Vanessa C. Duss Jacobi - Erste Europäische Internetzeitschrift für ...
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mit dem öffentlichen Interesse an öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Rege ist das Interesse<br />
an Fällen aus dem Bau- und Planungsrecht, dem Umweltrecht, politisch umstrittenen<br />
Grossvorhaben 98 oder bei kleineren Fällen, sofern Enteignungsfragen, Auszonungen und<br />
Nichteinzonungen oder der gesetzmässige Verlauf von Infrastrukturwegen behandelt werden,<br />
sowie bei Sozialhilferechtsfällen und Staatshaftungsfragen. Selten wird hingegen von<br />
Ausländerrechtsfällen, von steuerrechtlichen Entscheiden sowie von Fällen der sozialversicherungsrechtlichen<br />
Abteilung berichtet – im ersten Fall wegen der Ähnlichkeit der Fälle,<br />
im zweiten wegen mangelnder öffentlicher Verhandlung und Publikation der Urteile, und<br />
im dritten weil die grossen politisch umstrittenen Fälle meist in der Zuständigkeit der verwaltungsrechtlichen<br />
Abteilung liegen und sich die Medien nicht in der Lage sehen und sich<br />
auch nicht die Mühe machen, aus der Fülle der Fälle die bedeutenden und damit erzählwürdigen<br />
herauszugreifen. Weiter sind Themen zu nennen, die punktuell Interesse weckten,<br />
weil sie gerade „en vogue“ waren 99 und solche, die das Gericht über Jahre immer wieder<br />
beschäftigten 100 . Die Wahl zur Berichterstattung hängt entscheidend davon ab, ob eine öffentliche<br />
Verhandlung geführt wird – auch wenn dies nur ein kleiner und immer kleiner<br />
werdender Teil der juristischen Arbeit darstellt. Denn: hier präsentiert sich das Gericht gegen<br />
aussen. Es arbeitet sichtbar, auch wenn dieser Auftritt sich meist auf eine öffentliche<br />
Urteilsberatung beschränkt und zudem auch noch immer mehr abnimmt. 101 Auch der Charakter<br />
der Verhandlungen hat sich verändert: während Spontaneität in der Diskussion zunächst<br />
noch vorhanden war, lesen die RichterInnen 102 heute vorfabrizierte Statements ab<br />
Blatt. Beidem trauern die Medien nach und lassen den Ruf nach vermehrt kontroversen<br />
Diskussionen aufkommen. Für sein Akkreditierungssystem, das es bereits in den 1980-ern<br />
besass, bekommt das Verwaltungsgericht viel Lob: den akkreditierten Journalisten wurde<br />
seit Anbeginn die Listen der öffentlich verhandelten Fälle, begleitet von einer kleinen<br />
Sachverhaltszusammenfassung, 10 Tage vor dem Verhandlungstag zugestellt, 103 später<br />
legte es sogar einmal im Monat alle schriftlichen Urteile <strong>für</strong> die Journalisten zur Einsicht<br />
auf. Einzige Auflage <strong>für</strong> eine Akkreditierung ist nach wie vor eine „sachgerechte Berichter-<br />
98 Wie die Erhöhung der Grimselstaumauer, den Bau der Kehrichtverbrennungsanlage Thun oder des Ein-<br />
kaufszentrums Bern Westside.<br />
99 Wie z.B. Fälle des bäuerlichen Bodenrechts anfangs der 1990-er Jahre, Fälle zum Wohnraumerhaltungsgesetz,<br />
und seit Ende der 1990-er Jahre Beschwerden gegen die überall installierten Mobilfunkantennen.<br />
100 Beispielsweise das berühmte Kamata-Gebäude an der Autobahnausfahrt Muri oder der Fall des Jugendstilhotels<br />
Alpina in Gstaad, in welchem über die Rechtmässigkeit des Abbruchs verhandelt wurde, als<br />
das Gebäude bereits gesprengt worden war und eine Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands<br />
überhaupt nicht mehr möglich war. Dem Streit über den Abbruch folgte ein nicht minder erbitterter<br />
Streit um den Neubau, wo allein das Referat des verwaltungsgerichtlichen Referenten drei volle Stunden<br />
dauerte.<br />
101 In den 1980-er Jahren fanden wöchentlich eine bis drei öffentliche Verhandlungen statt, Ende der 1990er<br />
Jahre wurde der Wochen- zum Monatsrhythmus und ab 2005 sank er weiter auf sechs, 2006 drei,<br />
2007 keine und 2008 eine öffentliche Verhandlung.<br />
102 Nicht nur der Referent.<br />
103 Bei den Gerichten der Straf- und Ziviljustiz sollte es viel länger dauern, bis über die Verhandlungsdaten<br />
orientiert und gewisse schriftliche Unterlagen erhältlich wurden.