12.07.2015 Aufrufe

Projekte von Jörg Stamm - Entwerfen mit Bambus

Projekte von Jörg Stamm - Entwerfen mit Bambus

Projekte von Jörg Stamm - Entwerfen mit Bambus

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Entwerfen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Bambus</strong> Seite 1 <strong>von</strong> 11<strong>Jörg</strong> <strong>Stamm</strong>Zur Person<strong>Bambus</strong>schalungDer gebürtige Drolshagener begannnach seinem Abitur und Zivildiensteine Tischlerausbildung.Gleichzeitig erlernte er diespanische Sprache, und legte sodie Basis sein Ziel, alsEntwicklungshelfer in zu arbeiten.Als gelernter Tischler fasziniertenihn Konstruktionen <strong>von</strong> Treppen,Häusern, Booten und Brücken seitJahren und hat so sein Wissennicht zuletzt in vielenZimmereibetrieben erweitert. Seinerstes Umweltprojekt alsEntwicklungshelfer war eineBiogasanlage in einem Dorf inEcuador. Erst in Kolumbien lernteer den <strong>Bambus</strong> kennen undschätzen. Er benutze ihn bereitsals Schalung <strong>von</strong> Betonbauten -eine echte Alternative zumAbholzen wertvoller Tropenhölzerdes Regenwaldes.Nach diesem ersten Kontakt <strong>mit</strong>diesem unterschätzen Baustofferkannte er schnell sein Potential,und konnte sich seiner Faszinationnunmehr nicht mehr entziehen<strong>Bambus</strong>schalung<strong>Jörg</strong> <strong>Stamm</strong> bei der Arbeitfile://D:\www.bambus\new\de\Referate\<strong>Stamm</strong>\referat.html 26.10.2002


<strong>Entwerfen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Bambus</strong> Seite 2 <strong>von</strong> 11Brücke <strong>von</strong> CoquiyoVorgeschichteBrücke <strong>von</strong> CoquiyoEin Erdbeben in der Nähe vom "Nevado del Huila" im Juni 94, nach Monaten starkerRegenfällen, verursachte eine Schlammwelle <strong>von</strong> ca. 20 m Höhe, die im Tal desFlusses Paez hinabging. Diese war für den Tod <strong>von</strong> 2000 Menschen verantwortlich,120.000 wurden obdachlos und waren ohne Einkommen. Es mussten also in kürzesterZeit Häuser, Straßen und viele Brücken gebaut werden. Sehr bald nach den erstenHilfsmaßnahmen begann eine Regierungsorganisation (<strong>von</strong> den Indios NASAY KIWE =unser Land genannt) <strong>mit</strong> dem Wiederaufbau dieses Gebietes. In weniger als einemhalben Jahr waren allerdings die natürlichen Materialien durch die Aufbauwelle imGebiet Paez bis fast nach Tierradentro verbraucht. Glücklicherweise begannenanschließend Wiederaufforstungsprogramme und andere Anstrengungen um dasökologischen System dieses Gebietes zu erhalten. Als nun der Direktor der NASAKIWE, der Umweltexperte Gustavo Wilches und sein Ingenieur Victor Jose Gomez überden Wiederaufbau diskutierten, forderten sie eine Brücke und entschieden sie sich fürdas Projekt <strong>von</strong> <strong>Jörg</strong> <strong>Stamm</strong>, der eine überdachte Brücke aus <strong>Bambus</strong> geplant hatte.Die einzige Bedingung war die Erstellung eines Kostenvergleichs <strong>mit</strong> einerMetallbrücke. So fuhr <strong>Jörg</strong> <strong>Stamm</strong> zum Institut für Leichbau " Frei Otto " in Stuttgart.Hier traf er auf kompetente Ansprechpartner zum Thema Konstruktion <strong>mit</strong> Naturfasern.Jedoch verwies man ihn für die Statik der Konstruktion an Prof. Führer der RWTHAachen. Hier war man in der Lage in nur 3 Tagen die Forschungen und einigeEmpfehlungen, Grafiken und Kalkulationen zu präsentieren. Anschließend kehrte <strong>Jörg</strong><strong>Stamm</strong> nach Kolumbien zurück, unterzeichnete den Vertrag.file://D:\www.bambus\new\de\Referate\<strong>Stamm</strong>\referat.html 26.10.2002


