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Herbst 07 - Selbsthilfe-Kontaktstelle Frankfurt e.V.

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nützigem Status für die Einstellung von Ein-Euro-Jobbern<br />

in Betracht. Jedes einzelne Jobangebot wird vor Aufnahme<br />

daraufhin geprüft. Dass es dabei zu strittigen Entscheidungen<br />

kommen kann, ob der eine oder andere Job noch<br />

im Allgemeininteresse liegt, ist für Standhaft nachvollziehbar.<br />

„Abgrenzungen sind manchmal schwierig“, bestätigt er<br />

einen gewissen Graubereich. Doch Missbrauch von privater<br />

Seite kann er für <strong>Frankfurt</strong> generell ausschließen. Bei bis<br />

zu 100 Stunden pro Monat und einer „Entschädigung für<br />

Mehraufwendung“ von 1,50 Euro pro Stunde kann sich der<br />

ALG-II-Empfänger also über maximal 150 Euro pro Monat<br />

freuen. Mehr als 100 Stunden werden deshalb nicht angeboten,<br />

weil den Ein-Euro-Jobbern genügend Zeit verbleiben<br />

soll, sich um eine reguläre Arbeitsstelle zu kümmern.<br />

Fördern und Fordern heißt das Prinzip für die ALG-II-<br />

Empfänger. Gefördert werden sie durch die verschiedenen<br />

Eingliederungsleistungen, von denen die Qualifizierung<br />

das wichtigste Kriterium ist. Fordern heißt, dass sie aktiv<br />

an allen Maßnahmen mitwirken, die diese Eingliederung in<br />

den Arbeitsmarkt unterstützen. Dazu gehört auch, dass sie<br />

sich eigenständig um eine Arbeit bemühen und das auch<br />

nachweisen.<br />

Kopfzerbrechen macht Standhaft die Tatsache, dass der<br />

Begriff negativ besetzt ist. „Das Wort Ein-Euro-Job ist verbrannt“,<br />

drückt er es aus. „Niemand arbeitet in Wahrheit<br />

für einen Euro in der Stunde. Es wird vielfach nicht berücksichtigt,<br />

dass wir mit der Grundsicherung, also der Miete<br />

und den Regelsätzen, quasi ein staatliches Gehalt zahlen.“<br />

Ob die Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung<br />

eine Zukunft in Deutschland haben, möchte er sich<br />

nicht festlegen. „Ohne Modifizierungen könnte das schwierig<br />

werden.“<br />

Vielleicht gibt es ja auch einfach nur zu wenig ermutigende<br />

Beispiele. Rundum positive Erfahrungen hat Katharina<br />

Debus (Name von der Redaktion geändert) mit ihrem<br />

sechsmonatigen Ein-Euro-Job in einer Berliner Bibliothek<br />

gemacht. Fünf Jahre lang hatte die heute 38-Jährige in<br />

einem kleinen Berliner Verlag „Mädchen für alles“ gespielt,<br />

Sekretariatsarbeiten sowie Kurierfahrten verrichtet und<br />

auch ein wenig ihre grafischen Talente eingesetzt, ehe eine<br />

schwere Krankheit sie physisch und psychisch zurückwarf.<br />

Es dauerte mehr als zwei Jahre bis sie die Krankheit überwinden<br />

konnte, doch danach war sie angegriffen und<br />

Titel<br />

labil. Sie redet nicht gerne über diese schwierige Zeit,<br />

bestätigt nur, „dass ich ziemlich weit unten war und mich<br />

irgendwann in Hartz IV wiederfand.“ Als ALG-II-Empfängerin<br />

erhielt sie schließlich Anfang 2006 den Bescheid, ab<br />

April in einer Stadtteil-Bibliothek als Ein-Euro-Jobberin zu<br />

beginnen.<br />

„Das habe ich als Chance begriffen“, erinnert sie sich, „und<br />

mich zusammengerissen.“ Pünktlich sei sie gewesen, auf<br />

ihr äußeres Erscheinungsbild habe sie plötzlich wieder geachtet<br />

und ihre Aufgaben zuverlässig verrichtet. Das kleine<br />

finanzielle Zubrot hat sie dabei nur am Rande interessiert.<br />

Auch sie bekam nach einigen Wochen – ähnlich wie Georg<br />

Kaiser – einen Hinweis, dass man sich seitens der Bibliothek<br />

gut vorstellen könne, sie zu übernehmen. Doch anders<br />

als der Elektriker wurde die Berlinerin nicht enttäuscht.<br />

„Die Kommunen setzen<br />

die Ein-Euro-Jobber häufig<br />

dort ein, wo sie früher noch<br />

Handwerksbetriebe beauftragt<br />

oder eigene Angestellte<br />

beschäftigt hätten.“<br />

Nach Beendigung der vereinbarten sechs Monate erhielt<br />

sie eine Halbtagsanstellung. Unbefristet. Ihre Arbeitsgelegenheit<br />

wurde tatsächlich zu einem Sprungbrett in einen<br />

regulären Arbeitsplatz. Katharina Debus behauptet, einfach<br />

Glück gehabt zu haben. „95 Prozent aller anderen Arbeitgeber<br />

hätten mich nicht übernommen, weil sie das von<br />

Vornherein gar nicht in Erwägung gezogen hätten. Die sind<br />

doch über jede billige Arbeitskraft froh, gerade im sozialen<br />

Sektor, in dem kaum Geld vorhanden ist.“ Um so dankbarer<br />

ist sie ihrer kleinen Bibliothek für die Zusage. Katharina<br />

Debus verspürt wieder Mut und Zuversicht.<br />

Nach einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit vom<br />

Januar 20<strong>07</strong> finden rund 15 Prozent aller Ein-Euro-Jobber<br />

nach ihrer Tätigkeit eine reguläre Anstellung. Das sei eine<br />

ordentliche Quote, ist dazu aus der Bundesagentur zu<br />

erfahren. Dafür, dass die Eingliederungsmaßnahme erst<br />

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