Die obere gastrointestinale Blutung: Differenzialdiagnose und ...
Die obere gastrointestinale Blutung: Differenzialdiagnose und ...
Die obere gastrointestinale Blutung: Differenzialdiagnose und ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Die</strong> <strong>obere</strong> <strong>gastrointestinale</strong> <strong>Blutung</strong>:<br />
<strong>Differenzialdiagnose</strong> <strong>und</strong> Therapie<br />
Heiko Pohl, Thomas Rösch<br />
Übersicht<br />
Einleitung 189<br />
Leitsymptome<br />
Initiales präendoskopisches<br />
189<br />
Management<br />
Nicht endoskopische Prognose-<br />
190<br />
faktoren 191<br />
Diagnostik 192<br />
Einleitung<br />
Eine von 1000 Aufnahmen ins Krankenhaus erfolgt<br />
wegen einer <strong>obere</strong>n <strong>gastrointestinale</strong>n (GI-) <strong>Blutung</strong><br />
[1]. 44% der betroffenen Patienten sind älter als 60<br />
Jahre [2]. Das Management der <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong><br />
nimmt umfangreiche Ressourcen des Ges<strong>und</strong>heitssystems<br />
in Anspruch. Rechtzeitige Diagnostik, adäquate<br />
Therapie <strong>und</strong> prognostische Einschätzung, besonders<br />
im Rahmen der Notfallendoskopie, haben in den letzten<br />
10 Jahren insgesamt zu einer Verringerung des<br />
Krankenhausaufenthaltes <strong>und</strong> damit zu einer Abnahme<br />
der Kosten geführt [3].<br />
Mortalität. <strong>Die</strong> Mortalität der <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong> hat<br />
sich dagegen in den letzten Jahren nicht verändert. Sie<br />
liegt zwischen 3,5 % <strong>und</strong> 14% [4,5]. Eine frühe <strong>und</strong> akkurate<br />
Diagnose der <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong> kann die gezielte<br />
Anwendung therapeutischer Maßnahmen beschleunigen<br />
<strong>und</strong> damit zu einer verringerten Mortalität<br />
führen [6].<br />
Ulkusblutung 194<br />
Varizenblutung 197<br />
Angiodysplasien 199<br />
Mallory-Weiss-Riss<br />
Seltene Ursachen einer <strong>obere</strong>n<br />
200<br />
GI-<strong>Blutung</strong> 201<br />
Leitsymptome<br />
Hämatemesis <strong>und</strong> Meläna. <strong>Die</strong> 2 typischen Symptome,<br />
die auf eine <strong>obere</strong> GI-<strong>Blutung</strong> hinweisen, sind Hämatemesis<br />
<strong>und</strong> Meläna:<br />
█ Hämatemesis ist das Erbrechen von Blut oder kaffeesatzartigem<br />
Material.<br />
█ Meläna beschreibt schwarze teerartige Stühle.<br />
<strong>Die</strong>se Bezeichnungen ergeben sich allein aus der Beobachtung<br />
<strong>und</strong> sind unabhängig von einem Haemoccult-<br />
Test. Es macht wenig Sinn, ein Magensondenaspirat auf<br />
okkultes Blut zu testen, da ein positiver Test allein<br />
durch das Trauma der Magensonde bedingt sein kann.<br />
Ferner können die Haemoccult-Karten auch falsch negative<br />
Ergebnisse in einem sauren Milieu erzeugen.<br />
Hämatochezie. <strong>Die</strong> Hämatochezie, der peranale Ab-<br />
Internistische Intensivmedizin<br />
gang von rotem oder dunkelrotem Blut oder Blutkoageln,<br />
ist gewöhnlich ein Zeichen einer unteren GI-<strong>Blutung</strong>,<br />
in der Minderheit aber auch Manifestation einer<br />
massiven <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong>. Ähnlich kann Meläna<br />
auch bei einer proximalen unteren GI-<strong>Blutung</strong> beobachtet<br />
werden.<br />
Hämatemesis <strong>und</strong> Meläna sind die beiden typischen<br />
Symptome einer <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong>, während die<br />
Hämatochezie meist ein Zeichen einer unteren GI-<br />
<strong>Blutung</strong> ist, aber auch bei einer massiven <strong>Blutung</strong><br />
aus dem <strong>obere</strong>n GI-Trakt beobachtet werden kann.<br />
Intensivmedizin up2date 5 ê2009 êDOI 10.1055/s-0029-1215044<br />
189<br />
Erstveröffentlichung<br />
des Beitrages in:<br />
Gastroenterol up2date<br />
2005; 1: 167-184.
190<br />
<strong>Die</strong> <strong>obere</strong> <strong>gastrointestinale</strong> <strong>Blutung</strong>: <strong>Differenzialdiagnose</strong> <strong>und</strong> Therapie<br />
Tabelle 1<br />
Initiales präendoskopisches<br />
Management<br />
Einschätzung des Patienten<br />
Der erste Schritt, einen blutenden Patienten zu evaluieren,<br />
besteht darin, die Dringlichkeit der Situation zu<br />
bestimmen. Dazu müssen wichtige Fragen zügig geklärt<br />
werden:<br />
█ Wie viel Blut hat der Patient verloren?<br />
Um die Schwere der <strong>Blutung</strong> zu bestimmen, muss eingeschätzt<br />
werden, wie viel Blut in welchem Zeitraum<br />
verloren wurde.<br />
Kreislaufparameter. Ein Hämoglobin von 5 g/dl mit<br />
stabilen Kreislaufverhältnissen weist eher auf eine<br />
chronische <strong>Blutung</strong> als auf eine akute <strong>Blutung</strong> hin <strong>und</strong><br />
bedarf dann keiner dringlichen Diagnostik. Agitation,<br />
Blässe, geringer Blutdruck <strong>und</strong> Tachykardie können auf<br />
einen Schock hinweisen <strong>und</strong> erfordern unmittelbare<br />
Volumensubstitution. Schock stellt sich ein, wenn der<br />
Blutverlust etwa 40% des gesamten Blutvolumens beträgt.<br />
Wenn es keinen Hinweis auf einen geringen<br />
Blutdruck gibt, helfen die sog. orthostatischen Zeichen,<br />
einen intravaskulären Volumenverlust geringeren Ausmaßes<br />
zu bestimmen. Eine Abnahme des systolischen<br />
Blutdrucks um 10 mm Hg oder mehr weist auf eine Reduktion<br />
des Blutvolumens um wenigstens 20% hin. Der<br />
Hämatokritwert spiegelt nur ungenau den Grad des<br />
Blutverlustes wider, da es nach einer akuten <strong>Blutung</strong><br />
über 24 St<strong>und</strong>en dauern kann, bis das Blutvolumen aus<br />
extravasaler Flüssigkeit aufgefüllt ist. Der tatsächliche<br />
Schweregrad der <strong>Blutung</strong> kann effektiver durch Überwachung<br />
von Blutdruck <strong>und</strong> Herzfrequenz eingeschätzt<br />
werden (Tab. 1).<br />
Einteilung der <strong>Blutung</strong>en in Schweregrade nach Volumenverlust.<br />
Schweregrad der <strong>Blutung</strong> Volumenverlust<br />
Starke <strong>Blutung</strong> Schock (Volumenverlust ≥ 40%)<br />
Moderate <strong>Blutung</strong> Orthostase (Volumenverlust ≥ 20%)<br />
Leichte <strong>Blutung</strong> nicht kreislaufrelevant<br />
Intensivmedizin up2date 5 ê2009<br />
<strong>Die</strong> Überwachung von Blutdruck <strong>und</strong> Puls hilft bei<br />
der Einschätzung des Blutverlustes, wohingegen<br />
der Hämatokrit den akuten Blutverlust nur ungenau<br />
widerspiegelt.<br />
█ Handelt es sich um eine anhaltende <strong>Blutung</strong>?<br />
Zu den Zeichen einer anhaltenden <strong>Blutung</strong> gehören das<br />
Erbrechen von hellrotem Blut oder die Aspiration von<br />
hellrotem Blut über eine Magensonde. Schwierigkeiten,<br />
den Kreislauf trotz umfangreicher Volumensubstitution<br />
zu stabilisieren, sind ebenfalls Zeichen einer aktiven<br />
<strong>Blutung</strong>.<br />
█ Handelt es sich um eine <strong>obere</strong> oder untere<br />
GI-<strong>Blutung</strong>?<br />
Stellt sich ein Patient mit Teerstuhl oder Hämatochezie<br />
vor, kann die Zuordnung der <strong>Blutung</strong> zum <strong>obere</strong>n oder<br />
unteren GI-Trakt schwierig sein.<br />
Lavage. Eine Magensonde, die Blut oder kaffeesatz-<br />
artiges Material fördert, bestätigt oft die klinische Diagnose<br />
der <strong>obere</strong>n <strong>Blutung</strong>. <strong>Die</strong> Lavage kann jedoch<br />
negativ sein, wenn die <strong>Blutung</strong> sistiert oder wenn der<br />
Pylorus geschlossen ist <strong>und</strong> es sich um eine duodenale<br />
Ursache für die <strong>Blutung</strong> handelt. <strong>Die</strong> Anwesenheit von<br />
galleartiger Flüssigkeit weist darauf hin, dass der Pylorus<br />
offen ist <strong>und</strong> dass es sich nicht um eine aktive <strong>obere</strong><br />
GI-<strong>Blutung</strong> distal des Pylorus handelt. Ein weiterer<br />
Hinweis für das Vorliegen einer <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong> ist<br />
eine leichte Erhöhung des Harnstoffwertes, der im<br />
Wesentlichen durch die erhöhte Absorption von Blut<br />
im Darm bedingt ist.<br />
Hämatochezie. Hämatochezie weist gewöhnlich auf<br />
eine Ursache im unteren GI-Trakt hin, jedoch stellen<br />
sich 11% der Patienten mit starker <strong>Blutung</strong> aus dem<br />
<strong>obere</strong>n GI-Trakt mit hellrotem Blutabgang per anum<br />
vor [7].<br />
█ Wann muss eine Notfall-ÖGD durchgeführt<br />
werden?<br />
Bei Verdacht auf eine akute <strong>obere</strong> GI-<strong>Blutung</strong> sollte zur<br />
diagnostischen Abklärung <strong>und</strong> prognostischen Einschätzung<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich eine Ösophagogastroduodenoskopie<br />
(ÖGD) durchgeführt werden. <strong>Die</strong> ÖGD sollte<br />
unmittelbar nach Stabilisierung des Patienten erfolgen,<br />
wenn der Verdacht auf eine starke <strong>und</strong>/oder anhaltende<br />
<strong>Blutung</strong> oder auf eine Varizenblutung besteht.<br />
Bei allen anderen Patienten sollte die ÖGD spätestens<br />
innerhalb von 24 St<strong>und</strong>en durchgeführt werden.
