Der Portfolio-Ansatz in der Schülerbeurteilung der USA und seine ...
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muss e<strong>in</strong>e <strong>Schülerbeurteilung</strong> ganz spezifische Aussagen <strong>und</strong> Interpretationen aus den<br />
Ergebnissen ableiten lassen. Auf <strong>in</strong>teressante <strong>und</strong> <strong>in</strong>formative Weise hat Stigg<strong>in</strong>s<br />
(1994, S. 48−53) diesen Zusammenhang konkretisiert, <strong>in</strong>dem er erstens die verschiedenen<br />
möglichen Funktionen <strong>der</strong> <strong>Schülerbeurteilung</strong> übersetzt hat <strong>in</strong> Informationsbedürfnisse<br />
verschiedener Personenkreise, <strong>und</strong> <strong>in</strong>dem er zweitens gleichzeitig auch noch<br />
grob charakterisiert hat, welche Art von Informationen die <strong>Schülerbeurteilung</strong> bereitstellen<br />
muss, um diese Informationsbedürfnisse abdecken zu können. Auf diese Weise<br />
ist e<strong>in</strong>e Typologie <strong>der</strong> Informationsbedürfnisse entstanden (vgl. Tab. 3), aus <strong>der</strong> sich<br />
herauslesen lässt, dass sich die Informationsbedürfnisse <strong>der</strong> verschiedenen Personenkreise<br />
wie erwartet <strong>in</strong> <strong>in</strong>haltlicher Sicht unterscheiden, dass aber zugleich – <strong>und</strong> dies<br />
ist aus me<strong>in</strong>er Sicht beson<strong>der</strong>s bedeutsam – für die Beantwortung <strong>der</strong> <strong>in</strong>haltlich verschieden<br />
ausgerichteten Informationsbedürfnisse Aussagen von sehr unterschiedlichem<br />
Abstraktions- bzw. Detaillierungsgrad erfor<strong>der</strong>lich s<strong>in</strong>d. Bezogen auf die <strong>in</strong> Abschnitt<br />
2.1 vorgenommene Unterscheidung <strong>in</strong> gesellschaftliche <strong>und</strong> pädagogische<br />
Funktionen <strong>der</strong> <strong>Schülerbeurteilung</strong> legt die Zusammenstellung von Stigg<strong>in</strong>s (1994,<br />
S. 48−53) den Schluss nahe, dass für die Erfüllung gesellschaftlicher Funktionen <strong>und</strong><br />
Informationsbedürfnisse (vgl. Schulaufsichtsbehörden; politische <strong>und</strong> gesellschaftliche<br />
Interessengruppen), tendenziell periodische Übersichts<strong>in</strong>formationen <strong>und</strong> somit Daten<br />
von e<strong>in</strong>em relativ hohen Abstraktionsgrad ausreichend s<strong>in</strong>d, während für pädagogische<br />
Funktionen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Informationsbedürfnisse (vgl. Lernende <strong>und</strong> Lehrpersonen) tendenziell<br />
detaillierte, <strong>in</strong>dividualisierte <strong>und</strong> eventuell sogar situationsbezogene Informationen<br />
notwendig s<strong>in</strong>d, die kont<strong>in</strong>uierlich erhoben <strong>und</strong> ausgewertet werden müssen.<br />
Diese Feststellung hat für die Gestaltung <strong>der</strong> <strong>Schülerbeurteilung</strong> weitreichende Konsequenzen.<br />
Es gilt das Pr<strong>in</strong>zip „Form follows function“ (z.B. Guskey & Bailey, 2001,<br />
S. 174), d.h. bei <strong>der</strong> Gestaltung des gesamten Prozesses <strong>der</strong> <strong>Schülerbeurteilung</strong> ist zu<br />
beachten, dass aus den Ergebnissen <strong>der</strong> <strong>Schülerbeurteilung</strong> tatsächlich Aussagen <strong>und</strong><br />
Interpretationen abgeleitet werden können, die dem für das Informationsbedürfnis erfor<strong>der</strong>lichen<br />
Abstraktions- <strong>und</strong> Detaillierungsgrad gerecht werden.<br />
Die Funktionen <strong>der</strong> <strong>Schülerbeurteilung</strong> wirken sich im Weiteren auch darauf aus, welcher<br />
Stellenwert den e<strong>in</strong>zelnen Gütekriterien zukommt, mit denen die Aussagekraft<br />
<strong>und</strong> die Vertrauenswürdigkeit <strong>der</strong> Aussagen <strong>und</strong> Interpretationen e<strong>in</strong>er <strong>Schülerbeurteilung</strong><br />
überprüft werden. So werden an <strong>Schülerbeurteilung</strong>en, welche den pädagogischen<br />
bzw. formativen Funktionen dienen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel ger<strong>in</strong>gere Anfor<strong>der</strong>ungen h<strong>in</strong>sichtlich<br />
<strong>der</strong> Gütekriterien gestellt als an <strong>Schülerbeurteilung</strong>en, welche gesellschaftlichen<br />
bzw. summativen Funktionen dienen. Dabei wird argumentiert, dass höhere Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
an die Erfüllung <strong>der</strong> Gütekriterien bei gesellschaftlichen bzw. summativen<br />
Funktionen deshalb gerechtfertigt <strong>und</strong> notwendig s<strong>in</strong>d, weil die aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
<strong>der</strong> <strong>Schülerbeurteilung</strong> gebildeten Aussagen <strong>und</strong> Informationen zu Entscheiden<br />
führen, welche für den e<strong>in</strong>zelnen Lerner von beson<strong>der</strong>s grosser Tragweite seien<br />
<strong>und</strong> nur sehr schwer korrigiert werden könnten. Demgegenüber könnten die aufgr<strong>und</strong><br />
von formativen <strong>Schülerbeurteilung</strong>en getroffenen Entscheide relativ rasch korrigiert<br />
<strong>und</strong> mögliche negative Wirkungen ebenfalls rasch e<strong>in</strong>gedämmt werden.