Vanessa C. Duss Jacobi - Erste Europäische Internetzeitschrift für ...
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stattung“, deren Nachweis als erbracht betrachtet wird, wenn sich der betroffene Medienschaffende<br />
über genügende juristische Kenntnisse aufgrund von Studien oder bisherigen<br />
Tätigkeiten ausweisen kann. Ob im Lichte der Pressefreiheit die Akkreditierung von juristischen<br />
Kenntnissen abhängig gemacht werden darf oder ob es den Medien selbst zu überlassen<br />
ist, <strong>für</strong> gute Qualität der Berichterstattung zu sorgen, bleibe hier dahingestellt. Nicht<br />
abzustreiten ist, dass, wie auch dieser Beitrag feststellt, sich Justiz und Politik die Hand<br />
reichen; jede Gesetzesinterpretation bietet Spielraum <strong>für</strong> zumindest „kleine“ Politik und<br />
,die Trennlinie zwischen reiner Gesetzesanwendung im reinen juristisch-technischen Sinn<br />
und politisch gefärbter Gesetzesinterpretation ist nicht scharf zu ziehen’ – das stimmt umso<br />
mehr, wenn man bedenkt dass der Justiz schon die Wahl zusteht, welche Norm anzuwenden<br />
ist, geschweige denn, dass sie bestimmt, was den Sachverhalt bildet der den Tatbestand<br />
bestimmt. Und an der Schnittstelle von Recht und Politik stellen sich u.a. auch heikle Fragen,<br />
solche, bei denen es um elementare Garantien geht, Fragen im Zusammenhang mit<br />
dem Eingriff in elementare Freiheitsrechte der Bürger und Bürgerinnen. 104 Wegweisungen,<br />
Fernhalteverfügungen und Aufenthaltsverbote haben Konjunktur. Sie haben über eine Einführung<br />
im Ausländerrecht Eingang in die verschiedenen kantonalen Polizeigesetze gefunden<br />
und werden (mitunter exzessiv) zur Anwendung gebracht, 105 bis sich die Praxis auf die<br />
Verhältnismässigkeit zurückbesinnt 106 oder diese durch ein Gerichtsurteil erzwungen<br />
wird. 107 Der Beitrag schliesst mit einem Abschnitt über „Der falsche Dachziegelfarbton“<br />
heiter: Anhand eines kleinen Falles zum Thema Dachziegelfarbton wird aufgezeigt, dass<br />
sich das Verwaltungsgericht auch den scheinbar kleinen Fällen mit grosser Ernsthaftigkeit<br />
widmet – wenn es dabei auch an die Grenze des Justiziablen gerät –, dass man einen Prozess<br />
verlieren und doch gewinnen kann und dass die seltsamen Probleme, die wir in der<br />
Schweiz zuweilen haben, ihren Unterhaltungswert haben. Und das ist schliesslich eine der<br />
Aufgaben der Medien.<br />
In seinem Beitrag unterbreitet Samuel Lemann eine kleine Kompilation von Merkwürdigkeiten,<br />
aber nicht ohne vorab die Vorzugswürdigkeiten des Jubilaren ins rechte Licht zu<br />
104 Wie der persönlichen Freiheit, der Bewegungsfreiheit, der Versammlungsfreiheit, der Meinungsfreiheit.<br />
105 Wie in Bern die sog. Lex Wasserfallen (der Wegweisungsartikel im Polizeigesetz), mit Hilfe dessen<br />
Personen, bei denen „der begründete Verdacht besteht, dass sie oder andere, die der gleichen Ansammlung<br />
zuzurechnen sind, die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden oder stören“ (Art. 29 Abs. 1<br />
lit. b PolG) zu hunderten aus dem sog. Perimeter A, dem Gebiet des Bahnhofs Bern, unter Androhung<br />
einer Busse wegen Ungehorsam und einer kurzen Freiheitsstrafe im Wiederholungsfall weggewiesen<br />
und ferngehalten wurden.<br />
106 In Bern musste die Stadtpolizei aufgrund von Entscheiden des Statthalters die Praxis stark einschränken,<br />
d.h. bis zu einjährige Rayonverbote auf monatliche kürzen sowie präziser fassen, z.B. in der Art, dass<br />
nur Ansammlungen mit Alkoholkonsum gemeint seien.<br />
107 In Bern war das nicht nötig, entschied doch das Berner Verwaltungsgericht und später das Bundesgericht<br />
(4:1), dass die Anwendung des Wegweisungsartikels in Anbetracht der eingeschränkten und präzisierten<br />
Handhabung noch verfassungsmässig erfolgt sei. Es bestehe ein öffentliches Interesse an der<br />
Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung welches die Wegweisungen rechtfertige. Einzig die<br />
„dissenting opinion“ liess Be<strong>für</strong>chtungen äussern, dass das Instrument der polizeilichen Wegweisung<br />
einseitig gegenüber sozialen Randgruppen eingesetzt zu werden scheine.<br />
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