Koagulopathie. Besteht eine Koagulopathie, so muss<br />
individuell entschieden werden, ob vor der Endoskopie<br />
Gerinnungsfaktoren gegeben werden müssen. Es gibt<br />
keine Studien, die untersuchen, ob Mindestwerte der<br />
Gerinnungsparameter vor der Endoskopie erreicht<br />
werden sollten. <strong>Die</strong> Risiken einer endoskopisch induzierten<br />
<strong>Blutung</strong> <strong>und</strong> möglicher therapeutischer Einschränkungen<br />
bei bestehender Koagulopathie sind gegen<br />
den potenziellen Vorteil einer zügigen Endoskopie<br />
abzuwägen.<br />
Bei Verdacht auf eine starke <strong>und</strong>/oder anhaltende<br />
<strong>Blutung</strong> oder auf eine Varizenblutung sollte die<br />
ÖGD unmittelbar nach Stabilisierung des Patienten<br />
durchgeführt werden, bei allen anderen Patienten<br />
spätestens innerhalb von 24 h.<br />
Erstbetreuung des Patienten<br />
<strong>Die</strong> Erstbetreuung des Patienten ist bei kreislaufrelevanten<br />
<strong>Blutung</strong>en auf die Kreislaufstabilisierung <strong>und</strong><br />
die weitere Triage ausgerichtet. Sie richtet sich nach der<br />
Schwere der <strong>Blutung</strong> <strong>und</strong> der eingeschätzten Dringlichkeit<br />
der diagnostischen Abklärung (Tab. 2).<br />
█ Stabilisierung<br />
Volumensubstitution. <strong>Die</strong> wichtigste Maßnahme ist<br />
die Volumensubstitution zur Bekämpfung des Kreislaufschocks.<br />
Deshalb sollten zwei großlumige intravenöse<br />
Zugänge angelegt werden. Unverzüglich sollte<br />
Blut für die Bestimmung des Hämoglobins, Hämatokrits,<br />
der Thrombozytenzahl, der Gerinnungswerte <strong>und</strong><br />
zum Testen von Blutkonserven abgenommen werden.<br />
Patienten mit schwerer akuter GI-<strong>Blutung</strong> müssen zur<br />
Überwachung der Vitalzeichen, des Harnvolumens <strong>und</strong><br />
ggf. des zentralvenösen Druckes auf eine Intensivstation<br />
aufgenommen werden.<br />
Transfusionsbedarf. <strong>Die</strong> Kriterien, die bestimmen, ob<br />
ein Patient Bluttransfusionen erhalten soll, variieren<br />
mit dem Alter des Patienten <strong>und</strong> sind weiterhin von<br />
kardiopulmonalen Erkrankungen <strong>und</strong> der Schwere der<br />
<strong>Blutung</strong> abhängig. Ein Richtwert für den Hämatokrit<br />
bei älteren Patienten <strong>und</strong> bei Patienten mit einer koronaren<br />
Herzerkrankung ist 30%. Bei anhaltender <strong>Blutung</strong><br />
kann die Entscheidung einer Transfusion jedoch<br />
nicht alleine auf dem Hämatokritwert beruhen. Instabile<br />
Vitalzeichen <strong>und</strong> Hämatemesis von Frischblut sind<br />
bessere Indizes für den Transfusionsbedarf.<br />
Tabelle 2<br />
█ Medikamentöse Therapie vor der Endoskopie?<br />
Sollte der Verdacht auf eine anhaltende Varizenblutung<br />
bestehen <strong>und</strong> eine Endoskopie nicht schnellstmöglich<br />
durchführbar sein, kann Terlipressin, ein Vasopressin-<br />
Analogon, gegeben werden. Es gibt jedoch keine Studien,<br />
die belegen, dass dieses Vorgehen die Prognose<br />
verbessert (s. Varizenblutung, Therapie). Gleichfalls<br />
gibt es keine Hinweise darauf, dass die frühe Gabe eines<br />
Protonenpumpeninhibitors (PPI) bei Verdacht auf eine<br />
Ulkusblutung die Morbidität oder Mortalität verringert.<br />
Auch hier gilt, dass mit einer empirischen medikamentösen<br />
Therapie begonnen werden kann, wenn es<br />
zu einer Verzögerung der endoskopischen Untersuchung<br />
kommen sollte.<br />
<strong>Die</strong> wichtigste Maßnahme im Rahmen der Erstversorgung<br />
ist die Kreislaufstabilisierung mittels<br />
Volumensubstitution <strong>und</strong> ggf. der Gabe von Transfusionen.<br />
Nicht endoskopische<br />
Prognosefaktoren<br />
Internistische Intensivmedizin<br />
Initiales Management des Patienten mit einer GI-<strong>Blutung</strong>.<br />
Wie viel Blut wurde verloren?<br />
█ Schock?<br />
█ Orthostase?<br />
█ große venöse Zugänge<br />
█ Volumensubstitution<br />
█ Labor: Hämoglobin, Thrombozyten, Gerinnung,<br />
Elektrolyte, Kreatinin, Harnstoff, Blutgruppe/<br />
Kreuzblut<br />
Andauernde <strong>Blutung</strong>? █ Verlegung auf Intensivstation<br />
Obere oder untere GI-<strong>Blutung</strong>? █ ÖGD, Koloskopie?<br />
Dringlichkeit der ÖGD? █ unmittelbar nach Stabilisierung oder elektiv<br />
innerhalb von 24 h?<br />
█ elektive Intubation wegen Aspirationsgefahr?<br />
In Tab. 3 sind die nachfolgend dargestellten Prognosefaktoren,<br />
die mit einer erhöhten Mortalität einhergehen,<br />
zusammengefasst.<br />
<strong>Blutung</strong>sursache. Sie stellt den wichtigsten prognosti-<br />
schen Faktor dar. Eine Varizenblutung hat ein höheres<br />
Rezidivblutungsrisiko <strong>und</strong> eine höhere Mortalität als<br />
andere <strong>Blutung</strong>sursachen. <strong>Die</strong> Mortalität einer Varizenblutung<br />
beträgt während des Erstkrankenhausaufenthaltes<br />
mindestens 30% <strong>und</strong> steigt bei Rezidivblutung<br />
auf 50 –70% [8].<br />
Intensivmedizin up2date 5 ê2009<br />
191
192<br />
<strong>Die</strong> <strong>obere</strong> <strong>gastrointestinale</strong> <strong>Blutung</strong>: <strong>Differenzialdiagnose</strong> <strong>und</strong> Therapie<br />
Tabelle 3<br />
Allgemeine Prognosefaktoren mit einer erhöhten Mortalität.<br />
Art der <strong>Blutung</strong> – Varizenblutung ≥ 30%, Ulkusblutung 4– 10%<br />
Schwere der <strong>Blutung</strong> – Kreislaufrelevanz, Transfusionsbedarf<br />
Alter > 60 Jahre<br />
Anzahl der Gr<strong>und</strong>erkrankungen (z. B. KHK, COPD, chronische Niereninsuffizienz etc.)<br />
Wiederholte <strong>Blutung</strong>en<br />
<strong>Blutung</strong> im Krankenhaus aufgetreten<br />
Notfallchirurgie erforderlich<br />
Tabelle 4<br />
Diagnostische Hinweise auf die mögliche Ursache einer <strong>Blutung</strong>.<br />
Potenzielle Ursache Diagnostische Hinweise<br />
Ulkus █ NSAR<br />
Tumorblutung █ Anamnese<br />
█ anamnestische Ulkuserkrankung<br />
█ Steroidbehandlung plus NSAR<br />
█ Intensivpatient (intubiert oder antikoaguliert)<br />
ohne PPI-Ulkusprophylaxe<br />
█ Lymphadenopathie<br />
█ abdominaler Tumor<br />
█ spezifische Zeichen (Kaposi-, Cowden-Syndrom)<br />
Varizenblutung █ Stigmata einer Zirrhose oder Hepatitis<br />
(Spider-Nävi,Ikterus,Milchglasnägel,Palmarerythem,<br />
Dupuytren-Kontrakturen, Hepatomegalie,<br />
Splenomegalie, Aszites, Enzephalopathie)<br />
█ Labor mit Hinweis auf eine Lebererkrankung<br />
(einschließlich Thrombozytopenie, Koagulopathie)<br />
Mallory-Weiss-Riss █ galliges Erbrechen vor Bluterbrechen<br />
█ Alkoholiker<br />
█ schweres Heben vor Bluterbrechen<br />
█ Angiodysplasien Aortenstenose<br />
█ chronische Niereninsuffizienz<br />
█ Morbus Osler<br />
Schwere der <strong>Blutung</strong>. Je schwerer die <strong>Blutung</strong>, desto<br />
höher ist die Mortalität. Das Ausmaß des Blutverlustes<br />
in einer bestimmten Zeit kann durch den Bedarf von<br />
Transfusionen <strong>und</strong> den Einfluss auf Kreislaufparameter<br />
bestimmt werden [9].<br />
Intensivmedizin up2date 5 ê2009<br />
Alter des Patienten. Patienten, die älter als 60 Jahre<br />
sind, haben eine höhere Mortalität als jüngere Patienten.<br />
Das Alter alleine scheint jedoch kein unabhängiger<br />
Risikofaktor zu sein, vielmehr ist das Vorliegen von anderen<br />
Gr<strong>und</strong>erkrankungen entscheidend [2].<br />
Vorliegen anderer Erkrankungen. Erkrankungen wie<br />
chronische Niereninsuffizienz, schwere kardiopulmonale<br />
Erkrankung, Lebererkrankung <strong>und</strong> andere beeinflussen<br />
die Prognose.<br />
<strong>Blutung</strong> während des Krankenhausaufenthaltes. Pa-<br />
tienten, bei denen die <strong>Blutung</strong> während eines stationären<br />
Aufenthaltes beginnt, haben eine Mortalität von<br />
25%. Wenn die <strong>obere</strong> GI-<strong>Blutung</strong> vor dem Krankenhausaufenthalt<br />
beginnt, beträgt die Mortalität nur etwa<br />
4 % [1].<br />
Rezidivblutung. Patienten mit anhaltender oder wie-<br />
derholter <strong>Blutung</strong> haben eine höhere Mortalitätsrate<br />
von 25 – 30% [2, 10].<br />
Notoperationen. Wenn eine Notoperation erforderlich<br />
ist, beträgt die chirurgische Mortalität bis 30%. Im Vergleich<br />
dazu liegt die Mortalität bei einer elektiven<br />
Operation bei 10%.<br />
Diagnostik<br />
Anamnese <strong>und</strong> körperliche Untersuchung<br />
Während der Patient volumensubstituiert wird, sollte<br />
die Anamnese erhoben <strong>und</strong> die körperliche Untersuchung<br />
durchgeführt werden. Auch erfahrene Gastroenterologen<br />
können nur in 50% der Fälle nach einer<br />
ausführlichen Anamneseerhebung <strong>und</strong> körperlichen<br />
Untersuchung die Ursache einer <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong><br />
oder einer <strong>Blutung</strong> ermitteln. Tab. 4 gibt einen Überblick<br />
über diagnostische Hinweise.<br />
Anamnese. Ein anamnestisch bekanntes peptisches<br />
Ulkus oder peptische Symptome weisen ebenso auf<br />
eine Ulkusblutung hin wie die Einnahme von nichtsteroidalen<br />
Antirheumatika (NSAR). Eine bekannte Zirrhose<br />
kann auf eine mögliche Varizenblutung <strong>und</strong> damit<br />
auf die Notwendigkeit einer dringenden Endoskopie<br />
hindeuten. Andere medizinische Probleme, wie z. B.<br />
Zustand nach Aortenbypass-Operation, Koagulopathien<br />
oder eine bekannte Tumorerkrankung können<br />
ebenfalls Hinweise auf die mögliche <strong>Blutung</strong>sursache<br />
geben. Wenn galliges Erbrechen einem Bluterbrechen
vorausgeht, kann dies auf einen Mallory-Weiss-Riss<br />
hindeuten.<br />
Körperliche Untersuchung. Stigmata einer Zirrhose,<br />
Zeichen einer zugr<strong>und</strong>e liegenden Tumorerkrankung<br />
(z. B. Kaposi-Sarkom) oder hereditäre vaskuläre Anomalien<br />
können auf eine potenzielle <strong>Blutung</strong>sursache<br />
hinweisen. Druckschmerz in der epigastrischen Region<br />
wird häufig bei Ulkuserkrankungen gef<strong>und</strong>en. Bei Patienten<br />
mit einer <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong> kann die rektale<br />
Untersuchung helfen, das Ausmaß des Blutverlustes<br />
einzuschätzen. Bei größeren Blutmengen stellt sich oft<br />
Meläna <strong>und</strong>/oder dunkelrotes Blut dar, bei geringerem<br />
Blutverlust ist der Stuhl normal gefärbt.<br />
Eine gezielte Anamnese <strong>und</strong> die körperliche Untersuchung<br />
können wertvolle diagnostische Hinweise<br />
auf eine mögliche <strong>Blutung</strong>sursache geben.<br />
Durchführung der Endoskopie<br />
<strong>Die</strong> meisten Patienten mit einer <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong> erhalten<br />
eine Endoskopie innerhalb von 24 St<strong>und</strong>en nach<br />
Aufnahme (Abb. 1). Bei 20 – 35% dieser Endoskopien<br />
wird eine Therapie zur Blutstillung durchgeführt. Etwa<br />
80% der <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong>en sistieren spontan [10].<br />
Frühe Endoskopie. <strong>Die</strong> Endoskopie sollte als die pri-<br />
märe <strong>und</strong> unumgängliche Erstintervention durchgeführt<br />
werden, um die Quelle einer <strong>Blutung</strong> zu bestimmen.<br />
<strong>Die</strong> frühe Endoskopie gibt dem Kliniker die Gelegenheit<br />
für eine therapeutische Intervention <strong>und</strong><br />
für die Einschätzung des individuellen Risikos einer<br />
Rezidivblutung <strong>und</strong> möglicher Komplikationen.<br />
Ferner erlaubt die frühe Endoskopie, eine dem Risiko<br />
entsprechend angemessene klinische Versorgung<br />
einzuleiten.<br />
klinischer Verdacht auf eine <strong>obere</strong> GI-<strong>Blutung</strong><br />
anhaltende <strong>Blutung</strong>? <strong>Blutung</strong> sistiert?<br />
oder oder<br />
Hb-Verlust >2 g/dl in 24 h Hb-Verlust
194<br />
<strong>Die</strong> <strong>obere</strong> <strong>gastrointestinale</strong> <strong>Blutung</strong>: <strong>Differenzialdiagnose</strong> <strong>und</strong> Therapie<br />
Tabelle 6<br />
█ Gibt es Ulzera im präpylorischen Antrum oder auf<br />
der Angulusfalte?<br />
█ Gibt es Ulzera im Bulbus duodeni?<br />
█ Sind die Falten im Duodenum gerötet <strong>und</strong> verschwollen<br />
<strong>und</strong> können dadurch ein Ulkus „verstecken“?<br />
Natürlich sind bei dieser fokussierten Suche optimale<br />
Sichtverhältnisse wünschenswert. Im Einzelfall ist zu<br />
erwägen, eine <strong>Blutung</strong>squelle schnellstmöglich zu<br />
identifizieren <strong>und</strong> zu behandeln <strong>und</strong> auf eine ausgiebige<br />
Lavage des Magens zu verzichten. Hier sind die potenziellen<br />
Vorteile einer zügigen Blutstillung <strong>und</strong> einer<br />
kurzen Untersuchung gegen die potenziellen Risiken<br />
einer Aspiration abzuwägen.<br />
Detaillierte Untersuchung. Sollte die Quelle nach fo-<br />
kussierter Suche nicht identifiziert werden können, so<br />
ist spätestens dann eine adäquate Säuberung des Magens<br />
