />
+++ glauKommediKation +++ es Kommt nicht nur auF die<br />
drucKsenKung an +++<br />
Zwei von N. Pfeiffer referierte Studien<br />
aus dem Jahr 2011 weisen auf einen<br />
möglichen neuroprotektiven Effekt von<br />
Brimonidin und dessen klinische Relevanz<br />
hin. Dies gilt insbesondere für<br />
Patienten mit Normaldruckglaukom.<br />
In der klinischen Studie wurden 90 Patienten<br />
mit Normaldruckglaukom und<br />
Augeninnendruck ≤ 21 mmHg mit Brimonidin<br />
0,2 % und 79 Patienten mit Timolol<br />
0,5 % behandelt. In der Nachbe-<br />
obachtungszeit über etwa 30 Monate<br />
hatten trotz vergleichbarer <strong>Dr</strong>uckwerte<br />
nur 9,1 % der Brimonidin-Patienten<br />
einen zunehmenden Gesichtsfeldausfall<br />
gegenüber 39,2 % der mit Timolol<br />
behandelten Patienten (p = 0,001). Die<br />
Zahl der Therapieabbrüche wegen<br />
medikamentöser Nebenwirkungen lag<br />
in der Brimonidin-Gruppe mit 28,3 %<br />
allerdings deutlich höher als in der Timolol-Gruppe<br />
(11,4 %; p = 0,008).<br />
+++ anti-vegF-therapie bei Feuchter amd +++<br />
ZiehharmoniKa- eFFeKt vermeiden +++<br />
Im Rahmen der Anti-VEGF-Therapie<br />
sollte ein Ziehharmonika-Effekt (feuchttrocken-feucht-…)<br />
vermieden werden,<br />
da jede deutliche Ödemzunahme zu<br />
Residualschäden an der Netzhaut führt,<br />
die auch nach Rückgang des Ödems<br />
eine vollständige funktionelle Erholung<br />
der Makula verhindern. Dies zeigte sich<br />
bei einer vergleichenden Untersuchung<br />
von monatlichen und dreimonatlichen<br />
Anti-VEGF-Injektionen bei feuchter Makuladegeneration.<br />
Am Ende einer Therapie<br />
über ein Jahr, war die Netzhautdicke<br />
in beiden Gruppen gleich, die Gruppe<br />
mit dreimonatlicher Behandlung, bei<br />
der es zwischendurch immer wieder zur<br />
Ödemzunahme gekommen war, wies<br />
aber im Durchschnitt einen signifikant<br />
schlechteren Visus auf. Allerdings zeigte<br />
eine andere Studie, dass auch bei<br />
monatlicher Ranibizumab-Gabe nur bei<br />
43,7 % der Patienten überhaupt keine<br />
Flüssigkeit im Bereich der Netzhautmitte<br />
nachweisbar war. Das Ziel „komplett trocken“<br />
wird also nur bei etwa der Hälfte<br />
der Patienten erreicht; ein realistischeres<br />
Therapieziel muss also lauten: „so<br />
trocken wie möglich“.<br />
Beim Vorliegen einer Abhebung des retinalen<br />
Pigmentepithels sind die funktionellen<br />
Ergebnisse schlechter als<br />
bei anderen Manifestationsformen der<br />
feuchten AMD. Insbesondere besteht<br />
bei diesen Patienten das Risiko der Entstehung<br />
eines Pigmentepitheleinrisses,<br />
der mit einem irreversiblen erheblichen<br />
Visusverlust einhergehen kann. Über<br />
diese Besonderheit sollten die Patienten<br />
vor Behandlungsbeginn aufgeklärt<br />
werden.<br />
+++ Frühgeborenenretinopathie<br />
+++ anti-vegF-<br />
injeKtion als behandlungsoption<br />
+++<br />
Nachdem in der Literatur positive Fallberichte<br />
sowie -serien publiziert worden<br />
sind, wird auch in Deutschland seit einigen<br />
Jahren die Anti-VEGF-Injektion in<br />
den Glaskörperraum vereinzelt in der Behandlung<br />
der Frühgeborenen-Retinopathie<br />
(ROP) eingesetzt. Zurzeit muss diese<br />
Therapie noch als experimentell angesehen<br />
werden; über den off-label-Charakter<br />
