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Kreisky - Filmarchiv Austria

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<strong>Kreisky</strong>/<br />

Kino<br />

Anlässlich des 100. Geburtstages von Bruno <strong>Kreisky</strong> veröffentlicht das <strong>Filmarchiv</strong> <strong>Austria</strong> eine<br />

mehrteilige DVD-Edition zur Ära <strong>Kreisky</strong> (1967–1983) und zeigt die Retrospektive »<strong>Kreisky</strong>/<br />

Kino«, in der auf vielgestaltige Weise die gesellschaftspolitischen Stimmungslagen, aber auch<br />

das künstlerisch-kritische Potenzial der siebziger und beginnenden achtziger Jahre in Österreich<br />

gespiegelt sind.<br />

Es kuratieren Lukas Maurer & Karin Moser<br />

filmheft # 1<br />

27


28<br />

FILMSCHAU KreiSKy/Kino<br />

Aufbruch – Widerstand –<br />

Stillstand: <strong>Kreisky</strong>/Kino<br />

Von Karin Moser<br />

»Radikalität in der Kultur ist die Voraussetzung<br />

jeglicher Produktivität. Sie ist eine Notwendigkeit,<br />

die förmlich behütet werden muss«, erklärte<br />

Bruno <strong>Kreisky</strong> in einem Gespräch mit Fritz J.<br />

Raddatz. Zu dieser grundsätzlich liberalen und<br />

weltoffenen Haltung bekannte sich der »Sonnenkönig«<br />

zeitlebens, auch wenn ihm persönlich<br />

manches dann doch zu weit ging und seiner<br />

bürgerlich geprägten Grundhaltung widerstrebte.<br />

Dreizehn Jahre lang führte er die Regierungsgeschäfte<br />

der Alpenrepublik und leitete eine<br />

weitreichende Modernisierung und internationale<br />

Öffnung Österreichs ein. Vieles war plötzlich<br />

anders, manches nun möglich, auch in der Kunst<br />

und im Film- und Fernsehschaffen. Im Zuge der<br />

1970er-Jahre etablierte sich der »Neue Österreichische<br />

Film« in all seiner Vielschichtigkeit. Mit<br />

neuem Selbstbewusstsein organisierten sich die<br />

Jänner/Februar 2011<br />

österreichischen FilmemacherInnen, schafften mit<br />

den Ersten Österreichischen Filmtagen in Velden,<br />

später in Kapfenberg, ein Mehr an Öffentlichkeit<br />

für ihre Arbeit, aber auch für ihr Anliegen: den<br />

österreichischen Film abseits des Kommerzes zu<br />

fördern.<br />

Vorerst war es aber vor allem das Fernsehen, das<br />

neue Perspektiven eröffnete. 1974 wurde mit dem<br />

neuen Rundfunkgesetz erstmals die konservative<br />

Mehrheit im ORF gebrochen und durch eine<br />

sozialistische ersetzt. Die damit einhergehende<br />

Dezentralisierung der Entscheidungskompetenz<br />

förderte die Kreativität und Eigenständigkeit von<br />

Redakteuren und Programmverantwortlichen.<br />

Skandale wurden von nun an beinahe zur Regel.<br />

Franz Novotnys STAATSOPERETTE, die den<br />

Austrofaschismus deftig-grotesk in Szene setzte,<br />

löste eine Welle des Protests aus. Nicht nur über


achthundert empörte Anrufe, auch eine Bombendrohung<br />