notwendig; hierzu sind Großkanalgeräte mit speziellen<br />
Spül-Saug-Vorrichtungen hilfreich. Danach<br />
müssen alle Bereiche detailliert untersucht werden. Einige<br />
<strong>Blutung</strong>squellen sind manchmal schwer zu finden.<br />
Dazu gehören z. B. ein Ulkus in einer axialen Hernie<br />
oder am Hiatus diaphragmaticus („Cameron-Ulkus“),<br />
eine portal-hypertensive Gastropathie mit einer diffusen<br />
<strong>Blutung</strong>, <strong>Die</strong>ulafoy-Läsionen, Läsionen in der kleinen<br />
Kurvatur des Duodenums, eine Papillenblutung<br />
oder Angiodysplasien.<br />
Endoskopische Prognosefaktoren bei einer Ulkusblutung [14].<br />
<strong>Blutung</strong>sstigmata Risiko einer<br />
Rezidivblutung<br />
Aktive <strong>Blutung</strong> (Forrest I) 90%<br />
Gefäßstumpf (Forrest IIa) 50%<br />
Koagel (Forrest IIb) 25– 30%<br />
Ulkus mit „Spot“ 7 – 10%<br />
Ulkus ohne <strong>Blutung</strong>sstigmata<br />
(Forrest III)<br />
3 – 5%<br />
Intensivmedizin up2date 5 ê2009<br />
Bewertung<br />
Risikoulzera<br />
endoskopische Therapie<br />
verbessert Prognose<br />
endoskopische Therapie<br />
ohne Einfluss<br />
auf die Prognose<br />
Ulkusblutung<br />
Ulzera in Magen <strong>und</strong> Duodenum repräsentieren ungefähr<br />
50% aller <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong>en, wobei blutende<br />
Magenulzera 55% der blutenden Ulzera ausmachen<br />
[12,13]. Obwohl in den letzten 20 Jahren effektive Methoden<br />
für die Behandlung der Ulkuserkrankungen<br />
entwickelt wurden, hat sich die Zahl der stationären<br />
Aufnahmen pro Jahr für blutende Ulzera nicht geändert.<br />
<strong>Die</strong>s ist wahrscheinlich durch einen Anstieg der<br />
<strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong> bei älteren Patienten <strong>und</strong>/oder die<br />
Einnahme von NSAR zu erklären.<br />
Endoskopische prognostische Faktoren<br />
Ein Ulkus kann nach der Forrest-Klassifikation, die eine<br />
aktive <strong>Blutung</strong>, das Vorhandensein eines Gefäßstumpfes<br />
<strong>und</strong> die Abwesenheit von <strong>Blutung</strong>sstigmata unterscheidet,<br />
eingeteilt werden.<br />
Rezidivblutungsrisiko. Zur Einschätzung der Prognose<br />
ist die Differenzierung 5 wesentlicher Merkmale sinnvoll<br />
(Tab. 6, Abb. 2) [14]:<br />
█ Vorliegen einer aktiven <strong>Blutung</strong> – Rezidivblutungsrisiko<br />
von 90%.<br />
█ Gefäßstumpf ohne aktive <strong>Blutung</strong> – Rezidivblutungsrisiko<br />
von 50%. Ein Gefäßstumpf ist endoskopisch<br />
als dunkelrote, blaue oder graue Erhabenheit<br />
beschrieben, die aus dem Ulkusgr<strong>und</strong> hervorsteht<br />
<strong>und</strong> nicht abgespült werden kann. Ein Ulkus mit<br />
Gefäßstumpf wird bei 20–50% aller blutenden Ulzera<br />
gef<strong>und</strong>en, wenn die Endoskopie innerhalb von<br />
6 –24 St<strong>und</strong>en nach der Aufnahme durchgeführt<br />
wird.<br />
█ Anhaftendes Koagel – Rezidivblutungsrisiko von<br />
25–30%. Wenn ein Koagel einem Ulkus so anhaftet,<br />
dass es nicht abgespült werden kann, sollte es nach<br />
Unterspritzung des Ulkus entfernt <strong>und</strong> ggf. mit<br />
Thermokoagulation oder Clip behandelt werden<br />
[15].<br />
█ „Spot“ am Ulkusgr<strong>und</strong> – Rezidivblutungsrisiko von<br />
7 –10%. Dabei handelt es sich um einen dunklen,<br />
nicht erhabenen Fleck am Ulkusgr<strong>und</strong>, der wahrscheinlich<br />
einen älteren abheilenden Gefäßstumpf<br />
darstellt.<br />
█ Fibrinbelegtes Ulkus ohne <strong>Blutung</strong>szeichen – Rezidivblutungsrisiko<br />
von 3 – 5%.<br />
Hohes <strong>und</strong> geringes Risiko. Entsprechend dieser Einteilung<br />
können gastroduodenale Ulzera in Ulzera mit<br />
hohem <strong>und</strong> mit geringem Risiko einer Rezidivblutung
Abb. 2 Verschiedene <strong>Blutung</strong>sformen nach der Forrest-Klassifikation.<br />
a Spritzende <strong>Blutung</strong> aus einem Ulkus an der Bulbushinterwand<br />
(Forrest Ia). b Gefäßstumpf in einem Duodenalulkus (Forrest IIa).<br />
unterschieden werden. Wenn keine Stigmata eines erhöhten<br />
Rezidivblutungsrisikos vorhanden sind (fibrinbelegtes<br />
Ulkus, d.h. Forrest III), kann nach Studien v.a.<br />
aus dem angloamerikanischen Raum der Patient kurzfristig<br />
entlassen werden [16].<br />
Patienten mit Stigmata für ein hohes Risiko einer<br />
Rezidivblutung profitieren von einer endoskopischen<br />
Therapie.<br />
Therapie<br />
Das Ziel der Therapie einer Ulkusblutung sollte darauf<br />
gerichtet sein, die <strong>Blutung</strong> zu stoppen, einer Rezidivblutung<br />
vorzubeugen, die Notwendigkeit einer operativen<br />
Behandlung zu minimieren, Komplikationen zu<br />
verhindern <strong>und</strong> die Mortalität zu verringern.<br />
█ Endoskopische Therapie<br />
Eine endoskopische Behandlung ist bei Patienten mit<br />
einer aktiven Ulkusblutung, Ulkus mit Gefäßstumpf<br />
oder einem anhaftenden Koagel indiziert. Im Folgenden<br />
werden die verschiedenen endoskopischen Behandlungsmethoden<br />
diskutiert:<br />
Thermische Koagulation. <strong>Die</strong>se Methode erreicht eine<br />
Blutstillung <strong>und</strong> Verringerung des Rezidivblutungsrisikos<br />
durch die koaptive Koagulation. Dabei wird das<br />
Gefäß am Ulkusgr<strong>und</strong> mit einer entsprechenden Koagulationssonde<br />
(„heater probe“) durch Druck komprimiert<br />
<strong>und</strong> gleichzeitig koaguliert [17,18]. <strong>Die</strong>se Verfahren<br />
sind in Europa aus unklaren Gründen wenig<br />
verbreitet.<br />
Lasertherapie. Eine weitere thermische Behandlung<br />
beruht auf der Koagulation des blutenden Gefäßes<br />
durch Nd:NYG-Laser. Da die Lasertherapie teuer <strong>und</strong> an<br />
einen festen Ort geb<strong>und</strong>en ist <strong>und</strong> speziell ausgebildetes<br />
Personal erfordert, wird sie für die Ulkusblutung<br />
nur selten angewendet.<br />
Argon-Plasma-Koagulation. <strong>Die</strong> Applikation von<br />
Internistische Intensivmedizin<br />
Argonplasma stellt eine weitere Alternative der thermischen<br />
Behandlung dar, ermöglicht aber keine Ausübung<br />
von Druck auf ein blutendes Gefäß. <strong>Die</strong> Eindringtiefe<br />
ist gegenüber der Laserbehandlung gering<br />
(ca. 3 mm). Studien zeigen für die Argon-Plasma-<br />
Koagulation eine ähnliche Effektivität wie für die Thermokoagulation,<br />
entweder als Monotherapie oder als<br />
Kombinationstherapie mit Adrenalin [18].<br />
Injektion. <strong>Die</strong> Injektion von Adrenalin (1:10000), oder<br />
Ethanol (98%, < 1,0 ml) stoppt effektiv eine aktive <strong>Blutung</strong><br />
<strong>und</strong> verringert das Risiko einer Rezidivblutung<br />
vergleichbar den thermischen Methoden [17,19]. Der<br />
Zusatz eines sklerosierenden Mittels erhöht nicht die<br />
Effektivität. <strong>Die</strong> Wirkung des Adrenalins beruht wahrscheinlich<br />
neben der temporären lokalen Vasokonstriktion<br />
auch auf einer volumeninduzierten Tamponade.<br />
Intensivmedizin up2date 5 ê2009<br />
195
196<br />
<strong>Die</strong> <strong>obere</strong> <strong>gastrointestinale</strong> <strong>Blutung</strong>: <strong>Differenzialdiagnose</strong> <strong>und</strong> Therapie<br />
Fibrinkleber. Eine verhältnismäßig teure Methode<br />
stellt die Injektion von Fibrinkleber dar. Mehrere kleine<br />
<strong>und</strong> eine große multizentrische, randomisierte Studie<br />
[20] konnten jedoch keinen eindeutigen <strong>und</strong> generellen<br />
Vorteil zeigen, so dass die Anwendung des Klebers als<br />
Reservemethode eingeschätzt wird.<br />
Endoclips. Eine Alternative zu den beschriebenen Me-<br />
thoden der Blutstillung <strong>und</strong> Minderung des <strong>Blutung</strong>srisikos<br />
ist die mechanische Blutstillung durch die Applikation<br />
eines Clips. Clips sind v. a. in bestimmten Situationen<br />
mit angehbarer <strong>und</strong> umschriebener <strong>Blutung</strong>squelle<br />
(Forrest Ia <strong>und</strong> IIa) nützlich <strong>und</strong> konnten in<br />
einer randomisierten Studie das Risiko einer Rezidivblutung<br />
<strong>und</strong> den Transfusionsbedarf im Vergleich zur<br />
Thermokoagulation senken [21]. <strong>Die</strong> Applikation von<br />
Clips in größere <strong>und</strong> diffus blutende Ulzera mag<br />
schwieriger sein; deswegen sollten Clips differenziert<br />
eingesetzt werden.<br />
Kombinationstherapie. Mehrere kleinere randomi-<br />
sierte Studien weisen darauf hin, dass eine Kombinationstherapie,<br />
bestehend aus Adrenalin <strong>und</strong> thermischen<br />
Methoden oder Clips, der Monotherapie mit Adrenalin<br />
überlegen ist [22,23].<br />
Wahl der Therapie. Mit den angegebenen Methoden<br />
ist in 90–100% eine Blutstillung erreichbar. Welche<br />
Therapie gewählt wird, sollte von der Erfahrung des<br />
Endoskopikers <strong>und</strong> den verfügbaren Möglichkeiten abhängen.<br />
Rezidivblutung. Obwohl die Ulkusbehandlung das<br />
<strong>Blutung</strong>srisiko senkt, ereignet sich bei 5–15% der Pa-<br />
tienten eine Rezidivblutung, die zumeist innerhalb der<br />
ersten 3 Tage nach der initialen <strong>Blutung</strong> auftritt. Wenn<br />
es sich um das erste Rezidiv handelt, ist die erneute<br />
endoskopische Behandlung dem operativen Vorgehen<br />
überlegen. Bei einer weiteren Rezidivblutung ist die<br />
operative Therapie indiziert [24], die auch primär bei<br />
schweren <strong>Blutung</strong>en <strong>und</strong> solchen mit Risikolokalisation<br />
(z. B. Bulbushinterwand) diskutiert werden sollte.<br />
Indikationen einer endoskopischen Behandlung<br />
sind eine aktive Ulkusblutung, ein Ulkus mit Gefäßstumpf<br />
oder anhaftendem Koagel.<br />
█ Medikamentöse Therapie<br />
<strong>Die</strong> medikamentöse Therapie ersetzt bei Patienten mit<br />
Risikoulzera nicht die endoskopische Therapie. <strong>Die</strong><br />
Wirkung von Säure hemmenden Medikamenten –<br />
heutzutage v.a. Protonenpumpeninhibitoren (PPI) – als<br />
ergänzende Therapie der Risikoulzera wurde in zahl-<br />
Intensivmedizin up2date 5 ê2009<br />
reichen Studien untersucht <strong>und</strong> in mehreren Metaanalysen<br />
zusammengefasst.<br />
PPI-Therapie. <strong>Die</strong> meisten Studien haben eine PPI-Be-<br />
handlung mit Placebo oder H2-Rezeptor-Antagonisten<br />
verglichen <strong>und</strong> eine Verringerung des Risikos einer Rezidivblutung<br />
sowie eine Verringerung der Operationsrate<br />
gezeigt. <strong>Die</strong> Effektivität der PPI beruht wahrscheinlich<br />
auf der Fähigkeit, den pH-Wert im Magen<br />
anzuheben <strong>und</strong> über eine verringerte Pepsinwirkung<br />
die Ulkusheilung zu unterstützen. Auf diesem Gr<strong>und</strong>satz<br />
basiert die Anwendung einer hoch dosierten i.v.<br />
Therapie mit PPI [25]. <strong>Die</strong> hoch dosierte PPI-Gabe in<br />
oraler Form (z.B. mindestens doppelte Standarddosis)<br />
führte in mehreren Studien ebenfalls zu einer Verringerung<br />
des Risikos einer Rezidivblutung oder einer<br />
Operation im Vergleich zur Behandlung mit Placebo<br />
oder H2-Rezeptor-Antagonisten [25]. Eine einzige<br />
Studie verglich eine hoch dosierte i.v. PPI-Gabe mit<br />
einer hoch dosierten oralen PPI-Gabe <strong>und</strong> fand keinen<br />
Unterschied in der Effektivität [26].<br />
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Anwendung<br />
von PPI als Ergänzungstherapie zur endoskopischen<br />
Behandlung einer Ulkusblutung mit<br />
Risikostigmata das Risiko einer Rezidivblutung<br />
<strong>und</strong> einer operativen Versorgung verringert, den<br />
Bedarf an Bluttransfusionen senkt <strong>und</strong> die Hospitalisationsdauer<br />
herabsetzt. <strong>Die</strong>s gilt sowohl für die<br />
i. v. als auch für die orale Applikation. Eine PPI-Therapie<br />
führt dagegen nicht zu einer Senkung der<br />
Mortalität.<br />
Praktisches Vorgehen<br />
Therapieempfehlung<br />
Wir führen eine initiale Ulkusbehandlung mit Adrenalininjektion<br />
(1:10000, auch 1:100000 ist möglich)<br />
durch <strong>und</strong> unterspritzen dabei zwischen 5 <strong>und</strong> 20 ml.<br />
Ist ein Gefäßstumpf vorhanden, wird anschließend<br />
ein Clip appliziert. In Einzelfällen wenden wir Fibrinkleber,<br />
Lasertherapie oder Argon-Plasma-Koagulation<br />
an, Letztere v.a. bei diffusen <strong>Blutung</strong>en. Nach der<br />
Blutstillung erhalten die Patienten mit Risikoulzera<br />
hoch dosiert i. v. PPI für 24 St<strong>und</strong>en. Innerhalb dieser<br />
Zeit wird bei Patienten mit Forrest-I- <strong>und</strong> -IIa/b-Ulzera<br />
eine Kontroll-ÖGD durchgeführt. Sollten weiter Risikostigmata<br />
bestehen, wird erneut endoskopisch behandelt.<br />
Wenn innerhalb der ersten 24 St<strong>und</strong>en keine<br />
Rezidivblutung auftritt, werden PPI auf orale Applikation<br />
umgestellt <strong>und</strong> in der doppelten Tagesdosis<br />
für weitere 2 Tage verabreicht. Anschließend werden<br />
diePPIaufeineGabeproTagreduziert.