dieses Behandlungsverfahrens sind<br />
die Erziehungsberechtigten auf jeden Fall<br />
aufzuklären.<br />
Im Frühjahr 2011 wurde im angesehenen<br />
New England Journal of Medicine<br />
das Ergebnis der sog. BEAT-ROP-Studie<br />
(Bevacizumab Eliminates the Angiogenic<br />
Threat of Retinopathy of Prematurity)<br />
veröffentlicht. Bei dieser teilmaskierten<br />
Phase-II-Studie wurde multizentrisch,<br />
prospektiv und randomisiert an 150 Kindern<br />
untersucht, ob eine Bevacizumab-<br />
Injektion in den Glaskörper von Kindern<br />
mit behandlungsbedürftiger ROP im Stadium<br />
III im Vergleich mit konventioneller<br />
Lasertherapie zu besseren Ergebnissen<br />
führte. Es zeigte sich, dass nach der<br />
Injektion die Rezidivwahrscheinlichkeit,<br />
also das erneut behandlungsbedürftige<br />
Fortschreiten der Erkrankung bis zur<br />
54. Woche postmenstruellen Alters geringer<br />
ausfiel. Bei Befall der Zone I war<br />
der Unterschied statistisch signifikant<br />
(p = 0,003), bei Befall der Zone II bestand<br />
ein Vorteil zugunsten der Bevacizumab-<br />
Injektion, der jedoch nicht statistisch<br />
signifikant war (p = 0,27). Bei den injizierten<br />
Kindern zeigte sich eine fast normale<br />
Vaskularisation der zuvor avaskulären<br />
peripheren Netzhaut. Vorteilhaft bei der<br />
Injektion ist auch, dass sie in vielen Fällen<br />
in örtlicher Betäubung erfolgen und die<br />
Z. prakt. Augenheilkd. 33: 191 – 196 (<strong>2012</strong>) 193<br />
▼
+++ ophthalmo-update +++ ophthalmo-update +++ ophthalmo-update +++ ophthalmo-update +++ ophtha<br />
Belastung der ohnehin vital gefährdeten<br />
Patienten durch eine Narkose vermieden<br />
werden kann. Eine beginnende Ablatio ist<br />
als Kontraindikation gegen die Injektion<br />
anzusehen, da die Aktivierung kontraktiler<br />
Elemente zur Beschleunigung der<br />
Ablösung führen kann.<br />
Mögliche Bedenken gegen die Anti-<br />
VEGF-Therapie bestehen darin, dass<br />
unklar ist, welche Bedeutung vasoproliferative<br />
Faktoren für die Ausreifung des<br />
frühkindlichen retinalen und choroidalen<br />
Gefäßsystems haben. Möglicherweise<br />
spielen sie auch für die Differenzierung<br />
der Netzhaut (z.B. morphologische Ausreifung<br />
der Fovea; neurotrophe Bedeutung<br />
von VEGF) eine Rolle.<br />
Ferner sind mögliche systemische Nebenwirkungen<br />
zu berücksichtigen, da die<br />
intravitreale Gabe von Anti-VEGF auch<br />
im Gesamtorganismus zu einer messbaren<br />
Reduktion der Plasma-VEGF-<br />
Spiegel führt. Eine etwas höhere Zahl<br />
von Todesfällen in der Injektionsgruppe<br />
(5 gegenüber 2 in der Lasergruppe; nicht<br />
statistisch signifikant) verlangt besondere<br />
Beachtung.<br />
Hauptkritikpunkt an der BEAT-ROP-Studie<br />
ist die kurze Nachbeobachtungszeit.<br />
Möglicherweise führt dies zu einer falsch<br />
positiven Beurteilung der Avastin-Injektion,<br />
da Rezidive in der Avastin-Gruppe teilweise<br />
sehr spät auftraten. Bei zukünftigen<br />
Studien sollten injiziierte Kinder mindestens<br />
bis zur 80. postmenstruellen Woche<br />
funduskopisch überwacht werden.<br />
+++ diabetische maKulopathie +++ triamcinolon, anti-veFg<br />
oder doch laser? +++<br />
Zu Beginn seiner Übersicht über aktuelle<br />