trafen beim ORF ein.<br />

Zum ersten Mal kamen nun auch Gruppen ernsthaft<br />

zu Wort, die man in der meist betulichen Fernseh-<br />

und Kinowelt bislang ignoriert, als »Problem«<br />

oder als gesellschaftliche Randerscheinung wahrgenommen<br />

hatte. JUGENDLICHE zeigt anhand<br />

von eigenwilligen Einzelporträts eine Generation<br />

zwischen der Sehnsucht nach Unabhängigkeit und<br />

dem Wunsch nach Verständnis und Geborgenheit.<br />

Ganz anders wird das Thema »Großwerden in den<br />

Siebzigerjahren« von Antonin Svoboda und Fritz<br />

Lehner in ihren Kurzfilmprojekten GROSSE FERI-<br />

EN und SPRACHGESTÖRT bearbeitet. Während<br />

Svoboda vom kindlichen Erleben des Sommers<br />

1978 (»Cordoba«) in einem Wiener Gasthaus erzählt,<br />

steht bei Lehner die Ausgrenzung eines taubstummen<br />

Mädchens in der oberösterreichischen<br />

Provinz im Zentrum. Das Gefühl der Einsamkeit<br />

und der mehrdeutigen »Sprachlosigkeit« verbindet<br />

die beiden Filmerzählungen.<br />

»Geschichten aus Österreich« wurden nun zusehends<br />

»von unten« erzählt. Arbeitslosigkeit, Delinquenz<br />

und Selbstzerstörung als Ausdruck eines<br />

neuerlich verlorenen »Klassenkampfes« deklariert<br />

(TOTSTELLEN, SCHWITZKASTEN). Das<br />

»Goldene Zeitalter« des dreißig Jahre dauernden<br />

Wirtschaftswachstums war endgültig vorbei. Die<br />

antizyklischen Maßnahmen der Regierung <strong>Kreisky</strong>,<br />

die Investitionen in die verstaatlichte Industrie und<br />

in Bauprojekte griffen zu Beginn der 1980er-Jahre<br />

nicht mehr. Die Vollbeschäftigung fand ihr Ende.<br />

Allen voran befand sich die verstaatlichte Stahlindustrie<br />

in der Krise. Die Arbeiter gingen wieder<br />

auf die Straße. Festgehalten wurden diese Aktionen<br />

von ambitionierten Filmemachern, die spontan<br />

filmheft # 1 29


30<br />

Jänner/Februar 2011


GeFiSCHTe GeFÜHLe, A 1980<br />

agierten und, mit bescheidenen Mitteln ausgestattet,<br />

die innenpolitischen Auseinandersetzungen per<br />

Video dokumentierten (DER HAMMER STEHT<br />

AUF DER WIES’N DA DRAUSSEN).<br />

Der Lebensalltag, die Ängste, Sorgen, Wünsche<br />

und Träume der Arbeiter standen im Zentrum des<br />

Projekts MARIENTHAL 1930–1980. Die Alten erinnerten<br />

sich an Arbeitslosigkeit im »Ständestaat«,<br />

die Jungen träumten von einem besseren Leben in<br />

der Ferne und die Gastarbeiter erzählten von ihrer<br />

Arbeits- und Wohnsituation.<br />

Das unabhängige Videoschaffen prägte eine neue<br />

Generation, das bisherige System war zu eng und<br />

auch klar reglementiert. »Die neue Linke« kämpfte<br />

gegen das Medienmonopol des ORF, konkret etwa<br />

gegen die einseitige Berichterstattung über den<br />

Kampf um das autonome Kulturzentrum Arena.<br />

Die AktivistInnen gingen dazu über, selbst Videos<br />

