Vanessa C. Duss Jacobi - Erste Europäische Internetzeitschrift für ...
Vanessa C. Duss Jacobi - Erste Europäische Internetzeitschrift für ...
Vanessa C. Duss Jacobi - Erste Europäische Internetzeitschrift für ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
sondere folgende Aspekte von Interesse sein“, nämlich sich im ‚fertig gebauten Rechtsstaatshaus’<br />
dessen Elementen 1) „funktionsgerechte Verfahrensführung durch die verschiedenen<br />
[...] Behörden“, 2) „funktionalrechtlich richtige Handhabung der gerichtlichen Überprüfung“<br />
und 3) „weichen Faktoren unabhängiger und professioneller Ausübung der Verwaltungsgerichtsbarkeit“<br />
zuzuwenden. Beim ersten Punkt vermutet Herzog grosses Potential<br />
und kritisiert die „gelegentlich ins Ungeheuerliche geführte Gläubigkeit der Schriftform“<br />
unter Hinweis darauf, dass Recht nicht vorrangig in den gerichtlichen Verfahren<br />
sondern durch die Verwaltungsbehörden in den Verwaltungsverfahren verwirklicht wird,<br />
weshalb der Sachverhaltsermittlung besondere Bedeutung beigemessen werden müsse.<br />
Punkt zwei führe zum Erfordernis einer transparenten Praxis in den dem Gericht neu zur<br />
Rechtskontrolle zugewiesenen Ermessensangelegenheiten, und zwar bei „Beachtung der<br />
funktionellen Grenzen [der] Urteilszuständigkeit einerseits und des Umstandes andererseits,<br />
dass es in vielen dieser Angelegenheiten zufolge Ausschlusses der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen<br />
Angelegenheiten in der Sache letztinstanzlich entscheidet. Zum dritten<br />
Punkt darf auf jene Beiträge dieses Bandes verwiesen werden, welche verschiedene dieser<br />
Faktoren beleuchten“. Dem Verwaltungsgericht ist mit der Autorin des Beitrags weiter „zu<br />
wünschen, dass die heutigen organisatorischen Rahmenbedingungen der bernischen Verwaltungsjustiz,<br />
welche Inhalt und Gestalt «guter» Verwaltungsgerichtsbarkeit massgeblich<br />
bestimmen, bewahrt und soweit nötig adäquat weiterentwickelt werden. Zentral dabei sei<br />
„der Grundsatz kollegialer Urteilsfindung und eine Arbeitsorganisation, welche bei allem<br />
Bemühen um Effizienz einen weitgespannten Überblick über die diversen Materien und<br />
damit ein Verständnis <strong>für</strong> die breiteren Zusammenhänge des öffentlichen Rechts sichert“<br />
sowie „die Zweistufigkeit des Beschwerdeverfahrens“, also der dem Gericht vorgeschaltete<br />
„Verwaltungsweg“. An den Bundesgesetzgeber sei der Appell zu richten, „weitere grössere<br />
Eingriffe in die Organisation der kantonalen Verwaltungsrechtspflege“ zu unterlassen, weil<br />
sich die Bundesmodelle (wie direkte Anfechtbarkeit von Verwaltungsakten beim Bundesgericht)<br />
nicht unbesehen auf die Kantone mit ihren zwei staatsrechtlichen Ebenen übertragen<br />
lasse, v.a. nicht auf den Kanton Bern mit seinen mehreren hundert Gemeinden. Und<br />
zuletzt steht, was ebenfalls wünschenswert erscheint, nämlich ein aktiverer Austausch zwischen<br />
Gericht und Politik. 153 und die Respektierung der Unabhängigkeit der verwaltungsgerichtlichen<br />
Rechtsprechung, so, wie dies in den vergangenen 100 Jahren bereits der Fall<br />
war.<br />
Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass das Bernische Verwaltungsgericht sowohl<br />
von den Betrachtern von ausserhalb (Aussensicht, öffentlicher Bereich, Gruppe 1.1, d.h.<br />
ganz überwiegend hauptberuflich akademisch tätige Personen, sowie Aussensicht, privater<br />
Bereich, Gruppe 1.2, d.h. Anwälte, Medienvertreter und Kunstschaffende) wie innerhalb<br />
des Verwaltungsgerichts (Innensicht, Gruppe 2, am bernischen Verwaltungs- wie Sozialversicherungsgericht<br />
oder Bundesverwaltungsgericht tätige Personen) gute Noten bekommt<br />
– ein wahrlich würdiger Jubilar mit tatsächlich weisser „Weste“ unter blauer Robe. Wenn<br />
153 Hiess es doch im Verwaltungsrechtspflegegesetz von 1909, dass das Gericht in seinem jährlichen Tätigkeitsbericht<br />
auf beobachtete Mängel in der Gesetzgebung hinzuweisen habe (Art. 44).<br />
40