Studien zur Behandlung des Diabetischen<br />
Makulaödems traf C. Framme (Bern) mit<br />
seiner Bemerkung, der Laser sei in der<br />
Behandlung der Diabetischen Makulopathie<br />
noch nicht tot, aber sein genauer<br />
Stellenwert sei unklar, sicher die Stimmung<br />
vieler Teilnehmer im Auditorium.<br />
Die Flut an ständig neuen Studien zu Behandlungsalternativen<br />
bei Diabetischem<br />
Makulaödem (DME) lässt auch Experten<br />
allmählich den Überblick verlieren. Dabei<br />
wird der Vergleich mit dem Goldstandard<br />
Lasertherapie auch dadurch erschwert,<br />
dass in der vor Jahren durchgeführten<br />
grundlegenden Studie (ETDRS, 1985)<br />
nicht ausreichend präzise zwischen fokaler<br />
und diffuser Ödembildung unterschieden<br />
wurde. Einfache Antworten durften<br />
in dieser Situation auch vom Referenten<br />
nicht erwartet werden.<br />
Halbwegs klar ist, dass intravitreale<br />
Triamcinolon-Injektionen beim DME<br />
im Zeitalter der Anti-VEGF-Therapie<br />
nur noch bei pseudophaken Patienten<br />
ohne Glaukomproblematik oder<br />
als Reservetherapie bei Patienten, die<br />
auf Anti-VEGF nicht ansprechen, infrage<br />
kommen. Verglichen mit dem Laser<br />
schneidet die Triamcinolon-Therapie<br />
aber nur in den ersten Monaten besser<br />
ab. Im weiteren Verlauf (bis zu 36 Monate<br />
Nachbe obachtung) war bezüglich<br />
der Visusergebnisse die konventionelle<br />
Lasertherapie der intra vitrealen Triamcinolon-Injektion<br />
überlegen. Dies beruhte<br />
auf einem protrahierten Visusanstieg in<br />
der Lasergruppe und weniger auf einem<br />
Abfall in der Triamcinolon-Gruppe. Offensichtlich<br />
braucht die Lasertherapie<br />
Zeit, um ihre volle Wirkung zu entfalten.<br />
Ferner gilt zu berücksichtigen, dass 51 %<br />
der zum Zeitpunkt der Injektion phaken<br />
Patienten aufgrund steroidaler Nebenwirkungen<br />
im Verlauf eine Kataraktoperation<br />
benötigten. Zusätzlich zeigte sich<br />
bei 33 % der injizierten Patienten eine<br />
Augeninnendrucksteigerung von mehr<br />
als 10 mmHg und bei 21 % eine Augeninnendrucksteigerung<br />
von über 30 mmHg.<br />
Für Bevacizumab liegen 1-Jahresergebnisse<br />
bei intravitrealer Injektion bei DME<br />
vor. Am Ende des Beobachtungszeitraums<br />
hatte die Bevacizumab-Gruppe<br />
im Median 8 ETDRS-Zeichen dazugewonnen,<br />
während die Laser-Gruppe im<br />
Median 0,5 ETDRS-Zeichen verloren hatte<br />
(p = 0,0002). Hierfür waren allerdings<br />
durchschnittlich 9 Bevacizumab-Injektionen<br />
erforderlich, gegenüber durchschnittlich<br />
3-maliger fokaler Laser koagulation.<br />
Die Netzhautdicke im OCT ging in der Injektionsgruppe<br />
von durchschnittlich 507<br />
auf 378 µm zurück, dagegen in der Lasergruppe<br />
nur von 481 auf 413 µm (p = 0,02).<br />
Kurzfristig ist also die Bevacizumab-Injektion<br />
der Lasertherapie deutlich überlegen,<br />
mit Blick auf die Triamcinolon-Ergebnisse<br />
(siehe oben), sollte aber der weitere Verlauf<br />
kritisch betrachtet werden.<br />
Auch mit der intravitrealen Injektion von<br />
Ranibizumab kann das DME zumindest<br />
kurzfristig (12 Monate) günstig beeinflusst<br />
werden, wie eine weitere Studie<br />
(RESOLVE, 2010) zeigte.<br />
Dabei wurden zwei verschiedene Ranibizumab-Konzentrationen<br />
gegen Plazebo<br />