zu drehen, um eine mediale Gegenöffentlichkeit zu<br />

schaffen (ARENA BESETZT). Kritik am Medium<br />

Fernsehen wurde auch anders geübt: Ein Videofilm<br />

über ein Ehepaar, das sich nach fünfundzwanzig<br />

Jahren getrennt hat, ist Ausgangspunkt eines konfliktreichen<br />

Beziehungsmosaiks, an dessen Ende ein<br />

FILMSCHAU KreiSKy/Kino<br />

weiblicher Solidaritätsakt steht. Der ORF lehnt den<br />

Film ab, die Filmemacher manipulieren die Hausantenne,<br />

um ihr Video zumindest in einem Zinshaus<br />

zur Ausstrahlung zu bringen (GEFISCHTE<br />

GEFÜHLE). Ganz anders gestaltet sich die Umsetzung<br />

des Themas in NACHRICHTEN RICHTEN<br />

NACH. Dokumentarisches Material über Nixon<br />

und den Vietnamkrieg wird mit inszenierten Szenen<br />

aus dem Leben einer Hausfrau, eines Arbeiter<br />

und eines Schülers gegengeschnitten. Das sich hier<br />

manifestierende Avantgardeschaffen sollte auch<br />

völlig neue »Wienbilder« schaffen (SIMMERING,<br />

WIENFILM) und zeigte auf, was die Filmförderung<br />

ab den 1980er-Jahren endlich ermöglichen sollte.<br />

In den letzten Jahren wurde kritisch, aber auch ein<br />

wenig nostalgisch auf diese Zeit des Aufbruchs zurückgeblickt.<br />

Eine Generation, deren Hoffnungen<br />

und verlorene Illusionen, aber auch politische<br />

Bewegungen und Grundtendenzen standen hierbei<br />

im Mittelpunkt (KEINE INSEL, NORMALE<br />

ZEITEN, CARLOS). »Normale Zeiten« – ohne<br />

politische Utopien und mit zunehmender Resignation<br />

– sind eingetreten.<br />

filmheft # 1 31


32<br />

Programm<br />

Do 3.2., 18:30<br />

ICH SCHAFF’S EINFACH NIMMER A 1972 & JUGENDLICHE A 1972<br />

ICH SCHAFF’S EINFACH NIMMER<br />

A 1972 38 Minuten<br />

REGIE John Cook KAMerA John Cook SCHniTT Stefanie Schulz<br />

Aus der Sammlung des Österreichischen Filmmuseums<br />

JUGENDLICHE<br />

A 1972 68 Minuten<br />

REGIE Peter Patzak KonZePT Peter Patzak, Peter Huemer KAMerA<br />

Walter Kindler MiT Marie-Christin Schilhawsky, Uschi reifenmüller,<br />

Bruno Fleisch, Manfred Hoppichler<br />

Jänner/Februar 2011<br />

Zwei dokumentarische Milieustudien vom Beginn der<br />

siebziger Jahre. Mit iCH SCHAFF’S einFACH niMMer<br />

(1972) zeichnet der austro-kanadische Ausnahme-<br />

Filmemacher und Fotograf John Cook das poetischraue<br />

Alltagsporträt eines erfolglosen Amateurboxers,<br />

der am Alsergrund mit einer doppelt so alten Putzfrau<br />

zusammenlebt. – Peter Patzak und Peter Huemer<br />

wiederum holen in ihrem fürs Fernsehen gedrehten<br />

Film sechs österreichische Jugendliche unterschiedlicher<br />

sozialer und regionaler Herkunft vor die Kamera,<br />

lassen sie ausführlich über ihre persönlichen<br />

Lebenssituationen sprechen und entwerfen so ein<br />

eindrucksvolles, vieltöniges Panorama juveniler Stimmungslagen<br />

im nachwind von 1968. (lm)


