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Vanessa C. Duss Jacobi - Erste Europäische Internetzeitschrift für ...

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zelne vom Staat belangt, sei es dass er in seiner Handlungsfähigkeit eingeschränkt wurde,<br />

sei es, dass er als Leistungsempfänger auftrat. Die Verwaltungsrechtspflege vermochte ihre<br />

Aufgaben je länger desto weniger sachgerecht erfüllen, was durch die Verwischung der<br />

Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den obersten Verwaltungsbehörden und dem Verwaltungsgericht<br />

nach VRPG 09 zusätzlich erschwert wurde. Anstösse zu einer Reform der<br />

Verwaltungsrechtspflege wurden laut und gingen in den Jahren 1956/57 vom Bernischen<br />

Anwaltsverband, der Justizdirektorin und einer Motion im Grossen Rat aus. Am 1. Januar<br />

1962 wurde das VRPG 61 in Kraft gesetzt. Der radikale Reformvorschlag, mit welchem<br />

Art. 40 der Staatsverfassung des Kantons Bern (StV) hätte abgeändert werden müssen, weil<br />

dieser die Enumerationsmethode <strong>für</strong> die Bestimmung der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts<br />

vorschrieb, wurde diesmal nicht verwirklicht, aber in einzelnen Bereichen Teilgeneralklauseln<br />

eingefügt. 113 Aber auch sonst war das neue VRPG 61 schon bald nach Inkrafttreten<br />

nicht in jeder Hinsicht den Anforderungen gewachsen, und das schon 1971.<br />

Gründe waren die eklatante Zunahme der Geschäftslast und Gerichtssitzungen – diese hatte<br />

sich im Jahr 1963 aufgrund der Einführung der Invalidenversicherung verdoppelt –, die<br />

generelle Steigerung der Komplexität der Geschäfte sowie strukturelle Probleme bei der<br />

bernischen Rechtspflege in Sozialversicherungssachen. 114 Die Organisationstrukturen des<br />

Verwaltungsgerichts wurden in der Folge mittels Teilrevision des VRPG 61 geändert, und<br />

zwar wie folgt: Neu wurde <strong>für</strong> sämtliche sozialversicherungsrechtliche Streitigkeiten neben<br />

dem weiter bestehenden Verwaltungsgericht ein kantonales Versicherungsgericht geschaffen.<br />

(Bisheriges) Verwaltungsgericht und (neues) Versicherungsgericht bildeten zusammen<br />

das „Verwaltungs- und Versicherungsgericht des Kantons Bern“ (Gesamtgericht) und damit<br />

das öffentlich-rechtliche Gegenstück zum privatrechtlichen Obergericht. Dies sollte<br />

dem Umstand Rechnung tragen, dass es sich „bei der Sozialversicherung [...] um ein<br />

Rechtsgebiet [handelt], das in seiner Eigenart sowohl von der gewöhnlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit<br />

als auch von der Zivilgerichtsbarkeit unterscheidet“. 115 Doch bereits knappe<br />

113 So z.B. in Bezug auf „Beschwerden gegen letztinstanzliche Verwaltungsentscheide über die Entrichtung<br />

oder Rückerstattung einer staatlichen Abgabe oder die Befreiung von einer solchen“ oder betreffend<br />

„den Widerruf, den Entzug oder die Beschränkung einer behördlichen Bewilligung eines Rechtes“, sowie<br />

Streitigkeiten über die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen (Berufs- und Gewerbebewilligungen,<br />

Bau-, Betriebs-, Einrichtungs- und Reklamebewilligungen, Bewilligungen zur Aufnahme<br />

eines Pflegekinds oder zu ausnahmsweisen Lehrlingshaltung, Waffenerwerb, Pflicht zur Einholung und<br />

Umfang eines kantonalen Regals), die Zulassung zu einer Prüfung oder die Erteilung eines Fähigkeitsausweises<br />

oder den Erwerb eines Patentes (Fischerei- und Jagdpatent), sowie bei zwangsweiser Errichtung,<br />

Anbringung oder Entfernung von Bauten und Einrichtungen oder Naturobjekten, vgl. Art. 15<br />

VRPG 61.<br />

114 Mit der Rechtspflege in Sozialversicherungssachen waren damals drei verschiedene richterliche Instanzen<br />

befasst: einmal das sogenannte kantonale Versicherungsgericht als eine aus drei Mitgliedern bestehende<br />

Abteilung des Obergerichts <strong>für</strong> Streitigkeiten aus der Militärversicherung und nach Art. 120 des<br />

Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes, das Verwaltungsgericht <strong>für</strong> Streitigkeiten <strong>für</strong> die Alters- und<br />

Hinterlassenenversicherung, Invalidenversicherung, den Familienzulagen in der Landwirtschaft, der<br />

Erwerbsersatzordnung, der Krankenversicherung und den Ergänzungsleistungen zu AHV und IV, und<br />

als dritte Behörde ein kantonales Schiedsgericht <strong>für</strong> die Beurteilung von Streitigkeiten der Arbeitslosenversicherung.<br />

115 Vortrag der Justizdirektion vom 26.11.1970 und 5.1.1971 an den Regierungsrat zuhanden des Grossen<br />

Rates zum Gesetz betreffend die Abänderung des Gesetzes vom 22.11.1961 über die Verwaltungs-

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