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Vanessa C. Duss Jacobi - Erste Europäische Internetzeitschrift für ...

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verarbeiten“, 146 verschob sich ab der zweiten Hälfte der 1970er Jahre am Verwaltungs- wie<br />

Versicherungsgericht die Tätigkeit der Kammerschreiber zunehmend hin zur Ausarbeitung<br />

der Referate, d.h. „sie erstellen – unter Leitung und Verantwortung des Instruktionsrichters<br />

– schriftliche, bereits im Entwurf begründete Urteilsanträge“. In den vergangenen zwei<br />

Jahrzehnten seit der Inkraftsetzung des VRPG 90 ist mit der Aufteilung des Verwaltungsgerichts<br />

in die drei Abteilungen VRA (verwaltungsrechtliche Abteilung), SVA (sozialversicherungsrechtliche<br />

Abteilung) und CAF (Abteilung <strong>für</strong> französischsprachige Geschäfte)<br />

eine Zunahme der Professionalisierung zu verzeichnen, „in Abkehr vom Milizgedanken<br />

[...] hat der Gesetzgeber den Wechsel zum Berufsgericht vollzogen“. Den rechtlichen Rahmen<br />

der Gerichtsschreibertätigkeit gemäss Gerichtsverfassung 147 und Reglementsrecht ausgehend<br />

vom „einheitlichen Gerichtsschreiberartikel“ 148 beschreibt Feller in einem zweiten<br />

Teil. Die Gerichtsschreiber verfügen „in der Regel über ein Anwaltspatent oder das bernische<br />

Notariatspatent“, haben eine beratende Stimme, wirken an der Urteilsfindung mit und<br />

ein Instruktionsrichter kann einen Gerichtsschreiber oder eine Gerichtsschreiberin dazu<br />

ermächtigen, im Namen der Richterin oder der Richters eine Instruktionsverfügung zu unterzeichnen.<br />

Teil drei des Beitrags ist den Aufgaben und dem Berufsbild gewidmet. Die<br />

Liste der Aufgaben ist beachtlich: Aktenstudium, Ausfindig machen der anwendbaren<br />

Rechtsgrundlagen und Urteile mit praxisbildender Bedeutung, unter Beizug von Judikatur<br />

und Lehre Rechtsnormen auslegen und übergangsrechtliche Fragen lösen, den strittigen<br />

Sachverhalt vom unstrittigen scheiden, den massgeblichen Sachverhalt unter Beizug der<br />

abgenommenen Beweise feststellen und ihn schliesslich im Licht der dargelegten Rechtsgrundlage<br />

(Subsumtion) würdigen. Wegen der vertieften Aktenkenntnis sind sie in der Lage,<br />

Instruktionsmassnahmen anzuregen und tragen so die (interne) Verantwortung <strong>für</strong> den<br />

richtig erhobenen Sachverhalt mit. Die Haupttätigkeit ist das Verfassen der Urteilsbegründung,<br />

und an diese werden harte Anforderungen gestellt: Akzeptanz des Urteils bedingt<br />

Verständlichkeit, und die ist aus funktionaler Sicht des rechtlichen Richtens unabdingbar.<br />

149 Von den übrigen Aufgaben nimmt den grössten Anteil an Arbeitszeit die Mitwirkung<br />

bei der Referententätigkeit, daneben sind noch Protokolle von Augenscheins- und<br />

Instruktionsverhandlungen, Kammersitzungen und den öffentlichen Urteilsberatungen,<br />

Schlussredaktion des Urteils vor Eröffnung und im Falle von Weiterzug ans Bundesgericht<br />

146 Damit leisteten sie ihre Hauptarbeit erst nach der Ausfällung des Urteils.<br />

147 Gesetz über die Organisation der Gerichtsbehörden und der Staatsanwaltschaft, am 1. Januar 2011 in<br />

Kraft getreten.<br />

148 Art. 33 GSOG beseitigt die bislang am Verwaltungs- und Obergericht übliche, ausserhalb des Gerichtsbetriebs<br />

aber oft erklärungsbedürftige Berufsbezeichnung „Kammerschreiberinnen und Kammerschreiber“<br />

und setzt neu „Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsscheiber“ anstelle. Die Funktion des Gerichtsschreibers<br />

(Personal-, Finanz-, Rechnungswesen, Informatik, interne und externe Kommunikation) wird<br />

durch das neu geschaffene Generalsekretariat betreut.<br />

149 Und verlangt dem Verfasser des Urteils – dem Gerichtsschreiber – einiges an Geduld und Beharrlichkeit<br />

ab: „Einen trifft es, Schreiber oder Leser: Einer von beiden muss sich quälen, kein Weg führt daran vorbei.<br />

Entweder ist es der Schreibende, der sich abmüht, damit das Geschriebene verständlich und angenehm<br />

zu lesen sei. Oder es ist der Leser, der sich quält, Unverständliches und Unlesbares doch zu lesen<br />

und doch zu verstehen“, Tonio Walter, Kleine Stilkunde <strong>für</strong> Juristen, München 2002, S. 1.

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