Fr 4.2., 19:00<br />

NACHRICHTEN RICHTEN NACH<br />

A 1972 58 Minuten<br />

REGIE Herbert Brödl, Wilhelm Pevny BUCH Herbert Brödl, Wilhelm<br />

Pevny KAMerA Xaver Schwarzenberger SCHniTT Ulli Schwarzenberger<br />

MiT Bruno Dallansky, Franz Zemsky, Wolfgang Sellner, Monika<br />

Geiger, Marlies Brudermannser<br />

Agit-Prop-Kino im Fernsehen. Dokumentarisches<br />

Ma terial (Vietnamkrieg, Studentenproteste, Haute<br />

volée …), fingierte nachrichtentexte, Tricksequenzen<br />

und selbstgedrehte Spiel-Szenen werden hier verschmolzen<br />

zu einer tosenden Collage, die in ihrer<br />

Form paradigmatisch ist für den von Bruno <strong>Kreisky</strong><br />

geforderten Kulturradikalismus. Herbert Brödl im o-<br />

Ton: »nACHriCHTen riCHTen nACH ist die Analyse<br />

eines Massenmediums und singuläre TV-Selbstreflexion,<br />

die auch deutlich macht, was zu Beginn der<br />

Siebzigerjahre medienspezifisch und ästhetisch im<br />

Fernsehen möglich war.« (lm)<br />

FILMSCHAU KreiSKy/Kino<br />

SA 22.1., 20:30 | So 6.2., 18:30<br />

TOTSTELLEN<br />

A/BrD 1975 100 Minuten<br />

TV-Titel: Der SoHn eineS LAnDArBeiTerS WirD BAUArBeiTer<br />

UnD BAUT SiCH ein HAUS REGIE Axel Corti BUCH Michael Scharang<br />

KAMerA Xaver Schwarzenberger SCHniTT Liselotte Klimitschek<br />

MiT Sylvia Haider, Klaus rott, Bruno Dallansky, Wolfgang Hübsch<br />

Geht es nach seinem Chef, soll der Maurer Franz<br />

im burgenländischen Betrieb zum Polier befördert<br />

werden. Doch als er im Gasthaus erfährt, dass er<br />

Vater wird, braucht es nur ein paar Achterln, bis er<br />

bei der besser zahlenden Wiener Bauholding unterschreibt<br />

und sich damit in eine letale Abwärtsspirale<br />

begibt. Axel Cortis und Michael Scharangs »soziale<br />

Abenteuergeschichte« ist spürbar vom Geist der<br />

Siebziger durchdrungen, stilsicher und milieugenau<br />

inszeniert und von Xaver Schwarzenbergers Kamera<br />

atmosphärisch ins Bild gerückt. (lm)<br />

filmheft # 1 33


34<br />

Programm<br />

Di 25.1., 20:00<br />

ARENA BESETZT<br />

A 1977 80 Minuten<br />

KONZEPTION Josef Aichholzer, Ruth Beckermann, Franz Grafl<br />

(Videogruppe Arena)<br />

ArenA BeSeTZT gilt als das umfassendeste Film/<br />

Video-Dokument der sogenannten Arena-Besetzung<br />

im Sommer 1976, also jener mehrere Monate andauernden<br />

Protestaktion am Gelände des Auslandsschlachthofs<br />

in St. Marx, die zu einer initialzündung<br />

wurde für die gegenkulturelle Bewegung hierzulande.<br />

es entstand direkt aus dem Protest heraus als reaktion<br />

auf die tendenziöse Berichterstattung von orF<br />

und Presse und stellt heute einen zentralen Markstein<br />

dar für die Herausbildung eines politischen Film- und<br />

Videoschaffens. (lm)<br />

Im Anschluss, Podiumsdiskussion mit Ruth Beckermann,<br />

Manfred Neuwirth, Dieter Schrage u. a.<br />

Moderation: Peter Huemer<br />

Jänner/Februar 2011<br />

Di 1.2., 20:30<br />

WIENFILM 1896–1976<br />

A 1977 117 Minuten<br />

REGIE Ernst Schmidt jr. KAMerA Walter Funda, Günter Pollak,<br />

ernst Schmidt jr. MUSiK Armin Berg, Alexander Girardi MiT Friedrich<br />

Achleitner, Helmut Benedikt, Friederike Mayröcker, Valie export, otto<br />

Mühl, Joe Berger<br />

Klassische österreichische Filmavantgarde im abendfüllenden<br />

Format. ein fintenreicher Zeitreisefilm<br />

durch Wien, von den Anfängen des Kinos bis ins<br />

Jahr 1976. ernst Schmidt jr. durchwirbelt Wochenschau-Fragmente,<br />

selbstgedrehtes Super-8-Material,<br />

(Film-)Bilder und Textpassagen von befreundeten<br />

Künstlern (HC Artmann, ernst Jandl, Marc Adrian …)<br />

und lässt Peter Weibel immerzu aufs neue die Frage<br />

stellen: »Wem gehört Wien?«. Für Karl Baratta »eine<br />

Collage als virtuoses Bewusstseinsdokument vom<br />

ende der Siebzigerjahre«. (lm)