PPI sind in der Behandlung der Magen- <strong>und</strong> Duodenalulzera<br />
den H2-Rezeptor-Antagonisten überlegen, wobei<br />
der absolute Gewinn bei Duodenalulzera mit 9 %<br />
gering ist. Duodenalulzera heilen nach 4 Wochen PPI-<br />
Therapie. Bei Magenulzera ist die Heilungsrate nach<br />
8 Wochen größer als nach 4 Wochen [27].<br />
█ Kontroll-ÖGD innerhalb von 24 St<strong>und</strong>en?<br />
Der Nutzen einer Kontroll-ÖGD nach 24 St<strong>und</strong>en für<br />
Patienten mit Risikoulzera wurde auf der Basis kleinerer<br />
widersprüchlicher Studien bislang kontrovers diskutiert.<br />
Eine kürzlich veröffentlichte, etwas größere<br />
asiatische Studie zeigte jedoch für Risikoulzera, dass<br />
Rezidivblutung (von 13% auf 4 %) <strong>und</strong> Operationsrate<br />
gesenkt werden konnten [28].<br />
█ Helicobacter-pylori-assoziierte Ulkusblutung<br />
50–70% aller blutenden Magenulzera <strong>und</strong> 70 –90% aller<br />
blutenden Duodenalulzera sind mit Helicobacter<br />
pylori (H. pylori) assoziiert (Tab. 7) [29]. Das Risiko einer<br />
langfristigen Rezidivblutung ist wesentlich von einer<br />
erfolgreichen Eradikation abhängig. Während 10%<br />
aller H.-pylori-positiven Patienten innerhalb eines Jahres<br />
eine erneute <strong>Blutung</strong> erleiden, wird der Anteil<br />
durch erfolgreiche Eradikation auf weniger als 1% gesenkt<br />
[30]. <strong>Die</strong> Testcharakteristiken für den H.-pylori-<br />
Test verschlechtern sich durch die Anwesenheit von<br />
Blut <strong>und</strong> die Anwendung von PPI. Daher kann ein<br />
Urease-Test (HCP oder CLO) während der endoskopischen<br />
Erstuntersuchung oder ein Atemtest nach Einleitung<br />
der PPI-Therapie häufiger falsch negative Ergebnisse<br />
erbringen.<br />
Bei H.-pylori-assoziierter Ulkusblutung wird das<br />
Risiko einer langfristigen Rezidivblutung durch<br />
eine erfolgreiche Eradikation wesentlich gesenkt.<br />
Tabelle 7<br />
Helicobacter pylori <strong>und</strong> Ulkusblutung.<br />
Prävalenz von H. pylori<br />
50– 70% aller blutenden Ulzera<br />
70– 90% aller blutenden Duodenalulzera<br />
Risiko einer Rezidivblutung pro Jahr<br />
H. pylori positiv: 10%<br />
H. pylori negativ: 1 %<br />
Praktisches Vorgehen<br />
Empfehlungen zur H.-pylori-Eradikation<br />
Sind Duodenalulzera die Ursache einer <strong>Blutung</strong>, kann<br />
auf den H.-pylori-Test verzichtet <strong>und</strong> eine empirische<br />
Eradikation begonnen werden. Bei Magenulzera sollte<br />
ein H.-pylori-Test während der Erstendoskopie<br />
entnommen werden. Ein negativer Test schließt<br />
jedoch bei hoher Wahrscheinlichkeit einer H.-pylori-<br />
Infektion die Anwesenheit nicht überzeugend genug<br />
aus, so dass in diesem Fall der Test ggf. nach der<br />
Ulkusbehandlung wiederholt werden kann. Nach<br />
einer H.-pylori-Behandlung sollte die erfolgreiche<br />
Eradikation etwa 2 Wochen nach Beendigung der<br />
PPI-Therapie während der Kontrollendoskopie bei<br />
Magenulzera bzw. mit einem nichtinvasiven Test bei<br />
Duodenalulzera überprüft werden. Wir behandeln<br />
Duodenalulzera über 4 Wochen mit PPI <strong>und</strong> Magenulzera<br />
über 6– 8WochenmitPPI.<br />
█ NSAR-induzierte Ulkusblutung<br />
Bei einer durch NSAR bedingten Ulkusblutung muss<br />
versucht werden, diese Medikamente in Zukunft zu<br />
vermeiden. Ist dies nicht möglich, so sollte für die Dauer<br />
der NSAR-Therapie zusätzlich ein PPI eingenommen<br />
werden. Dadurch wird das <strong>Blutung</strong>srisiko um etwa 50%<br />
gesenkt. Cox-2-Inhibitoren werden wegen des erhöhten<br />
Risikos eines Myokardinfarkts gegenwärtig nicht<br />
empfohlen.<br />
Varizenblutung<br />
Etwa ein Drittel aller Patienten mit Zirrhose verstirbt<br />
an einer Varizenblutung. <strong>Die</strong> Varizenblutung ist in 50 –<br />
90% als Ursache einer <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong> bei Zirrhotikern<br />
anzuschuldigen [12]. Etwa 50% der Varizenblutungen<br />
(Abb. 3) sistieren spontan, es besteht jedoch ein<br />
hohes Rezidivrisiko. <strong>Die</strong> Mortalität einer ersten Varizenblutung<br />
beträgt zwischen 21 <strong>und</strong> 50% [8]. <strong>Die</strong><br />
Prognose hängt im Wesentlichen von der erfolgreichen<br />
Blutstillung, aber auch vom allgemeinen internistischen<br />
Komplikationsmanagement ab.<br />
Therapie<br />
Internistische Intensivmedizin<br />
█ Endoskopische Therapie<br />
Sklerotherapie. Sie ist als erste endoskopische Methode<br />
eingeführt worden. Dabei wird ein sklerosierendes<br />
Mittel in die Varize oder neben die Varize injiziert.<br />
Verschiedene Sklerosierungsmittel mit vergleichbarer<br />
Intensivmedizin up2date 5 ê2009<br />
197
198<br />
<strong>Die</strong> <strong>obere</strong> <strong>gastrointestinale</strong> <strong>Blutung</strong>: <strong>Differenzialdiagnose</strong> <strong>und</strong> Therapie<br />
Abb. 3 Varizenblutung:<br />
spritzende<br />
<strong>Blutung</strong> aus einer<br />
F<strong>und</strong>usvarize.<br />
Abb. 4 Ligierte Ösophagusvarize.<br />
Effektivität stehen zur Verfügung. Das eingespritzte<br />
Volumen variiert. Sklerotherapie kontrolliert effektiv<br />
eine aktive Varizenblutung, verringert das Risiko einer<br />
Rezidivblutung <strong>und</strong> verlängert das Überleben bei Patienten<br />
mit einer Ösophagusvarizenblutung [31]. Aufgr<strong>und</strong><br />
der Überlegenheit der Ligatur ist die Sklerotherapie<br />
heutzutage ein Reserveverfahren (s. u.).<br />
Gummibandligatur. Bei dieser Methode werden die<br />
Varizen nach Ansaugen in eine Kappe mit einem vorgespannten<br />
Gummiband abgeb<strong>und</strong>en (Abb. 4). Studien<br />
belegen, dass die Ligatur der Sklerotherapie bei der<br />
Stillung einer Ösophagusvarizenblutung (86% <strong>und</strong><br />
77%) <strong>und</strong> bei der Risikoverminderung einer Rezidivblutung<br />
überlegen ist [31]. <strong>Die</strong> Praxis zeigt, dass die<br />
Sichtverhältnisse für das primäre Anlegen einer Ligatur<br />
bei einer aktiv blutenden Varize eingeschränkt sein<br />
können. In diesem Falle kann die Anwendung der Sklerotherapie<br />
zur Blutstillung hilfreich sein. <strong>Die</strong> weitere<br />
Intensivmedizin up2date 5 ê2009<br />
Therapie <strong>und</strong> nachfolgende Varizeneradikation erfolgen<br />
dann in der Regel durch Ligatur.<br />
Komplikationen. Nach Sklerotherapie kann es – weit<br />
mehr als nach der Ligatur (22% <strong>und</strong> 2 %) – zu einer Rei-<br />
he von Komplikationen kommen [31]. Hierzu zählen<br />
Strikturen, Ulzerationen, <strong>Blutung</strong>en, Perforation, Mediastinitis<br />
<strong>und</strong> Sepsis. Nach beiden Behandlungen kann<br />
sich eine portal-hypertensive Gastropathie verschlechtern,<br />
was wahrscheinlich keine klinische Bedeutung<br />
hat.<br />
Histoacryl bei Magenvarizenblutung. Histoacryl (N-<br />
Butyl-2-Cyanoacrylat) ist ein Gewebekleber, der 90%<br />
der aktiven <strong>Blutung</strong>en aus Magenvarizen stillen kann.<br />
Ligatur oder Sklerotherapie sind dem Histoacryl in der<br />
Behandlung von Magenvarizen unterlegen <strong>und</strong> weisen<br />
außerdem ein hohes Risiko einer zum Teil starken<br />
Nachblutung auf. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e sollten Ligatur<br />
oder Sklerotherapie für Magenvarizenblutungen nicht<br />
angewendet werden [32]. <strong>Die</strong> Komplikationsrate der<br />
Histoacryl-Injektion ist gering, die Komplikationen<br />
(Embolien) können aber schwer sein.<br />
Bei der Stillung einer Ösophagusvarizenblutung<br />
<strong>und</strong> der Risikoverminderung einer Rezidivblutung<br />
ist die Gummibandligatur der Sklerotherapie überlegen,<br />
bei der Behandlung von Magenvarizen sind<br />
beide Methoden der Histoacryl-Injektion unterlegen.<br />
█ Vorgehen bei Versagen der endoskopischen<br />
Therapie<br />
Bei 10 – 20% der Patienten mit blutenden Varizen kann<br />
die <strong>Blutung</strong> durch eine endoskopische Behandlung<br />
nicht gestillt werden. Ein Versagen der Behandlung ist<br />
klinisch durch einen erhöhten Transfusionsbedarf <strong>und</strong><br />
durch Schwierigkeiten bei der Kreislaufstabilisierung<br />
gekennzeichnet. Wenn noch nicht geschehen, sollten<br />
die Patienten Terlipressin erhalten. Ein zweiter Versuch<br />
einer endoskopischen Behandlung kann unternommen<br />
werden. Wenn die <strong>Blutung</strong> dennoch nicht gestillt werden<br />
kann, sollte eine Ballontamponade appliziert oder<br />
ein portosystemischer Shunt angelegt werden. Einen<br />
Vorschlag für ein mögliches endoskopisches Vorgehen<br />
bei der Varizenblutung <strong>und</strong> bei dessen Versagen zeigt<br />
Abb. 5.<br />
Ballontamponade. <strong>Die</strong> Senkstaken-Kompressionssonde<br />
enthält einen Ballon für den Ösophagus <strong>und</strong> einen<br />
Ballon für den Magen. Abhängig von der Lage der blutenden<br />