<strong>Entwerfen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Bambus</strong> Seite 3 <strong>von</strong> 11Statisches SystemStatikDie Krafteinleitung erfolgt nur an den beiden Vorlandpfeilern, d.h. die Endfleder der Brücke sind tatsächlicheKragarme. Grund ist die Ausbildung der Brückenrampen am Ufer. Diese <strong>mit</strong> Schotter gefüllten Drahtkörbe habenkeine Gründung erhalten und sind so bei Hochwasser einer Unterspühlungsgefahr ausgesetzt. Die Brücke wäre alsoin der Lage ohne den Uferanschluß selbständig zu stehen, da allein die Pfeiler gegründet sind.Der Bodenbelag ist in Beton ausgeführt, da die Brücke ebenfalls dem Autoverkehr zur Verfügung stehen soll.Daraus ergab sich eine lichte Breite <strong>von</strong> 2m. Zur Schalung wurde ebenfalls <strong>Bambus</strong> verwendet, indem man dieRohre spaltete und so die verlorene Schalung erhielt.Die Sprengwerkkonstruktion wurde für die Belastung eines 2t-Fahrzeugs ausgelegt. Sie ist <strong>mit</strong> ihrenweitgehend biegesteif durchgehenden Stäben hochgradig statisch unbestimmt, was wahrscheinlich die groStreuung der Materialeigenschaften kompensiert.BauablaufVor Ort wurde zuerst eine Drahtseilbahn zum Materialtransport installiert, <strong>mit</strong> dessen Hilfe mananschließend eine kleine Hilfsbrücke erstellte. Nun begann das Vorfertigen der Träger, bei der <strong>Jörg</strong><strong>Stamm</strong> nicht nur in seiner Tätigkeit als Zimmermann gefordert wurde. Es galt nämlich dieEinheimischen an eine ihnen fremde Arbeitsweise zu gewöhnen, das Arbeiten nach vorgefertigtenPlänen. Doch <strong>mit</strong> guter Teamarbeit und Verständnis gelang ihm diese Aufgabe. Nachdem alleVerbindungen erstellt und ausgehärtet waren, bestand die nächste Aufgabe darin die zwei Tonnenschweren Träger an Ort und Stelle zu bewegen. Die Einwohner standen diesem Vorhabenskeptisch gegenüber und versuchten <strong>Stamm</strong> zu überzeugen, daß es doch so wohl nicht möglich sei.Doch gelang dieser Akt <strong>mit</strong> Hilfe zweier 12m hoher Drehbeine, Flaschenzüge und der Kraft <strong>von</strong>lediglich zwei Männern.file://D:\www.bambus\new\de\Referate\<strong>Stamm</strong>\referat.html 26.10.2002


<strong>Entwerfen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Bambus</strong> Seite 4 <strong>von</strong> 11Nun konnten die neuen Knotenpunkte erstellt werden und <strong>mit</strong> Mörtel angefüllt werden. Hierbei ist dieKonsistenz des Mörtels so eingestellt, daß bereits eine geringe hydrostatische Höhe ausreicht, umdie Hohlräume komplett zu verfüllen.<strong>Jörg</strong> <strong>Stamm</strong> sieht in diesem Projekt eine ungewöhnliche Variante des Technologie- transfers, indemdas jahrhunderte alte europäische Grundsystem eine neue Integration <strong>mit</strong> anderen Werkstoffen imkolumbischem Raum erfährt.Bauablauf in BildernVorbereitungenRückw. Vorw.Von der <strong>Bambus</strong>pflanze zur Brückefile://D:\www.bambus\new\de\Referate\<strong>Stamm</strong>\referat.html 26.10.2002