getestet. In der Gruppe mit der höheren<br />
Konzentration waren im Mittel 10,2 Injektionen<br />
und in der Gruppe mit der niedrigeren<br />
Konzentration 8,9 erforderlich.<br />
Andere, zum Teil umfangreiche Studien<br />
haben die Lasertherapie auch über einen<br />
etwas längeren Zeitraum evaluiert. Bei der<br />
Interpretation dieser Studiendaten ist allerdings<br />
zu berücksichtigen, dass teilweise<br />
194 Z. prakt. Augenheilkd. 33: 191 – 196 (<strong>2012</strong>)
lmo-update +++ ophthalmo-update +++ ophthalmo-update +++ ophthalmo-update +++ ophthalmo-update +++<br />
bei ausbleibendem Erfolg der Lasertherapie<br />
ein Umstieg auf intravitreale Injektionen<br />
erfolgte (READ-2-Studie) oder aber<br />
der primäre Studienendpunkt früher lag,<br />
Injektionen und Lasertherapie kombiniert<br />
wurden und im weiteren Verlauf eine einfache<br />
Nachbeobachtung mit abnehmender<br />
Teilnehmerzahl und statistisch nicht sicher<br />
zu beurteilenden Ergebnissen erfolgte. Die<br />
Schwierigkeiten bei der Beurteilung der<br />
Lasertherapie dürften auch damit zusammenhängen,<br />
dass diese Behandlungsform<br />
deutlich schwieriger zu standardisieren ist,<br />
als die intravitreale Injektion. „Korrektes“<br />
Lasern ist kaum messbar.<br />
+++ anti-vegF-therapie bei<br />
diabetischem maKulaödem +++<br />
abschliessende bewertung<br />
ZurZeit nicht möglich +++<br />
Versucht man ein vorsichtiges Fazit aus<br />
den vorliegenden Studiendaten zu ziehen,<br />
so lässt sich sagen, dass sowohl<br />
Bevacizumab als auch Ranibizumab<br />
bei hoher Injektionsfrequenz kurzfristig<br />
einen deutlichen Visusgewinn erzielen.<br />
Auch die Laserkoagulation erreicht einen<br />
moderaten Visusanstieg, der sich etwas<br />
später einstellt, aber möglicherweise beständiger<br />
ist und sich mit weniger Behandlungen<br />
erreichen lässt. Ökonomisch<br />
ist diese Behandlung deutlich von Vorteil.<br />
Triamcinolon ist eine Behandlungsalternative<br />
bei pseudophaken Patienten ohne<br />
Glaukom-Problematik und bei solchen<br />
Patienten, die auf andere Behandlungsoptionen<br />
unzureichend ansprechen.<br />
Zukünftig könnten bei der intravitrealen<br />
Injektion andere Substanzen und Applikationsformen<br />
mit verzögerter Wirkstofffreisetzung<br />
an Bedeutung gewinnen. Darauf<br />
weisen erste Studienergebnisse hin.<br />
Eine abschließende Bewertung dieser<br />
Behandlungsformen ist zurzeit jedoch<br />
noch nicht möglich.<br />
+++ lasertherapie bei dia betischem maKulaödem +++<br />
stellenwert derZeit unKlar +++<br />
Bei der Lasertherapie kommt es notwendigerweise<br />
zur Narbenbildung, wobei Lasernarben<br />
bekanntermaßen noch über<br />
Jahre an Größe zunehmen können. Bei<br />
der Laserkoagulation im Makulabereich<br />
ist dies mit parazentralen Skotomen und<br />
einem Verlust an retinaler Sensitivität<br />
verbunden, die sich mit geeigneten perimetrischen<br />
bzw. elektrophysiologischen<br />
Methoden nachweisen lassen.<br />
Auch bei der peripheren Laserkoagulation<br />
entstehen Skotome, insbesondere<br />
bei konfluierender Koagulation. Auch ist<br />
+++ venöse retinale verschlüsse +++ therapieoptionen +++<br />
Der wichtigste okuläre Risikofaktor ist<br />
ein erhöhter Augeninnendruck. Ein Glaukom<br />