Fr 14.1., 18:30 | Di 8.2., 18:30<br />

STAATSOPERETTE<br />

A 1977 67 Minuten<br />

REGIE Franz Novotny BUCH Franz novotny, otto M. Zykan MUSiK<br />

otto M. Zykan KAMerA Peter Lauscher, Hans Havilik, H. Stamminger,<br />

H. Stluka SCHniTT Werner Vogel MiT Marie Therese escribando,<br />

emmy Werner, erwin V. Gross, Fritz Hakl, rudolf Jusits, Peter Turrini<br />

Klerikale entrüstung, Bombendrohung, Parlamentsdebatte.<br />

Franz novotnys tolldreiste erste-republik-<br />

Satire STAATSoPereTTe brachte 1977 so manches<br />

öffentliche und private Gemüt zum Überhitzen. Tat-<br />

sächlich hatte das orF-Österreich bis dato keine<br />

freizügigere oder, besser, freigeistigere interpretation<br />

nationaler Geschichte erlebt. Dollfuß als singende<br />

Aufziehfigur oder ignaz Seipel als Kriecher vor dem<br />

Duce sind nur zwei der Zutaten, mit denen novotny<br />

und der Komponist otto M. Zykan ihr karnevaleskes<br />

Musiktheater würzten. Skandal-Fernsehen im besten<br />

Sinne. (lm)<br />

FILMSCHAU KreiSKy/Kino<br />

Mi 2.2., 18:30 | Fr 4.2., 2030<br />

SCHWITZKASTEN<br />

A 1978 96 Minuten<br />

REGIE John Cook BUCH John Cook, Helmut Zenker KAMerA Helmut<br />

Pirnat SCHniTT Susanne Schett MiT Hermann Juranek, Christa<br />

Schubert, Franz Schuh, Waltraud Misak, Johanna Foidl<br />

Aus der Sammlung des Österreichischen Filmmuseums<br />

Gewiss einer der Glücksfälle des heimischen Siebzigerjahre-Kinos:<br />

John Cooks Adaption von Helmut<br />

Zenkers roman »Das Froschfest«. Die Geschichte<br />

des Arbeiters Hermann, der seinen Job verliert, ins<br />

Zuchthaus kommt und bei den eltern rausfliegt, sich<br />

dadurch aber nicht unterkriegen lässt, eine neue Arbeit<br />

findet und schließlich sogar im Hafen der ehe<br />

landet. ein figurenreicher (u. a. Franz Schuh als blasierter<br />

Arbeiterdichter) Schicksals-Drift durch das<br />

vorstädtische Wien, lakonisch und avanciert erzählt<br />

mit sehr viel Lokalkolorit in Bild und Ton. (lm)<br />

filmheft # 1 35


36<br />

Programm<br />

JUGENDLICHE A 1972 SPRACHGESTÖRT A 1977<br />

Jänner/Februar 2011<br />

➔ Seite 32<br />

➔ Seite 41


NORMALE ZEITEN A 2001<br />

FILMSCHAU KreiSKy/Kino<br />

➔ Seite 42<br />

filmheft # 1 37


38<br />

Programm<br />

SA 15.1., 17:15<br />

MARIENTHAL 1930–1980<br />

A 1980 80 Minuten<br />

KONZEPTION Gruppe SYNC<br />

eine Videodokumentation, die sich mit der Schließung<br />

der großen Textilfabrik in Marienthal 1930 und ihren<br />

nachwirkungen beschäftigt. Ausgehend von einer viel<br />

zitierten Studie zum Thema Langzeitarbeitslosigkeit<br />

in Marienthal (1933) hat sich die Gruppe SynC 1979<br />

daran gemacht, in Begegnungen mit älteren und jüngeren<br />

Bewohnern sowie mit Gastarbeitern nicht nur<br />

die Geschichte des ortes zu rekonstruieren, sondern<br />

auch ein ganz gegenwärtiges Bild des sozialen Gefüges<br />

in Marienthal zu zeichnen. ein engagiertes, umsichtig<br />

gestaltetes Projekt über Kontinuität und identität,<br />

Arbeit und Politik. (lm)<br />

Jänner/Februar 2011<br />

So 16.1., 18:30 | So 6.2., 20:30<br />

DEN TÜCHTIGEN GEHÖRT DIE WELT<br />

A 1980 111 Minuten<br />

REGIE Peter Patzak BUCH Helmut Zenker, Peter Patzak KAMerA<br />

Walter Kindler SCHniTT Traude Gruber MiT Franz Buchrieser, Lukas<br />

resetarits, Frank Gorshin, Bibiane Zeller, ernst Konarek<br />

Für den ersten Kottan-einsatz im Kino haben sich<br />

regisseur Peter Patzak und Drehbuchautor Helmut<br />

Zenker spürbar vom damals höchst brisanten AKH-<br />

Skandal inspirieren lassen. Major Kottan, verkörpert<br />

von dem großen Lakoniker Franz Buchrieser, ermittelt<br />

im Bauwesen und deckt einen Skandal auf, in<br />

dem auch namhafte Politiker verstrickt sind und zu<br />

dessen Vertuschung eigens ein Profi-Killer (wunderbar:<br />

Frank Gorshin) aus den USA eingeflogen wird.<br />

ein packender, anspielungsreicher <strong>Austria</strong>n noir, in<br />

dem Patzak und Zenker den (politisch) Mächtigen<br />

angewidert auf die Finger schauen. (lm)