<strong>Entwerfen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Bambus</strong> Seite 5 <strong>von</strong> 11VorbereitungAm Anfang steht selbstverständlich die Ernte, die leider meistens noch durch Kahlhieb erfolgt, dennWiederaufforstung findet meinst nicht oder nur vereinzelnt statt. Erfahrungsgemäß weist ist das<strong>mit</strong>tlere Drittel eines <strong>Bambus</strong>rohres die höchste Festigkeit auf. Also wurden die Rohre zuerstgestückelt, um danach auf dem Holzlagerplatz 6 bis 12 Wochen luftgetrocket zu werden. Wennman berücksichtigt, dass jeder <strong>Bambus</strong> individuellen Bedingungen während der Wachstumsphaseausgesetzt war, ist es einleuchtend, dass auch jedes Rohr unterschiedliche Eigenschaften besitzt.So sortiert man zuerst alle <strong>Bambus</strong>rohre nach Länge, Geradlinigkeit, Funktionsfähigkeit etc.Zusätzlich trifft man auch eine Vorauswahl, welche Rohre in welchem Teil der Brücke eingesetztwerden können, da auch an einigen Stellen gebogene <strong>Bambus</strong>rohre gebraucht werden.Nach der Lufttrocknung wurden die Moose und Flechten abgewaschen und die Schotten über dieganze Länge des Rohres <strong>mit</strong> einer Eisenstange durchstoßen. So war es möglich den <strong>Bambus</strong> effektivund vor allem vollständig zu imprägnieren, da gerade die inneren weichen Zonen die Salzlösung gutaufnehmen. In Kolumbien benutzt man üblicherweise Benzin oder Pentachlorphenol für diesenProzeß, was <strong>Jörg</strong> <strong>Stamm</strong> aber ablehnte und sich lieber für ein borhaltige Imprägnierlösungentschied.In der nächsten Phase wird die erste Bogenkonstruktion an einem Stück am Boden gefertigt. Um dieGeometrie dieses Brückenteiles auch vor Ort <strong>mit</strong> einfachen Mitteln umsetzen zu können, bedienteman sich einiger Tricks. Zuerst legt man <strong>mit</strong> Hilfe eines straff gespannten Seiles die Nulllinie fest,welche später einer waagerechten Gerade (hier die Unterseite) des Brückenbauteiles entspricht.Hierzu wählt man sich eine möglichst ebene größere Fläche im nahen Umkreis aus. Dort werdendann die Abstände der vertikalen Tragelemente abgemessen und markiert. Um die korrekteHöhe jedes vertikalen Stabes auch exakt rechtwinklig anzusetzen, spannt man <strong>mit</strong> einem Hilfsseil einDreieck auf, und richtet den <strong>Bambus</strong>stab orthogonal <strong>mit</strong> Hilfe des Pythagoras Satzes aus. DieseStelle wird zunächst markiert.file://D:\www.bambus\new\de\Referate\<strong>Stamm</strong>\referat.html 26.10.2002


<strong>Entwerfen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Bambus</strong> Seite 6 <strong>von</strong> 11An dieser Markierung wird der <strong>Bambus</strong>stab nun durchbohrt und eine Metallstange wird durch dasLoch ca. 30cm in den Boden getrieben.12 cm der Metallstange sollten noch oben überstehen, da man so im weiteren Verlauf an diesemKnotenpunkt das bogenförmige <strong>Bambus</strong>rohr anbringen kannVerbindungenUm aus mehreren kleineren <strong>Bambus</strong>rohren ein langes belastbares Rohr herzustellen, sollte dieSchnittstelle nahe dem zweiten oder dritten Knoten liegen. Anschließend bearbeitet man dieInnenseite des Rohres <strong>mit</strong> einem Stemmeisen und durchstößt die Innenwand um eine dünneMetallstange hineinstecken zu können. Jetzt kann die Verbindung <strong>mit</strong> Mörtel ausgefüllt werden. DerAbstand der Schnitte bei kombinierten Trägern sollte mindestens 1,5 m betragen.file://D:\www.bambus\new\de\Referate\<strong>Stamm</strong>\referat.html 26.10.2002


<strong>Entwerfen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Bambus</strong> Seite 7 <strong>von</strong> 11Bei Bögen aus übereinander wirksamen Rohren sollten die Knoten zur besseren Statik versetztwerden. Dieses Prinzip ist auch aus dem Mauerwerksbau bekannt.Während der Bauphase ist es nötig die Rohre provisorisch verbinden zu können, hierzu wird einHaltegurt angelegt, welches die Rohre in der gewünschten Position halten. Später werden dann dieLöcher für die Schrauben gebohrt und die Verbindung da<strong>mit</strong> dauerhaft erstellt. DieseSchraubenverbindung sollte nahe der Knoten liegen, allerdings ist darauf zu achten, dass dieSchrauben nicht zu fest angedreht werden, da die Gefahr besteht, dass die Rohre zerdrückt werden.Um den bei Druckbelastung entstehenden Schubkräften entgegenzuwirken, werden an denentsprechenden Stellen zusätzliche dünne Metallstangen durch den "Balken" geführt.file://D:\www.bambus\new\de\Referate\<strong>Stamm</strong>\referat.html 26.10.2002