erhöht das Risiko für das Entstehen<br />
eines retinalen Venenverschlusses<br />
um den Faktor 5–7. Die Diagnose eines<br />
Glaukoms oder einer okulären Hypertension<br />
nach erstmals diagnostiziertem<br />
Venenverschluss ist eine der wichtigsten<br />
prophylaktischen Maßnahmen, um einen<br />
Venenverschluss am kontralateralen<br />
Auge zu verhindern.<br />
Neben isovolämischer Hämodilution<br />
(Kombination von Aderlass und Plasmaexpander),<br />
deren Stellenwert immer noch<br />
nicht abschließend geklärt ist, stellt die<br />
Lasertherapie bisher die einzige etablierte<br />
Therapie dar, wobei für zentralvenöse<br />
und Astvenenthrombosen unterschiedliche<br />
Indikationen und Behandlungsparameter<br />
bestehen.<br />
Der Einsatz von VEGF-Inhibitoren bei<br />
retinalen venösen Verschlüssen scheint<br />
sinnvoll, da die Glaskörperkonzentrati-<br />
die periphere Koagulation für den Patienten<br />
oft mit Missempfindungen oder gar<br />
Schmerzen verbunden.<br />
Aus den genannten Gründen wird an Modifikationen<br />
der Lasertechnologie bzw.<br />
-applikation gearbeitet. Stichworte sind<br />
hier die Mikropuls-Lasertherapie und<br />
Laserscanner-Systeme (PASCAL-Laser).<br />
Der Stellenwert dieser Therapieformen<br />
für die Behandlung des DME ist nach Ansicht<br />
von C. Framme derzeit noch unklar,<br />
könnte jedoch in den kommenden Jahren<br />
an Bedeutung gewinnen.<br />
on von VEGF bei Patienten mit venösen<br />
Verschlüssen insgesamt erhöht ist und<br />
das Verhältnis der VEGF-Untergruppen<br />
in Richtung proliferativem Status verschoben<br />
ist.<br />
Die bisher vorliegenden Studien zeigen<br />
sowohl für Ranibizumab als auch für<br />
Bevacizumab einen Anstieg des bestkorrigierten<br />
Visus. Allerdings ist die Nachbeobachtungszeit<br />
bisher auf 12 Monate beschränkt.<br />
Eine erfolgreiche Therapie erfordert<br />
eine relativ häufige Injektion während<br />
des ersten Jahres nach Krankheitsbeginn,<br />
und es ist zu erwarten, dass die Patienten<br />
eine sehr langfristige Therapie benötigen.<br />
Auch eine Behandlung älterer Verschlüsse<br />
lohnt; der Visusanstieg erfolgt bei der ZVT<br />
schneller als bei der VAT.<br />
Der Therapieeffekt von Pegaptanib bei<br />
venösen Verschlüssen ist gering. Diese<br />
Substanz spielt daher bei der Behandlung<br />
des retinalen Venenverschlusses<br />
heute keine Rolle.<br />
Z. prakt. Augenheilkd. 33: 191 – 196 (<strong>2012</strong>) 195
+++ ophthalmo-update +++ ophthalmo-update +++ ophthalmo-update +++ ophthalmo-update +++ ophtha<br />
+++ screening bei chloroquin-therapie<br />
+++ sd-oct<br />
und FundusautoFluoresZenZ<br />
sensibler als perimetrie +++<br />
Bekanntlich können Chloroquin und<br />
Hydro xychloroquin Netzhautschäden<br />
verursachen. Während einer entsprechenden<br />
Behandlung sollte daher immer<br />
eine augenärztliche Mitbeurteilung<br />
erfolgen, um entstehende Komplikationen<br />
frühzeitig zu erkennen und dann eine<br />
Behandlungsmodifikation vorzunehmen.<br />
Nach den neuen, 2011 erschienenen<br />
Richtlinien für das Chloroquin-Screening<br />
sollten heute vorzugsweise objektive<br />
Tests wie multifokales ERG, SD-OCT und<br />
Fundusautofluoreszenz (Zunahme der<br />
Autofluoreszenz um die Fovea herum als<br />