FILMSCHAU KreiSKy/Kino<br />

SA 29.1., 18:30<br />

GEFISCHTE GEFÜHLE<br />

A 1980 117 Minuten<br />

REGIE Manfred Kaufmann BUCH Manfred Kaufmann, Henriette<br />

Fischer KAMerA Tamás Ujlaki SCHniTT Henriette Fischer, Manfred<br />

Kaufmann MUSiK Uli Scherer, Wolfgang Puschnigg MiT Silvia Sommer,<br />

Walter eckermann, romana Scheffknecht, Michael Hopp<br />

Das gewitzt-kluge, stilistisch ausladende Kinodebüt<br />

des früh verstorbenen österreichischen regisseurs<br />

Manfred Kaufmann. eine »bisexuelle Vierecksgeschichte«<br />

(Gertrud Koch), in der ein junges Paar<br />

in eine Krise schlittert und sich am ende seine differenten,<br />

emanzipatorischen Standpunkte übers<br />

Fernsehen ausrichten will. oder wie es im Presseheft<br />

heißt: »Der Film dreht sich im Lauf seiner Zeit<br />

immer konkreter um das Zerbröckeln von Männermacht<br />

in einem Mann und um die entstehung der<br />

Frauenbewegung in zwei Frauen«. (lm)<br />

<strong>Kreisky</strong> - wer sonst?<br />

„Kaiser Brunos“ vita in 10 folgen<br />

Folge 1: Der rote Prophet 6., 7., 8. Jänner<br />

Folge 2: Der Gefühlsmarxist 13., 14., 15. Jänner<br />

Folge 3: Ein echter Österreicher 20., 21., 22. Jänner<br />

Folge 4: Der Fernsehkanzler 27., 28., 29. Jänner<br />

Karten unter 317 01 01-18 oder<br />

Karten@schauspielhaus.at<br />

www.schauspielhaus.at<br />

© Alexi Pelekanos / Schauspielhaus<br />

filmheft # 1 39


40<br />

Programm<br />

So 23.1., 20:30<br />

SIMMERING A 1978 & DER HAMMER STEHT AUF DER WIES’N DA DRAUSSEN A 1981<br />

SIMMERING<br />

A 1978 27 Minuten<br />

REGIE Alexander Schukoff, Reinhard Kofler<br />

DER HAMMER STEHT AUF DER WIES’N DA<br />

DRAUSSEN<br />

A 1981 40 Minuten<br />

KONZEPTION Ruth Beckermann, Josef Aichholzer, Michael<br />

Stejskal<br />

Jänner/Februar 2011<br />

Zweimal einblicke in Arbeitswelten. einerseits: Alexander<br />

Schukoffs und reinhard Koflers impressionistisches<br />

Dokuporträt SiMMerinG (1978), in dem sie<br />

den traditionellen Wiener Arbeiterbezirk nach seinen<br />

sozialen und räumlichen Koordinaten vermessen und<br />

so das lokale Lebensgefühl anschaulich machen zwischen<br />

Vorstadt-idylle und industriegebiet. Und anderseits:<br />

Der HAMMer STeHT AUF Der WieS’n DA<br />

DrAUSSen (1981) von ruth Beckermann, Josef Aichholzer<br />

und Michael Stejskal, ein selten gezeigter, in<br />

seiner Haltung solidarischer Dokumentarfilm über die<br />

Situation der VeW-Arbeiter in Judenburg, wo am 28.<br />

März 1981 zehntausend Menschen für die erhaltung<br />

des Stahlwerks auf die Straße gehen. (lm)


