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athaus<br />

aktuell<br />

Benjamin und Fortuin<br />

Zwei Illinger, eine Vision und eine Mission<br />

Anlässlich der Einweihung des Arnold-Fortuin-Hauses in<br />

Berlin am 14. September 2012<br />

Es ist die wohl ungewöhnlichste Geschichte, die ich bisher<br />

erlebt habe. Sie klingt nach Filmstoff und Roman und ist doch<br />

ganz authentisch. Und es ist eine Geschichte, in der zwei Männer<br />

aus der <strong>Gemeinde</strong> <strong>Illingen</strong> die Hauptrollen spielen.<br />

Es ist die Geschichte einer Vision, die Geschichte einer Mission,<br />

die Geschichte eines guten Samariters, der zunächst gar kein<br />

Samariter sein will und lieber die Jonas-Rolle im Walfischbauch<br />

einnehmen möchte, dann aber doch zupackt, eingreift und seinen<br />

Auftrag annimmt und lebt. Es ist aber auch die Geschichte<br />

eines verlorenen Sohnes, der plötzlich wieder Kontakt zur Heimat<br />

findet, wo er die Zelte abgebrochen hatte und nach Köln<br />

ausgewandert war.<br />

Und schließlich ist es die Geschichte eines ungläubigen Thomas.<br />

Ich zweifelte und musste bekehrt werden, weil ich die<br />

Dimension dieser großen Geschichte zunächst gar nicht wahrhaben<br />

wollte. Auch da hat Benjamin Marx nachgeholfen, der<br />

Bruder von Rudi Marx, der einst in Wustweiler lebte.<br />

Der Berliner Tagesspiegel hat ihm jetzt die große Seite drei<br />

gewidmet, die große Reportageseite. Der Titel lautet: „Gegen<br />

den Strom“. Ein Antiheld aus dem <strong>Saar</strong>land, aus <strong>Illingen</strong>, aus<br />

Wustweiler, wird in Deutschlands Hauptstadt als großes Vorbild<br />

präsentiert. Zuvor hatten schon die Süddeutsche Zeitung,<br />

Spiegel Online, die WELT, die Südwest Presse Ulm und die Frankfurter<br />

Rundschau ihn in großen Beiträgen portraitiert. Wer den<br />

Namen Benjamin Marx googelt, wird plötzlich vielfach fündig.<br />

„Gegen den Strom“ ist ein treffender Titel für diesen Mann und<br />

sein Projekt.<br />

Noch spannender ist, was in der Einleitung des „Tagesspiegel“-<br />

Artikels steht. Dort heißt es: „Für viele Roma ist Benjamin Marx<br />

von Gott gesandt. Er kümmert sich um sie. Er hat das Haus in<br />

Neukölln gekauft, in dem viele von ihnen leben. Aber das reicht<br />

ihm nicht. Jetzt ist er im Bus nach Rumänien gefahren. Denn<br />

auch er denkt, dass er einen Auftrag von Gott habe.“<br />

Begonnen hat alles mit dem Projekt in der Harzer Straße in<br />

Berlin.<br />

Lassen wir wieder den Tagesspiegel zu Wort kommen, denn er<br />

berichtet objektiv - was nicht selbstverständlich ist in Zeiten,<br />

in denen ein einstmals seriöses Schweizer Nachrichtenmagazin<br />

mit einem rassistischen Schmäh-Titelbild indirekt Jagd auf Sinti<br />

und Roma gemacht hat. Und auch in der Berliner Politik gab<br />

es Tendenzen zu grobschlächtigen Schwarz-Weiß-Aktionen. Es<br />

geht nicht um Heile-Welt-Geschichten. Aber es geht um Fairness<br />

und Seriösität. Objektive Berichterstattung ist aber nicht<br />

selbstverständlich bei einem Thema, das für viele Emotionen<br />

gesorgt hat und immer noch sorgt. Und es geht um Lösungen in<br />

Fragen der europäischen Armutswanderung. Auch in diesen Fragen<br />

in Benjamin Marx nun europaweit ein gefragter Gesprächspartner,<br />

auch von Metropolbürgermeistern wie Klaus Wowereit<br />

und Christian Ude.<br />

Der Tagesspiegel schreibt über den Initiator des Berliner Projekts:<br />

„Marx arbeitet für die Aachener Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft,<br />