Varizen kann auch nur ein Ballon aufgeblasen<br />
werden. <strong>Die</strong> Ballontamponade führt in 30–90% zu
einer Blutstillung. Allerdings besteht ein hohes Risiko<br />
einer wiedereinsetzenden <strong>Blutung</strong> nach Ablassen der<br />
Tamponade. Ferner erleiden 14% der Patienten eine<br />
Komplikation. Um das Risiko einer Perforation oder<br />
Nekrosebildung gering zu halten, müssen die vorgegebenen<br />
Druckverhältnisse beachtet <strong>und</strong> die Ballons nach<br />
maximal 24 St<strong>und</strong>en abgelassen werden. Außerdem ist<br />
eine elektive Intubation ratsam. Wegen der potenziellen<br />
Probleme ist die Ballontamponade nur für einen<br />
vorübergehenden Einsatz empfohlen, bis eine definitive<br />
Therapie erfolgen kann.<br />
TIPSS. Ziel des transjugulären intrahepatischen porto-<br />
systemischen Shunts (TIPSS) ist eine Verringerung des<br />
portalen Drucks. <strong>Die</strong>s wird erreicht, indem über die Jugularvene<br />
die Portalvene durch einen Stent mit einer<br />
Lebervene verb<strong>und</strong>en wird. <strong>Die</strong>ses Vorgehen stoppt bei<br />
den meisten Patienten eine refraktäre Varizenblutung.<br />
<strong>Die</strong> Anlage eines TIPSS ist mit einer relativ geringen<br />
Morbidität <strong>und</strong> Mortalität verb<strong>und</strong>en, wobei die hepatische<br />
Enzephalopathie die häufigste Komplikation<br />
ausmacht.<br />
Operative Maßnahmen. <strong>Die</strong> Rolle der operativen Ver-<br />
sorgung von blutenden Varizen nach fehlgeschlagener<br />
endoskopischer oder medikamentöser Therapie ist unklar.<br />
Es mangelt an Studien, die das operative Vorgehen<br />
mit der TIPSS-Anlage vergleichen. TIPSS stellt die Behandlung<br />
der Wahl bei Patienten mit höherem Operationsrisiko<br />
dar. <strong>Die</strong> Operation ist heutzutage die Ausnahme.<br />
█ Medikamentöse Therapie<br />
Somatostatin, Octreotide, Vasopressin <strong>und</strong> Terlipressin<br />
wurden in der Behandlung der Varizenblutung untersucht.<br />
<strong>Die</strong> Anwendung dieser Medikamente beruht auf<br />
der Vorstellung, dass durch eine Verringerung des portalen<br />
Druckes die Varizenblutung kontrolliert werden<br />
kann.<br />
Terlipressin. <strong>Die</strong>ses Vasopressin-Analogon ist der<br />
Sklerotherapie in der initialen Blutstillung vergleichbar.<br />
Es führt zu einer Verringerung des Risikos einer<br />
Rezidivblutung <strong>und</strong> bewirkt als einziges der genannten<br />
Medikamente eine Verringerung der Mortalität [33].<br />
Aus klinischer Erfahrung kann Terlipressin gegeben<br />
werden, wenn es bei einem Verdacht auf eine anhaltende<br />
Varizenblutung zu einer Verzögerung der Endoskopie<br />
kommt. Terlipressin sollte auch als zusätzliche<br />
Therapie angewendet werden, wenn die Varizenblutung<br />
endoskopisch nicht gestillt werden kann oder<br />
wenn ein hohes Risiko einer Rezidivblutung besteht.<br />
Studienergebnisse gibt es hierzu jedoch bisher nicht.<br />
Verdacht auf Varizenblutung<br />
Endoskopie<br />
Ösophagusvarizenblutung Magenvarizenblutung<br />
Ligatur<br />
ggf. Sklerotherapie<br />
█ Vermeidung von Komplikationen<br />
Weitere Maßnahmen bei der Betreuung der Varizenblutung<br />
müssen darauf ausgerichtet sein, mögliche<br />
Komplikationen wie die Aspirationspneumonie, die<br />
Enzephalopathie, das Nierenversagen oder eine Infektion<br />
zu vermeiden oder zu minimieren. Bis zu 50% der<br />
Patienten mit Zirrhose, die mit einer GI-<strong>Blutung</strong> stationär<br />
aufgenommen werden, entwickeln während ihres<br />
Krankenhausaufenthaltes eine Infektion. Dazu zählen<br />
Harnwegsinfektionen (12 –29%), eine spontane bakterielle<br />
Peritonitis (7 –23%), Atemwegsinfektionen (6–<br />
10%) <strong>und</strong> primäre Bakteriämie (4 –11%) [34].<br />
Patienten, die wegen einer GI-<strong>Blutung</strong> stationär<br />
aufgenommen werden, sollten prophylaktisch<br />
Antibiotika erhalten, weil dadurch das Risiko einer<br />
Infektion um etwa die Hälfte <strong>und</strong> die Mortalität<br />
um etwa ein Viertel gesenkt werden [34].<br />
Angiodysplasien<br />
Internistische Intensivmedizin<br />
Histoacrylinjektion<br />
Angiodysplasien sind dilatierte, dünnwandige <strong>und</strong><br />
gew<strong>und</strong>ene submuköse Gefäße, die sich als farn- oder<br />
sternenartiges Gefäßmuster um ein zentrales Gefäß<br />
darstellen (Abb. 6). Sie messen meist zwischen 5 <strong>und</strong><br />
10 mm. Sie können überall im GI-Trakt auftreten,<br />
sind jedoch im Kolon häufiger als im <strong>obere</strong>n GI-Trakt.<br />
Terlipressin<br />
<strong>Blutung</strong> gestoppt anhaltende <strong>Blutung</strong> frühe Rezidivblutung<br />
Abb. 5 Algorithmus zur Behandlung der Varizenblutung.<br />
Terlipressin<br />
+<br />
Wiederholung der<br />
endoskopischen Therapie<br />
Terlipressin, Ballontamponade<br />
TIPSS (ggf. Operation)<br />
Intensivmedizin up2date 5 ê2009<br />
199
200<br />
<strong>Die</strong> <strong>obere</strong> <strong>gastrointestinale</strong> <strong>Blutung</strong>: <strong>Differenzialdiagnose</strong> <strong>und</strong> Therapie<br />
Abb. 6 Typische<br />
Angiodysplasie im<br />
Magen.<br />
Praktisches Vorgehen<br />
Empfehlungen zur Ösophagusvarizenblutung<br />
Bei der Ösophagusvarizenblutung verwenden wir<br />
primär die Ligaturtherapie. <strong>Die</strong> Sklerotherapie wird<br />
in Ausnahmefällen bei eingeschränkter Sicht durchgeführt.<br />
Wir geben Terlipressin als zusätzliche Therapie<br />
bei Patienten mit erhöhtem Nachblutungsrisiko<br />
(individuelle Entscheidung). Bei einer Rezidivblutung<br />
wird die Endoskopie wiederholt. Bei Versagen<br />
der endoskopischen Therapie erfolgt die Anlage eines<br />
TIPSS, sofern die Gesamtsituation dies zulässt.<br />
<strong>Die</strong> Eradikationsbehandlung mit Ligatur erfolgt zunächst<br />
nach 2 Wochen <strong>und</strong> dann in monatlichen Abständen<br />
bis zur vollständigen Eradikation. Alle stationär<br />
behandelten Patienten mit einer Zirrhose <strong>und</strong><br />
einer GI-<strong>Blutung</strong> erhalten für eine Woche prophylaktisch<br />
Antibiotika (z. B. Ciprofloxacin).<br />
Angiodysplasien werden vor allem bei Patienten über<br />
60 Jahren gef<strong>und</strong>en. Eine erhöhte Prävalenz besteht bei<br />
Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz mit Aortenstenose<br />
oder mit Morbus von Willebrandt.<br />
Arten der <strong>Blutung</strong>. Angiodysplasien sind meist Ursa-<br />
che einer chronischen <strong>Blutung</strong>, können sich aber auch<br />
klinisch als akute <strong>obere</strong> GI-<strong>Blutung</strong> manifestieren. Da<br />
es häufig asymptomatische Patienten mit Angiodysplasien<br />
ohne GI-<strong>Blutung</strong> gibt, kann die sichere Diagnose<br />
einer Angiodysplasie-<strong>Blutung</strong> nur nach Beobachten<br />
einer aktiven <strong>Blutung</strong> erfolgen. Oft treten Angiodysplasien<br />
multipel (<strong>und</strong> auch im Dünndarm, Indikation zur<br />
Kapselendoskopie) auf.<br />
Intensivmedizin up2date 5 ê2009<br />
Therapie<br />
Eine aktiv blutende Angiodysplasie sollte endoskopisch<br />
behandelt werden. Dazu werden vorrangig thermische<br />
Methoden (Thermokoagulation, Argon-Plasma-Koagulation,<br />
Laser) angewendet. Es gibt nur wenige Informationen<br />
über die Effektivität. Häufig kommt es zu wiederholten<br />
<strong>Blutung</strong>en, wobei die Quelle eine andere<br />
Angiodysplasie sein kann. Daher sollte das Vorgehen<br />
abhängig von der klinischen Präsentation (aktive oder<br />
vermutete <strong>Blutung</strong>, akut oder chronisch) individuell<br />
gestaltet werden. Bei wiederholter <strong>Blutung</strong> können<br />
eine Hormontherapie mit Östrogenen (in einer randomisierten<br />
Studie allerdings ohne Effekt) <strong>und</strong> bei größeren<br />
Läsionen eine Angiographie mit potenzieller Embolisation<br />
oder eine operative Behandlung erwogen<br />
werden.<br />
Bei Angiodysplasien hängt das Vorgehen stark von<br />
der klinischen Präsentation ab. Eine aktiv blutende<br />
Angiodysplasie sollte endoskopisch behandelt werden,<br />
vorrangig mit einer thermischen Methode.<br />
Mallory-Weiss-Riss<br />
Ein Mallory-Weiss-Riss ist ein longitudinaler Schleimhautriss<br />
am distalen Ösophagus oder proximalen Magen,<br />
häufig am gastroösophagealen Übergang (Abb. 7).<br />
<strong>Die</strong> Risse können zur <strong>Blutung</strong> aus submukösen Arterien<br />
führen. Ein Mallory-Weiss-Riss ist bei etwa 5% aller<br />
Patienten mit einer <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong> die <strong>Blutung</strong>sursache<br />
[12]. Häufig entsteht der Riss durch starkes Würgen,<br />
Erbrechen, schweres Heben, Husten, epileptische<br />
Krampfanfälle oder Schluckauf. Selten können Mallory-<br />
Weiss-Risse bei der Koloskopie-Trinkvorbereitung oder<br />
bei der Durchführung einer ÖGD entstehen. Regelmäßiger<br />