Mo 31.1., 18:30 | Di 8.2., 20:30<br />

GROSSE FERIEN A 1997 & SPRACHGESTÖRT A 1977<br />

GROSSE FERIEN<br />

A 1997 40 Minuten<br />

REGIE Antonin Svoboda BUCH Antonin Svoboda KAMerA Klemens<br />

Lechner SCHniTT Hanka Knipper MiT niki ryba, Susanne Altschul,<br />

Bohumil Klepl, nika Steinbauer, Herta Böhm<br />

SPRACHGESTÖRT<br />

A 1977 47 Minuten<br />

REGIE Fritz Lehner BUCH Franz Xaver Hofer KAMerA Peter elster,<br />

Carl Brauneis SCHniTT Juno Sylva englander MiT Andrea Waldenberger,<br />

erna Schopf, Johanna Braid, Hermine Parzer, Ludwig Seidel<br />

Aufwachsen in den siebziger Jahren. in GroSSe Feri-<br />

FILMSCHAU KreiSKy/Kino<br />

en (1997) erzählt regisseur Antonin Svoboda die Geschichte<br />

des neunjährigen Wirten-Sohns Tondo, der<br />

den Sommer 1978 zu Hause in der Wiener Vorstadt<br />

verbringt und dabei umspült wird von einer Stimmung<br />

aus Trägheit, Begehren und dem »narrischen« Jubel<br />

aus Cordoba. – Fritz Lehners Fernseharbeit SPrACH-<br />

GeSTÖrT (1977) hingegen handelt vom mühsamen<br />

Leben am Land, von einer Bäuerin und ihrer »stummen«<br />

Tochter, deren Alltag weitgehend von isolation<br />

bestimmt ist. es sind zwei Kurzfilme, die gerade in<br />

ihrer persönlichen Handschrift einen sehr genauen<br />

Blick auf die jeweiligen orte und Milieus eröffnen und<br />

dadurch zu überaus stimmigen Zeitporträts geraten.<br />

(lm)<br />

filmheft # 1 41


42<br />

Programm<br />

So 16.1., 20:45 | Mi 9.2., 20:30<br />

NORMALE ZEITEN<br />

A 2001 85 Minuten<br />

REGIE Elisabeth Scharang BUCH elisabeth Scharang KAMerA Claus<br />

Muhr, Johannes Hammel SCHniTT Michael ranocha MUSiK Fritz<br />

ostermayer<br />

Ausgehend von dem Hörspiel mit dem Titel Das<br />

Glück is a Vogerl von 1972, lässt elisabeth Scharang<br />

Arbeiter und Arbeiterinnen zu Wort kommen, die wie<br />

damals über ihre soziale, berufliche und familiäre Situation<br />

sprechen. Dazwischen montiert sie Filmmaterial<br />

aus den 1970er-Jahren unterschiedlichster Art:<br />

herrlich absurde Wahlwerbungen von Bruno <strong>Kreisky</strong>,<br />

die Arena-Besetzung, Sigi Maron mit seinem brachial-witzigen<br />

Hausmasta-Lied … eine assoziative Dokumentation<br />

über einen politischen Aufbruch, jenseits<br />

jeder nostalgie. (nina Schedlmayer)<br />

Jänner/Februar 2011<br />

So 30.1., 19:30<br />

KEINE INSEL<br />

A 2006 92 Minuten<br />

REGIE Alexander Binder, Michael Gartner KAMerA Alexander<br />

Binder SCHniTT rosana Santis, Saavedra, Karin Hammer MUSiK<br />

Christian Fennesz<br />

