Herbst 07 - Selbsthilfe-Kontaktstelle Frankfurt e.V.
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Im ersten Wiederholungsfall wird es gar um 60 Prozent,<br />
im zweiten Wiederholungsfall um 100 Prozent gekürzt.<br />
Jungen Arbeitslosen unter 25 Jahren wird die Regelleistung<br />
schon beim ersten Mal zu 100 Prozent entzogen. Auf Antrag<br />
werden in diesen Fällen dann nur noch Sachleistungen<br />
wie Lebensmittelgutscheine gewährt. Eine Belehrung über<br />
dieses unbedingt anzuwendende Strafmaß erfolgt in der<br />
Regel mit der Zuweisung des Ein-Euro-Jobs. Bei dieser<br />
Gelegenheit wird auch erläutert, dass grundsätzlich jede<br />
legale, nicht sittenwidrige Arbeit als zumutbare Arbeit gilt.<br />
Hartz IV, das zeigen diese Fakten auf, ist die entschiedene<br />
Antwort auf den jahrelangen Vorwurf an die Politik, womöglich<br />
flächendeckend das „gemütliche Einrichten“ in der<br />
Arbeitslosigkeit unterstützt zu haben.<br />
Ist es aber auch das probate Mittel, Arbeitslose zu motivieren,<br />
den vielfach von Ängstlichkeit und Selbstzweifeln<br />
geplagten Menschen Mut zu machen? Kehrt mit einem<br />
Ein-Euro-Job Hoffnung und Zuversicht zurück? Fragen, die<br />
Menschen beantworten können, die solche Jobs ausführen<br />
oder beruflich in die Materie involviert sind.<br />
Georg Kaiser (Name von der Redaktion geändert) ist einer<br />
von zurzeit etwa 2.500 Arbeitslosen in <strong>Frankfurt</strong>, die<br />
einen Ein-Euro-Job ausführen. Der 50-Jährige hat gleich<br />
zwei Berufe gelernt, denn er ist Elektriker sowie Radio-<br />
und Fernsehtechniker. Knapp 30 Jahre lang arbeitete<br />
er ununterbrochen, ehe er 2003 wegen wirtschaftlicher<br />
Schwierigkeiten seines damaligen Arbeitgebers entlassen<br />
wurde. Nach 18 Monaten Arbeitslosengeld war er ab Januar<br />
2005 ein Fall für das neue ALG II.<br />
Seitdem hat er vom Jobcenter „zwei- oder dreimal Arbeit<br />
für ein paar Wochen“ erhalten. Als Kaiser danach monatelang<br />
nicht mehr vermittelt wurde, befürchtete er, man wolle<br />
ihm einen Ein-Euro-Job besorgen. Nein, der sei für ihn gar<br />
nicht vorgesehen, bestätigte sein dortiger Betreuer auf<br />
Kaisers Nachfrage. Da gäbe es doch ganz andere Menschen,<br />
die viel länger nicht mehr gearbeitet hätten. Für die seien<br />
diese Maßnahmen gedacht. Kaiser war beruhigt, „denn das,<br />
was ich über diese Billigjobs gehört hatte, war alles andere<br />
als ermutigend.“ Doch ein Jahr später hatte sich seine<br />
Meinung grundlegend geändert. Plötzlich drängte er seinen<br />
Betreuer, er möge ihn doch in einen solchen Job vermitteln.<br />
Als Grund für seinen Meinungswechsel gibt der Elektriker<br />
Titel<br />
im Nachhinein Langeweile, Niedergeschlagenheit und<br />
Frustration an. „Mir fiel ganz einfach die Decke auf den<br />
Kopf“. Kaisers Betreuer beim Jobcenter schaute sich um<br />
und wurde rasch fündig. Ende des Jahres 2006 begann<br />
Kaiser beim Deutschen Roten Kreuz (DRK). Aufgrund seiner<br />
Ausbildung betraute man ihn dort mit der Installation von<br />
Hausnotrufsystemen bei alten und kranken Menschen.<br />
Durchschnittlich drei Tage in der Woche arbeitet Kaiser<br />
nun, maximal 25 Stunden pro Woche darf er seiner Tätigkeit<br />
nachgehen. Dafür erhält er 1,50 Euro pro geleisteter<br />
Stunde und ein Jobticket für das Tarifgebiet 50 des Rhein-<br />
Main-Verkehrsverbundes.<br />
„Mir fiel ganz einfach die<br />
Decke auf den Kopf.“<br />
„Geld bekomme ich nur, wenn ich auch tatsächlich gearbeitet<br />
habe“, erklärt Kaiser. „Wenn ich krank bin oder Urlaub<br />
mache, bleibt das Portemonnaie leer.“ Der Ein-Euro-Job, so<br />
habe er sich belehren lassen, sei schließlich kein reguläres<br />
Arbeitsverhältnis. Auch Arbeitsvertrag, tarifliche Entlohnung,<br />
Streikrecht und Kündigungsschutz seien somit ausgeschlossen.<br />
Doch das alles war dem 50-Jährigen anfangs<br />
egal. Er fühlte sich wieder gebraucht. Aber seine Hoffnung<br />
auf Übernahme in eine Vollzeitbeschäftigung musste der<br />
Elektriker nach einigen Monaten begraben, obwohl ihm<br />
dies seitens des DRK in Aussicht gestellt wurde. „Da gibt<br />
es so viel für mich zu tun“, sagt Kaiser, der seinen neunmonatigen<br />
Ein-Euro-Job in Kürze beenden wird. „Eigentlich<br />
brauchen die dringend einen Mann wie mich.“<br />
Heute bereut es Kaiser, auf diesen Job gedrängt zu haben.<br />
Kurzfristig habe es ihm zwar geholfen, aus der Wohnung<br />
zu kommen, sinniert er, doch inzwischen fühle er sich<br />
ungerecht behandelt. Von einer Zumutung spricht er gar,<br />
weil er, der Arbeitswillige und nachweislich gute Arbeiter<br />
in einen Topf geworfen werde mit all denjenigen, die noch<br />
nie gearbeitet hätten oder nicht arbeiten wollten. Da werde<br />
überhaupt kein Unterschied gemacht. Unsensibel sei das<br />
und nicht motivierend. Auch materiell ginge es ihm kaum<br />
besser, Aufwand und Ertrag stünden in einem krassen<br />
Missverhältnis. „Am schlimmsten aber fand ich, dass mir<br />
Hoffnungen auf Übernahme gemacht wurden, die sich