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Vanessa C. Duss Jacobi - Erste Europäische Internetzeitschrift für ...

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Ausschöpfung aller ihrer Möglichkeiten Massnahmen zu treffen, um nach und nach mit<br />

allen geeigneten Mitteln“ die volle Verwirklichung der materiellen Paktgarantien zu erreichen<br />

– ein Artikel, der aufgrund seines Wortlauts lange als Beleg da<strong>für</strong> galt, die Rechtsnatur<br />

von WSK-Rechten gerechtfertigterweise von den bürgerlichen und politischen Rechten<br />

abweichend taxieren zu dürfen. Die heutige Doktrin und Praxis 40 sind mehrheitlich der Ansicht,<br />

dass menschenrechtliche Verträge, unabhängig davon, welche Rechte sie verbürgen,<br />

drei Verpflichtungsarten unterscheiden: Unterlassungspflichten („duty to respect“), 41<br />

Schutzpflichten („duty to protect“) 42 und Gewährleistungspflichten („duty to ensure“). 43<br />

Diese drei Pflichten unterscheiden sich nicht qualitativ, aber quantitativ, also nicht prinzipiell,<br />

sondern graduell: Bei den WSK-Rechten wird mitunter ein grösseres Gewicht auf die<br />

Gewährleistungskomponente gelegt, als bei den bürgerlichen und politischen Rechten aus<br />

Pakt II. 44 Anhand der drei Verpflichtungsarten stellt sich nun die Frage, welche WSK-<br />

Rechte von den Staaten unmittelbar und welche nur progressiv umzusetzen sind: Unbestrittenermassen<br />

fliessen aus den WSK-Rechten Unterlassungspflichten 45 wie Schutzpflichten.<br />

Umstrittener präsentiert sich die Frage nach den Leistungspflichten, weil diese mit anderen<br />

staatlichen Verpflichtungen um die knappen Ressourcen buhlen müssen. Hier ist ein progressiver<br />

Verpflichtungsumfang des Staates anzunehmen, welcher sich nach den einem<br />

Staat zur Verfügung stehenden Mitteln richtet; um hier freies Ermessen bei Wahl und Umfang<br />

einzudämmen, setzt Art. 2 Abs. 1 UNO Pakt I die Umsetzungsmodalitäten (progressiv)<br />

fest: Vertragsstaaten haben unmittelbar nach der Ratifizierung des Pakts I unter Ausschöpfung<br />

aller vorhandenen Ressourcen und unter Benutzung aller geeigneten Mittel auf<br />

die volle Verwirklichung der Paktgarantien hinzuarbeiten. 46 Die Frage danach, ob Ver-<br />

schlossen in New York am 16. Dezember 1966, von der Bundesversammlung genehmigt am 13. Dezember<br />

1991, in Kraft getreten <strong>für</strong> die Schweiz am 18. September 1992.<br />

40 Wie der Bericht des Bundesrats über die Menschenrechtsaussenpolitik (2003-2007), BBl 2006 6071, S.<br />

6095 festhält, vgl. FN 6 des Beitrags auf S. 459.<br />

41<br />

Alle Garantien können auf einer ersten Stufe durch staatliches Unterlassen geschützt werden. Es entsteht<br />

ein Abwehranspruch gegenüber dem Staat.<br />

42 Die Beteiligten besitzen auf einer zweiten Stufe einen Schutzanspruch gegenüber dem Staat, d.h. der<br />

Staat ist menschenrechtlich verpflichtet, nicht Privatpersonen (Dritte).<br />

43 Auf einer dritten Stufe haben Staaten sicherzustellen, dass die Menschenrechte in möglichst umfassender<br />

Weise realisiert werden. Es fliesst daraus eine Pflicht des Staates, die rechtlichen, institutionellen und<br />

verfahrensmässigen Voraussetzungen mittels umfassender gesetzgeberischer oder administrativer Massnahmen<br />

zu schaffen.<br />

44 Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte, abgeschlossen in<br />

New York am 16. Dezember 1966, von der Bundesversammlung genehmigt am 13. Dezember 1991, in<br />

Kraft getreten <strong>für</strong> die Schweiz am 18. September 1992.<br />

45 Wenn schon keine positive staatliche Leistung impliziert wird, muss – will das Recht nicht ganz aufgehoben<br />

werden – zumindest eine Unterlassungspflicht bestehen.<br />

46 Als unmittelbare, d.h. sofort geltende Verpflichtungen wiederum werden vom Ausschuss <strong>für</strong> WSK-<br />

Rechte (welcher die Einhaltung des Pakts I überwacht) die Minimalansprüche angesehen, es wird den<br />

WSK-Rechten ein „harter Kern“ attestiert, ohne deren Gewährleistung das betroffene Recht ausgehöhlt<br />

und seines Sinnes beraubt würde. Die Nichterfüllung dieser Kernverpflichtungen stellt eine nur schwer<br />

zu widerlegende Vermutung der Verletzung der völkerrechtlichen Verpflichtungen eines Staates dar. In<br />

Industriestaaten dürfte der Nachweis der Nichtverletzung kaum je gelingen, weshalb in diesen Staaten

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