Vanessa C. Duss Jacobi - Erste Europäische Internetzeitschrift für ...
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KUVG anfangs der 1960-er Jahre wurde die Kompetenz der Schiedsgerichte ausgedehnt, 122<br />
und die Beschwerde an den Bundesrat durch eine an das eidgenössische Versicherungsgericht<br />
ersetzt. Weiter wurden kantonale Versicherungsgerichte neu eingeführt – in Bern<br />
wurde dazu das Verwaltungsgericht bezeichnet 123 – und <strong>für</strong> Streitigkeiten von Kassen mit<br />
Ärzten, Apothekern, Hebammen, medizinischen Hilfspersonen, Laboratorien oder Heilanstalten<br />
ein <strong>für</strong> das ganze Kantonsgebiet zuständiges Schiedsgericht eingesetzt, welches<br />
auch anzurufen war, wenn die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt als Partei beteiligt<br />
war. Über die Tätigkeit des „Schiedsgerichts KUVG“ wurde erstmals im Bericht über<br />
die Staatsverwaltung des Kantons Bern 1977 berichtet (schon damals waren die Krankheitskosten<br />
ein Thema, das den Bundesrat beschäftigte). Im neuen KVG von 1994 wurden<br />
dann die Berufsgruppen, die zu Lasten der Krankenversicherung abrechnen durften, ausgedehnt<br />
und unter „Leistungserbringer“ zusammengefasst. Mit dem EV KVG wurde <strong>für</strong><br />
Streitigkeiten zwischen Versicherern und Leistungserbringern gemäss Art. 89 KVG, Art.<br />
57 UVG und Art. 27 MVG ein „kantonales Schiedsgericht KVG/UVG/MVG“ eingesetzt.<br />
Mit dem EG KUMV, welches das EV KVG ablöste per 1. Januar 2001, wurde es als<br />
Schiedsgericht in Sozialversicherungsstreitigkeiten bezeichnet und seine Zuständigkeiten<br />
dem Verwaltungsgericht übertragen. Es bildete fortan einen Teil des Verwaltungsgerichts.<br />
Ihm wurden dann im Zuge der 4. IV-Revision schliesslich auch Streitigkeiten zwischen der<br />
IV und Leistungserbringern übertragen. Das Schiedsgericht beurteilt gemäss Art. 36 EG<br />
KUMV Streitigkeiten zwischen Versicherern und Leistungserbringern und beruht demnach<br />
auf einer gesetzlichen (nicht vertraglichen) Grundlage, weshalb es als unechtes Schiedsgericht<br />
bezeichnet wird. Es trägt die Bezeichnung Schiedsgericht zu Unrecht, 124 denn es handelt<br />
sich vielmehr um ein in die staatliche Gerichtsorganisation eingeordnetes Sonder- oder<br />
Spezialgericht. Die Schiedsgerichtstätigkeit hat sich seit der Entstehung der Krankenversicherung<br />
mit deren Wandlung von der freiwilligen zur obligatorischen Volksversicherung<br />
und dem Ausbau des Sozialversicherungssystems gewandelt von einer ausserhalb des ordentlichen<br />
Justizapparates stehenden, dem Privatrecht unterstellten Institution zum festen<br />
Bestandteil des Verwaltungsgerichts. In der heutigen Praxis spielt nach wie vor die Kontrolle<br />
des ärztlichen Tuns – ursprünglicher Zweck des Schiedsgerichts – eine grosse Rolle.<br />
Im Beitrag „Das Verwaltungsgericht hat den Akten entnommen und erkannt“ werfen<br />
Thomas Müller-Graf und Andrea Schnyder „Licht auf 100 Jahre Rechtsprechung“. Im Stil<br />
122 Auf die Beurteilung von Streitigkeiten zwischen Kassen und den Hebammen, medizinischen Hilfspersonen,<br />
Labors sowie Heilanstalten und die Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem neu eingeführten<br />
Tiers-garant System <strong>für</strong> die freiwillig Versicherten. Dabei wurde das Recht zur selbständigen Prozessführung<br />
folgerichtig auch dann den Kassen zugestanden wurde, wenn die Rechnung des Arztes vom<br />
Versicherten bereits bezahlt war. Zudem wurde die örtliche Zuständigkeit geregelt und die vorgängige<br />
Durchführung einer Schlichtungsverhandlung vorgeschrieben (Art. 25 KUVG).<br />
123 Einführungsgesetz vom 9.4.1967 zum Bundesgesetz vom 13.6.1911/13.3.1964 über die Kranken- und<br />
Unfallversicherung (EG KUVG).<br />
124 Ein „echtes“ öffentlich-rechtliches Schiedsgericht liegt nur dann vor, wenn ein privates Schiedsgericht<br />
an Stelle der nach der Rechtsordnung vorgesehenen staatlichen Verwaltungs- oder Gerichtsbehörde aufgrund<br />
einer Parteivereinbarung (Schiedsabrede, Schiedsvereinbarung) zur Beurteilung kommt.<br />
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