Frühindikator) eingesetzt werden. Bei der<br />
Entdeckung früher Veränderungen unter<br />
Chloroquin-Therapie sind die genannten<br />
Verfahren sensitiver als Gesichtsfelduntersuchungen<br />
und sollten daher bevorzugt<br />
werden.<br />
Nachrichten<br />
SightCity in Frankfurt am Main<br />
Vom 23. bis 25. Mai <strong>2012</strong> findet in<br />
Frankfurt zum zehnten Mal die Fachmesse<br />
SightCity für sehbehinderte und<br />
blinde Menschen statt.<br />
An drei Messetagen haben die Besucher<br />
Gelegenheit, verschiedene Systeme<br />
und Produkte zu testen, sich über<br />
neueste medizinische Erkenntnisse und<br />
zukunftsweisende Innovationen zu infor-<br />
+++ venöse retinale verschlüsse +++ spontanverlauF nur<br />
teilweise günstig +++<br />
Wenn es um die Beurteilung von Therapieformen<br />
geht, ist die Kenntnis des<br />
Spontanverlaufes von Krankheiten eine<br />
wichtige Grundlage. N. Feltgen (Göttingen)<br />
referierte mehrere Studien zum<br />
Spontanverlauf retinaler venöser Verschlüsse.<br />
Insgesamt ist demnach der Spontanverlauf<br />
dieser Erkrankung unbefriedigend,<br />
obwohl es durchaus einzelne Patienten<br />
gibt, die ohne Therapie eine spürbare Visusverbesserung<br />
erfahren.<br />
Bei der Zentralvenenthrombose kommt<br />
es bei 13–17 % der Patienten zu einer<br />
spontanen Visusverbesserung von ≥ 3<br />
Zeilen. Im Mittel verlieren die Patienten<br />
innerhalb des ersten Jahres nach Erkrankungsbeginn<br />
0–1 Zeile. Eine abschließende<br />
Sehschärfe von mehr als 0,5 erreichen<br />
nur 10 % der Patienten. Prognos-<br />
mieren und eine Vielzahl von Beratungsangeboten<br />
kennenzulernen. An allen<br />
Messetagen erwartet die Besucher ein<br />
umfangreiches Vortrags- und Diskussionsprogramm<br />
– das SightCity Forum.<br />
Das Programm bietet sowohl für Betroffene<br />
als auch für Fachleute interessante<br />
Inhalte. Neben medizinischen Fachvorträgen<br />
und Weiterbildungsangeboten<br />
tisch ungünstig ist das Vorliegen eines<br />
ischämischen Verschlusses. Hier liegt<br />
meist ein Ausgangsvisus von ≤ 0,1 und<br />
ein relatives afferentes Pupillendefizit vor.<br />
Der Fundus zeigt 10 oder mehr Cottonwool-Herde<br />
und die arteriovenöse Füllungszeit<br />
in der Fluoreszenzangiografie<br />
beträgt 20 Sekunden und mehr (normal<br />
bis 12 Sekunden).<br />
Beim Venenastverschluss kommt es bei<br />
17–29 % aller Patienten zu einer signifikanten<br />
Visusverbesserung, wobei der<br />
Visus im Mittel um 3 Zeilen ansteigt. Eine<br />
abschließende Sehschärfe über 0,5 erreichen<br />
trotzdem nur 20 % der Patienten.<br />
Die selteneren rein makulären Verschlüsse<br />
haben anders als vielfach angenommen<br />
keine wesentlich bessere Prognose;<br />
hier erreichen zirka 30 % der Patienten<br />
einen Visus ≥ 0,5. Thomas Schneider<br />
für Ärzte und Heilberufe finden Informationsveranstaltungen<br />
zu Ausbildung und<br />
Beruf sowie Podiumsdiskussionen zu<br />
sozialpolitischen Themen statt.<br />
Messeort ist das Sheraton-Hotel am<br />
Flughafen in Frankfurt, Der Eintritt ist frei.<br />
Weitere Informationen unter www.sightcity.net<br />
oder bei Ingrid Merkl, Tel.: 071/<br />
6660318, E-Mail: info@sightcity.net.<br />
196 Z. prakt. Augenheilkd. 33: 191 – 196 (<strong>2012</strong>)