<strong>Entwerfen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Bambus</strong> Seite 8 <strong>von</strong> 11Da<strong>mit</strong> diese Stangen die Rohre unter Belastung nicht spalten, wird nun dieser Knotenpunkt zusätzlich<strong>mit</strong> Mörtel vergossen. Dazu ist es nötig ein Loch <strong>mit</strong> einem Mindestdurchmesser <strong>von</strong> 1 cm zu bohrenum den Mörtel optimal einbringen zu können.Forschungfile://D:\www.bambus\new\de\Referate\<strong>Stamm</strong>\referat.html 26.10.2002


<strong>Entwerfen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Bambus</strong> Seite 9 <strong>von</strong> 11Ein Problem, was den <strong>Bambus</strong>bau noch behindert, ist die Tatsache, daß es wenige wissenschaftliche Studien undErfahrungswerte zu diesem Material gibt. So<strong>mit</strong> ist eine statische Berechnung, die <strong>von</strong> den Planungsbehörden gefordertwird schwerer zu erbringen, als für üblichere Materialien. Auch auf diesem Gebiet engagiert sich <strong>Jörg</strong> <strong>Stamm</strong> unduntersuchte das Lastverhalten eines kompletten <strong>Bambus</strong>binders an seiner Brücke.Ergebnisse:-bei der Aufbringung des Betonbelages entstand eine verteilte Last <strong>von</strong> 20 Tonnen auf einer Strecke <strong>von</strong> 40 m. Unterdieser Belastung senkte sich der Binder um lediglich 4 cm.-bei asymetrischer Lasteinfuhr eines 3 Tonnen Lasters auf dem ersten Drittel der Brücke, gibt der Binder nurnach.Exakte Tests wurden hier allerdings nicht durchgeführt, aber lassen diese statischen Tests schnell erkennen, dass dieFasern des Guadua <strong>Bambus</strong> ein ernstzunehmender Konkurrent für manch andere "innovative" High-tech-Fasern ist.<strong>Bambus</strong>seminarEin aktuelles Projekt <strong>Jörg</strong> <strong>Stamm</strong>s ist sein <strong>Bambus</strong>seminar. Nach sechs Jahren Erfahrung auf diesem Gebiet, entschlsich <strong>Stamm</strong> sein innovatives praxisorientiertes Wissen weiterzugeben.So veranstaltete er in Kooperation <strong>mit</strong> der deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZPartneruniversität in Pereira im August 2000 einen praktisch-theoretischen BrÜckenbaulehrgang für Architekten, Ingenieuund Handwerker. Unter der Leitung <strong>von</strong> Dr. Samuel Ospina (Dekan der Universitäts- fakultät) und Dr. Michael Tistl (Vertreder Umweltprojekte der GTZ) entstand der Kurs in dem eine 40 M überspannende Fußgängerbrücke über eine doppelspuriAutostraße entstehen sollte.Eine Brücke nach gleichem Bauplan entstand ebenfalls in Tierradentro, Inzá. Sie überspannt dort <strong>mit</strong> ihren 30 Metern einFlußlauf.file://D:\www.bambus\new\de\Referate\<strong>Stamm</strong>\referat.html 26.10.2002


<strong>Entwerfen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Bambus</strong> Seite 10 <strong>von</strong> 11Brücke in TierradentroDie Konstruktion beruht auf einem Entwurf des Schweizer Zimmermanns "Grubenmann" aus dem Jahre 1734Entwurf <strong>von</strong> Grubenmann 1734Dieses Seminar wurde im September 2000 abgeschlossen und hat gezeigt, daß auch ungeübte Arbeiter einen <strong>Bambus</strong>trbereits nach 3 Tagen <strong>mit</strong> geringem maschinellem Aufwand herstellen können. Die Brücke ist das erste <strong>Bambus</strong>bauwerk imStadtgebiet, welches alle statischen Genehmigungen erhalten hat. Zu verdanken war dieser Schritt nicht zuletzt der Offenhdes Bürgermeisters.Bauablauf in BildernZusammenbau der Trägeram BodenRückw. Vorw.file://D:\www.bambus\new\de\Referate\<strong>Stamm</strong>\referat.html 26.10.2002


<strong>Entwerfen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Bambus</strong> Seite 11 <strong>von</strong> 11Weitere <strong>Projekte</strong>file://D:\www.bambus\new\de\Referate\<strong>Stamm</strong>\referat.html 26.10.2002

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!