Alkoholkonsum wird bei 40–80% der betroffenen<br />
Patienten festgestellt <strong>und</strong> gilt daher als Risikofaktor.<br />
Therapie<br />
In den meisten Fällen kommt es zu einer spontanen<br />
Blutstillung, <strong>und</strong> eine endoskopische Therapie ist nicht<br />
notwendig. Ein erhöhtes Risiko einer Rezidivblutung,<br />
vor allem innerhalb von 24 St<strong>und</strong>en, besteht bei Patienten<br />
mit einer Koagulopathie oder portaler Hypertension.<br />
Endoskopische Therapie. Aktiv blutende Mallory-<br />
Weiss-Risse sollten endoskopisch behandelt werden.<br />
Verschiedene Methoden können angewendet werden:
Abb. 7 Mallory-Weiss-Riss an der Kardia.<br />
█ Injektion mit Adrenalin, Ethanol oder anderen sklerosierenden<br />
Mitteln kann eine Blutstillung bewirken.<br />
Adrenalin (1 :10000) führt zu einer Vasokonstriktion<br />
<strong>und</strong> zu einer lokalen Tamponade.<br />
█ Alternativen sind die vorsichtige Anwendung der<br />
Thermokoagulation (Perforationsgefahr!), das Setzen<br />
eines Clips oder gelegentlich auch die Gummibandligatur.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Blutung</strong> aus einem Mallory-Weiss-Riss sistiert<br />
meist spontan. Ein aktiv blutender Riss sollte endoskopisch<br />
therapiert werden.<br />
Seltene Ursachen einer <strong>obere</strong>n<br />
GI-<strong>Blutung</strong><br />
In einer älteren prospektiven Studie an über 1000 Patienten<br />
mit einer <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong> wurden Ulzera,<br />
Ösophagusvarizen, Mallory-Weiss-Risse <strong>und</strong> Angiodysplasien<br />
bei 80% als <strong>Blutung</strong>sursache definiert [12].<br />
<strong>Die</strong>ser Anteil war in einer kürzlich veröffentlichten<br />
retrospektiven Studie, die 7822 Patienten mit Meläna<br />
oder Hämatemesis einschloss, nur etwa 40% [35].<br />
Schleimhautauffälligkeiten waren hier die meistgenannte<br />
Ursache (42%). Der wesentliche Unterschied<br />
der Studien besteht in der Erhebung der Daten. Dennoch<br />
ist der Anteil der Ulkus- oder Varizenblutung<br />
möglicherweise geringer als angenommen.<br />
Im Folgenden werden die seltenen Ursachen einer<br />
<strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong> kurz dargestellt (Tab. 8).<br />
Tabelle 8<br />
Seltene Ursachen einer <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong>.<br />
█ Angiodysplasien<br />
█ Antrale vaskuläre Ektasie (Wassermelonenmagen)<br />
█ Portal-hypertensive Gastropathie<br />
█ Magen- oder Duodenalvarizen<br />
█ Erosionen<br />
█ Tumoren<br />
█ <strong>Die</strong>ulafoy-Läsionen<br />
█ Aortoenterische Fistel<br />
█ Hämatobilie, Haemosuccus pancreaticus<br />
█ Infektion (CMV, HSV, Candida)<br />
█ Andere Ulkuserkrankungen (Zollinger-Ellison-Syndrom,<br />
Morbus Crohn)<br />
█ Ösophagitis (Reflux, „Pillenösophagitis“)<br />
█ Postoperativ<br />
Tumorblutung<br />
Weniger als 4 % der <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong>en sind durch<br />
Tumoren bedingt [12]. Eine <strong>Blutung</strong> ereignet sich,<br />
wenn der Tumor die Schleimhaut ulzeriert oder ein<br />
Gefäß arrodiert. <strong>Die</strong> Mehrheit der Patienten mit einer<br />
starken tumorbedingten GI-<strong>Blutung</strong> hat eine schlechte<br />
Prognose <strong>und</strong> stirbt innerhalb von 12 Monaten [36].<br />
Therapie. <strong>Die</strong> endoskopischen Möglichkeiten bieten<br />
Internistische Intensivmedizin<br />
hier durch die Injektionsbehandlung, z. B. mit Adrenalin<br />
oder durch thermische Methoden (Thermokoagulation,<br />
Laser, Argon-Plasma-Koagulation), oft nur eine<br />
temporäre Blutstillung. Alternativen sind die operative<br />
(meist palliative) Resektion, die Angiographie mit Embolisationsversuch<br />
oder eine Strahlentherapie bei bestimmten<br />
Tumoren (z. B. beim Plattenepithelkarzinom<br />
des Ösophagus).<br />
Intensivmedizin up2date 5 ê2009<br />
201
202<br />
<strong>Die</strong> <strong>obere</strong> <strong>gastrointestinale</strong> <strong>Blutung</strong>: <strong>Differenzialdiagnose</strong> <strong>und</strong> Therapie<br />
Erosionen<br />
Eine Erosion ist ein Defekt in der Mukosa, der nicht die<br />
Muscularis mucosae überschreitet. Makroskopisch erscheinen<br />
Erosionen als meist kleine (gewöhnlich<br />
< 5 mm große), fibrinbelegte Schleimhautdefekte, die<br />
sich vom Ulkus durch die fehlende Tiefe unterscheiden.<br />
Eine häufige Ursache für Erosionen sind NSAR. Stressinduzierte<br />
Erosionen werden als <strong>Blutung</strong>sursache bei<br />
intensivmedizinisch betreuten Patienten gef<strong>und</strong>en. Patienten,<br />
die beatmet oder antikoaguliert werden, sind<br />
vermehrt betroffen, daher ist die „Ulkusprophylaxe“<br />
bei diesen Patienten wichtig. Erosionen verursachen<br />
kaum starke <strong>Blutung</strong>en; eine endoskopische Behandlung<br />
ist selten erforderlich. Ggf. sollten NSAR abgesetzt<br />
werden. PPI bewirken in der Regel eine Abheilung,<br />
selbst bei Fortsetzung der Behandlung mit NSAR.<br />
<strong>Die</strong>ulafoy-Läsionen<br />
Als <strong>Die</strong>ulafoy-Läsion bezeichnet man eine atypisch<br />
submukös verlaufende, dilatierte Arterie (Durchmesser<br />
etwa 1 – 3 mm), die durch eine oberflächliche Schleimhautläsion<br />
arrodiert wird, so dass eine oft spritzende<br />
<strong>Blutung</strong> entsteht. Ein Ulkus ist nicht vorhanden. <strong>Die</strong>ulafoy-Läsionen<br />
sind für weniger als 1% der <strong>obere</strong>n GI-<br />
<strong>Blutung</strong>en verantwortlich [12]. Wahrscheinlich handelt<br />
es sich um angeborene Gefäßanomalien, die durch<br />
Veränderungen in der Schleimhaut <strong>und</strong> im Gefäß, z. B.<br />
durch Mukosaatrophie <strong>und</strong> Ischämie bluten können.<br />
Nach Sistieren der <strong>Blutung</strong> ist die Läsion oft schwer zu<br />
finden, kann aber wie ein Gefäßstumpf ohne Ulkus<br />
aussehen. Eine <strong>Die</strong>ulafoy-Läsion befindet sich häufig im<br />
proximalen Magen kardianah <strong>und</strong> entlang der kleinen<br />
Kurvatur, obwohl sie im gesamten GI-Trakt auftreten<br />
kann.<br />
Therapie. Initiale Blutstillung mit einer Injektionsbe-<br />
handlung (z. B. Adrenalin) in Kombination mit einer<br />
Thermokoagulation („heater probe“) oder Laser stellen<br />
Möglichkeiten der Behandlung dar. Alternativ kann ein<br />
Clip oder eine Ligatur angelegt werden. Eine initiale<br />
Blutstillung wird meist erreicht, jedoch kommt es unterschiedlich<br />
häufig (9–40%) zu einer Rezidivblutung<br />
[37]. Nach definitiver Blutstillung sind Langzeitrezidive<br />
jedoch sehr selten [38]. Während der initialen Therapie<br />
sollte die Läsion markiert werden, z. B. durch ein Tattoo.<br />
Bei Auftreten einer Rezidivblutung empfehlen wir<br />
die nochmalige endoskopische Therapie. Bei wiederholter<br />
<strong>Blutung</strong> sollte die operative Resektion zur definitiven<br />
Behandlung erwogen werden.<br />
Intensivmedizin up2date 5 ê2009<br />
Eine <strong>Die</strong>ulafoy-Läsion kann initial <strong>und</strong> bei Auftreten<br />
einer Rezidivblutung endoskopisch therapiert werden.<br />
Bei einem weiteren Rezidiv sollte die operative<br />
Behandlung in Erwägung gezogen werden.<br />
Antrale vaskuläre Ektasien<br />
Gastrale bzw. antrale vaskuläre Ektasien (GAVE) verursachen<br />
gewöhnlich einen chronischen Blutverlust. <strong>Die</strong><br />
Ektasien werden auch als „Wassermelonenmagen“ bezeichnet,<br />
da das endoskopische Bild mit rötlichen, flachen,<br />
longitudinalen Streifen, die vom Pylorus aus ins<br />
Antrum strahlen, an eine Wassermelone erinnert<br />
(Abb. 8). <strong>Die</strong> rötlichen Streifen werden durch dilatierte<br />
<strong>und</strong> sackartige submuköse Gefäße verursacht. Eine<br />
klare Ursache für antrale vaskuläre Ektasien ist nicht<br />
bekannt. Sie werden häufiger bei Patienten mit chronischer<br />
Niereninsuffizienz <strong>und</strong> Zirrhose gef<strong>und</strong>en. Bei<br />
Letzteren ist die Abgrenzung zur portal-hypertensiven<br />
Gastropathie nicht immer einfach. <strong>Die</strong> Diagnose basiert<br />
auf dem endoskopischen Bild, ggf. unterstützt durch<br />
typische Veränderungen in der Histopathologie.<br />
Endoskopische Therapie. Endoskopisch können die<br />
Ektasien mit Koagulation (insbesondere Argon-Plasma-<br />
Koagulation, aber auch durch Laser oder „heater<br />
probe“) behandelt werden. Eine mehrmalige Behandlung<br />
ist zur ausgiebigen Obliteration der Ektasien meist<br />
erforderlich. Ein TIPSS hat keinen therapeutischen Nutzen,<br />
daher ist die Abgrenzung als potenzielle <strong>Blutung</strong>squelle<br />
zur portal-hypertensiven Gastropathie wichtig.<br />
Bei Wiederauftreten der Ektasien wird die Endoskopie<br />
in Abhängigkeit von dem geschätzten Blutverlust regelmäßig<br />
durchgeführt (alle 3–6 Monate).<br />
Abb. 8 „Wassermelonenmagen“ (antrale vaskuläre Angiektasien).