eine Firma der katholischen Kirche, er ist<br />

dort Projektleiter. Seine Mission als Gesandter Gottes begann<br />

| illinger seiten 37/2012 |- 9 -<br />

vor einem guten Jahr, als er ein heruntergekommenes Wohnhaus<br />

in der Harzerstraße in Neukölln kaufte. In dem leben mehr<br />

als 400 Roma und ein paar Deutsche. Vor Marx wurde das Haus<br />

in der Presse das „Rattenhaus von Neukölln“ genannt. Denn<br />

Müll bedeckte zeitweise den ganzen Innenhof. Dann kam Marx<br />

und mit ihm das einhellige Urteil: vorbildliches Integrationsprojekt.“<br />

Was Marx dort macht, ist ungewöhnlich. Die britische BBC hat<br />

über ihn berichtet, ein finnischer Sender, einer aus der Schweiz,<br />

einer aus Tschechien, zwei aus Frankreich und einer aus dem<br />

arabischen Raum. Große Artikel standen in der Welt, der Süddeutschen<br />

Zeitung, der Frankfurter Rundschau und natürlich<br />

in den Berliner Medien. Die Südwest-Presse Ulm schreibt von<br />

„Wunder von Neukölln“. Auch in dieser Woche, wenn das Projekt<br />

eingeweiht wird, werden Fernsehsender aus ganz Europa und<br />

Medien aus ganz Deutschland da sein. Das hängt mit Benjamin<br />

Marx zusammen, dem Wustweilerer, der nach Köln ausgewandert<br />

ist und in Berlin das Projekt seines Lebens gefunden hat. Kein<br />

Wunder, dass er plötzlich Aufmerksamkeit findet.<br />

Denn Marx ist anders, und sein Projekt auch. „Er lässt derzeit<br />

nicht nur das gesamte Gebäude in der Harzer Straße und jede<br />

einzelne der 137 Wohnungen sanieren ohne die Mieten über<br />

den Mietspiegel zu heben. Er beschäftigt auch viele Roma als<br />

Bauarbeiter, Hausmeister, Putzleute und für Kinderbetreuung.<br />

Außerdem bietet er Gratis-Deutschkurse und soziale Beratung<br />

auf Rumänisch an. Und er holte Nicht-Roma als Mieter ins Haus,<br />

um kein Getto zu schaffen, zum Beispiel die Mitglieder einer<br />

katholischen Gemeinschaft aus Frankreich, deren Aufgabe es<br />

ist, Nächstenliebe zu leben.“<br />

Da ist sie wieder, die christliche Mission. Marx ist überzeugt<br />

davon, auch mir hat er ins Gewissen geredet, weil ich auf den<br />

Enthusiasmus in seinen ersten Mails nur zurückhaltend reagiert<br />

habe. Inzwischen verstehe ich ihn, bewundere ich seine Arbeit,<br />

weil er tatsächlich von einer Motivation getrieben ist, die man<br />

sonst nirgendwo findet, schon gar nicht bei diesem Thema. Da<br />

ist er Vorreiter und Einzelkämpfer, seit er die Jonas-Phase im<br />

Walfischbauch überwunden hat.<br />

Natürlich verschließt auch er die Augen nicht vor Problemen.<br />

Er sieht sie in Berlin. Da gibt es Nachbarn, die sich beschweren.<br />

Und es gab rassistische Provokationen. In solchen Fällen<br />

rufen Marx und seine Mitarbeiter sofort die Polizei. Mindestens<br />

ebenso groß waren die Probleme bei seiner Rumänien-Reise. Er<br />

wollte wissen, warum Roma nach Deutschland auswandern. Er<br />

hat positive und negative Eindrücke mitgebracht, wie wir im<br />

Tagesspiegel lesen. Vor allem will er, dass es den Menschen gut<br />

geht.<br />

„Wir bauen Häuser für Menschen“, ist einer von Benjamin Marx<br />

Lieblingssätzen.<br />

Über ein Jahr ist es her, dass er für die Aachener Siedlungs-<br />

und Wohnungsgesellschaft mbH aus Köln den Wohnkomplex in<br />

der Harzer Straße/Treptower Straße in Neukölln erwarb und ihn<br />

durch systematische bestandsaufwertende und soziale Maßnahmen<br />

zu einem Leuchtturm-Projekt der Integration umgestaltete.<br />

Er packte an, machte ein „Mitmach-Quartiers-Projekt“ daraus,<br />

sicherte sich die Unterstützung des Berliner Erzbischofs Woelki<br />

und des Berliner Senats und stellte eines der größten und wichtigsten<br />

Integrationsprojekte in Deutschland auf die Beine.<br />

Und weil seine Schützlinge Roma sind, nannte er das Haus nach<br />

dem Mann, der zum Schutzpatron der Sinti und Roma geworden<br />

ist: Arnold Fortuin. Der frühere Pfarrer von <strong>Illingen</strong> und<br />

Begründer der „Zigeunerwallfahrt“ gilt mittlerweile als „Arnold<br />

Schindler der Sinti und Roma“, weil er in der Nazizeit Menschen<br />

vor dem sicheren Tod bewahrt hat. Er wird verehrt und auch<br />

in Kirchenkreisen geachtet. Mit der Übergabe der Neuköllner

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