1977 schwappte der rAF-Terrorismus auch nach Österreich<br />

über. Am 7. november wurde der Großindustrielle<br />

Walter Palmers vor seinem Haus in Wien<br />

entführt und nach einer Lösegeldzahlung von 31 Millionen<br />

Schilling wieder freigelassen. in Keine inSeL<br />

sprechen die Akteure (Thomas Gratt, othmar Keplinger,<br />

reinhard Pitsch, Gabriele rollnik) erstmals ausführlich<br />

über die Motive und Umstände der erpressung,<br />

welche der rAF als Finanzspritze dienen sollte.<br />

ein Film, der nicht nur versucht, eine Chronologie der<br />

ereignisse, sondern auch ein gesellschaftspolitisches<br />

Bild des damaligen Österreichs zu erstellen. (lm)


SA 5.2., 20:30<br />

CARLOS<br />

F/D 2009 185 Minuten (Kino-Version)<br />

REGIE Olivier Assayas BUCH olivier Assayas, Dan Franck KAMerA<br />

Denis Lenoir, yorick Le Saux SCHniTT Luc Barnier, Marion Monnier<br />

MiT Édgar ramírez, Alexander Scheer, Alejandro Arroyo, nora von<br />

Waldstätten, Udo Samel<br />

Am 21. Dezember 1975 stürmte ein sechsköpfiges<br />

Kommando die oPeC-Konferenz in Wien, nahm<br />

hochkarätige Geiseln und »verabschiedete« sich daraufhin<br />

mit einer AUA-Maschine in richtung Algier.<br />

Hauptakteur dieser Aktion: ilich ramírez Sánchez,<br />

der als Carlos zum inbegriff des 70er- und 80er-<br />

Terrorismus werden sollte. in olivier Assayas vielschichtig<br />

schillerndem Biopic des selbsternannten<br />

Freiheitskämpfers ist die oPeC-Geiselnahme freilich<br />

eine zentrale episode. Assayas inszeniert sie furios<br />

und hat für die rolle des Bruno <strong>Kreisky</strong> eine gute<br />

Wahl getroffen: Udo Samel. (lm)<br />

Mo 7.2., 18:30<br />

DIE ÄRA KREISKY.<br />

DOKUMENTE UND ERINNERUNGEN<br />

A 2010 60 Minuten<br />

KONZEPT Peter Huemer, Karin Moser KAMerA Wolfgang Hackl<br />

SCHniTT erich Loibner Ton Malte Fiala, Sebastian Postl<br />

Seine Biografie erzählt die Geschichte Österreichs:<br />

Politisches engagement und inhaftierung in der Zwischenkriegszeit,<br />

exil, rückkehr und Mitwirken am<br />

Staatsvertrag, allumfassende Modernisierung und<br />

Demokratisierung der Alpenrepublik. Bruno <strong>Kreisky</strong><br />

ist ein Mythos, den Laufbilder ebenso prägen wie<br />

verschieben können. Historische Dokumente werden<br />

mit aktuellen interviews, erinnerungen und Stellungnahmen<br />

von Zeitzeugen und Weggefährten aus der<br />

neuen DVD-edition »Die Ära <strong>Kreisky</strong>« gegengelesen.<br />

Präsentation Karin Moser<br />

FILMSCHAU KreiSKy/Kino<br />

filmheft # 1 43

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