Antrale vaskuläre Ektasien können endoskopisch<br />
gut mit thermischen Verfahren behandelt werden.<br />
Bei ausgedehnten Bef<strong>und</strong>en ist die Obliteration<br />
mehrmalig, bei Wiederauftreten der Ektasien ggf.<br />
regelmäßig erforderlich.<br />
Portal-hypertensive Gastropathie<br />
<strong>Die</strong> Schleimhaut bei der portal-hypertensiven Gastropathie<br />
ist ödematös, gerötet <strong>und</strong> kann Schleimhauteinblutungen<br />
zeigen. 34% der Patienten mit portal-hypertensiver<br />
Gastropathie haben einen chronischen Blutverlust,<br />
<strong>und</strong> nur 2,5% erleiden eine akute GI-<strong>Blutung</strong>.<br />
Im akuten Fall kann man eine diffuse, flächige Sickerblutung<br />
aus der Schleimhaut erkennen.<br />
Kernaussagen<br />
Initiales Management <strong>und</strong> Endoskopie<br />
█ Das initiale Management bei einer <strong>obere</strong>n<br />
GI-<strong>Blutung</strong> richtet sich nach der klinisch<br />
eingeschätzten Schwere der <strong>Blutung</strong>.<br />
Wichtig ist immer die Stabilisierung<br />
des Patienten vor der Endoskopie.<br />
█ Anamnese <strong>und</strong> körperliche Untersuchung<br />
können wichtige Hinweise auf<br />
den Ort, die Ursache <strong>und</strong> die Schwere<br />
der <strong>Blutung</strong> geben.<br />
█ <strong>Die</strong> Prognose ist abhängig von der <strong>Blutung</strong>sursache,<br />
der Schwere der <strong>Blutung</strong>,<br />
dem Alter des Patienten, dem<br />
Vorliegen anderer Erkrankungen <strong>und</strong><br />
davon, ob die <strong>Blutung</strong> im Krankenhaus<br />
erstmalig aufgetreten ist <strong>und</strong> ob es sich<br />
um eine Rezidivblutung handelt.<br />
█ <strong>Die</strong> Endoskopie ist notwendiger Bestandteil<br />
der Diagnostik <strong>und</strong> Prognoseeinschätzung.<br />
Bei 20– 35% der<br />
Patienten ist eine endoskopische Therapie<br />
erforderlich.<br />
Ulkus<br />
█ Ulzera sind die häufigste Ursache einer<br />
<strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong>.<br />
█ Eine endoskopische Therapie ist bei<br />
aktiv blutenden Ulzera (Forrest I), bei<br />
Ulzera mit Gefäßstumpf (Forrest IIa)<br />
<strong>und</strong> bei Ulzera mit anhaftendem Koagel<br />
(Forrest IIb) indiziert.<br />
Internistische Intensivmedizin<br />
Therapie. <strong>Die</strong> Therapie ist auf die Reduktion des portalen<br />
Druckes ausgerichtet. Medikamentös kann dies<br />
durch nonselektive Betablocker (Propranolol) erfolgen,<br />
wobei das Ziel eine Reduktion der Herzfrequenz um<br />
25% darstellt. Dadurch kann der Transfusionsbedarf bei<br />
75% der Patienten verringert werden [39]. Endoskopische<br />
Maßnahmen spielen bei der Behandlung keine<br />
Rolle. Bei Versagen der medikamentösen Therapie kann<br />
ein TIPSS angelegt werden. Als weitere Maßnahme ist<br />
ein operativer Shunt möglich.<br />
Fistelblutungen (pankreatobiliäres System,<br />
GI-Trakt)<br />
<strong>Die</strong> nachfolgend genannten <strong>Blutung</strong>en sind sehr selten,<br />
können aber erhebliche diagnostische Schwierigkeiten<br />
bereiten.<br />
█ Eine endoskopische Blutstillung ist bei<br />
mehr als 90% der Patienten erfolgreich.<br />
<strong>Die</strong> Behandlungsverfahren sind vielfältig<br />
<strong>und</strong> richten sich nach der zugr<strong>und</strong>e<br />
liegenden Läsion, den verfügbaren Mitteln<br />
<strong>und</strong> der Expertise des Endoskopikers.<br />
█ Patienten mit Risikoulzera sollten nach<br />
der endoskopischen Therapie für<br />
72 St<strong>und</strong>en mit hoch dosierten PPI<br />
behandelt werden.<br />
█ Der Nutzen einer Kontroll-ÖGD nach<br />
24 St<strong>und</strong>en ist umstritten.<br />
█ Das Risiko einer rezidivierenden Ulkusblutung<br />
ist innerhalb von 72 St<strong>und</strong>en<br />
nach der initialen <strong>Blutung</strong> am größten<br />
<strong>und</strong> kann durch die endoskopische <strong>und</strong><br />
medikamentöse Therapie bei Patienten<br />
mit Risikoulzera von etwa 30% auf<br />
5 – 15% gesenkt werden.<br />
Varizen<br />
█ Etwa 10% aller <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong>en<br />
sind Varizenblutungen. <strong>Die</strong> Prognose<br />
hängt von einer erfolgreichen Blutstillung<br />
ab.<br />
█ <strong>Die</strong> endoskopische Gummibandligatur<br />
ist Standardtherapie bei <strong>Blutung</strong>en aus<br />
Ösophagusvarizen.<br />
█ 80– 90% aller blutenden Varizen können<br />
endoskopisch gestillt werden.<br />
█ Terlipressin führt in 70– 80% zu einem<br />
Sistieren der Varizenblutung. Bei V.a.<br />
eine aktive Varizenblutung kann deshalb<br />
Terlipressin in der Notaufnahme<br />
gegeben werden. Terlipressin sollte<br />
auch bei unzureichender oder nicht<br />
erfolgreicher Blutstillung verabreicht<br />
werden.<br />
█ Ein TIPSS kann bei Versagen der endoskopischen<br />
<strong>und</strong> medikamentösen Therapie<br />
angelegt werden. Ggf. sollte eine<br />
vorübergehende Ballontamponade erfolgen.<br />
Andere <strong>Blutung</strong>sursachen<br />
█ Mallory-Weiss-Risse sistieren fast immer<br />
spontan <strong>und</strong> benötigen meist keine<br />
endoskopische Therapie (nur bei einer<br />
aktiven <strong>Blutung</strong>).<br />
█ <strong>Blutung</strong>en aus Angiodysplasien können<br />
endoskopisch erfolgreich mit thermischen<br />
Methoden gestillt werden, wobei<br />
die Schwierigkeit in der Lokalisation der<br />
tatsächlichen <strong>Blutung</strong>squelle besteht.<br />
█ <strong>Die</strong>ulafoy-Läsionen <strong>und</strong> Tumoren sind in<br />
< 5 % Ursache einer <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong>.<br />
Seltene Ursachen sind gastroantrale<br />
Angiektasien (Wassermelonenmagen),<br />
portale Hypertension, Erosionen, Fisteln<br />
<strong>und</strong> <strong>Blutung</strong>en aus dem Pankreas<br />
oder den Gallengängen.<br />
Intensivmedizin up2date 5 ê2009<br />
203
204<br />
<strong>Die</strong> <strong>obere</strong> <strong>gastrointestinale</strong> <strong>Blutung</strong>: <strong>Differenzialdiagnose</strong> <strong>und</strong> Therapie<br />
Hämobilie. Hämobilie beschreibt die <strong>Blutung</strong> aus den<br />
Gallenwegen in den GI-Trakt, die v. a. nach Eingriffen an<br />
der Leber oder an den Gallenwegen (z. B. nach ERCP,<br />
PTC, Leberbiopsie, TIPSS), aber selten auch bei Tumoren<br />
<strong>und</strong> Steinen auftreten kann. Klinisch besteht neben der<br />
GI-<strong>Blutung</strong> oft ein Ikterus <strong>und</strong> rechtsseitiger Oberbauchschmerz.<br />
Haemosuccus pancreaticus. Bei der <strong>Blutung</strong> aus dem<br />
Pankreas kommen als Ursachen eine chronische Pankreatitis,<br />
eine Pseudozyste (z. B. auch nach interventioneller<br />
Therapie) oder ein Tumor nach Erosion in ein<br />
Gefäß infrage. Diagnostisch sind neben Ultraschall <strong>und</strong><br />
CT eine Seitblickuntersuchung der Papillenregion oder<br />
eine ERCP notwendig. Therapeutisch stehen die Angiographie<br />
mit nachfolgender Embolisation <strong>und</strong> ggf. eine<br />
Operation (Tumor- oder Pankreasteilresektion, lokale<br />
Blutstillungsmaßnahmen) im Vordergr<strong>und</strong>.<br />
Aortoenterische Fistel. Hier arrodiert ein Aortena-<br />
neurysma oder ein angelegter Aortenbypass die benachbarte<br />
Duodenalwand (meist Pars horizontalis), das<br />
Jejunum oder den Ösophagus. Eine konsekutive <strong>Blutung</strong><br />
ist massiv <strong>und</strong> häufig tödlich. Schnellstmögliche<br />
Diagnostik <strong>und</strong> Operation entscheiden die Prognose.<br />
Eine Aortographie mag bei der Diagnose helfen, ist aber<br />
nicht immer verlässlich <strong>und</strong> kann zu einer Verzögerung<br />
führen; ein CT mit Kontrastmittel kann eine Fistel diagnostizieren.<br />
Bei Patienten mit dringend vermuteter<br />
aortoenterischer Fistel sollte eine diagnostische Laparotomie<br />
durchgeführt werden, da ohne operative Therapie<br />
die Mortalität nahezu 100% beträgt.<br />
Über die Autoren<br />
Heiko Pohl<br />
Dr. med. Jahrgang 1965. 1987 – 1995<br />
Studium der Humanmedizin in Berlin.<br />
1995 Approbation <strong>und</strong> Promotion.<br />
1998– 2004 Klinische Ausbildung in<br />
Innere Medizin <strong>und</strong> Gastroenterologie<br />
am Darmouth Hitchcock Medical<br />
Center, New Hampshire, USA.<br />
2003– 2004 Clinical Outcomes<br />
Research Group, VAMC, Vermont,<br />
USA. 2004– 2007 Charité Campus Virchow, Gastroenterologie.<br />
Seit 2007 Assistant Prof.DartmouthMedical<br />
School, Hanover, New Hampshire, USA; Gastroenterologie,<br />
VA White River Junction, Vermont. Forschungsschwerpunkte:<br />
therapeutische Endoskopie, Barrett-Ösophagus<br />
<strong>und</strong> Adenokarzinom des Ösophagus.<br />
Intensivmedizin up2date 5 ê2009<br />
Thomas Rösch<br />
Prof. Dr. med. Jahrgang 1958. Studium<br />
an der TU München. Tätigkeiten<br />
an den Universitätskliniken Wien<br />
(Neurologie), Zürich (Chirurgie) <strong>und</strong><br />
London (Guy’s Hospital, Rheumatologie)<br />
sowie an der TU München (Innere<br />
Medizin <strong>und</strong> Urologie). 1985 Assistenzarzt,<br />
später Oberarzt an der<br />
II. Medizinischen Klinik der TU München. Dort Habilitation<br />
<strong>und</strong> außerplanmäßige Professur. Seit 2004 Professor <strong>und</strong><br />
Leiter der Zentralen Interdisziplinären Endoskopie am<br />
Virchow-Klinikum der Charité, Berlin. Editor-in-Chief der<br />
„Endoscopy“ <strong>und</strong> Rubrikenherausgeber der Gastroenterologie<br />
up2date für Endoskopie.<br />
Korrespondenzadresse<br />
Prof. Dr. med. Thomas Rösch<br />
Klinik <strong>und</strong> Poliklinik für Interdisziplinäre Endoskopie<br />
Universitätsklinikum<br />
Hamburg-Eppendorf<br />
Martinistr. 52<br />
20246 Hamburg<br />
E-mail: t.roesch@uke.de<br />
Literatur<br />
1 Longstreth GF. Epidemiology of hospitalization for acute upper<br />
gastrointestinal hemorrhage: a population-based study.<br />
Am J Gastroenterol 1995; 90: 206– 210<br />
2 Yavorski RT, Wong RK, Maydonovitch C et al. Analysis of 3,294<br />
cases of upper gastrointestinal bleeding in military medical<br />
facilities. Am J Gastroenterol 1995; 90: 568 – 573<br />
3 Lee JG, Turnipseed S, Romano PS et al. Endoscopy-based triage<br />
significantly reduces hospitalization rates and costs of treating<br />
upper GI bleeding: a randomized controlled trial. Gastrointest<br />
Endosc 1999; 50: 755– 761<br />
4 Cooper GS, Chak A, Harper DL et al. Care of patients with upper<br />
gastrointestinal hemorrhage in academic medical centers:<br />
a community-based comparison. Gastroenterology 1996;<br />
111: 385– 390<br />
5 Rockall TA, Logan RF, Devlin HB et al. Risk assessment after<br />
acute upper gastrointestinal haemorrhage. Gut 1996; 38:<br />
316– 321<br />
6 Chak A, Cooper GS, Lloyd LE et al. Effectiveness of endoscopy<br />
in patients admitted to the intensive care unit with upper GI<br />
hemorrhage. Gastrointest Endosc 2001; 53: 6– 13<br />
7 Jensen DM, Machicado GA. Diagnosis and treatment of severe<br />
hematochezia. The role of urgent colonoscopy after purge.<br />
Gastroenterology 1988; 95: 1569– 1574<br />
8 Graham DY, Smith JL. The course of patients after variceal hemorrhage.<br />
Gastroenterology 1981; 80: 800– 809
9 Corley DA, Stefan AM, Wolf M et al. Early indicators of prognosis<br />
in upper gastrointestinal hemorrhage. Am J Gastroenterol<br />
1998; 93: 336– 340<br />
10 Fleischer D. Etiology and prevalence of severe persistent upper<br />
gastrointestinal bleeding. Gastroenterology 1983; 84:<br />
538– 543<br />
11 Frossard J, Spahr L, Queneau P et al. Erythromycin intravenous<br />
bolus infusion in acute upper gastrointestinal bleeding: A randomized,<br />
controlled, double-blind trial. Gastroenterology<br />
2002; 123: 17– 23<br />
12 Jutabha R, Jensen DM. Management of upper gastrointestinal<br />
bleeding in the patient with chronic liver disease. Med Clin<br />
North Am 1996; 80: 1035– 1068<br />
13 Barkun A, Sabbah S, Enns R et al. The Canadian Registry on<br />
Nonvariceal Upper Gastrointestinal Bleeding and Endoscopy<br />
(RUGBE): Endoscopic hemostasis and proton pump inhibition<br />
are associated with improved outcomes in a real-life setting.<br />
Am J Gastroenterol 2004; 99: 1238– 1246<br />
14 Katschinski B, Logan R, Davies J et al. Prognostic factors in upper<br />
