Vanessa C. Duss Jacobi - Erste Europäische Internetzeitschrift für ...
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tiziabel sind und also der Rechtsweggarantie unterliegen, nur langsam durch: Das Gesetz<br />
vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG) ging noch davon aus, dass es<br />
justizfreie Hoheitsakte gibt, die keiner oder nur einer beschränkten gerichtlichen Kontrolle<br />
unterliegen – womit keine Beschwerde und damit kein gerichtliches Vorgehen gegen Verfügungen<br />
und Entscheide betreffend das politische Stimm- und Wahlrecht auf kantonaler<br />
und kommunaler Ebene möglich war. 34 Die Totalrevision der Verfassung des Kantons Bern<br />
vom 6. Juni 1993 legte dazu Grundstein <strong>für</strong> die Justiziabilität der politischen Rechte. Im<br />
Bereich der Volksrechte hat der Kanton Bern mit der Einführung des konstruktiven Referendums<br />
schweiz- und weltweit eine Pionierrolle gespielt, im Bereich der Grundrechte wartete<br />
er mit bahnbrechenden, die Verfassungsentwicklung seither prägenden Neuerungen<br />
auf: Einführung des Öffentlichkeitsprinzips und erstmalige Verankerung des Willkürverbots<br />
als selbständiges Grundrecht. Ein erster Versuch, dem Verwaltungsgericht die Kompetenz<br />
zum Entscheid über Streitigkeiten bzgl. politischer Rechte ausdrücklich zu übertragen,<br />
scheiterte zwar noch, doch wurde der Verfassungstext offen formuliert, 35 was erlaubte, mittels<br />
Anpassung auf Gesetzesstufe dieses Ziel zu erreichen. Am 10. April 2009 trat das revidierte<br />
VRPG 36 in Kraft, in welchem die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts bzgl. den<br />
politischen Rechten zumindest in Teilbereichen statuiert wurde. 37 Derzeit im Gang ist eine<br />
Revision des GPR, 38 <strong>für</strong> die Nuspliger zwei Neuerungen vorschlägt: einerseits eine Einheitsbeschwerde,<br />
welche die bisherigen Instrumente Stimmrechtsbeschwerde, Abstimmungsbeschwerde<br />
und Wahlbeschwerde vereinheitlicht und zweitens die Integration dieser<br />
Beschwerde ins VRPG und damit deren Integration ins Verwaltungsgerichtsverfahren. Man<br />
darf gespannt sein, wie ob und wie die Vorschläge umgesetzt werden.<br />
Prof. Dr. Jörg Künzli geht in seinem Beitrag der Frage nach, ob wirtschaftliche, soziale und<br />
kulturelle Menschenrechte (sog. WSK-Rechte) wie die Garantien auf einen angemessenen<br />
Lebensstandard und auf Gesundheit, die Rechte auf Arbeit oder auf Bildung überhaupt<br />
„richtige“ Menschenrechte darstellen, oder es sich nur um programmatische Leitlinien <strong>für</strong><br />
einen sozialverantwortlichen Gesetzgeber handelt. Als Individualrechte verankert finden<br />
sich die Garantien im UNO Pakt I, 39 dessen Art. 2 Abs. 1 die Vertragsstaaten anhält, „unter<br />
34 Zuständig waren gemäss dem Gesetz über die politischen Rechte (GPR) der Regierungsrat und der Gros-<br />
se Rat.<br />
35 Es wurde festgehalten, dass das Verwaltungsgericht letztinstanzliche verwaltungsrechtliche Streitigkeiten<br />
beurteilt, soweit das Gesetz diese Streitigkeiten nicht in die endgültige Zuständigkeit einer anderen<br />
Behörde legt (Art. 100).<br />
36 Gesetz vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege.<br />
37 So ist das Verwaltungsgericht zuständig bei Beschwerden über kommunale Wahlen und Abstimmungen<br />
und bei kantonalen politischen Rechten teilweise, namentlich bei Stimmrechtsbeschwerden, in denen<br />
einzig das Stimmrecht in kantonalen Angelegenheiten bestritten ist. Hingegen ist der Regierungsrat letzte<br />
kantonale Instanz bei Stimmrechtsbeschwerden, die das eidgenössische Stimmrecht zum Gegenstand<br />
haben und solchen mit welchen die Vorbereitung, Durchführung oder die Ergebnisse einer eidgenössischen<br />
Abstimmung oder einer Nationalratswahl angefochten werden. In diesem Bereich der kantonalen<br />
politischen Rechte bleibt das Verwaltungsgericht demnach ausgeklammert.<br />
38 Gesetz vom 5. Mai 1980 über die politischen Rechte, geplant ist eine Totalrevision.<br />
39 Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, abge-<br />
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