gastrointestinal bleeding. Dig Dis Sci 1994; 39: 706 – 712<br />
15 Jensen D, Kovacs T, Jutabha R et al. Randomized trial of medical<br />
or endoscopic therapy to prevent recurrent ulcer hemorrhage<br />
in patients with adherent clots. Gastroenterology 2002;<br />
123: 407– 413<br />
16 Lai KC, Hui WM, Wong BC et al. A retrospective and prospective<br />
study on the safety of discharging selected patients with<br />
duodenal ulcer bleeding on the same day as endoscopy. Gastrointest<br />
Endosc 1997; 45: 26– 30<br />
17 Llach J, Bordas JM, Salmeron JM et al. A prospective randomized<br />
trial of heater probe thermocoagulation versus injection<br />
therapy in peptic ulcer hemorrhage. Gastrointest Endosc<br />
1996; 43: 117– 120<br />
18 Cipolletta L, Bianco MA, Rotondano G et al. Prospective comparison<br />
of argon plasma coagulator and heater probe in the<br />
endoscopic treatment of major peptic ulcer bleeding. Gastrointest<br />
Endosc 1998; 48: 191– 195<br />
19 Makela JT, Kiviniemi H, Laitinen ST. Randomized trial of endoscopic<br />
injection sclerosis with ethanolamine oleate and<br />
ethanol for bleeding peptic ulcer. Scand J Gastroenterol 1996;<br />
31: 1059– 1062<br />
20 Rutgeerts P, Rauws E, Wara P et al. Randomised trial of single<br />
and repeated fibrin glue compared with injection of polidocanol<br />
in treatment of bleeding peptic ulcer. Lancet 1997; 350:<br />
692– 696<br />
21 Cipolletta L, Bianco MA, Marmo R et al. Endoclips versus heater<br />
probe in preventing early recurrent bleeding from peptic<br />
ulcer: a prospective and randomized trial. Gastrointest Endosc<br />
2001; 53: 147– 151<br />
22 Calvet X, Vergara M, Brullet E et al. Addition of a second endoscopic<br />
treatment following epinephrine injection improves<br />
outcome in high-risk bleeding ulcers. Gastroenterology 2004;<br />
126: 441– 450<br />
Internistische Intensivmedizin<br />
23 Raju GS, Gajula L. Endoclips for GI endoscopy. Gastrointest<br />
Endosc 2004; 59: 267– 279<br />
24 Lau JY, Sung JJ, Lam YH et al. Endoscopic retreatment compared<br />
with surgery in patients with recurrent bleeding after initial<br />
endoscopic control of bleeding ulcers. N Engl J Med 1999;<br />
340: 751– 756<br />
25 Leontiadis GI, McIntyre L, Sharma VK et al. Proton pump<br />
inhibitor treatment for acute peptic ulcer bleeding. Cochrane<br />
Database Syst Rev 2004; CD002094:<br />
26 Udd M, Miettinen P, Palmu A et al. Regular-dose versus highdose<br />
omeprazole in peptic ulcer bleeding: a prospective randomized<br />
double-blind study. Scand J Gastroenterol 2001; 36:<br />
1332– 1338<br />
27 Maton PN. Omeprazole. N Engl J Med 1991; 324: 965– 975<br />
28 ChiuPW,LamCY,LeeSWetal.Effectofscheduledsecond<br />
therapeutic endoscopy on peptic ulcer rebleeding: a prospective<br />
randomised trial. Gut 2003; 52: 1403– 1407<br />
29 Gisbert JP, Pajares JM. Helicobacter pylori and bleeding peptic<br />
ulcer: what is the prevalence of the infection in patients with<br />
this complication? Scand J Gastroenterol 2003; 38: 2– 9<br />
30 Gisbert JP, Khorrami S, Carballo F et al. H. pylori eradication<br />
therapy vs. antisecretory non-eradication therapy (with or<br />
without long-term maintenance antisecretory therapy) for the<br />
prevention of recurrent bleeding from peptic ulcer. Cochrane<br />
Database Syst Rev 2004; CD004062:<br />
31 Stiegmann GV, Goff JS, Michaletz-Onody PA et al. Endoscopic<br />
sclerotherapy as compared with endoscopic ligation for bleeding<br />
esophageal varices. N Engl J Med 1992; 326: 1527– 1532<br />
32 Lo GH, Lai KH, Cheng JS et al. A prospective, randomized trial<br />
of butyl cyanoacrylate injection versus band ligation in the<br />
management of bleeding gastric varices. Hepatology 2001;<br />
33: 1060– 1064<br />
33 Ioannou GN, Doust J, Rockey DC. Systematic review: terlipressin<br />
in acute oesophageal variceal haemorrhage. Aliment Pharmacol<br />
Ther 2003; 17: 53– 64<br />
34 Soares-Weiser K, Brezis M, Tur-Kaspa R et al. Antibiotic prophylaxis<br />
for cirrhotic patients with gastrointestinal bleeding.<br />
Cochrane Database Syst Rev 2002; CD002907:<br />
35 Boonpongmanee S, Fleischer DE, Pezzullo JC et al. The frequency<br />
of peptic ulcer as a cause of upper-GI bleeding is<br />
exaggerated. Gastrointest Endosc 2004; 59: 788– 794<br />
36 Savides TJ, Jensen DM, Cohen J et al. Severe upper gastrointestinal<br />
tumor bleeding: endoscopic findings, treatment, and<br />
outcome. Endoscopy 1996; 28: 244– 248<br />
37 Norton ID, Petersen BT, Sorbi D et al. Management and longterm<br />
prognosis of <strong>Die</strong>ulafoy lesion. Gastrointest Endosc 1999;<br />
50: 762– 767<br />
38 Sone Y, Kumada T, Toyoda H et al. Endoscopic management<br />
and follow up of <strong>Die</strong>ulafoy lesion in the upper gastrointestinal<br />
tract. Endoscopy 2005; 37: 449 – 453<br />
39 Trevino HH, Brady CE 3rd, Schenker S. Portal hypertensive<br />
gastropathy. Dig Dis 1996; 14: 258– 270<br />
Intensivmedizin up2date 5 ê2009<br />
205
206<br />
<strong>Die</strong> <strong>obere</strong> <strong>gastrointestinale</strong> <strong>Blutung</strong>: <strong>Differenzialdiagnose</strong> <strong>und</strong> Therapie<br />
CME-Fragen<br />
1<br />
<strong>Die</strong> häufigste Ursache einer <strong>obere</strong>n<br />
GI-<strong>Blutung</strong> ist<br />
2<br />
Bei welchem Bef<strong>und</strong> ist bei einer<br />
GI-<strong>Blutung</strong> mit einer erhöhten<br />
Mortalität zu rechnen?<br />
3<br />
Eine elektive Intubation zum Schutz<br />
der Atemwege bei Patienten mit<br />
einer <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong> sollte<br />
erfolgen<br />
4<br />
Welche Aussage zur GI-<strong>Blutung</strong> ist<br />
richtig?<br />
5<br />
Ein 55-jähriger Mann wird nach<br />
der stationären Behandlung einer<br />
Ulkusblutung entlassen. Er ist Helicobacter-pylori-positiv.<br />
Vor der<br />
Ulkusblutung nahm er NSAR ein.<br />
Welche ist die effektivste Behandlungsstrategie?<br />
CME<br />
A ein Mallory-Weiss-Riss<br />
B eine Ulkusblutung<br />
C eine Varizenblutung<br />
D eine Angiodysplasie<br />
E eine Gastritis<br />
A Ulkusblutung<br />
B nach einer notfallmäßigen chirurgischen Versorgung der <strong>Blutung</strong><br />
C Patient jünger als 60 Jahre<br />
D erstmalige <strong>Blutung</strong><br />
E <strong>Blutung</strong> ist während des Krankenhausaufenthalts aufgetreten<br />
A bei Patienten mit Zirrhose<br />
B bei Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung<br />
C bei allen Patienten mit einer <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong><br />
D bei Patienten mit eingeschränktem Bewusstsein <strong>und</strong> anhaltender <strong>Blutung</strong><br />
E wenn es nicht die Endoskopie verzögert<br />
A Hat ein Patient bereits eine NSAR-bedingte Ulkusblutung erlitten, senkt die Gabe eines PPI das<br />
Risiko einer erneuten <strong>Blutung</strong> nur unwesentlich.<br />
B Eine hoch dosierte i.v. PPI-Gabe ist nach der aktuellen Datenlage nicht effektiver als eine hoch<br />
dosierte orale PPI-Gabe.<br />
C Nach einer NSAR-bedingten Ulkusblutung sollte man einen Cox-2-Inhibitor verordnen, wenn das<br />
NSAR nicht abgesetzt werden kann.<br />
D Bislang konnte kein Nutzen einer Kontroll-ÖGD nach 24 h bei Patienten mit Risikoulzera nachgewiesen<br />
werden.<br />
E Über die Hälfte aller H.-pylori-positiven Patienten erleidet nach einer Ulkusblutung innerhalb eines<br />
Jahres eine erneute <strong>Blutung</strong>, wenn keine Eradikation durchgeführt wird.<br />
A NSAR beenden.<br />
B NSAR beenden <strong>und</strong> langfristig H2-Rezeptor-Antagonist oder PPI verschreiben.<br />
C NSAR beenden, Helicobacter pylori behandeln <strong>und</strong> anschließend Eradikation überprüfen,<br />
PPI bis zur Ulkusheilung verschreiben (4–6 Wochen).<br />
D NSAR beenden, Helicobacter pylori behandeln <strong>und</strong> anschließend Eradikation überprüfen,<br />
langfristig PPI verschreiben.<br />
E Langfristig H2-Rezeptor-Antagonist oder PPI verschreiben.
CME-Fragen <strong>Die</strong> <strong>obere</strong> <strong>gastrointestinale</strong> <strong>Blutung</strong>: <strong>Differenzialdiagnose</strong> <strong>und</strong> Therapie<br />
6<br />
Welche Aussage zur Varizenblutung<br />
ist richtig?<br />
7<br />
Ein 45-jähriger Patient stellt sich<br />
mit Hämatochezie vor. Der Blutdruck<br />
beträgt 85/55 mmHg, die<br />
Herzfrequenz ist 112/min. Bei der<br />
Untersuchung zeigt sich ein leichter<br />
Ikterus, <strong>und</strong> es bestehen Hinweise<br />
auf Aszites. Labor: Hämoglobin<br />
10 mg/dl, AST 110 U/l, ALT 80 U/l,<br />
totales Bilirubin 4 mg/dl, INR 1,6<br />
(Quick 55%). Welche der folgenden<br />
Aussagen ist nicht zutreffend?<br />
8<br />
Welche Aussage zur Therapie<br />
von GI-<strong>Blutung</strong>en ist richtig?<br />
3/2009 | | Intensivmedizin up2date<br />
A Histoacryl ist ein Gewebekleber, der sich zur Therapie von Magenvarizen eignet.<br />
B <strong>Die</strong> Mortalität der ersten Varizenblutung beträgt nahezu 10%.<br />
C Bei der akuten Varizenblutung ist die Sklerotherapie der Gummibandligatur zur <strong>Blutung</strong>sstillung<br />
deutlich überlegen.<br />
D Gummibandligatur <strong>und</strong> Sklerotherapie dürfen aufgr<strong>und</strong> der Gefahr von Schleimhautnekrosen<br />
keinesfalls kombiniert eingesetzt werden.<br />
E Häufigste Ursache einer Varizenblutung sind Angiodysplasien.<br />
A Der Patient sollte nach der Stabilisierung eine Notfall-ÖGD erhalten.<br />
B Es besteht eine bis zu 50%ige Wahrscheinlichkeit, dass es sich nicht um eine Varizenblutung<br />
handelt.<br />
C Sollte eine ÖGD nicht rasch durchführbar sein, so kann die Gabe von Terlipressin erwogen<br />
werden.<br />
D Der Patient sollte umgehend hoch dosiert i. v. PPI erhalten.<br />
E Bei Vorliegen einer Zirrhose sollte der Patient unabhängig von der Ursache der <strong>Blutung</strong><br />
prophylaktisch Antibiotika während des stationären Aufenthaltes (bis zu 7 Tagen) erhalten.<br />
A Bei Angiodysplasien ist die Sklerotherapie das Verfahren der Wahl.<br />
B Eine Magenvarizenblutung wird primär mit der Sklerotherapie versorgt.<br />
C Erstmaßnahme bei einer Ösophagusvarizenblutung ist immer das Legen einer Sengstaken-Sonde.<br />
D Magensondenaspirat auf okkultes Blut zu testen ist nicht sinnvoll.<br />
E Beim Mallory-Weiss-Riss ist die Argon-Plasma-Koagulation die Therapie der Wahl.<br />
CME<br />
207
208<br />
<strong>Die</strong> <strong>obere</strong> <strong>gastrointestinale</strong> <strong>Blutung</strong>: <strong>Differenzialdiagnose</strong> <strong>und</strong> Therapie<br />
CME-Fragen <strong>Die</strong> <strong>obere</strong> <strong>gastrointestinale</strong> <strong>Blutung</strong>: <strong>Differenzialdiagnose</strong> <strong>und</strong> Therapie<br />
9<br />
Welche der folgenden Aussagen<br />
für einen Patienten mit einer<br />
Ösophagusvarizenblutung ist<br />
nicht zutreffend?<br />
10<br />
Welche Aussage zur <strong>obere</strong>n<br />
GI-<strong>Blutung</strong> ist richtig?<br />
CME<br />
A 50% der <strong>Blutung</strong>en sistieren spontan.<br />
B Terlipressin kann die endoskopische Ligaturtherapie ersetzen.<br />
C <strong>Die</strong> Ligatur von Varizen ist eine effektive Methode zur Blutstillung, verringert das Risiko einer<br />
Nachblutung <strong>und</strong> reduziert die Mortalität.<br />
D <strong>Die</strong> Sklerotherapie von Varizen ist eine effektive Behandlungsmethode, hat jedoch eine hohe<br />
Komplikationsrate.<br />
E <strong>Die</strong> Anlage eines TIPSS ist eine effektive Methode zur Blutstillung bei Versagen der<br />
endoskopischen Therapie.<br />
A Eine der häufigsten Ursachen der <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong> sind Tumoren.<br />
B Findet sich in der Magenlavage kein Blut, schließt dies eine <strong>obere</strong> GI-<strong>Blutung</strong> aus.<br />
C Bei einem Hämoglobinwert von 5 g/dl ist auch bei stabilen Kreislaufverhältnissen eine sofortige<br />
Volumengabe <strong>und</strong> Notfallendoskopie erforderlich.<br />
D Bei der <strong>obere</strong>n GI-<strong>Blutung</strong> ist deren Ursache wichtigster Prognosefaktor.<br />
E Lässt sich der Blutdruck auch mit umfangreichen Volumengaben nicht stabilisieren, liegt<br />
wahrscheinlich eine Koagulopathie vor.